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OGH vom 13.01.1959, 4Ob132/58

OGH vom 13.01.1959, 4Ob132/58

Norm

Vertragsbedienstetengesetz 1948 § 9;

Vertragsbedienstetengesetz 1948 § 51;

Kopf

SZ 32/4

Spruch

Bei der Einstufung eines Vertragsbediensteten kommt es nicht auf die vereinbarten, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste an.

Entscheidung vom , 4 Ob 132/58.

I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger wurde mit Dienstvertrag vom ab als "Vertragsbediensteter für Schulwartdienste" im Entlohnungsschema 1. Entlohnungsgruppe e, des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 vom Landesschulrat für Steiermark namens der beklagten Republik aufgenommen. Das Dienstverhältnis wurde zunächst auf bestimmte Zeit eingegangen, dann aber mit Nachtrag zum Dienstvertrag vom auf unbestimmte Zeit verlängert; an der im Vertrag ausgedrückten Beschäftigungsart "Vertragsbediensteter für Schulwartdienste" sowie an der Einreihung in I/e wurde nichts geändert. Der Kläger ist gelernter Schlosser und hat die Gesellenprüfung schon vor dem Eintritt in die Dienste der beklagten Partei abgelegt.

Mit der Behauptung, er sei von der beklagten Partei als Kesselwärter und Hausschlosser verwendet worden, verlangt der Kläger gegenüber der beklagten Partei die Feststellung, es stehe ihm ab Beginn des Dienstverhältnisses am das Recht auf Entlohnung nach Schema II, Entlohnungsgruppe 3 des § 13 VBG. 1948 zu.

Beide Untergerichte wiesen das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht stellte fest, der Kläger sei seit seiner Einstellung im März 1956 bislang gleichmäßig etwa neun Monate jährlich als Heizer beschäftigt und während der restlichen drei Monate vorwiegend mit Schlosserarbeiten befaßt gewesen. Die Heizperiode selbst umfasse einen Zeitraum von sechs Monaten; sechs Wochen vor Beginn und sechs Wochen nach Beendigung der Heizperiode sei der Kläger als Heizer ebenfalls mit Arbeiten an der Hochdruckdampfkesselanlage befaßt gewesen, welche vorwiegend Instandsetzungszwecken gedient hätten. Auch während seiner Tätigkeit als Heizer habe der Kläger fallweise Schlosserarbeiten geleistet, und zwar vor allem die erforderlichen Reparaturen an der Kesselanlage durchgeführt. Auch bei zeitlicher Zusammenrechnung aller auf Schlosserarbeiten entfallenden Verrichtungen des Klägers sei dieser überwiegend nicht mit Schlosserarbeiten befaßt gewesen, sondern es entfalle seine überwiegende Tätigkeit auf den Dienst eines Heizers in der Hochdruckdampfkesselanlage.

Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahin, daß zwar für die Einreihung in die Entlohnungsgruppen des Schemas I oder II nicht die Vereinbarung der Parteien, sondern die tatsächlich vom Dienstnehmer ausgeübte Tätigkeit maßgebend sei. Dennoch könne auf den Kläger Schema II/3 nicht angewendet werden, weil er die Tätigkeit als gelernter Arbeiter nicht überwiegend ausgeübt habe; er sei vielmehr überwiegend, nämlich durch neun Monate im Jahr, als Heizer verwendet worden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge; hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

In der Auffassung, daß es für die Einordnung des Klägers auf die tatsächliche, Dienstleistung und nicht auf die Vertragsabrede ankommt, ist - entgegen der Meinung der beklagten Partei - dem Berufungsgericht zu folgen. Dies folgt bereits aus § 51 VBG. 1948, wonach Dienstverträge nach anderen Bestimmungen nicht abgeschlossen werden dürfen. Danach sind die Einstufungsvorschriften, wie die Vorschriften des Vertragsbedienstetengesetzes überhaupt, zwingendes Recht, von denen im Dienstvertrag - die hier nicht in Betracht kommende Vorschrift des § 36 vorbehalten - nicht abgegangen werden kann. Damit stimmt es überein, daß es auch in anderen Zweigen des Arbeitsrechtes, wie etwa im Angestelltenrecht, soweit unabdingbare Rechte des Arbeitnehmers in Frage kommen, nicht auf die vereinbarten, sondern auf die tatsächlich geleisteten Dienste ankommt (ArbSlg. 4043; Soz. I C 39; SZ. XXVIII 156). Ebenso hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß die Dienstzweigeverordnung 1948 auf das gegenständliche Vertragsverhältnis nicht angewendet werden kann.

Abzulehnen ist die Rechtsmeinung des Klägers, daß es nur darauf ankomme, ob er überhaupt Schlosserarbeiten verrichte, und nicht darauf, ob er auch andere Arbeiten leiste. Entscheidend für die Einstufung ist der Umstand, welche Dienste überwiegen. Dieser allgemeine Grundsatz ist etwa auch im § 1 AngG. angewendet. Eine bloß gelegentliche und jedenfalls nicht vorwiegende Tätigkeit kann nicht für die Einstufung maßgebend sein. Aus § 9 Abs. 2 VBG. 1948 folgt nicht das Gegenteil, weil dort nichts über die Zugehörigkeit zu Entlohnungsgruppen, sondern bloß über die ausnahmsweise Entlohnung nach der höheren Entlohnungsgruppe bestimmt wird, wenn vorübergehend Arbeiten gemäß dieser höheren Entlohnungsgruppe verrichtet werden.

Dagegen ist der Kläger im Recht, wenn er geltend macht, der festgestellte Sachverhalt reiche nicht aus, um den rechtlichen Schluß zu stützen, daß der Kläger nicht überwiegend Schlosserarbeiten leiste. In dieser Beziehung bestehen in der Tat Feststellungsmängel; die getroffenen Feststellungen sind zu allgemein und unbestimmt, um eine verläßliche rechtliche Beurteilung zu ermöglichen. Ob die Dienstleistung als Schlosser überwiegt, läßt sich erst dann beurteilen, wenn festgestellt wird, was und in welchen Zeiträumen der Kläger im einzelnen gearbeitet hat und arbeitet. In diesem Zusammenhang wird vor allem auch klarzustellen sein, ob und welche Schlosserarbeiten der Kläger im Kesselhaus während sowie vor und nach der Heizperiode (Instandsetzungsarbeiten?) sowie welche allfälligen Schlosserarbeiten er leistet. Um eine verläßliche Grundlage gewinnen zu können, wird auch ein Sachverständiger beigezogen werden müssen. Auch ob auf den Kläger die Merkmale der Entlohnungsgruppen 5 oder 4 des Schemas II zutreffen, läßt sich mangels entsprechender Feststellungen derzeit noch nicht abschließend beurteilen.