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OGH vom 30.10.2003, 2Ob250/03h

OGH vom 30.10.2003, 2Ob250/03h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache des klagenden Partei Dr. Otto H*****, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Birgit G*****, wegen Unterfertigung eines Wohnungseigentumsvertrages über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 35 R 284/03d-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 21 C 1302/03h-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes aufgehoben und diesem die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wird.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit der beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eingebrachten Klage begehrt der Kläger aufgrund eines mit den Beklagten (die ihren allgemeinen Gerichtsstand außerhalb des Sprengels des angerufenen Gerichts hat) geschlossenen Vertrages deren Verurteilung zur Unterfertigung eines Wohnungseigentumsvertrages über eine im Grundbuch Landstraße eingetragene Liegenschaft. Zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes berief er sich auf § 91 Abs 3 JN.

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000, der Revisionsrekurs sei zulässig.

Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, § 91 Abs 3 JN begründet den Wahlgerichtsstand der gelegenen Sache für alle Ansprüche auf Übergabe unbeweglicher Sachen, somit für obligatorische Ansprüche auf Überlassung des Gutes. Der gegenständliche Anspruch auf Unterfertigung eines Wohnungseigentumsvertrages sei von diesem Wahlgerichtsstand nicht umfasst, weil auch bei einer weiten Auslegung der Bestimmung § 91 Abs 3 JN eine "Übergabe" im Sinne einer Überlassung unbeweglichen Gutes zufolge eines obligatorischen Anspruches nicht angestrebt werde.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht für zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur gegenständlichen Rechtsfrage des Verfahrensrechtes von erheblicher Bedeutung fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.

Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel geltend, der Wahlgerichtsstand des § 91 Abs 3 JN umfasse nicht bloß Klagen über die Übergabe einer Liegenschaft, sondern Klagen über Verträge über die Übergabe einer Liegenschaft. Ein Kaufvertrag über eine Liegenschaft sei aber gerade ein typischer Fall eines in § 91 Abs 3 JN gemeinten Vertrags über die Übergabe einer unbeweglichen Sache.

Hiezu wurde erwogen:

Der Wahlgerichtsstand des § 91 Abs 3 JN wurde durch die ZVN 1983 geschaffen. In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage wurde ausgeführt, dass es im Zusammenhang mit der Abrundung des Gerichtsstandes der gelegenen Sache nach § 83 JN zweckmäßig erscheine, den Gerichtsstand der gelegenen Sache als Wahlgerichtsstand auch für weitere Streitigkeiten zur Verfügung zu stellen, bei denen die räumliche Nähe des angerufenen Gerichtes zum Streitgegenstand das Verfahren wesentlich vereinfachen könne (669, Beilagen BlgNR 15. GP, 38).

Der Gerichtsstand der gelegenen Sache gilt für "Klagen über Verträge über die Übergabe der im § 560 ZPO angeführten Sachen". Er gilt nicht nur für Klagen über die Übergabe selbst, sondern auch für Klagen über Verträge über die Übergabe von Liegenschaften. Auch ein Kaufvertrag über eine Liegenschaft ist ein Vertrag, der zur Übergabe der Liegenschaft führen soll, sohin ein Vertrag über die Übergabe im Sinne des § 91 Abs 3 JN. Diese extensive Auslegung ist im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewollte "Abrundung des Gerichtesstandes der gelegenen Sache" geboten (vgl auch OLG Innsbruck 3 R 10/98i = RIS-Justiz RI0000054). Gleiches gilt auch für einen Vertrag über die Einräumung von Wohnungseigentum, auch ein solcher soll letztlich zur Übergabe einer Liegenschaft durch Einverleibung im Grundbuch führen.

Es war daher dem Revisionsrekurs der klagenden Partei stattzugeben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage aufzutragen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 ZPO.