OGH vom 29.08.2013, 1Ob155/13w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der B***** A*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Betroffenen, vertreten durch Mag. Christian Planinc, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 1 R 107/13g 34, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Deutschlandsberg vom , GZ 16 P 1/12z 28, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht dehnte mit Beschluss vom den Wirkungsbereich der für die Betroffene bestellten Sachwalterin auf näher bezeichnete Angelegenheiten aus. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Betroffenen nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Seine Entscheidung wurde der Betroffenen durch Hinterlegung an ihrer Wohnadresse am (Beginn der Abholfrist) zugestellt. Am langte bei der Staatsanwaltschaft Graz ein an diese adressiertes Schreiben der Betroffenen ein, in dem sie „Beschwerde“ gegen den Beschluss des Rekursgerichts erhob. Die Staatsanwaltschaft Graz leitete dieses Schreiben an das Rekursgericht weiter und dieses an das Erstgericht, wo es am einlangte.
Das Erstgericht bewilligte nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens der Betroffenen die Verfahrenshilfe. Den Bestellungsbescheid erhielt der Verfahrenshelfer gemäß § 89d Abs 2 GOG am zugestellt, der den außerordentlichen Revisionrekurs am beim Erstgericht einbrachte.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionrekurs ist verspätet und daher zurückzuweisen.
1. Gemäß § 65 Abs 1 AußStrG beträgt die Frist für den Revisionrekurs 14 Tage. Nach § 17 Abs 3 Satz 3 und 2 ZustG gilt eine hinterlegte Sendung mit dem Tag als zugestellt, an dem sie erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Das war hier der . Die Rechtsmittelfrist endete daher mit Ablauf des .
2. Nach § 65 Abs 2 AußStrG ist der Revisionsrekurs durch Überreichung eines Schriftsatzes beim Gericht erster Instanz zu erheben. Dort langte die Eingabe der Betroffenen, die als ein der Verbesserung zugänglicher außerordentlicher Revisionrekurs zu deuten ist, erst am und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ein. Zwar werden die Tage des Postlaufs nach § 89 Abs 1 GOG in die Rechtsmittelfrist nicht eingerechnet; dies gilt jedoch nur dann, wenn das Rechtsmittel an das richtige Gericht adressiert ist. Die unrichtige Adressierung einer fristgebundenen Eingabe schließt hingegen die Anwendung des § 89 GOG generell aus (RIS Justiz RS0041753 [T1, T 2 und T 7]), was auch für das Außerstreitverfahren gilt (RIS Justiz RS0006096). Wenn das Rechtsmittel wie hier bei der unzuständigen Staatsanwaltschaft eingebracht und erst im Umweg über das Rekursgericht dem zuständigen Gericht übersendet wurde, entscheidet daher nur der Tag des Einlangens beim zuständigen Gericht (RIS Justiz RS0041608; RS0006096 [T3]; 4 Ob 20/10k).
3. Zwar hat das Erstgericht in weiterer Folge ein Verbesserungsverfahren durchgeführt, der Betroffenen die Verfahrenshilfe bewilligt und dem Verfahrenshelfer lediglich den Bestellungsbescheid (entgegen § 7 Abs 2 AußStrG nicht auch die angefochtene Entscheidung) zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschluss des Rekursgerichts allerdings bereits rechtskräftig. Die Zustellung konnte daher keine weitere Rechtsmittelfrist auslösen (RIS Justiz RS0036235 [T10]; 4 Ob 20/10k mwN).
4. Der verspätete außerordentliche Revisionrekurs ist daher gemäß § 71 Abs 4 iVm § 54 Abs 1 Z 1 AußStrG zurückzuweisen. § 46 Abs 3 AußStrG (Berücksichtigung verspäteter Rechtsmittel unter bestimmten Voraussetzungen) wurde durch Art 15 Z 3 Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 2010/111, aufgehoben und ist hier nicht mehr anzuwenden (§ 207h AußStrG).