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OGH vom 06.07.2004, 4Ob133/04v

OGH vom 06.07.2004, 4Ob133/04v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ch***** AG, *****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Martin L*****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 35.000 EUR), über den Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 4 R 235/03p-8, mit dem die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom , GZ 24 Cg 194/03t-3, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Unternehmensgegenstand der Klägerin ist die Herstellung von Multimediaprodukten in unterschiedlichen Formaten, von multimedialen Präsentationen, Ausstellungsinstallationen, Informationsdisplays, von Filmwerken und Laufbildern, einschließlich Video- und Computerspielen. Der Vorstandsvorsitzende der Klägerin hat in deren Auftrag ein Computerspiel entwickelt. Das Computerspiel beruht auf Entwürfen für seinen Kurzfilm "Fast Film", der beim europäischen Filmfestival in Cannes erfolgreich präsentiert wurde.

Gegenstand des Computerspiels ist das Abschießen unterschiedlicher Typen von Flugobjekten. Dabei handelt es sich um "Papierflieger" verschiedener Art, Größe und Geschwindigkeit. Nach Ablauf der vorgegebenen Spielzeit wird die erreichte Punktezahl angezeigt. Auf der grafisch gestalteten Bildschirmmaske sind verschiedene Typen von Papierfliegern abgebildet und die durch ihren Abschluss erzielbaren Punkte angegeben. Gespielt wird auf einem Feld, das einer Windschutzscheibe nachgebildet ist. Auf der rechten Seite ist - außerhalb des Spielfelds - ein Treibstoffanzeiger abgebildet, während die erzielten Punkte in einem ovalen Feld am unteren Rand angezeigt werden. Das Spielfeld selbst ist in den Farben Weiß und Blau gehalten, womit ein von auf- und abziehenden Wolken belebter Himmel nachempfunden wird. In der Mitte befindet sich ein blinkendes Abschussfeld in Form einer Zielscheibe, während die Flugkörper in unterschiedlicher Position und Richtung von links nach rechts und von rechts nach links vorbeiziehen. Die Spieldauer und die abgelaufene Spielzeit wird am unteren Rand zwischen dem Spielfeld und der ovalen Anzeige angegeben.

Der Spieler ruft das Spiel mit Hilfe eines Symbols auf, das dem griechischen Buchstaben Alpha nachempfunden ist. Unmittelbar nach dem Start ertönt rhythmisch unterlegte Fanfarenmusik. Auf dem Bildschirm erscheint in schwarzen, grafisch gestalteten Buchstaben der Filmtitel "Fast Film" und eine Bildschirmmaske, die in den abgestuften Farben Weiß und Blau, den Farben des Spielfelds, gehalten ist und für die auch der als Rahmen rund um das Spielfeld verwendete Grauton als gestalterisches Element mitverwendet wird. Die grafische und bildliche Gestaltung ist abstrakt gehalten und nimmt die Flugobjekte in abgewandelter Form vorweg. Das Bild ist bewegt angelegt. Es verändert sich laufend, kann vom Spieler aber nicht beeinflusst werden.

In weiterer Folge erscheint die oben beschriebene Bildschirmmaske mit Spielfeld. Der Spieler startet das Spiel, indem er die Schaltfläche "new game" anklickt. Danach wechselt das Zielfeld die Farbe und blinkt zwischen Blau, Rot und Orange; die grün, schwarz und orange gestalteten Papierflieger durchwandern in unterschiedlichem Tempo und unterschiedlicher Richtung das Spielfeld. Der Spieler muss die Papierflieger im Vorbeiflug abschießen. Während des gesamten Spiels ertönt untermalende Geräuschmusik; über den blauen Himmel ziehen Wolken in unterschiedlicher Formation und Richtung. Mehrmals taucht aus dem Hintergrund ein nach vorne auf den Spieler zufliegendes schwarzes, realistisch gestaltetes Flugzeug auf, das nicht abzuschießen ist, sondern nur der bildlich bewegten Gestaltung dient. Sobald das Flugzeug auftaucht, wird die Hintergrundmusik durch Flugzeugmotorengeräusch übertönt.

Am Ende des Spiels erscheint auf dem Spielfeld eine Wertungsliste, auf der der Spieler die erreichten Punkte selbst verbal bewerten und dabei zwischen Zensuren wie "na ja", "üben", "nicht schlecht", "gut so", "so ist es richtig" wählen kann. Gleichzeitig ertönt abgewandelte Fanfarenmusik. Durch Anklicken der Schaltfläche "credits" gelangt der Spieler zum Impressum.

Der Spieler greift in den Ablauf des Spiels insoweit ein, als er Papierflieger abschießt und zum Bersten bringt. Dies wird auch grafisch dargestellt. Die dem Spieler möglichen Eingriffe in den Spielablauf sind vorprogrammiert.

Der Vorstandsvorsitzende der Klägerin hat die Flugobjekte, den grafischen Rahmen, die vorgegebenen Bewegungsabläufe, die Bildschirmmaske und die Texteinbettungen gestaltet und die musikalischen Sequenzen eingefügt. Er hat der Klägerin die zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkten ausschließlichen Werknutzungsrechte eingeräumt. Soweit er gestalterische Vorgaben aus dem gleichnamigen Kurzfilm verwendet hat, hat er der Klägerin auch daran ausschließliche Werknutzungsrechte im selben Umfang eingeräumt.

Der Programmierer des dem Computerspiel zugrunde liegenden Programms hat der Klägerin hingegen nur die nicht ausschließliche Nutzungsbewilligung erteilt, das Computerspiel zu vervielfältigen und als Werbegeschenk für ihre Kunden zu verbreiten. Er hat ihr weiters gestattet, das Spiel in das Internet zu stellen und das Herunterladen zu gestatten, dies jedoch ausschließlich zu privaten Zwecken des Nutzers. Alle darüber hinausgehenden Nutzungsrechte sind beim Programmierer verblieben.

Der Komponist der zum Spiel gehörenden musikalischen Sequenzen hat der Klägerin die inhaltlich, räumlich und zeitlich unbeschränkten Nutzungsrechte an den ihm zustehenden Rechten des Schaltregelherstellers sowie als ausübender Künstler eingeräumt.

Der Beklagte hat das Computerspiel heruntergeladen, auf CDs gebrannt und die CDs auf dem Wiener Flohmarkt zum Kauf angeboten. Der Prokurist der Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden GenossenschaftmbH hat am eine CD um 2 EUR gekauft.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten zu verbieten, Computerspiele in Bezug auf die darin enthaltenen Werke der bildenden Künste, Filmwerke, Schallträger, Darbietungen ausübender Künstler und Laufbilder, an welchen die ausschließlichen Werknutzungsrechte der Klägerin zustehen, zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten; das Verbot soll sich insbesondere auf das Computerspiel mit dem Titel "Fast Film", nicht jedoch auf das diesem zu Grunde liegende Computerprogramm und die darin enthaltenen Werke der Tonkunst erstrecken. Die in Video- und Computerspielen enthaltenen Bildelemente seien als Werke der bildenden Künste geschützt; die Bewegungsabläufe genössen den Schutz als Werke der Filmkunst, jedenfalls aber als Laufbilder nach § 73 Abs 2 UrhG. Die untermalenden Schallträgeraufnahmen und die darauf festgehaltenen Darbietungen ausübender Künstler seien jedenfalls nach den §§ 66 ff und nach § 76 UrhG geschützt. Gegenstand der Klage sei nicht das Computerprogramm, weil der Klägerin daran keine ausschließlichen Werknutzungsrechte zustünden, sondern das Erscheinungsbild und der Spielablauf auf dem Bildschirm. Der Beklagte habe durch die ungenehmigte Vervielfältigung in das der Klägerin zustehende Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht eingegriffen.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die gestalterischen Elemente des Computerspiels seien keine eigentümlichen geistigen Schöpfungen im Sinne des § 1 Abs 1 UrhG. Sie entbehrten jeder individuellen Gestaltung und persönlichen Note. Dass die spielerische Grundidee weder originell noch als abstrakte Idee urheberrechtlich schützbar sei, räume die Klägerin selbst ein. Nicht schützbar seien aber auch die filmischen Sequenzen und die Schallträger. Es fehle das für den Schutz notwendige Mindestmaß an Gestaltung. Da der Spieler in den Ablauf eingreifen und diesen verändern könne, seien schöpferische Gestaltungen in Wahrheit dem Spieler zuzuordnen. Die Klägerin sei aber schon deshalb nicht aktiv legitimiert, weil sich die Gestaltung nicht von dem zugrunde liegenden Computerprogramm trennen lasse. Alle Befehle, welche die bildlichen Elemente auf dem Bildschirm sichtbar und hörbar machten, würden vom Computerprogramm betrieben und seien in dieses integriert. Von ihrer gesonderten Schutzfähigkeit könne daher keine Rede sein.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Video- und Computerspiele könnten als Filmwerke, Einzelbilder als Werke der bildenden Künste geschützt sein. Der urheberrechtliche Schutz könne unabhängig vom Programm bei den einzelnen Bestandteilen eines Computerspiels ansetzen. Die einzelnen Bestandteile des verfahrensgegenständlichen Computerspiels seien durchaus individuell und originell gestaltet. Der Beklagte habe nicht behauptet, dass bloß Standardsoftware verwendet worden wäre. Die Bildelemente seien als Werke der bildenden Künste, die Bewegungsabläufe als Filmwerke und die musikalischen Sequenzen als Werke der Tonkunst im Sinne des Urheberrechtsgesetzes anzusehen. Der Spieler sei nicht Gestalter, weil alle ihm möglichen Veränderungen vorprogrammiert seien. Mit dem Herunterladen habe der Beklagte das Spiel vervielfältigt; durch das Anbieten und Verkaufen der von ihm gebrannten CDs habe er in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht der Klägerin an den gestalterischen Elementen des Spiels eingegriffen. Ob er dabei gewerbsmäßig vorgegangen sei, sei ohne Bedeutung.

Das Rekursgericht bestätigte die einstweilige Verfügung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Bei einem Computerspiel würden bewegte und mit Musik und Geräuschen unterlegte Bilder "für Gesicht und Gehör" zur Darstellung gebracht. Die einzelnen Elemente hätten für sich und in ihrem Zusammenspiel durchaus individuellen Charakter. Das Computerspiel sei kein Werk wissenschaftlicher oder belehrender Art; die bildlichen Elemente seien aber nach § 3 Abs 1 UrhG selbstständig geschützt, da auch die Gebrauchsgrafik zu den Werken der bildenden Künste zähle. Der Einwand mangelnder Originalität sei nicht berechtigt, weil es selbst für Papierflieger verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung gebe. Das gelte auch für alle anderen Elemente. Ob ein Computerspiel daneben auch noch Licht- oder Laufbilderschutz nach § 73 Abs 2 UrhG genieße, könne offen bleiben. Ebenso erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der Frage des Schallträgerschutzes gemäß § 76 UrhG, weil dem Urheber schon gemäß § 15 UrhG das ausschließliche Recht zustehe, das Werk - gleichviel in welchem Verfahren und in welcher Menge - zu vervielfältigen. In dieses ausschließliche Recht habe der Beklagte durch das Brennen des Spiels auf CDs eingegriffen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte macht geltend, dass das Computerspiel nicht schutzfähig sei. Der Spielablauf und die einzelnen Bildelemente seien weder urheberrechtlich noch leistungsschutzrechtlich geschützt. Das Videospiel sei mit dem zugrunde liegenden Computerprogramm untrennbar verbunden; die für den Nutzer wahrnehmbaren Bewegungsabläufe, die bildlichen Darstellungen und Klänge seien daher nicht selbstständig geschützt. Konkret ausgestaltet werde das Spiel erst durch den Spieler; nur die konkrete Ausgestaltung sei aber schutzfähig.

Keines dieser Argumente überzeugt:

1. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Computerspielen ist zwischen der bildlichen Darstellung auf dem Bildschirm und dem den Spielverlauf steuernden Programm zu unterscheiden. Das Programm kann nach § 40a UrhG geschützt sein; für den Schutz der bildlichen Darstellung kommt der Schutz einzelner Elemente und der Schutz der Darstellung als Ganzes in Betracht, die regelmäßig ähnlich einem Film abläuft.

2. Das Urheberrechtsgesetz versteht unter Werken der Filmkunst Laufbildwerke, wodurch die den Gegenstand des Werkes bildenden Vorgänge und Handlungen entweder bloß für das Gesicht oder gleichzeitig für Gesicht und Gehör zur Darstellung gebracht werden, ohne Rücksicht auf die Art des bei der Herstellung oder Aufführung des Werkes verwendeten Verfahrens (§ 4 UrhG). Das Gesetz verweist damit einerseits auf "Laufbildwerke", andererseits gewährt es den Schutz unabhängig davon, auf welche Weise das Werk hergestellt und aufgeführtwird. Laufbilder sind nach § 73 Abs 2 UrhG kinematographische Erzeugnisse, dh sie müssen in einem Verfahren hergestellt sein, das der Fotografie zumindest ähnlich ist. Daraus schließt ein Teil der Lehre (Ciresa, Österreichisches Urheberrecht § 4 Rz 2, 21), der Gesetzgeber habe den Schutz als Filmwerk auf eine bestimmte Aufnahmetechnik im Sinne einer optischen Verarbeitung von Lichtreizen beschränken wollen.

Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Sie gibt § 4 UrhG einen in sich widersprüchlichen Inhalt, da einerseits durch die Verwendung des Begriffs "Laufbildwerke" der Schutz auf zumindest filmähnliche Herstellverfahren eingeschränkt sein soll, andererseits der Schutz ausdrücklich unabhängig von der "Art des bei der Herstellung ... verwendeten Verfahrens" gewährt wird. § 4 UrhG muss daher dahin verstanden werden, dass mit dem Begriff "Laufbildwerke" nicht eine Folge von Laufbildern im Sinne des § 73 Abs 2 UrhG gemeint ist, auf den § 4 UrhG im Übrigen auch gar nicht verweist, sondern nur ausgedrückt wird, dass es sich um eine Bildfolge handeln muss, die den Eindruck eines bewegten Bildes hervorruft (s Burgstaller/Kolmhofer, Computeranimationen: Filmwerke und/oder Laufbilder? MR 2003, 381 [385f], die darauf hinweisen, dass weder der Gesetzestext noch die EB zum UrhG 1936 die Auffassung stützen, wonach Laufbildwerke technisch gesehen den Laufbildern zu entsprechen hätten). Damit können auch computergenerierte Vorgänge wie Computerspiele Filmwerke im Sinne des § 4 UrhG sein(ebenso die Auffassung in Deutschland: Nordemann in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts § 9 Rz 161; Ahlberg in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz² § 2 Rz 34; Nordemann/Vinck in Nordemann/Vinck/Hertin, Urheberrecht9 § 2 Rz 78; Loewenheim in Schricker, Urheberrecht² § 2 Rz 183 f; Bullinger in Wandtke/Bullinger, Praxiskommentar zum Urheberrecht § 2 Rz 121; s auch Reuter, Digitale Bild- und Filmbearbeitung im Licht des Urheberrechts, GRUR 1997, 23). Dass es sich dabei, wie der Beklagte meint, um in der Außenwelt tatsächlich stattfindende und wahrnehmbare funktionale Vorgänge handeln müsse, ist schon durch den Wortlaut des Gesetzes widerlegt. Der Schutz wird, wie oben erwähnt, ausdrücklich unabhängig von der Art des bei der Herstellung oder Aufführung des Werkes verwendeten Verfahrens gewährt.

3. Die einzelnen bildlichen Darstellungen eines Computerspiels können als Werke der bildenden Künste geschützt sein (Bullinger aaO § 2 Rz 122). Diesem Schutz steht, entgegen der Auffassung des Beklagten, § 2 Abs 3 UrhG nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung sind Werke wissenschaftlicher oder belehrender Art, die in bildlichen Darstellungen in der Fläche oder im Raume bestehen, Werke der Literatur, sofern sie nicht zu den Werken der bildenden Künste zählen. Daraus folgt nicht, dass, wie der Beklagte meint, einfache Gestaltungen bildlicher Art nicht zu den Werken der bildenden Künsten zählen könnten, weil für die Zuordnung nicht eine bestimmte "Werkhöhe", sondern die Art der Darstellung maßgebend ist. Zu den Werken im Sinne des § 2 Z 3 UrhG zählen (ua) Landkarten, Himmelskarten, Stadtpläne (4 Ob 155/90 = ÖBl 1991, 134 - Stadtplan Innsbruck mwN). Dass bei ihnen keine besonderen Anforderungen an künstlerische Qualitäten zu stellen sind (4 Ob 224/00w = SZ 73/149 - Schüssels Dornenkrone), bedeutet nicht, das an der unteren Grenze der Urheberrechtsschutzfähigkeit liegende bildliche Darstellungen, die weder wissenschaftlicher noch belehrender Art sind, nicht als Werke der bildenden Künste geschützt sein könnten.

4. Die für das hier zu beurteilende Computerspiel verwendeten bildlichen Darstellungen sind Gebrauchsgrafik; Gebrauchsgrafik gehört zu den Werken der bildenden Kunst im Sinne des § 3 Abs 1 UrhG. Der vom Beklagten vermisste Gebrauchszweck wird bereits dadurch erfüllt, dass die bildlichen Darstellungen für das Computerspiel geschaffen wurden. Ihre Schutzfähigkeit hängt davon ab, ob ihnen individuelle Eigenart zukommt; maßgebend ist daher - wie bei allen anderen Werkarten auch - die auf der Persönlichkeit des Schöpfers beruhende Individualität des Werkes. Die individuelle eigenartige Leistung muss sich vom Alltäglichen, Landläufigen, üblicherweise Hervorgebrachten abheben; sie setzt voraus, dass beim Werkschaffenden persönliche Züge - insbesondere durch die visuelle Gestaltung und durch die gedankliche Bearbeitung - zur Geltung kommen (4 Ob 58/95 = ÖBl 1996, 56 - Pfeildarstellung; 4 Ob 94/01d = ÖBl 2001, 276 - www.telering.at, jeweils mwN).

5. Dieser Voraussetzung werden sowohl die filmische Gestaltung als auch die bildlichen Darstellungen des strittigen Computerspiels gerecht. Der Einwand des Beklagten, dass sich die einzelnen Gestaltungselemente nicht von ähnlichen Gestaltungen unterschieden, ist ebenso wenig begründet (und auch in keiner Weise belegt) wie die Behauptung, dass in der Gestaltungsintensität kaum Unterschiede zu den den Entscheidungen 4 Ob 34/93 (= ÖBl 1993, 132 - Hermes-Symbol) und 4 Ob 2085/96p (= ÖBl 1996, 292 - Hier wohnt) zugrunde liegenden Sachverhalten zu erkennen seien. Gegenstand der Entscheidung 4 Ob 34/93 war die schlichte Darstellung zweier miteinander verbundene Flügel ("Hermes-Symbol"); Gegenstand der Entscheidung 4 Ob 2085/96p ein Türschild mit der Aufschrift "Hier wohnt", das in keinem einzigen Element vom Herkömmlichen, Landläufigen abgewichen ist. Im Gegensatz dazu sind sowohl der filmische Ablauf des Computerspiels als auch die im Spiel eingesetzten Papierflieger, Flugzeuge etc individuell eigenartig gestaltet. Sie machen Geschwindigkeit hör- und sichtbar und setzen damit den - dem gleichnamigen Film entliehenen - Titel des Spiels „Fast Film" in unverwechselbarer Weise um.

6. Richtig ist, dass filmische und bildliche Darstellungen durch das zugrunde liegende Programm gesteuert werden. Daraus folgt aber nicht, dass das Erscheinungsbild und der Spielablauf am Bildschirm nicht selbstständig schutzfähig wären. Sie werden zwar durch das Programm bestimmt, sind aber nicht in dem Sinn durch das Programm vorgegeben, dass sie nicht auch durch ein anderes Programm am Bildschirm sichtbar gemacht werden könnten. Der erkennende Senat hat auch bereits sowohl die Schutzfähigkeit des Layouts einer Website (4 Ob 94/01d = ÖBl 2001, 276 - www.telering.at) als auch die Schutzfähigkeit eines Internetauftritts (4 Ob 155/01z = MR 2001, 311 - C-Villas) unabhängig vom Schutz des zugrunde liegenden Programms bejaht. Für den filmischen Ablauf und die bildlichen Darstellungen eines Computerspiels kann nichts anderes gelten.

7. Computerspiele sind interaktiv; der Spieler bestimmt, wie das Spiel verläuft. Er wird dadurch aber nicht zum Schöpfer des Spiels, weil er nur Abläufe aufrufen kann, die vorgegeben und auch konkret ausgestaltet sind. Ihm sind - entgegen der Behauptung des Beklagten - nicht die technischen Möglichkeiten an die Hand gegeben, das Spiel zu gestalten, sondern er kann durch seine Eingriffe nur die Abfolge der Bilder beeinflussen (s Bullinger aaO § 2 Rz 121).

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.