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OGH vom 03.02.2000, 2Ob251/98w

OGH vom 03.02.2000, 2Ob251/98w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) V***** GmbH, *****, 2.) Gerhard M*****, 3.) Günther A*****, 4.) DI Dr. Gerald M*****, 5.) Dr. Karl-Heinz P*****, 6.) Dr. Herwig M*****, alle vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei S***** AG, vertreten durch den Vorstand Njoschi W*****, vertreten durch Dr. Ernst Stolz, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Freihaltung, Übernahme eines Sendebetriebes und Übergabe von Inhaberaktien (Streitwert S 300.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 2 R 136/98m, 2 R 153/98m-19, womit der Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 7 Cg 332/97m-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Klagebegehrens hinsichtlich der Punkte a) (Freihaltung von den im Schreiben vom angeführten Bank- und sonstigen Verbindlichkeiten) und c) (Übergabe von 5 x 250 Inhaberaktien im Wert von je DM 15.100 an die Zweit- bis Sechstkläger) richtet.

Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen hinsichtlich des Punktes b) des Klagebegehrens (Übernahme des Sendebetriebes der erstklagenden Partei gegen Überlassung von 74 % der Geschäftsanteile) aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Begründung:

Die klagenden Parteien begehren die Erlassung folgenden Urteiles:

"Die beklagte Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen, in eventu binnen richterlich zu bemessender Frist,

a) die erstklagende Partei gemäß Schreiben der klagenden (gemeint wohl: beklagten) Partei vom Blg A (gemeint wohl: Blg E), von den hierin aufgeführten Bank- und sonstigen Verbindlichkeiten freizuhalten;

b) den Sendebetrieb der erstklagenden Partei gegen Überlassung von 74 % der Geschäftsanteile zu übernehmen;

c) 5 x 250 Inhaberaktien im Werte von je DM 15.100,-- an die zweitbis sechstklagende Partei zu übergeben.

Das Schreiben der beklagten Partei vom weist folgenden Inhalt auf:

"Sehr geehrter Herr Dr. M*****!

Vielen Dank für das offene Gespräch in Bregenz. Wie folgend möchte ich noch einmal zusammenfassen und Ihnen nach Durchsicht Ihrer Unterlagen unsere Offerte formulieren.

Übernahme der Bankverbindlichkeiten in Höhe von 4,047.352 öS durch Vereinbarungen mit den Banken, Ihre Entlassungen aus den Bürgschaften nach Rückzahlung.

Übernahme der Lieferanten- und Dienstleistungsverbindlichkeiten in maximaler Höhe von 2,129.623 öS, Reduktionen werden nachverhandelt.

Überlassung von 5 x 250 Inhaberaktien im Werte von je 15.100 DM (ca 105.000,-- öS) Übernahme des Sendebetriebes von V***** durch die s***** AG mit Ihrer Beteiligung. Aussicht auf die Teilhaberschaft am Projekt Tele Ostschweiz und an Fernsehprojekten in Liechtenstein.

Wir hoffen Ihren Vorstellungen zu entsprechen und erwarten gerne Ihre Antwort."

Zur Zuständigkeit des Erstgerichtes führten die klagenden Parteien aus, die Leistungsverpflichtungen gemäß den getroffenen Vereinbarungen seien in Vorarlberg zu erfüllen, insbesondere könne der Sendebetrieb von V***** nur hier übernommen werden. Art 5 LGVÜ sei auch dann anzuwenden, wenn keine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung des Erfüllungsortes vorliege, sondern dieser sich aus dem Gesetz ergebe. Die Zuständigkeit des Erstgerichts werde auch auf die Bestimmungen der §§ 83b, 87, 92b und 99 JN gestützt. Die beklagte Partei habe eine Betriebsstätte in Bregenz und verfüge über beträchtliches Vermögen in Vorarlberg.

Die beklagte Partei wendete die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein und führte aus, Art 5 LGVÜ sei nicht anzuwenden, weil es sich nicht um Ansprüche aus einem Vertrag handle; eine Willenseinigung der Parteien sei nicht zustande gekommen. Erfüllungsort der begehrten Leistungen sei der Firmensitz der beklagten Partei.

Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf den Einwand der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit sowie der Unzuständigkeit ein und wies die Klage zurück.

§ 27a JN sei nicht anzuwenden, weil diese Bestimmung für Verfahren gelte, in denen die Klage nach dem eingebracht worden sei, was hier nicht zutreffe. Die beklagte Partei habe ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, weshalb das LGVÜ für die Beurteilung einer internationalen Zuständigkeit des Erstgerichtes heranzuziehen sei. Nach Art 3 LGVÜ sei § 99 JN (Vermögensgerichtsstand) ein verpönter nationaler Gerichtsstand.

§ 87 JN normiere den Gerichtsstand der Niederlassung. Es müsse zwar keine echte Niederlassung im Sinn der §§ 13 ff HGB vorliegen, weil es genüge, dass dort ein Teil der von der beklagten Partei in ihrem Unternehmen entfalteten Tätigkeit ausgeübt werde. Dieser Betrieb werde nur durch einen wirklichen Geschäftsbetrieb begründet; der Klageanspruch müsse zum Geschäftsbetrieb der Niederlassung in einer ursächlichen wirtschaftlichen Beziehung stehen. Dass diese Voraussetzungen vorlägen, sei nicht behauptet worden. Auch der Gerichtsstand des Erfüllungsortes liege nicht vor, weil kein sicherer Hinweis darauf bestehe, dass nach der Natur des Geschäftes die Erfüllung in Österreich zu erfolgen habe. Die klagenden Parteien begehrten die Übernahme von Bank-, Lieferanten- und Dienstleistungsverbindlichkeiten, die Entlassung aus Bürgschaften und die Überlassung von Inhaberaktien. Dieser Teil des Klagebegehrens sei grundsätzlich am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen. Nur ein Teil des Klagebegehrens sei die Übernahme des Sendebetriebes. Ein Erfüllungsgerichtsstand nach Art 5 LGVÜ bestehe nicht, ebenso ein solcher nach § 83b JN, weil eine Streitigkeit aus einem Verbandverhältnis nicht vorliege. Dies treffe auch auf die Anwendbarkeit des § 92b JN zu.

Das von den klagenden Parteien angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige. Einen Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses erachtete es im Hinblick auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO für nicht erforderlich.

Das Rekursgericht teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichtes, dass die Zuständigkeit nicht auf § 83b JN gestützt werden könne, weil dieser Gerichtsstand nur Klagen zwischen Kapitalgesellschaften und Genossenschaften und ihren Aktionären, Gesellschaftern oder Genossenschaftern umfasse, sofern es sich um Ansprüche handle, die allen oder einer bestimmten Gruppe dieser Personen gemeinsam seien. Die klagenden Parteien müssten in ihrem Rekurs selbst einräumen, dass die beklagte Partei noch nicht Gesellschafterin (der Erstbeklagten) sei. Soweit die Klage von den Zweit- bis Sechstklägern erhoben worden sei, bestehe eine Zuständigkeit nach dieser Gesetzesstelle bereits deshalb nicht, weil sie nur Gesellschafter seien.

Rechtsstreitigkeiten zwischen den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft einerseits und Dritten andererseits seien von der Zuständigkeit dieser Bestimmung nicht umfasst.

Die klagenden Parteien könnten sich auch nicht auf § 92b JN iVm § 51 Abs 1 Z 6 JN berufen. § 92b JN eröffne einen Wahlgerichtsstand für die in § 51 Abs 1 Z 6 JN genannten Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis bei jenem sachlich zuständigen Gericht, in dessen Sprengel die Gesellschaft ihren Sitz habe. Der vorliegende Rechtsstreit zähle nicht zu den in § 51 Abs 1 Z 6 JN genannten Streitigkeiten. Ein Rechtsstreit aus den Rechtsverhältnissen der dort bezeichneten Personen zu Dritten, denen sie sich in ihrer Gesellschaft bezogenen Funktion verantwortlich gemacht hätten, liege nicht vor.

Die klagenden Parteien könnten sich auch nicht auf Art 5 Nr 1 LGVÜ berufen. Zwar stehe dieser Gerichtsstand auch dann zur Verfügung, wenn streitig sei, ob überhaupt ein Vertrag zustande gekommen sei. In diesem Fall sei der Erfüllungsort unter der vorläufigen Hypothese zu bestimmen, dass der Vertrag wirksam sei. Unstrittig sei, dass die Parteien keinen Erfüllungsort vereinbart hätten. Den Erfüllungsort bestimme daher diejenige Rechtsordnung, die auf den zugrundeliegenden Vertrag anwendbar sei. Die anwendbare Rechtsordnung ergebe sich entweder aus der Rechtswahl der Parteien oder der gesetzlichen Verweisung. Da die Parteien eine Rechtswahl nicht getroffen hätten, sei gemäß § 36 IPRG die Bestimmung des Erfüllungsortes nach § 905 ABGB maßgeblich. Punkt a) des Klagebegehrens (Freihaltung von dem im Schreiben vom angeführten Bank- und sonstigen Verbindlichkeiten) stelle nach dem eigenen Vorbringen der klagenden Parteien eine Erfüllungsübernahme dar, nach der sich lediglich der Übernehmer intern gegenüber dem Schuldner verpflichte, dessen Gläubiger zu befriedigen. Abgesehen davon, dass die zu übernehmenden Verbindlichkeiten nicht näher konkretisiert worden seien und auch nicht konkret behauptet worden sei, welchen Gläubigern gegenüber sie bestünden und wo sie zu erfüllen seien, bestehe das Schuldverhältnis, das durch die Übernahme begründet werde, nur zwischen dem Schuldner und dem Übernehmer. Erfüllungsort sei daher nach § 905 ABGB der Wohnsitz und die Niederlassung des Übernehmers. Auch hinsichtlich Punkt c) des Klagebegehrens (Übergabe von 5 x 250 Inhaberaktien im Wert von je DM 15.100,-- an die Zweit- bis Sechstkläger) sei gemäß § 905 ABGB Erfüllungsort, Wohnsitz oder Niederlassung der Beklagten. Eine Zuständigkeit des Erstgerichtes könne lediglich für Punkt b) des Klagebegehrens (Übernahme des Sendebetriebes) in Betracht kommen. Auch daraus sei für die klagenden Parteien nichts gewonnen, weil nicht weiter präzisiert worden sei, dass der Sendebetrieb von V***** nur hier übernommen werden könne. Es könne daher gemäß § 905 ABGB nicht angenommen werden, dass die Übernahme des Sendebetriebes nur im Sprengel des Erstgerichtes möglich sei.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Parteien mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die Ergänzung bzw Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.

Die beklagte Partei beantragt dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zum Teil berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass in den Fällen, in denen eine Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde, ein bestätigender Beschluss des Rekursgerichtes nicht jedenfalls unzulässig, sondern unter den Voraussetzungen des § 528 Abs 1 anfechtbar ist (Kodek in Rechberger2 ZPO § 528 Rz 3). Daher hat das Rekursgericht auch in einem solchen Fall auszusprechen, ob der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist. Es wäre aber ein überflüssiger, Formalismus, dem Rekursgericht vorerst die gemäß § 526 Abs 3 ZPO iVm § 500 ZPO erforderlichen Aussprüche aufzutragen, wenn das erhobene Rechtsmittel als ordentliches Rechtsmittel behandelt und auch schon eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet wurde sowie - wie hier - auch eine erhebliche Rechtsfrage vorliegt, von der die Entscheidung abhängt.

Ebenfalls vorauszuschicken ist, dass auf den vorliegenden Sachverhalt noch das LGVÜ anzuwenden ist, weil das EuGVÜ in Österreich erst am in Kraft getreten ist.

Die Ausführungen zur JN sind nicht zielführend. Das LGVÜ ist ein Staatsvertrag mit gesetzesänderndem Charakter, ohne spezielle Transformation unmittelbar anwendbar und verdrängt in seinem Anwendungsbereich entgegenstehende Normen des nationalen Rechts, insbesondere der JN und der EO (SZ 69/227; JBl 1998, 726 ua; Klauser EuGVÜ und EVÜ, 29; Mayr in Rechberger ZPO2 Rz 5 nach § 27a JN). Hat die beklagte Partei ihren Wohnsitz (Sitz) in einem Vertragsstaat und liegt ein vom Übereinkommen erfasster Rechtsstreit (hier Zivilsache, kein Ausnahmetatbestand) vor, dann bestimmt sich die internationale Zuständigkeit ausschließlich nach dem Übereinkommen. Nur in den vom Übereinkommen nicht geregelten Verfahren bleibt es bei den nationalen Zuständigkeitsvorschriften (vgl Mayr in Rechberger aaO). Soweit sich die Revisionsrekursausführungen auf Zuständigkeitstatbestände nach der JN beziehen, ist darauf daher nicht einzugehen.

Die Berufung auf Art 5 Nr 1 LGVÜ schlägt hinsichtlich der Begehren a) und c) nicht durch. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre... . Dieser Gerichtsstand steht auch dann zur Verfügung, wenn streitig ist, ob überhaupt ein Vertrag zustandegekommen ist (EuGH Slg 1982, 825, 835 - Effer/Kantner, SZ 70/226). In diesem Fall ist der Erfüllungsort unter der vorläufigen Hypothese zu bestimmen, dass der Vertrag gültig zustandegekommen ist. Die Bestimmung des Erfüllungsortes richtet sich in erster Linie nach der Parteienvereinbarung (Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel Art 5 Rz 11). Die Klage kann nur an dem Ort eingebracht worden, an dem die konkret eingeklagte Leistung zu erfüllen war oder zu erfüllen gewesen wäre. Es genügt dabei nicht, dass irgendeine Leistung aus dem Vertrag an dem Ort der beabsichtigten Klageführung erbracht wurde bzw erbracht hätte werden müssen. Vielmehr muss die konkret eingeklagte Forderung am Gerichtsort erfüllt worden sein oder hätte an diesem Ort erfüllt werden müssen, andernfalls würde der Kläger einseitig bevorzugt (EuGH Slg 1976, 1497 de Bloos/Bouyer). Für jede aus einem Vertragsverhältnis erfließende Hauptpflicht ist daher der Erfüllungsort selbständig zu bestimmen; dabei ist für die internationale und örtliche Zuständigkeit der Erfüllungsort allein jener Verpflichtung maßgebend, die den Gegenstand der Klage bildet; für jeden Klageanspruch muss der Erfüllungsort selbständig geprüft und festgestellt werden (Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht Art 5 Rz 58). Maßgebend ist dabei das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht einschließlich des Kollisionsrechts des befassten Gerichtes (SZ 70/176; SZ 70/226, zuletzt 9 ObA 247/98h; Slg I-2913).

Unzweifelhaft haben die Parteien für die eingeklagten Verbindlichkeiten weder einen Erfüllungsort vereinbart noch eine Rechtswahl getroffen. Das auf die vorliegende Vertragsbeziehung zur Ermittlung des Erfüllungsortes anzuwendende Recht ist daher nach dem österreichischen Kollisionsrecht zu ermitteln. Dabei ist das IPRG maßgebend, weil das vorliegende Vertragsverhältnis noch vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht - EVÜ in Österreich (BGBl 1998/166) begründet wurde.

Die beklagte Partei sollte nach der maßgeblichen Vereinbarung an der erstklagenden Partei beteiligt werden, dafür die Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten übernehmen und den Klägern (eigene) Aktien übertragen, sowie den Sendebetrieb der erstklagenden Partei übernehmen. Ein derartiges Begehren fällt weder unter die Sonderregeln der §§ 38 bis 45 IPRG (Bankgeschäfte, Versicherungsverträge, Börse-, Markt- und Messegeschäfte, Versteigerungen, Verbraucherverträge, Liegenschaftsbenützungsverträge, Verträge über Immaterialgüterrechte, Arbeitsverträge und abhängige Rechtsgeschäfte) noch unter die subsidiäre Bestimmung des § 36 IPRG. Bei einer derartigen Vereinbarung ist - unter Bedachtnahme auf Rück- oder Weiterverweisung - der gesamte Vertrag einheitlich an jene Rechtsordnung anzuknüpfen, zu der nach allen relevanten Umständen im Einzelfall die stärkste Beziehung (§ 1 Abs 1 IPRG) besteht; die entscheidende "stärkste" Beziehung darf nur an schuldvertragsrelevanten Verbindungen gemessen werden, wie beispielsweise Schwerpunkt der Vertragswirkungen, gemeinsamer Erfüllungsort oder Sitz (gewöhnlicher Aufenthalt bzw Niederlassung) beider Parteien im selben Staat, Sitz der Partei der charakteristischen Leistung, Sitz der schützenswerteren Partei (vgl Schwimann in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 36 IPRG). Berücksichtigt man hier, dass durch die behaupteten Verpflichtungen der beklagten Partei (Freihaltung der erstklagenden Partei von Bank- und sonstigen Verbindlichkeiten, Übernahme des Sendebetriebes und Übergabe eigener Aktien an die Kläger) offensichtlich ein österreichisches Unternehmen durch Beteiligung eines deutschen Unternehmens saniert werden sollte, ist nach den oben angeführten Gesichtspunkten dieser Vertrag nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Bei lit a des Klagebegehrens (Freihaltung der erstklagenden Partei von Bank- und sonstigen Verbindlichkeiten) behaupten die klagenden Parteien selbst das Vorliegen einer Schuldübernahme (AS 75). Dabei verpflichtet sich lediglich der Übernehmer intern ohne Rechtswirkungen für den Gläubiger, dem Schuldner die wirtschaftliche Last abzunehmen, welche die Schuld in dessen Vermögen bildet. Der Gläubiger erhält gegen den Erfüllungsübernehmer keine Rechte (vgl Ertl in Rummel ABGB2 § 1404 Rz 2 mwN). Der Zweck der Erfüllungsübernahme ist nur die Sicherung des Schuldners gegen Inanspruchnahme durch seine Gläubiger. Wo diese interne Verpflichtung zu erfüllen ist, bestimmt sich nach § 905 ABGB. Danach ist an dem Ort zu leisten, wo der Schuldner zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz hatte, oder, wenn die Verbindlichkeit im Betrieb des gewerblichen oder geschäftlichen Unternehmens des Schuldners entstand, am Orte der Niederlassung, wenn der Erfüllungsort weder aus der Verabredung noch aus der Natur oder dem Zweck des Geschäftes bestimmt werden kann. Da hier nicht behauptet wurde, dass das Klagebegehren lit a nur am Sitz der klagenden Partei erfüllt werden kann, muss hier die Zweifelsregel Platz greifen, weshalb als Erfüllungsort der Sitz der beklagten Partei in Deutschland anzusehen ist. Dies gilt auch hinsichtlich lit c des Klagebegehrens (Übertragung von Inhaberaktien offensichtlich der beklagten Partei) an die Kläger, weil Rechte an Inhaberpapieren durch Übereignung des Papiers nach den für die die Übereignung beweglicher Sachen geltenden Regeln übertragen werden (vgl Ertl in Rummel ABGB2 § 1392 Rz 2). Auch hier ist der Erfüllungsort der Sitz der beklagten Partei.

Die Zurückweisung der Klage hinsichtlich der Begehren lit a und c erfolgte daher wegen Fehlens der internationalen Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts zu Recht.

Ob dies auch hinsichtlich des Begehrens lit b (Übernahme des Sendebetriebs der erstklagenden Partei) zutrifft, kann aber noch nicht abschließend beurteilt werden.

Die klagenden Parteien haben dazu vorgebracht, dass sich der Sendebetrieb der erstklagenden Partei (offensichtlich technisch) nur in Österreich übernehmen lassen könne. Für diese Beurteilung fehlen aber noch die Entscheidungsgrundlagen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht mit den Parteien zu erörtern haben, wie nach ihren Vorstellungen der Sendebetrieb der erstklagenden Partei übernommen werden sollte, ob dies rein technisch nur von Österreich aus geschehen kann oder ob ein Fernsehprogramm (hier offensichtlich Kabelfernsehen) auch von Deutschland in das österreichische Netz eingespeist werden kann. Dazu werden vom Erstgericht noch Feststellungen zu treffen sein, um abschließend klären zu können, ob der in lit b des Klagebegehrens bezeichnete Ausspruch von der beklagten Partei im Sprengel des Erstgerichts zu erfüllen ist.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.