OGH vom 23.05.2019, 6Ob211/18z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. O*****, 2. N*****, beide vertreten durch Dr. Martin Alt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei DI A*****, vertreten durch Mag. Hubert Traudtner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 92.994,77 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 13 R 19/18m-77, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerinnen machen einen von der K***** GmbH (im Folgenden: Bauherrin) abgetretenen Schadenersatzanspruch geltend, den sie aus einer von der Bauherrin aufgrund einer unrichtigen Baufortschrittsbestätigung des Beklagten an die – in der Folge in Insolvenz verfallene – Generalunternehmerin geleisteten Zahlung in Höhe des Klagsbetrags ableiten.
2.1. Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist nur dann gegeben, wenn der behauptete Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz herbeizuführen (RS0043049; RS0043027). Ein Mangel des Berufungsverfahrens kann darin begründet sein, dass sich das Berufungsgericht gar nicht oder ohne nachvollziehbare Erwägungen mit einer – gesetzmäßig ausgeführten – Beweisrüge befasst (vgl RS0043027 [T3]). Ebenso begründet es einen Verfahrensmangel, wenn das Berufungsgericht von den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts ohne Wiederholung der Beweisaufnahmen abgeht (RS0043461). Sofern die Erheblichkeit des Mangels nicht offenkundig ist, hat der Rechtsmittelwerber die Eignung des Verfahrensverstoßes, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern, in seinem Rechtsmittel darzutun (RS0043049 [T6]; RS0043027 [T1, T 10]). Rügt der Rechtsmittelwerber die Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO, so hat er zur Dartuung der Relevanz des Verfahrensmangels darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (RS0037095 [T4, T 14, T 16, T 19]; RS0037300 [T48]).
2.2. Die außerordentliche Revision der Klägerinnen wird den dargelegten Anforderungen nicht gerecht.
Die monierte fehlende Auseinandersetzung mit den Kosten der Mängelbehebung lässt nicht erkennen, zu welcher abweichenden Tatsachengrundlage das Berufungsgericht nach Ansicht der Revisionswerberinnen hätte gelangen sollen. Soweit die Klägerinnen die Behandlung ihrer übrigen Beweisrügen vermissen, lassen sie die Ausführungen des Berufungsgerichts zur mangelnden rechtlichen Relevanz der bekämpften Feststellungen außer Acht.
Die Erheblichkeit des behaupteten Verstoßes des Berufungsgerichts gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz ist schon mangels Konkretisierung der angeblich vom erstgerichtlich festgestellten Sachverhalt abweichenden Tatsachenannahmen nicht dargetan. Ebenso fehlt die Angabe des Vorbringens, das die Klägerinnen im Fall der vermissten rechtlichen Erörterung erstattet hätten.
3. Die gerügte Aktenwidrigkeit bezieht sich in Wahrheit – wie die Revisionswerberinnen selbst erkennen – auf die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts.
Dieses ging rechtlich davon aus, dass die Generalunternehmerin wegen der nicht erfolgten (mangelfreien) Fertigstellung des Bauabschnitts „Decke über dem Erdgeschoss“ keinen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung einer als Vorschuss qualifizierten (vgl RS0021417 [T3]; 10 Ob 12/14h; 4 Ob 105/12p) Teilzahlung auf den Werklohn habe, dass ihr jedoch ein Bereicherungsanspruch für die erbrachten Teilleistungen zustehe. Dieser entspreche der vertraglich vorgesehenen Teilleistung abzüglich der von einem dritten Unternehmen veranschlagten Mängelbehebungskosten. Die sich aus diesen Erwägungen ergebende Überzahlung der Bauherrin begründe einen Anspruch gegen die Generalunternehmerin, der jedoch durch außergerichtliche Aufrechnung mit dem offenen Anspruch der Generalunternehmerin auf Zahlung der auf den Bereicherungsanspruch entfallenden Umsatzsteuer (vgl RS0038172 [T4]) erloschen sei. Die Haftung des Beklagten sei daher zu verneinen; er hafte auch nicht für Schäden aus der Auszahlung betreffend einen früheren, von der hier gegenständlichen Baufortschrittsbestätigung nicht erfassten Bauabschnitt.
Mit dieser rechtlichen Begründung setzt sich die außerordentliche Revision nicht auseinander. Sie übersieht vielmehr, dass eine Haftung des Beklagten aufgrund der unrichtigen Baufortschrittsbestätigung dem Grunde nach sehr wohl bejaht und ein Mitverschulden oder eine Verpflichtung der Bauherrin zur Tragung der Mängelbehebungskosten ohnehin nicht angenommen wurden.
Mangels Auseinandersetzung mit den Argumenten des Berufungsgerichts wird daher auch in diesem Zusammenhang keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dargetan (vgl RS0043312 [T13]).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00211.18Z.0523.000 |
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Fundstelle(n):
NAAAD-40106