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OGH vom 27.03.1990, 5Ob560/90

OGH vom 27.03.1990, 5Ob560/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine D***, Geschäftsfrau, Wien 2., Engerthstraße 148/2/4, vertreten durch Dr. Hans Kulka, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gabriele P***, Geschäftsfrau, Wien 2., Adolf-Loos-Gasse 12/4/18, vertreten durch Dr. Margaretha Appel, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 48 R 761/88-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom , GZ 14 C 1038/88-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung wird Punkt 2. des erstgerichtlichen Urteiles wiederhergestellt.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 1.510,08 (einschließlich S 137,28 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 3.477,- (einschließlich S 329,- Umsatzsteuer und S 1.500,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, das Betreten des Geschäftslokales Nr. 7 im Hause Wien 2, Traisengasse 18, zu unterlassen. Sie begründete dieses Begehren damit, sie habe mit Vertrag vom mit der Beklagten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zum Betrieb eines Obst- und Gemüsekleinhandelsgeschäftes gegründet, wobei sie ihre Mietrechte an dem genannten Geschäftslokal in die Gesellschaft eingebracht habe. Da die Beklagte die im Gesellschaftsvertrag übernommene Arbeitspflicht grob vernachlässigt habe, hätte die Klägerin diese mit Schreiben vom aus der Gesellschaft ausgeschlossen und ihr die Benützung dieses Geschäftslokales untersagt. Diesem Verbot handle die Beklagte zuwider.

Die Beklagte wendete ein, sie habe kein Verhalten gesetzt, das die Klägerin zur Auflösung der Gesellschaft berechtige. Sie stellte daher den Zwischenantrag auf Feststellung, daß es zu keiner Auflösung der Gesellschaft gekommen sei und die Beklagte daher nach wie vor Gesellschafterin dieser Gesellschaft bürgerlichen Rechtes sei (ON 5).

Das Erstgericht wies den Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten, "daß zwischen den Streitteilen nach wie vor eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes aufrecht sei," ab, und sprach zusätzlich aus, die genannte Gesellschaft bestehe seit nicht mehr (Punkt 1. des erstgerichtlichen Urteiles). Dem Unterlassungsbegehren gab es statt (Punkt 2. des erstgerichtlichen Urteiles).

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Zwischenantrages auf Feststellung unter gleichzeitiger ersatzloser Aufhebung des vom Erstgericht unter Verletzung der Bestimmung des § 405 ZPO hinzugefügten Ausspruches, daß die Gesellschaft seit nicht mehr bestehe. Hingegen änderte es die erstgerichtliche Entscheidung über das Unterlassungsbegehren im klageabweisenden Sinn ab. Es begründete diese allein noch Gegenstand des Revisionsverfahrens bildende abändernde Entscheidung rechtlich wie folgt:

Nach Punkt IV.d) des Gesellschaftsvertrages habe die Klägerin die ihr aus dem Mietvertrag zustehenden Rechte und Pflichten im Innenverhältnis auf die Gesellschaft überbunden. Die Gesellschaft hingegen habe sich zur Leistung sämtlicher aus dem Mietvertrag ergebender Belastungen verpflichtet. Überdies sei im Punkt XVII. des Gesellschaftsvertrages für den Fall der Auflösung der Gesellschaft eine Liquidation vorgesehen, in deren Zug das Unternehmen nach Möglichkeit als Ganzes veräußert werden solle. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich unzweifelhaft, daß die Klägerin die Mietrechte derart in die Gesellschaft eingebracht habe, daß sie im Innenverhältnis den Gesellschaftern gemeinsam zustehen soll. Die Mietrechte seien daher nicht bloß zur Nutzung, sondern eigentumsmäßig (quoad sortem) in die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes eingebracht worden. Durch den schon mit der außergerichtlichen Ausschlußerklärung wirksamen Ausschluß der Beklagten aus der Zweipersonengesellschaft nach bürgerlichem Recht sei eine Auflösung derselben eingetreten. Dies habe zur Folge, daß die quoad sortem in die Gesellschaft eingebrachten Bestandrechte durch die Auflösung der Gesellschaft nicht an die Klägerin zurückfielen, sondern durch einen Übertragungsakt auf die ehemaligen Gesellschafter übertragen werden müssen. Wenn für den Fall der Auflösung der Gesellschaft eine Liquidation vorgesehen sei, so bedeute dies, daß die Auflösung der Gesellschaft nicht zugleich auch deren Vollbeendigung bewirke, sondern nach den Regeln des Handelsrechtes bloß das werbende Stadium der Gesellschaft erlösche. Sie dauere - beschränkt auf die Zwecke der Abwicklung - als Liquidationsgesellschaft fort, bis das gesamte Gesellschaftsvermögen versilbert und verteilt sei. Es gebe daher noch keine alleinige Verfügungsberechtigung der Klägerin über die eingebrachten Bestandrechte. Ihr Begehren auf Unterlassung des Betretens des Geschäftslokales durch die Beklagte sei daher jedenfalls vorläufig noch nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht sprach aus, der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes übersteige S 15.000, nicht aber S 300.000. Die Revision sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Zif.1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin erhobene außerordentliche Revision, in der die Wiederherstellung des dem Unterlassungsbegehren stattgebenden erstgerichtlichen Urteiles begehrt wird, ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der neueren Lehre und Rechtsprechung abwich, welche die mit dem Ausschluß eines Gesellschafters aus einer Zweipersonengesellschaft bürgerlichen Rechtes verbundenen Rechtsfolgen zum Gegenstand haben (wie bei der materiellrechtlichen Erledigung der Revision dargestellt werden wird). Die Revision ist auch berechtigt.

Rechtskräftig abgewiesen ist der Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten mit der vom Erstgericht gebrauchten, vom Antrag abweichenden Formulierung, daß zwischen den Streitteilen noch ein Gesellschaftsverhältnis bürgerlichen Rechtes aufrecht sei. Damit stünde zwar nur einem gleichlautenden und einem in der bloßen (grammatikalischen) Verneinung des so abgewiesenen Antrages bestehenden Begehren (hier also dem Begehren, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nicht aufrecht sei) die Einmaligkeitswirkung dieses abweisenden Urteiles (mit der Rechtsfolge der Zurückweisung eines die bloße Verneinung zum Gegenstand habenden Begehrens) entgegen. Es kann aber zwischen den Parteien auch nicht mehr das unvereinbare Gegenteil (hier: daß die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes nicht aufgelöst sei) festgestellt oder als Lösung einer Vorfrage einem Urteil zugrunde gelegt werden, weil dem die Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft des den Zwischenfeststellungsantrag der Beklagten abweisenden Urteiles entgegensteht. Im Umfang dieser rechtskräftigen Entscheidung kann daher im weiteren Prozeß weder verhandelt noch Beweis aufgenommen werden. Die Abweisung eines negativen Feststellungsbegehrens aus sachlichen Gründen bindet das Gericht bei der Entscheidung über eine spätere Klage, durch die ein Anspruch aus dem rechtskräftig verneinten Rechtsverhältnis durchgesetzt werden soll (vgl. Fasching, Kommentar IV 706 f). Dieser Aspekt ist bei den folgenden Ausführungen über die Auflösung der zwischen den Streitteilen seinerzeit bestanden habenden Gesellschaft bürgerlichen Rechtes und die damit verbundenen Rechtsfolgen mitzuberücksichtigen. Im Falle einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes kann das Gesellschaftsverhältnis dadurch enden, daß entweder ein Gesellschafter ausscheidet, also seine Mitgliedschaft endet, die Gesellschaft aber weiter bestehen bleibt, oder daß die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes selbst endet. Zum Ausscheiden eines Gesellschafters gehört auch der Ausschluß desselben aus einem in § 1210 ABGB genannten wichtigen Grund. Der Ausschluß beruht auf einem Gestaltungsrecht, das von den übrigen Gesellschaftern ausgeübt werden kann. In einem solchen Fall ist der ausscheidende Gesellschafter abzuschichten (Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes4 59,60 und 62; Schwimann/Jabornegg, ABGB IV/2, § 1210 Rz 13), das heißt, der Wert seiner Beteiligung ist in Geld auszuzahlen (Jabornegg aaO § 1215 Rz 10). Hätte nämlich der ausscheidende Gesellschafter das Recht, Teilung nach § 1215 ABGB (Liquidation) zu verlangen, so hätten Austritt und Ausschließung für die übrigen Gesellschafter die selbe Wirkung, wie eine rechtmäßige Kündigung. Ein Gesellschafter könnte also durch Vertragsbruch die Gesellschaft sprengen, die vertragsmäßig zur Zeit nicht gekündigt werden könnte (Feil-Igerz-Schnabl, Die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht 74).

Besteht die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht nur aus zwei Gesellschaftern, so kann zwar der eine den anderen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gleichfalls ausschließen. Die Gesellschaft wird aber dadurch aufgelöst (SZ 31/121), weil eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mindestens zwei Teilnehmer voraussetzt (Feil-Igerz-Schnabl, aaO 62). Die Rechtsfigur der Einmanngesellschaft gibt es bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes ebensowenig wie bei den Personengesellschaften des Handelsrechtes (8 Ob 620/88 = JBl 1989, 383 unter Berufung auf 8 Ob 648/88). Herrschender Lehre und neuerer Rechtsprechung zufolge (JBl 1989, 383 mwN; Schwimann/Jabornegg, ABGB IV/2, § 1215 Rz 4; Feil-Igerz-Schnabl, aaO 75, allerdings nur bezüglich des Gesellschatsanteiles des ausgeschiedenen Gesellschafters, wobei den Gegenstand der Übertragung der Mitgliedschaftsanteil als solcher bilde, in dem die Gesellschaftsrechte, aber auch die Ansprüche gegen die Mitgesellschafter nach Maßgabe der gesellschaftlichen Aktiven und Passiven verkörpert seien; Strasser in Rummel1, Rz 13 zu § 1210) geht mit dem auch außergerichtlich wirksam erklärbaren Ausschluß des einen Gesellschafters durch den anderen das gesamte Gesellschaftsvermögen auf den verbleibenden vormaligen Gesllschafter über, ohne daß es eines weiteren Übertragungsaktes bedürfte. Es entsteht auch keine Liquidationsgesellschaft (SZ 26/162); der ausgeschlossene Gesellschafter verliert das Recht und die Pflicht, weiterhin im Betrieb mitzuarbeiten (Feil-Igerz-Schnabl aaO 75). Die im Punkt XVII. des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Liquidation stellt auf die Auflösung der Gesellschaft ab, wobei in Punkt XII. des Gesellschaftsvertrages als Auflösungsgründe nur die in § 1205 ABGB angeführten Fälle sowie einstimmiger Beschluß der Gesellschafter vorgesehen sind. Daraus kann also für den Fall der Beendigung der Gesellschaft durch Ausschluß eines Gesellschafters nichts abgeleitet werden. Über den Ausschluß eines Gesellschafters und die damit verbundenen Rechtsfolgen ist im Gesellschaftsvertrag nichts geregelt. Diesbezüglich gelten daher die gesetzlichen Bestimmungen, die im oben dargestellten Sinn auszulegen sind. Es war daher das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.