Suchen Hilfe
OGH 26.11.2015, 6Ob210/15y

OGH 26.11.2015, 6Ob210/15y

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei KR Ing. H***** F*****, vertreten durch Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. K***** S*****, vertreten durch Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 407.248,47 EUR sA über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 229.407,61 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 28/15z-77, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Der Kläger nimmt den Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes in Anspruch. Der Beklagte hafte als Vorstand der K***** Vermögensverwaltung AG dem Kläger persönlich für jene Schäden, die aus der nicht lege artis durchgeführten Vermögensverwaltung resultierten.

Das Erstgericht hat die Frage der „eigenen Haftung des Erfüllungsgehilfen“ bejaht. Das Berufungsgericht gelangte zum gegenteiligen Ergebnis. Auch ein schlüssiges Zustandekommen eines Auskunftsvertrags mit dem Beklagten nach § 1300 ABGB liege nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision ist nicht zulässig.

1.1. Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine direkte Haftung des Gehilfen gegenüber dem Geschädigten nur dann in Betracht, wenn der Gehilfe entweder ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen eines Vertrags hatte oder er bei Vertragsverhandlungen im besonderen Maße persönliches Vertrauen in Anspruch nahm oder sein Verhalten keinen Geschäftsherrn zugerechnet werden kann (RIS-Justiz RS0019726 [T13]). Die Eigenhaftung des Vertreters muss nach ständiger Rechtsprechung seltene Ausnahme bleiben (RIS-Justiz RS0019726 [T2]).

1.2. Diese Rechtsprechung gilt grundsätzlich auch für die Organe einer Kapitalgesellschaft (vgl zur GmbH 3 Ob 519/89 und 4 Ob 2308/96g).

1.3. Der Hinweis des Klägers, der Beklagte habe bereits im Jahr 1999 die AG gegründet, jedoch erst im Jahr 2006 eine auf diese Gesellschaft lautende Vollmacht vom Kläger erhalten, ist schon deshalb nicht stichhaltig, weil sich der Kläger ausschließlich auf ab dem Jahr 2009 angeblich unterlaufene Fehler stützt. Ab 2006 wurde die Vermögensverwaltung des Klägers rechtlich eben nicht mehr vom Beklagten persönlich, sondern von dessen AG durchgeführt. Zwischen der juristischen Person und deren Gesellschafter und Organen muss klar unterschieden werden. Die Möglichkeit, durch die Gründung einer Kapitalgesellschaft eine persönliche unmittelbare Haftung zu vermeiden, wird von der Rechtsordnung durchaus gebilligt.

1.4. Dass der Kläger den Beklagten als vertrauenswürdig ansah, erklärt, warum er der K***** Vermögensverwaltung AG jahrelang bei der Verwaltung seines Vermögens freie Hand ließ, vermag aber für sich genommen eine persönliche Haftung des Beklagten nicht zu begründen. Andernfalls liefe eine jahrelange Betreuung durch einen bestimmten Mitarbeiter generell auf dessen persönliche Haftung hinaus. Dass dies nicht der Rechtsordnung entspricht, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

2.1. Die bisher vorliegenden Entscheidungen zur Eigenhaftung des Vertreters betreffen vor allem Schadenersatzansprüche wegen vertraglicher bzw vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten, nicht hingegen die laufende diskretionäre Vermögensverwaltung (zu dieser vgl 9 Ob 85/09d).

2.2. In der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach bei der gegenständlichen Vermögensverwaltung bei den jeweils vom Beklagten getroffenen Kauf- und Verkaufsentscheidungen keine gesonderten Aufklärungspflichten gegenüber dem Kläger bestanden, deren Verletzung - besonderes persönliches Vertrauen oder wirtschaftliche Eigeninteressen des Beklagten vorausgesetzt - neben der Verantwortung der K***** Vermögensverwaltung AG auch eine persönliche Haftung des Beklagten auslösen würde, ist keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

3.1. Dies gilt auch für die vom Berufungsgericht verneinte Frage des Zustandekommens eines Auskunftsvertrags nach § 1300 ABGB. Die Frage, ob ein solcher Auskunftsvertrag zustande gekommen ist, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0042936) und stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (8 Ob 60/11y).

3.2. Die telefonischen Kontakte zwischen den Streitteilen können dem zwischen dem Kläger und dem K***** Vermögensverwaltung AG bestehenden Vermögensverwaltungsvertrag zugeordnet werden; ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass neben dieser mit der AG bestehenden Vermögensverwaltung noch ein Beratungsvertrag mit dem Beklagten persönlich zustande kommen sollte, bestehen nicht. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beklagte seinerzeit für den Kläger persönlich tätig war. Ein gewisses Vertrauen zu einem für eine juristische Person handelnden Organ wird vielen Geschäftsbeziehungen zu einer juristischen Person immanent sein; dieser Umstand allein reicht aber für eine persönliche Haftung des handelnden Organs nicht aus.

4. Zusammenfassend bringt die Revision sohin keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei KR Ing. H***** F*****, vertreten durch Scherbaum Seebacher Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. K***** S*****, vertreten durch Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 407.248,47 EUR sA, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Für die - im Übrigen erst nach Fällung der Sachentscheidung beim Obersten Gerichtshof eingelangte - Revisionsbeantwortung steht gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO kein Kostenersatz zu.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00210.15Y.1126.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAD-39847