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OGH vom 11.05.1999, 5Ob135/99k

OGH vom 11.05.1999, 5Ob135/99k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Franz L*****, 2. Helga L*****, beide vertreten durch Dr. Walter Sarg, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Grundbuchseintragungen ob der Liegenschaft EZ 167 Grundbuch 73211 Radenthein, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom , AZ 3 R 60/99d, womit infolge Rekurses der Antragsteller der Beschluß des Bezirksgerichtes Spittal/Drau vom , TZ 322/99, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Erstantragsteller ist Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch***** R*****, auf dem das Wohnhaus F*****weg *****, ***** R***** errichtet ist.

Aufgrund des Übergabsvertrags, der zwischen den Antragstellern am abgeschlossen wurde, begehren sie die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Zweitantragstellerin und die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wohnung gemäß Punkt II des Übergabsvertrags für den Erstantragsteller.

Der Übergabsvertrag sieht in seinem Punkt II vor, daß die Zweitantragstellerin dem Erstantragsteller das "bücherlich sicherzustellende, lebenslange, unentgeltliche, aber nicht betriebskostenfreie Wohnrecht an dem auf der Übergabsliegenschaft errichteten Wohnhaus ***** R*****, F*****weg *****" einräumt. "Verbunden mit diesem Wohnrecht ist auch das Recht der Benützung des beim Haus befindlichen Gartens".

Das Gericht erster Instanz wies den Grundbuchsantrag zur Gänze ab. Das Grundbuchsgericht habe gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und dürfe eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheine. Gemäß § 12 Abs 1 GBG müsse bei Dienstbarkeiten und Reallasten der Inhalt und Umfang des einzutragenden Rechts möglichst bestimmt angegeben werden. Das bedeute, daß bei der Dienstbarkeit der Wohnung die zur Benützung dienenden Räumlichkeiten genau zu beschreiben seien. Werde daher die Dienstbarkeit der Wohnung in einem Haus eingeräumt, sei das Objekt der Dienstbarkeit dann nicht bestimmt angegeben, wenn aus dem Vertrag nicht ersichtlich sei, ob sich die Dienstbarkeit auf alle im Haus befindlichen Räumlichkeiten beziehe oder an welchen einzeln und bestimmt angeführten Räumlichkeiten das Wohnungsrecht ausgeübt werden dürfe. Weil ein Übergabsvertrag stets nur als Einheit zu betrachten sei und nur in seiner Gesamtheit verbücherbar sei, sei mangels Eintragbarkeit des Wohnungsrechts der Antrag zur Gänze abzuweisen.

Über Rekurs der Antragsteller bestätigte das Gericht zweiter Instanz die Abweisung des Antrags. Dem Übergabsvertrag sei allerdings deutlich zu entnehmen, daß sich das Wohnungsrecht räumlich auf das gesamte Wohnhaus, also alle darin befindlichen Räume inklusive Gartenbenützung beziehen solle. Dennoch sei der Antrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden. Das dem Erstantragsteller im Übergabsvertrag eingeräumte Wohnungsrecht lasse nach dem vertraglichen Wortlaut nämlich offen, ob dem Erstantragsteller lediglich ein Gebrauchsrecht oder aber ein Fruchtgenußrecht eingeräumt worden sei. Herrschende Lehre und Rechtsprechung hätten zwar Abgrenzungskriterien und Zweifelsregeln geschaffen (vgl 5 Ob 83/97k mwN), doch lasse die von den Antragstellern gewählte Vertragstextierung keine eindeutige Auslegung zu, ohne über den Urkundeninhalt hinausgehende Erwägungen anzustellen, um den Willen der Vertragsteile zu erkunden. Dem Bestimmtheitserfordernis des § 12 Abs 2 GBG sei daher nicht entsprochen, weshalb der Antrag zu Recht abgewiesen worden sei.

Weil im vorliegenden Fall sowohl die Verbücherung des bloßen Wohnungsgebrauchsrechts als auch jenes des Wohnungsfruchtgenußrechtes grundsätzlich in Frage komme, sei es denkbar, als Minus nur das Wohnungsgebrauchsrecht und das Eigentumsrecht einzuverleiben. Zu dieser Möglichkeit fehle es jedoch an höchstgerichtlicher Rechtsprechung.

Das Rekursgericht erklärte daher den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, der zulässig, aber nicht berechtigt ist.

Zunächst argumentieren die Antragsteller damit, daß in der Vertragstextierung nicht der Begriff "Wohnungsrecht" verwendet worden sei, sondern dem Erstantragsteller ein "Wohnrecht" eingeräumt worden sei. Während bei ersterem Begriff noch vertretbar sei, daß eine eindeutige Zuordnung - ob damit Gebrauch oder Fruchtgenuß gemeint sei - nicht möglich sei, gelte das für den Begriff "Wohnrecht" nicht. Niemand werde unter diesem Begriff auch das Fruchtgenußrecht verstehen.

Jedenfalls wären die Vorinstanzen aber gehalten gewesen, als Minus zumindest das Wohnungsgebrauchsrecht des Erstantragsstellers und das Eigentumsrecht der Zweitantragstellerin einzuverleiben.

Die Antragsteller begehren, ihrem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß ihrem Eintragungsbegehren stattgegeben werde.

Gemäß § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und auch der Urkundeninhalt (materiellrechtlich) keine Zweifel aufkommen läßt. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, ist das nur dann der Fall, wenn das einzutragende Recht aus den Urkunden selbst hervorgeht, nicht aber, wenn es bloß aus Folgerungen erschlossen werden kann (NZ 1990/192; NZ 1993/250 [Hofmeister 22] = WoBl 1993, 79 [Call]; NZ 1998/306).

Das Rekursgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, daß die Grundbuchsurkunde eine eindeutige Auslegung im Sinn der Einräumung entweder eines Wohnungsgebrauchsrechts oder eines Wohnungsfruchtgenußrechtes nicht zuläßt. Lehre und Rechtsprechung haben Abgrenzungskriterien und Zweifelsregelungen geschaffen, die aber hier eine eindeutige Zuordnung nicht vornehmen lassen. So ist etwa im Zweifel Gebrauch, Fruchtgenuß hingegen dann anzunehmen, wenn das Recht an einem selbständigen Gebäude eingeräumt wird (MietSlg 24.035, 28.045, 29.057, 36.035/34; SZ 56/147). Dies setzt allerdings wiederum die hier nicht zu klärende Frage voraus, an welcher Art von Wohnhaus das Recht begründet werden soll. Es gehört weiters zum Wesen des Fruchtgenußrechtes (§ 521 Satz 3 ABGB), daß der Berechtigte die ihm überlassenen Teile des Hauses ohne Einschränkung auf seine Bedürfnisse benützen und daher auch an Dritte überlassen darf (MietSlg 28.045). In der zu beurteilenden Vertragsformulierung findet sich weder ein Hinweis darauf, ob die Wohnräume nur zum persönlichen Bedarf des Erstantragstellers oder ohne diese Einschränkung benützt werden dürfen (immolex 1997/161 mwN).

Ohne über den Urkundeninhalt hinausgehende Erwägungen tatsächlicher und rechtlicher Natur anzustellen, läßt sich der wahre Wille der Vertragsteile vorliegendenfalls nicht ergründen. Auch mit dem Hinweis der Revisionsrekurswerber, sie hätten den Begriff "Wohnrecht" und nicht "Wohnungsrecht" verwendet, kann keine Klarheit gefunden werden, ist doch der verwendete Begriff eher als Überbegriff denn als eindeutige Einschränkung zu verstehen.

Es ist daher dem Rekurgericht darin zu folgen, daß die in § 12 Abs 1 GBG geforderten Bestimmtheitskriterien nicht erfüllt sind. Damit folgte das Rekursgericht ständiger höchtgerichtlicher Rechtsprechung (vgl zuletzt NZ 1998/306 mit Ablehnung Hoyer).

Selbst wenn man die von Hoyer (aaO) und Hofmeister (in NZ 1993/23) geäußerte Ansicht, daß zwischen dem Wohnungsgebrauch und dem Wohnungsfruchtgenuß nicht ein Aliud- sondern ein Umfangsverhältnis besteht, folgt und den Wohnungsgebrauch also gegenüber dem Wohnungsfruchtgenuß als Minus ansieht (vgl Hoyer aaO mwN; WoBl 1996/82), kommt unter Anwendung des § 95 Abs 2 GBG keine teilweise Bewilligung des Grundbuchsgesuchs im Sinne einer Eintragung des umfänglich geringeren Gebrauchsrechts in Betracht: Zwar kann dann einem Gesuchsbegehren teilweise stattgegeben werden, wenn ein Teil, jedoch nicht das Gesuchsbegehren im vollen Umfang, zulässig ist, doch ist diesfalls Voraussetzung, daß der restliche Teil des Begehrens durch Beschluß abgewiesen werden kann (vgl Feil, GBG5 Rz 4 zu § 95 GBG). Es kann jedenfalls nicht ein Teil des Begehrens mit dem Hinweis, er sei überflüssig oder gegenstandslos oder in seinem Umfang ungeklärt, unbeachtet gelassen werden. § 95 Abs 3 GBG fordert nämlich, daß dann, wenn das Gesuch ganz oder teilweise abgewiesen wird, in dem Beschluß alle Gründe anzugeben sind, die der Bewilligung entgegenstehen. Eine von Hoyer in der Entscheidungsbesprechung NZ 1998/306 [307] offenbar geforderte Teilabweisung scheitert daran, daß die Antragsteller nicht die Eintragung eines Wohnungsfruchtgenußrechtes begehren, für welchen Fall die Eintragung eines Wohnungsgebrauchsrechts (und die Abweisung des Mehrbegehrens) in Frage käme. Der Antrag richtet sich auf die Eintragung einer "Dienstbarkeit der Wohnung" für den Erstantragsteller, was ebenso wie die vertragliche Textierung offenläßt, welcher Rechtsumfang davon erfaßt ist. Die fehlende Eindeutigkeit erstreckt sich also nicht nur auf den Inhalt des einzutragenden Rechts, sondern auch auf den Umfang der begehrten Eintragung, woran eine teilweise Stattgebung des Begehrens scheitert.

Dem unberechtigten Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.