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OGH 26.09.2018, 1Ob154/18f

OGH 26.09.2018, 1Ob154/18f

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Höfrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin MMag. Dr. E*****, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, gegen den Antragsgegner Univ.-Prof. Dr. P*****, vertreten durch Dr. Kurt Bayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen

Aufteilung des

ehelichen Gebrauchsvermögens und der

ehelichen Ersparnisse, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 54 R 48/18g-51, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 4 Fam 27/17g-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

2. Im Übrigen werden die Akten dem

Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin, ihr die Mietrechte an der Ehewohnung in Innsbruck zuzusprechen, ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands „5.000 EUR nicht aber 30.000 EUR“ übersteigt, und erklärte den Revisionsrekurs für nicht zulässig.

Dagegen richtet sich das vorliegende Rechtsmittel der Antragstellerin. Sie argumentiert, dass das Rekursgericht nicht über einen rein vermögensrechtlichen Anspruch entschieden habe, weshalb ungeachtet des Bewertungsausspruchs des Rekursgerichts der primär erhobene außerordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Hilfsweise erhebt die Antragstellerin eine Zulassungsvorstellung, mit der sie einen ordentlichen Revisionsrekurs verbindet.

Das Erstgericht legte das Rechtsmittel direkt dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei jedoch nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Diese Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

Der hier geltend gemachte Anspruch des geschiedenen Ehegatten auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG ist in Geld bewertbar und damit rein vermögensrechtlicher Natur (RIS-Justiz RS0007124). Folgerichtig hat das Rekursgericht gemäß § 59 Abs 2 AußStrG in seinen Beschluss einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands aufgenommen. An diese Bewertung des Streitgegenstands ist der Oberste Gerichtshof gebunden (RIS-Justiz RS0042515 [T11]). Mangels eines 30.000 EUR übersteigenden Streitgegenstands und da das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat, ist der primär erhobene außerordentliche Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 3 AußStrG jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0123439 [T3]).

2. Der Antragstellerin steht somit nur die Zulassungsvorstellung nach § 63

AußStrG zur Verfügung. Da sie diesen Rechtsbehelf hilfsweise erhoben hat, wird der Akt dem Erstgericht zur Vorlage der Zulassungsvorstellung nach § 69 Abs 3 AußStrG an die zweite Instanz zurückgestellt.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin MMag. Dr. E*, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, gegen den Antragsgegner Univ.-Prof. Dr. P*, vertreten durch Dr. Kurt Bayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 54 R 48/18g-51, mit dem der Teilbeschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 4 Fam 27/17g-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner binnen 14 Tagen die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil vom rechtskräftig geschieden. Mit Antrag vom begehrte die Frau die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Der Aufteilung unterliege – neben anderen Vermögenswerten –auch eine Mietwohnung in I*, die als Ehewohnung gedient habe und hinsichtlich derer die Frau den „Zuspruch der Mietrechte“ beantragt.

Das Erstgericht stellte dazu fest, dass es sich bei der früheren Ehewohnung um eine vom Mann angemietete Wohnung der W*gesellschaft mbH (kurz: „Vermieterin“) handelt. Einweisungsberechtigt für diese „ressortgebundene Mietwohnung“ ist das (frühere) Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (nunmehr Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung; nachfolgend kurz „Bundesministerium“). Die Wohnung wurde dem Mann während der Ehe aufgrund seiner Anstellung bei der Universität * vom Bundesministerium „zugewiesen“. Sie weist eine Wohnnutzfläche von 103,33 Quadratmetern auf; das monatliche Entgelt beträgt netto 521,42 EUR, was nicht einmal der Hälfte des marktüblichen Entgelts für eine Wohnung in vergleichbarer Lage und mit vergleichbarer Ausstattung entspricht. Das Bundesministerium stimmte einer Übertragung der Mietrechte auf die Frau im Rahmen des Aufteilungsverfahrens nicht zu. Auch die Vermieterin erteilte dazu keine Zustimmung. Die Universität * sprach sich dagegen aus, dass im Rahmen des Aufteilungsverfahrens „über die Dienstwohnung entschieden wird“. Die Frau ist zwar Bundesbedienstete, aber keine Bedienstete der Universität *.

Im Mietvertrag über die Ehewohnung wurden als Gründe für eine Kündigung des Mietverhältnisses (a) das Ausscheiden des Mieters aus dem Bundesdienst des Ressortbereichs sowie (b) der Übergang des Mietrechtsverhältnisses auf einen Eintrittsberechtigten, der kein Bundesbediensteter ist, vereinbart. Die Vermieterin verpflichtete sich vom letztgenannten „Kündigungsrecht“ keinen Gebrauch zu machen, wenn der Mieter aus Gesundheits- und Altersgründen aus dem Dienstverhältnis zum Bund ausscheidet, die Wohnung im Wege des Eintritts an den überlebenden Ehegatten übergeht oder eine weibliche Bundesbedienstete aus Anlass der Geburt eines Kindes aus dem Bundesdienst ausscheidet, um sich dem Haushalt und der Erziehung der Kinder zu widmen, ohne anderwärts ein Dienstverhältnis einzugehen. In Punkt XVII des Mietvertrags findet sich außerdem folgende Passage: „Diese Wohnung wurde aus Mitteln der Republik Österreich zur Wohnraumbeschaffung für Bundesbedienstete errichtet, diese darf daher dem Errichtungszweck nicht entzogen werden. Die Republik Österreich, vertreten durch das BUMIWUF, hat sich daher das Einweisungs- sowie Kontroll- und Aufsichtsrecht vorbehalten. […] Die gegenständliche Mietwohnung dient zur Abdeckung des Wohnungsbedarfes von Bundesbediensteten; sie ist also zweckgebunden. Wird die gegenständliche Wohnung im Falle eines Scheidungsurteiles dem geschiedenen Ehepartner, welcher kein Bundesbediensteter ist, überlassen, wird sie diesem automatisch in angemessener Frist von einem halben Jahr bei einer Wiederverehelichung aufgekündigt.

Das Erstgericht wies den Antrag, der Antragstellerin „die Mietrechte“ an der Ehewohnung in I* „zuzusprechen“, ab, weil die Wohnung aufgrund eines Dienstverhältnisses des Mannes gegen ein wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt werde und der Dienstgeber einer Zuweisung an die Frau nicht zugestimmt habe. Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es sprach gemäß § 63 Abs 1 AußStrG aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Rechtsauffassung, dass bereits im Mietvertrag eine Zustimmung zu einer (im Aufteilungsverfahren zu treffenden) Benützungsanordnung erteilt worden sei, nicht von vornherein unberechtigt bzw aussichtslos sei.

Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden, Ausspruch (§ 71 Abs 1 AußStrG) ist der Revisionsrekurs nicht zulässig, weil er keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG anspricht.

Rechtliche Beurteilung

1. Die im Revisionsrekurs behaupteten Verfahrensmängel wurden ebenso wie die behauptete Aktenwidrigkeit geprüft; sie liegen nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

2.1. Gemäß § 88 Abs 1 Z 2 EheG darf das Gericht eine Anordnung hinsichtlich der Benützung einer aufgrund eines Dienstverhältnisses benützten Ehewohnung (oder wenn das Rechtsverhältnis an dieser Wohnung im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis begründet wurde) nur mit Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers treffen, wenn die Wohnung unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benutzt wird. Dass es sich bei der Ehewohnung um eine „Dienstwohnung“ des Mannes im Sinn des § 88 Abs 1 EheG handelt, ist in dritter Instanz nicht mehr strittig. Es wird auch nicht mehr bezweifelt, dass die Ehewohnung gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt iSd Z 2 leg cit benützt wird. Die Revisionsrekurswerberin stützt sich nur mehr darauf, dass der Dienstgeber bzw der für die Vergabe der Dienstwohnung zuständige Rechtsträger die – eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Zuweisung im Aufteilungsverfahren bildende (3 Ob 164/15m) – Zustimmung zur Übertragung der (Dienst-)Wohnung an sie erteilt habe. Diese Zustimmung leitet sie (nur mehr) daraus ab, dass sie vorweg im Mietvertrag erteilt worden sei, was zu ihren Gunsten wirke.

2.2. Wurde die Entscheidung erster Instanz nur in bestimmten Punkten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten, können andere Punkte in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043352 [T27; vgl auch T33 und T37]; zum Verfahren außer Streitsachen vgl etwa 5 Ob 126/18t). In ihrem Rekurs berief sich die Revisionsrekurswerberin nicht mehr – so wie in erster Instanz – darauf, dass die nach § 88 Abs 1 EheG erforderliche Zustimmung des Dienstgebers bzw des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers bereits in Punkt XVII des mit dem Mann abgeschlossenen Mietvertrags erteilt worden sei. Sie verwies vielmehr nur
– und dies auch bloß im Zusammenhang mit einem behaupteten Verfahrensmangel – auf ihre erstinstanzliche Stellungnahme vom , wonach die (während des Verfahrens abgegebene) Äußerung des Bundesministeriums von einer (nicht näher konkretisierten) Regelung im Mietvertrag abweiche, sowie darauf, dass die „Bestimmung laut Mietvertrag“ (eine konkrete Bestimmung wird auch in diesem Zusammenhang nicht genannt) für den Standpunkt der Antragstellerin spreche und im Vertrag für den Fall der Scheidung eine klare (allerdings wieder nicht näher bezeichnete) Regelung getroffen worden sei, die sie auch inhaltlich nicht erörterte. Diese rudimentären Ausführungen können nicht als gesetzmäßige Ausführung der Rechtsrüge zur Frage angesehen werden, ob die nach § 88 Abs 1 EheG erforderliche Zustimmung bereits im Mietvertrag erteilt wurde. Die Antragstellerin begründet auch nicht, warum die im Verfahren erklärte Verweigerung der Zustimmung unwirksam sein und insbesondere eine allfällige Zustimmung im Mietvertrag – nach dem Parteiwillen – ihr gegenüber unwiderruflich erteilt worden sein sollte. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist somit nicht zu beantworten.

3. Mangels Zustimmung des Dienstgebers bzw des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers ist eine Zuweisung der Dienstwohnung an die Frau ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0057786 = 7 Ob 651/86; vgl auch 6 Ob 566/87, wonach nur die Zuweisung an den Ehepartner des Mieters unzulässig ist, was nichts daran ändert, dass es sich bei der Ehewohnung [Dienstwohnung] um eheliches Gebrauchsvermögen handelt). Ihr dahingehender Antrag wurde somit zu Recht abgewiesen, ohne dass näher darauf eingegangen werden muss, dass das Begehren, ihr „die Mietrechte zuzusprechen“ schon deshalb verfehlt ist, weil im Anwendungsbereich des § 88 Abs 2 EheG – anders als nach § 87 Abs 2 – ein Wohnrecht eigener Art begründet wird. Dass durch die damit vorgenommene Teilregelung für die Endentscheidung in Ansehung der verbleibenden gerichtlich aufzuteilenden Vermögensmasse Ausgleichsmöglichkeiten verschlossen oder solche entgegen dem § 94 Abs 1 EheG aufgestellten Grundsatz der Subsidiarität auf Geldzahlungen beschränkt würden (vgl RIS-Justiz RS0008537), ist nicht ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung zu Gunsten des Antragsgegners ist Folge seines Hinweises auf die fehlende Zulässigkeit des Revisionsrekurses (§ 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG; RIS-Justiz RS0122774).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00154.18F.0926.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAD-39597