OGH vom 12.08.2004, 1Ob157/04a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Peter S 2. Johann K*****, und 3. Peter L*****, alle vertreten durch Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in Salzburg, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 15.000 sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 232/03w-42, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 8 Cg 99/99y-36, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei zu je einem Drittel die mit EUR 838,87 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe :
Eine GmbH beabsichtigte die Errichtung und den Betrieb einer Mülldeponie in einem aufgelassenen Steinbruch in der Wohnsitzgemeinde der Kläger. Mit (letztinstanzlichem) Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom wurde die wasserrechtliche Bewilligung und mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom die gewerberechtliche Genehmigung erteilt. Diese Bescheide wurden von den Klägern und anderen Gegnern der Deponie durch Beschwerde an den VwGH bekämpft; dieser wies die Anträge, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ab. Da die Kläger und weitere Gemeindebewohner ihren Lebensraum durch die (im Verwaltungsverfahren bewilligte) Reststoffdeponie gefährdet sahen, traten sie dem nach einer Baustellenbesetzung abgegebenen Angebot der Gesellschafter der Betreibergesellschaft, ihre Geschäftsanteile zu veräußern, nahe. Sie beteiligten sich als atypisch stille Gesellschafter an einer GmbH & Co KG und leisteten entsprechende Geldeinlagen, sodass diese Gesellschaft sowie der Tourismusverband der Gemeinde am die Geschäftsanteile um einen Gesamtbetrag von 45 Mio ATS erwerben konnten. Am hob der VwGH den gewerbebehördlichen Bescheid vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, da noch abzuklären sei, ob für die Anlage vor dem ein Genehmigungsverfahren eingeleitet worden war; nach gesetzlichen Übergangsbestimmungen bedürften bestimmte Anlagen im Falle der Anhängigkeit eines Verfahrens vor diesem Zeitpunkt keiner Genehmigung nach dem AWG. Mit Erkenntnis vom hob der Verwaltungsgerichtshof auch den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf, weil sich die Behörde nur mit der Frage der Quellen der Berufungswerber, nicht aber auch mit deren Besorgnis um ihr Grundwasser auseinandergesetzt habe. Nach Aufhebung dieser Bescheide sind sowohl das wasserrechtliche Bewilligungs- als auch das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren zum Stillstand gekommen.
Die klagenden Parteien begehrten letztlich, die beklagte Partei aus dem Titel der Amtshaftung schuldig zu erkennen, ihnen je EUR 5.000 samt Zinsen zu zahlen. Der Erstkläger habe 1 Mio ATS, der Zweitkläger 200.000 ATS und der Drittkläger 480.000 ATS für den Erwerb der Geschäftsanteile an der Betreiber-GmbH aufgewendet. Die letztinstanzlichen Genehmigungsbescheide seien in unvertretbarer Weise rechtswidrig gewesen; bei gesetzmäßigem Vorgehen hätten die Behörden die beantragte Anlagengenehmigung versagen müssen. Die Betreiber-GmbH hätte bereits im Frühjahr 1996 mit der Errichtung der Anlage begonnen. Ohne den Erwerb der Geschäftsanteile wäre die Anlage im Jahr 1996 fertiggestellt und bis Juni 1999 betrieben worden; in dieser Zeit wären bereits irreparable Schäden an der Umwelt eingetreten. Ausschlaggebendes Motiv für die Bereitschaft der Gemeindebewohner, hohe Geldbeträge aufzubringen, damit die Heimat von dem zerstörerischen Projekt errettet und so heil gehalten werden könne, seien die Sorgen und Ängste um den durch ein derartiges Projekt bedrohten eigenen Lebensraum, mit dem die in ihrer Heimat traditionell fest verwurzelten, bodenständigen Menschen auch emotional stark verbunden seien, gewesen. Nachdem alle Rechtsmittel ausgeschöpft worden waren, sei nur mehr der "Kauf der Deponierechte" geblieben, um einen Umweltschaden, der den ganzen Lebensraum betroffen hätte, und die mit dem Betrieb der Deponie verbundenen Bedrohungen, Gefährdungen und Risken vom gesamten Tal sowie von den Liegenschaften, Wohnhäusern und Lebensräumen der Nachbarn, Anrainer und Umlieger doch noch abwenden zu können. Insbesondere wären ein enormer Imageverlust für die gesamte Fremdenverkehrsregion, Rückgänge bei den Buchungen im Fremdenverkehr sowie das Entstehen einer ökologischen Last und einer ökologischen Gefahrenquelle unerhörten Ausmaßes auf lange Zeit hinaus zu erwarten gewesen. Durch den Anlagenbau und das Vorliegen rechtskräftiger, durch Höchstgerichtsbeschwerden nicht mehr rückgängig zu machender Bescheide wäre der ganze vom Projekt betroffene Lebensraum, insbesondere in der näheren Umgebung, in eine Zwangslage gebracht worden, die auf dem Rechtsweg nicht mehr hätte beseitigt werden können. Wäre die Anlage einmal gebaut gewesen, so wäre auch ein Anlagenbetrieb nicht mehr zu verhindern gewesen, weil die Betreiber bemüht gewesen wären, ihre Investitionen wieder hereinzubringen. Für die Betroffenen sei klar gewesen, dass der Schaden mit Verwirklichung des Anlagenprojekts endgültig eingetreten wäre. Nach den bisherigen Erfahrungen hätten die Betroffenen damit rechnen müssen, in einem weiteren "Rechtsgang" neuerlich vor den Behörden "den Kürzeren zu ziehen". Die bisherigen Erfahrungen, die die Kläger und ihre Mitstreiter in der Deponiesache mit dem österreichischen Rechtsstaat gemacht hätten, seien frustrierend, enttäuschend und deprimierend gewesen; es habe den Anschein, als gäbe es in Österreichs Rechtsordnung für Bürger in dieser Situation kein Recht. Es sei nicht zuletzt diese "Ohnmacht" und "Rechtlosigkeit" gewesen, die die Kläger und ihre Mitstreiter gezwungen hätte, immense Geldbeträge aufzubringen, um das Deponieprojekt "abzulösen" und das Tal heil zu halten.
Die Liegenschaft des Erstklägers befinde sich auf der gegenüberliegenden Seite des Talbodens, weniger als 100 m vom Einfahrtsbereich der geplanten Deponieanlage entfernt; sie sei durch die rechtswidrig erteilten Genehmigungen und durch den Baubeginn um zumindest 3 Mio ATS entwertet worden. Die vom Zweitkläger betriebene Fremdenpension liege ca 1 km vom Deponiestandort entfernt; er habe befürchtet, dass es durch die Folgen des Projekts zu einem Buchungs- und Umsatzrückgang kommen würde, sodass er nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Rückzahlungen für das zu Betriebszwecken aufgenommene Fremdkapital zu leisten. Auch der Drittkläger betreibe eine Fremdenpension, die nur wenige 100 m vom Steinbruch entfernt liege und von den aufsteigenden Deponiegasen sowie den Schallemissionen des Betriebslärms intensiv betroffen gewesen wäre; auch sein Wertminderungsschaden hätte die von ihm zur Schadensabwendung geleisteten Zahlungen erheblich überstiegen. Es liege somit ein rechtswidriger Eingriff in das Liegenschaftseigentum der Kläger (und der weiteren Zahler) vor; für das gesamte Tal sei der Fremdenverkehr die einzige wirkliche Einnahmequelle. Bereits das bewilligte Deponieprojekt und der begonnene Bau der Anlage seien geeignet gewesen, das Image der Fremdenverkehrswirtschaft der Gemeinde so zu schädigen, dass ein irreversibler Schaden hätte eintreten können. Es könne den Klägern (und den anderen Liegenschaftseigentümern) nicht zugemutet werden, abzuwarten, ob ein solcher Schaden eintritt; die Möglichkeit des Schadens sei vorhersehbar gewesen.
Die beklagte Partei wendete dagegen im Wesentlichen ein, die von den zuständigen Ministerien erlassenen Bescheide hätten auf vertretbaren Rechtsauffassungen beruht. Die Maßnahmen der Kläger und ihrer Mitbewohner seien auf eine gänzliche Verhinderung der Errichtung der Deponie gerichtet gewesen, und zwar ohne Differenzierung danach, ob die Errichtung und der Betrieb der Rechtsordnung widersprochen hätten oder nicht. Die Aufwendungen für den Erwerb der Geschäftsanteile stünden nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit den von den Organen der beklagten Partei anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen. Den Klägern seien im Sinne des § 2 Abs 2 AHG auch rechtliche Möglichkeiten, nämlich die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, offen gestanden, mit denen der Schaden hätte abgewendet werden können. Zwischen dem Vorliegen der letztinstanzlichen Bescheide und der ersten Entscheidung des VwGH wäre die Deponie weder errichtet worden, noch wäre es in dieser Zeit möglich gewesen, die Deponie in Betrieb zu nehmen. Schließlich hätten die Kläger auch einen Vorteil aus dem Erwerb der Geschäftsanteile, weil die Gesellschaft durch die Nutzung der Liegenschaft als Bauschuttdeponie Erträge erziele, die den Kaufpreis für die Geschäftsanteile übertreffe. Die Ansprüche seien auch verjährt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der von den Klägern geltend gemachte Rettungsaufwand sei reiner Vermögensschaden. Schadenersatz wegen Amtshaftung käme in Betracht, wenn dem Rechtsträger die Verletzung von Schutzgesetzen vorzuwerfen sei. Die Kläger hätten sich zur Begründung des Anspruchs auf Ersatz des behaupteten Rettungsaufwands auch auf drohende immaterielle Schäden berufen; soweit derartige Schäden nicht ersatzfähig sind, könnten sie nicht durch den Rettungsaufwand zu einem ersatzfähigen Vermögensschaden mutieren. Die Kosten des Erwerbs einer ungewollten Gefahrenquelle stellten jedenfalls keinen ersatzfähigen Schaden im Sinne des AHG dar. Da die Deponieanlage nie in Betrieb genommen wurde, sei ein realer Schaden nicht entstanden. Das Klagebegehren sei aber auch wegen fehlender adäquater Verursachung abzuweisen. Ob eine Betriebsbewilligung jemals hätte erlangt werden können, habe nicht festgestellt werden können. Der Erwerb der Deponierechte könne jedenfalls nicht als Schadenszufügung durch hoheitliches Handeln im Sinne des AHG angesehen werden. Dieser Erwerb der Deponierechte habe sich auch auf eine gänzliche Verhinderung der Errichtung der Deponie gerichtet, und zwar ohne Differenzierung danach, ob der Deponiebetrieb rechtswidrig gewesen wäre; Rechtswidrigkeit ergebe sich aus den Entscheidungen des VwGH noch nicht. Auch für den Bereich des Amtshaftungsrechts gelte der allgemeine Grundsatz, dass die übertretene Vorschrift gerade auch den Zweck haben müsse, den Geschädigten vor eingetretenen (Vermögens-)Nachteilen zu schützen. Es sei daher nur für jene Schäden zu haften, die die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern sollte; bloße Reflexwirkungen pflichtgemäßen Handelns blieben außer Betracht. Es sei daher nach diesen Grundsätzen zu prüfen, ob die Handlungspflichten der Rechtsträger nur im Interesse der Allgemeinheit oder im Interesse einzelner Betroffener normiert seien, ob der Schutzbereich also den Geschädigten erfasse. Allein daraus, dass eine Amtshandlung, die dem öffentlichen Interesse dient, mittelbar auch die Interessen eines Dritten berührt, lasse sich noch nicht auf das Vorliegen einer Amtshaftungspflicht gerade diesem gegenüber schließen. Hier seien die Kläger nur mittelbar Geschädigte, weil ihre Interessenssphäre, nämlich die Ersparung finanzieller Mittel als Rettungsaufwand, vom Schutzzweck der Gewerbeordnung und des Wasserrechtsgesetzes nicht erfasst sei. Da somit kein absolut geschütztes Recht der Kläger beeinträchtigt worden sei, sondern - wenn überhaupt - ein bloßer Vermögensnachteil entstanden sei, sei Ersatz nur bei Vorliegen eines spezifischen Rechtswidrigkeitszusammenhangs zu leisten. Schutzzweck der GewO und des WRG sei es nicht, Nachbarn finanzielle Aufwendungen zum rechtsgeschäftlichen Erwerb der Betriebsrechte des Bewilligungswerbers zu ersparen. Schließlich sei den Organen der beklagten Partei auch kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen. Aus den Entscheidungsgründen des VwGH sei ersichtlich, dass die Verwaltungsbescheide nicht auf einer völlig unvertretbaren Rechtsansicht beruhten. Sowohl im Wasserrechtsverfahren als auch im gewerbebehördlichen Betriebsanlageverfahren hätten die "Unterbehörden" ihre Entscheidungen nachvollziehbar begründet und dabei keine unvertretbare Rechtsansicht vertreten. Ein allenfalls von den Klägern befürchtetes konsenswidriges Verhalten der Anlagenbetreiber könnte jedenfalls nicht der beklagten Partei zugerechnet werden. Ein Ersatzanspruch scheide auch wegen der im § 2 Abs 2 AHG normierten "Rettungspflicht" aus. Der Anspruch gegen den Rechtsträger entfalle bei Verletzung der Rettungspflicht insoweit, als das Rechtsmittel dagegen hätte Abhilfe schaffen können. Dass dies hier zutreffe, ergebe sich schon aus dem Umstand, dass die VwGH-Beschwerden allesamt erfolgreich gewesen seien und zur Aufhebung der Verwaltungsbescheide geführt hätten. Ob die Kläger mit dem Erfolg dieser Beschwerden rechnen konnten, sei unerheblich. Zwar könne grundsätzlich trotz "erfolgreich eingebrachten Rechtsmittels" ein (ersatzfähiger) Schaden entstehen, wenn dieses keine aufschiebende Wirkung entfaltete, doch sei im vorliegenden Fall für die Zeit zwischen dem Vorliegen der letztinstanzlichen Behördenakte und den Erkenntnissen des VwGH kein Schaden begehrt worden, der als ersatzfähig anzusehen sei. Ersatzfähig wäre nämlich lediglich der Schaden, der dadurch entstanden ist, dass Kosten für die Abwendung des Schadens aufgewendet werden mussten.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Den Berufungswerbern sei zwar zuzugestehen, dass die Bestimmungen der GewO und des WRG dem Individualgüterschutz, namentlich der Anrainer vor unzumutbaren Immissionen, dienten, allerdings sei die Klageabweisung aus anderen rechtlichen Gründen richtig. Im Verwaltungsverfahren des Betriebsanlagen- und des Wasserrechts komme den Anrainern Rechtsschutz zu, insbesondere durch das Parteiengehör und durch den Instanzenzug einschließlich der Kontrolle durch den VwGH. Die Kläger hätten jedoch den zweiten Rechtsgang der Verwaltungsverfahren nach dem aufhebenden Erkenntnis des VwGH gar nicht abgewartet und wollten nun mit ihrer Amtshaftungsklage die Republik für ein Verwaltungsverfahren haftbar machen, das gar nicht zu Ende habe geführt werden können. Ihr Prozessstandpunkt, die Behörden hätten zweifellos auch im zweiten Rechtsgang falsch entschieden, sei bloß hypothetischer Art. Fiktive, tatsächlich nicht erlassene Bewilligungsbescheide begründeten keine Amtshaftung; Mutmaßungen, wie solche Bescheide möglicherweise gelautet hätten, seien zwecklos. Eine Amtshaftung könne allenfalls aus den vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheiden resultieren, die jedenfalls rechtswidrig gewesen seien, was sich aus den Aufhebungsbeschlüssen ergebe. Nach § 2 Abs 2 AHG bestehe ein Amtshaftungsanspruch nicht, wenn der Geschädigte den Schaden durch Rechtsmittel oder durch Beschwerde an den VwGH hätte abwenden können. Schadenskausal könnten die aufgehobenen Bescheide daher höchstens in der Zeit ab ihrer Wirksamkeit bis zu ihrer Aufhebung durch den VwGH gewesen sein. Gemäß § 2 Abs 3 AHG könne aus einer Entscheidung eines Höchstgerichts kein Amtshaftungsanspruch hergeleitet werden, die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden durch den VwGH sei daher keine taugliche Grundlage für die Ableitung eines Amtshaftungsanspruchs. Soweit die Berufungswerber die Spruchpraxis des VwGH zur aufschiebenden Wirkung als zu restriktiv kritisierten, liege allenfalls eine Lücke im (amtshaftungsrechtlichen) Rechtsschutz vor, die die Partei aber nicht durch ein privates Rechtsgeschäft mit der Wirkung schließen könne, dass ihr die Republik die vor Abschluss des Verfahrens vor dem VwGH getätigten Aufwendungen zu ersetzen hätte. Die Klageabweisung sei aber auch aus dem Grunde der verfassungskonformen Auslegung des AHG geboten, weil es keine Partei in der Hand haben könne, bei den Verwaltungsbehörden geltend zu machende Angelegenheiten vor die ordentlichen Gerichte zu bringen oder umgekehrt. Ein Erfolg der Amtshaftungsklage würde aber im Ergebnis bedeuten, dass die Parteien eines Verwaltungsverfahrens durch den Kauf von Deponierechten ihre Verwaltungssache von den Verwaltungsbehörden weg und vor die ordentlichen Gerichte gebracht hätten. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof einen Fall, in dem betroffene Bürger in einer Selbsthilfeaktion zwecks Verhinderung einer Abfalldeponie die Deponierechte um einen hohen Preis aufgekauft haben, bisher erst einmal - jedoch unter einem auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragenden Blickwinkel - beurteilt habe. Auch scheine der Ausgang dieses Prozesses für viele Talbewohner, die zur Verhinderung der Deponie mitgezahlt haben, die Bedeutung eines "Musterprozesses" zu haben, sodass der Prozessausgang von erheblicher grundsätzlicher Bedeutung sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Vorweg ist festzuhalten, dass die Frage der wasserrechtlichen Bewilligung im Revisionsverfahren keine Bedeutung mehr hat. Lediglich der Erstkläger kommt darauf - in Form einer Wiedergabe seiner Berufungsausführungen - zurück, vertritt jedoch nur ganz allgemein den Standpunkt, es hätte keine rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung erteilt werden dürfen, wären im Verfahren die auch zu seinen Gunsten wirkenden Rechtsvorschriften zum Schutze der im Einwirkungsbereich der Anlage gelegenen Liegenschaften vor Grundwasserverschmutzungen aus der Deponie beachtet worden. Dass gerade eine konkrete Beeinträchtigung (auch) seiner Liegenschaft zu besorgen gewesen wäre, behauptet er nicht. Dass die Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung auch den Baubeginn verhindert hätte, womit alle damit zusammenhängenden Schäden und Nachteile ausgeblieben wären, ist angesichts des Schutzzwecks des WRG irrelevant; dieses bezweckt nicht (auch) den Schutz vor Nachteilen, die sich aus anderen, nicht das (Grund-)Wasser betreffenden Einwirkungen einer (Betriebs-)Anlage ergeben.
Aber auch bei unvertretbarer Verletzung von Rechtsvorschriften im gewerbebehördlichen Betriebsanlageverfahren, wie sie in diesem Verfahren behauptet werden, sind nur jene Schäden zu ersetzen, deren Eintritt die übertretene Vorschrift gerade verhindern wollte oder deren Verhinderung zumindest mitbezweckt ist (JBl 1993, 532 ua; SZ 68/191; SZ 69/145; SZ 71/196). Zutreffend hat das Berufungsgericht grundsätzlich den Schutz benachbarter Liegenschaftseigentümer durch die Vorschriften der GewO bejaht, was sich aus den §§ 74 ff ergibt. Nach § 74 Abs 2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit u.a. der Nachbarn oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden (Z 1) - wobei die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswerts des Eigentums nicht erfasst ist (§ 75 Abs 1 GewO) - oder die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen (Z 2). Nach § 77 Abs 1 GewO ist die Betriebsanlage (nur) zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Grundsätzlich ersatzfähig wären daher über bloße Wertminderungen hinausgehende Substanzbeeinträchtigungen benachbarter Liegenschaften sowie nachteilige Folgen unzumutbarer (§ 77 Abs 2 GewO) Beeinträchtigungen durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder andere Einwirkungen durch die Betriebsanlage.
Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht dem entsprechenden Einwand der beklagten Partei entgegengehalten, dass die durch § 2 Abs 2 AHG normierte "Rettungspflicht" einen Ersatzanspruch nur insoweit ausschließen bzw beschränken kann, als die in Betracht kommende Abhilfemaßnahme überhaupt geeignet ist, den Schaden zu verhindern. Die Bekämpfung eines letztinstanzlichen Verwaltungsbescheids durch eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ohne aufschiebende Wirkung muss zwar im Falle der Rechtswidrigkeit zu dessen Aufhebung und damit letztlich zur Einstellung eines allenfalls bereits aufgenommenen Betriebs führen. Dies bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass der rechtswidrige Bescheid bis zu diesem Zeitpunkt keinen Schaden herbeigeführt haben könnte: Ein allenfalls bereits eingetretener Schaden konnte durch eine Beschwerde nicht im Sinne des § 2 Abs 1 AHG verhindert werden (vgl nur Schragel, AHG3, Rz 181 mwN). Soweit das Berufungsgericht ausgesprochen hat, die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde durch den VwGH sei keine taugliche Grundlage für die Ableitung eines Amtshaftungsanspruchs, ist festzuhalten, dass die Kläger ihr Begehren gar nicht auf diese Entscheidung des VwGH, sondern vielmehr auf den letztinstanzlichen Bescheid der zuständigen Verwaltungsbehörde stützen. Die Entscheidung im Aufschiebungsverfahren hat auch insoweit keine Präjudizialwirkung, als eine Verneinung der Voraussetzungen des § 30 Abs 2 VwGG nicht bedeutet, dass ein Schaden des Beschwerdeführers auszuschließen ist. Sollte den Klägern durch eine unvertretbare Rechtsansicht im gewerbebehördlichen Verfahren daher tatsächlich ein vom Schutzzweck der einschlägigen Normen erfasster Schaden im Zeitraum von der Wirksamkeit des Bewilligungsbescheids bis zu dessen materiellem Außerkrafttreten entstanden sein, so kämen Ansprüche aus dem Titel der Amtshaftung grundsätzlich in Betracht.
Da die Kläger zusammen mit anderen Gemeindebewohnern den Bau und Betrieb der geplanten (und bewilligten) Deponie durch die festgestellten Maßnahmen verhindert haben, war zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz ein Schaden an ihren in Betracht kommenden Rechtsgütern nicht eingetreten. Konsequenterweise begehren sie auch nicht den Ersatz dieses (hypothetischen) Schadens, sondern vielmehr die (teilweise) Abgeltung ihres zur Verhinderung bzw Abwendung des Schadens getätigten Aufwands. Es entspricht nun ständiger Rechtsprechung (vgl nur SZ 67/35 unter Hinweis auf EvBl 1960/161, JBl 1989, 46 ua; 4 Ob 42/04m), dass ein derartiger Rettungsaufwand als positiver Schaden ersatzfähig ist, sofern er als zweckmäßig anzusehen ist; als Maßstab für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit hat dabei das Vorgehen eines vernünftigen Menschen bei gleicher Sachlage zu dienen.
Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass den Aufwendungen der Kläger und ihrer Mitstreiter ein ganzes Bündel von Motiven zugrunde lag, wobei bereits die Vorinstanzen zutreffend darauf hingewiesen haben, dass es den Klägern darum ging, Bau und Betrieb der vorgesehenen Deponie unter allen Umständen und somit ohne Rücksicht darauf, ob es sich um einen rechtmäßigen oder einen rechtswidrigen Betrieb handeln würde, zu verhindern; dies ist ihrem Vorbringen in allen Instanzen deutlich zu entnehmen. Soweit es den Klägern bei deren Aufwendungen (auch) um die Verhinderung einer den gewerberechtlichen Vorschriften nicht entsprechenden Beeinträchtigung ihrer Liegenschaften ging, trachteten sie damit nicht bloß, Schäden infolge konsensgemäßen Betriebs der Anlage abzuwenden, sondern sie befürchteten darüber hinaus auch Schäden aus konsenswidrigem, somit durch den Genehmigungsbescheid nicht gedeckten Betrieb; die Vermeidung solcher Schäden geht aber gleichfalls über den Schutzzweck der in Betracht kommenden Normen hinaus. Diese Umstände haben bei der Beurteilung, ob ihr Vorgehen insoweit als zweckmäßig zu betrachten wäre, als ein vernünftiger Mensch bei gleicher Sachlage gleichermaßen gehandelt hätte, außer Betracht zu bleiben. Zu fragen ist vielmehr nur, ob ein durchschnittlicher vernünftiger Liegenschaftseigentümer in der Situation der Kläger den hier zu beurteilenden Rettungsaufwand getätigt hätte, wären andernfalls für einen gewissen Zeitraum Beeinträchtigungen zu erwarten gewesen, die aus einer rechtswidrigen Betriebsanlagengenehmigung resultieren. Bei dieser (hypothetischen) Entscheidung einer objektivierten Vergleichsperson hat auch die subjektive Befürchtung außer Betracht zu bleiben, die Verwaltungsbehörden würden nach der (von den Klägern erwarteten) Aufhebung des letztinstanzlichen Bescheids durch den Verwaltungsgerichtshof neuerlich eine rechtswidrige Genehmigung erteilen: Abgesehen davon, dass eine derartige Prognose rein spekulativer Natur ist, ist stets nur für tatsächliches schuldhaft rechtswidriges, nicht aber für bloß hypothetisches Organhandeln Ersatz zu leisten. Als Alternative wäre den betroffenen Liegenschaftseigentümern die Möglichkeit verblieben, eine zeitweilige Belästigung durch den Bau und den Betrieb der Deponie über sich ergehen zu lassen und danach den - bis zur Betriebseinstellung infolge der Bescheidaufhebung - entstandenen Schaden im Amtshaftungsweg insoweit ersetzt zu begehren, als die beeinträchtigten Rechtsgüter in den Schutzbereich der von der Behörde missachteten Normen fallen.
Entgegen der Darstellung in der Revision war auf Grund des gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheids vom - unter Annahme seiner Rechtswidrigkeit - keinesfalls mit einer Bau- und Betriebstätigkeit über mehrere Jahrzehnte, sondern nur für wenige Jahre, zu rechnen. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Betriebsanlage gemäß § 359c GewO längstens bis zu einem Jahr nach Aufhebung des Genehmigungsbescheids hätte weiter betrieben werden dürfen, war doch - selbst bei unverzüglichem Baubeginn - im Falle einer aufhebenden Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof mit einer Betriebseinstellung nach spätestens drei Jahren zu rechnen (tatsächlich wurde der bekämpfte Bescheid vom vom VwGH am aufgehoben), sofern es nicht früher zu einer neuerlichen Bewilligung gekommen wäre. Wenn man zudem bedenkt, dass auf der fraglichen Liegenschaft vorher ein Steinbruch betrieben wurde, was erfahrungsgemäß ebenfalls nicht ohne gewisse Beeinträchtigungen der Anrainer vor sich geht, wäre aus der Sicht vernünftiger Vergleichspersonen die Aufwendung hoher Geldbeträge zur Abwendung der objektiv zu befürchtenden Nachteile aus einer gesetzwidrig bewilligten Deponie für einen überschaubaren Zeitraum nicht ins Auge gefasst worden, sofern nicht weitere - für die amtshaftungsrechtliche Beurteilung jedoch unmaßgebliche - Erwägungen entscheidend gewesen wären. Insgesamt ist die "Rettungsmaßnahme" der Kläger somit als unzweckmäßiger, und damit grundsätzlich nicht zu ersetzender, Vermögensaufwand zu qualifizieren.
Den Klägern stünde daher allenfalls (nur) der Ersatz ihrer Aufwendungen bis zur Höhe eines durch den (hypothetischen) Betrieb bis längstens April 1998 entstandenen Vermögensnachteils wegen Verletzung ihrer durch § 74 Abs 2 Z 1 und 2 GewO geschützten Rechtsgüter zu, sofern ihr Vorwurf einer Genehmigung aufgrund unvertretbarer Rechtsansicht zuträfe. Auf derartige Schäden berufen sie sich jedoch nicht ausreichend. Sie legen insbesondere nicht dar, welche konkreten Schäden ihnen in diesem Zeitraum entstanden wären. Die Behauptung, bis Juni 1999 wären irreparable Schäden "an der Umwelt" eingetreten, reicht nicht aus; Gleiches gilt für das Vorbringen, das bewilligte Projekt und der begonnene Bau seien geeignet gewesen, den Image der örtlichen Fremdenverkehrswirtschaft so zu schädigen, dass ein irreversibler Schaden eintreten hätte können. Damit wird ein (bleibender) Substanzschaden gerade an den Liegenschaften der Kläger weder dem Grunde noch der Höhe nach dargetan. Soweit sie in ihrer Revision in erster Linie ins Treffen führen, bereits durch die behördliche Genehmigung und den Baubeginn wäre eine erhebliche Minderung des Werts ihrer Liegenschaften eingetreten, übersehen sie, dass dieser Nachteil - soweit er überhaupt zu ersetzen wäre (vgl § 75 Abs 1 GewO) - mit der Einstellung des Deponiebetriebs (und der Rückführung der Liegenschaft in den vorherigen Zustand) bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt in diesem Verfahren längst wieder weggefallen wäre. Erweist sich nun der geltend gemachte Anspruch jedenfalls als unberechtigt, erübrigt sich eine Prüfung des Organverschuldens im Sinne einer Beurteilung der Vertretbarkeit der von der Verwaltungsbehörde der Bewilligung zugrunde gelegten Rechtsansicht.
Auf den Verjährungseinwand, auf den die beklagte Partei übrigens weder in der Berufungs- noch in der Revisionsbeantwortung zurückkommt, muss deshalb nicht mehr eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1, 46 Abs 1 ZPO.