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OGH vom 16.09.2020, 7Ob155/20z

OGH vom 16.09.2020, 7Ob155/20z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache der betroffenen Person E***** L*****, geboren ***** 1937, *****, vertreten durch den Erwachsenenvertreter Dr. Roland Menschick, Rechtsanwalt in Eferding, über den Revisionsrekurs des Sohnes der betroffenen Person Mag. N***** L*****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom , GZ 21 R 122/20w45, womit der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Eferding vom , GZ 12 P 43/20p27, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 34 ZPO, der hier gemäß § 6 Abs 4 AußStrG anzuwenden ist, haben die aufgrund einer Prozessvollmacht vom Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen im Verhältnis zur Gegenpartei dieselbe Wirkung, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen worden wären. Eine nach Inhalt und Form ordnungsgemäße Prozessvollmacht berechtigt den Bevollmächtigten zu allen in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Vertretungshandlungen, unabhängig davon, ob sie mit den erhaltenen Aufträgen im Innenverhältnis übereinstimmen (RS0035893). Auch das Unterlassen einer Prozesshandlung durch den Prozessbevollmächtigten wirkt gegenüber den anderen Prozesssubjekten, also nach außenhin, so, wie wenn sie die Partei selbst unterlassen hätte (RS0034920).

2. Im vorliegenden Verfahren erstattete der Revisionsrekurswerber – am (, dem) letzten Tag der gegen den Beschluss des Erstgerichts, mit dem der gerichtliche Erwachsenenvertreter gemäß § 271 ABGB bestellt wurde, offenstehenden Rekursfrist – selbst (nicht durch seinen damaligen ausgewiesenen Vertreter Rechtsanwalt Dr. W***** S*****) einen Schriftsatz, in dem er beantragte, die gesetzliche Erwachsenenvertretung für seine Mutter zu übernehmen. Dazu wurde der Revisionsrekurswerber vom Erstgericht unter Fristsetzung aufgefordert, sich zu erklären, ob dies als Rekurs gegen den genannten Bestellungsbeschluss zu verstehen sei.

Durch seinen damaligen anwaltlichen Vertreter Dr. S***** antwortete der Revisionsrekurswerber, dass seine persönliche Eingabe „als eigenständiger Antrag gewertet werden möge und hierüber beschlussmäßig entschieden werden möge“; Zustellungen mögen zu Handen seines Anwalts erfolgen.

Daraufhin wies das Erstgericht den Antrag des Revisionsrekurswerbers zurück, weil der Bestellungsbeschluss unangefochten geblieben und das Bestellungsverfahren abgeschlossen sei; andere Rechte als den Bestellungsbeschluss anzufechten stünden dem Einschreiter nach § 127 AußStrG idFd 2. ErwSchG nicht zu. Dieser Beschluss war bereits schriftlich abgegeben und abgefertigt worden, als der Revisionsrekurswerber persönlich in einem (innerhalb der ursprünglichen Verbesserungsfrist erstatteten) weiteren, mit zusätzlichen Ausführungen versehenen Schreiben an das Erstgericht erklärte, seine frühere Eingabe wäre doch als Rekurs zu verstehen.

3. Gegen die Zurückweisung des (in der Folge durch weitere Schriftsätze ergänzten) Rekurses durch das Rekursgericht zeigt der Revisionsrekurs keine erhebliche Rechtsfrage auf.

3.1. Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten ist nach der dargelegten Rechtslage dem durch ihn vertretenen Revisionsrekurswerber zuzurechnen. Der durch diese Erklärung wirksam präzisierte Antrag wurde vom Erstgericht zurückgewiesen. An diese Erledigung des Antrags war das Erstgericht nach § 40 AußStrG bereits gebunden, bevor das Schreiben des Revisionsrekurswerbers von ihm persönlich bei Gericht überreicht wurde. Ab dem Zeitpunkt, in dem die Bindung des Gerichtes an seine Entscheidung eingetreten war, wäre ein Rechtsmittel gegen den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts selbst zulässig gewesen (RS0041679; RS0041748); ein solches Rechtsmittel wurde jedoch nicht erstattet, sodass dieser Beschluss in Rechtskraft erwuchs.

3.2. Eine Berücksichtigung des Schreibens des Revisionsrekurswerbers als von der Äußerung seines Prozessbevollmächtigten abweichende Willenserklärung scheidet aus, weil das Erstgericht bereits über den ursprünglichen Antrag rechtskräftig entschieden und damit auch die diesen Antrag betreffende Prozesserklärung des (bisherigen) Bevollmächtigten zum Gegenstand einer Prozesshandlung gemacht hatte. Damit konnte jene Erklärung durch eine abweichende Erklärung der Partei nicht mehr unwirksam gemacht werden (vgl RS0035629 unter Hinweis auf Fasching [1962] II 283 [vgl ebenso nunmehr Zib in Fasching/Konecny³ § 34 ZPO Rz 15 f]).

3.3. Dieses neuerliche Schreiben des Revisionsrekurswerbers wurde außerhalb der bereits verstrichenen Rekursfrist erstattet, sodass dessen Zurückweisung durch das Rekursgericht wegen Rechtskraft des angefochtenen Bestellungsbeschlusses auch insofern nicht zu beanstanden ist.

3.4. Auf die nunmehr im Revisionsrekurs erhobenen inhaltlichen Einwände gegen die Bestellung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters ist damit nicht einzugehen.

4. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00155.20Z.0916.000

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