OGH vom 13.07.2007, 3Ob139/07y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr. Gerhard E*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Philipp E*****, vertreten durch Dr. Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO; Streitwert je 21.600 EUR), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 406/06d-93, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 2 C 159/04b, 240/04i-84, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger verpflichtete sich mit gerichtlichem Vergleich vom , seinem Sohn, dem Beklagten, der zu diesem Zeitpunkt eine Hotelfachschule besuchte, bis zu dessen Selbsterhaltungsfähigkeit monatlich 600 EUR Unterhalt zu zahlen. Der Beklagte führt gegen den Kläger zur Hereinbringung rückständigen und laufenden Unterhalts in zwei Verfahren je des Bezirksgerichts Mödling, Fahrnis- und Forderungsexekution.
Mit zwei zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Oppositionsklagen begehrte der Kläger je die Feststellung, dass der Unterhaltsanspruch seit Beendigung der Ausbildung der Beklagten in der Hotelfachschule im Sommer 2003 erloschen sei. Seit dem Wintersemester 2003/2004 studiere des Beklagte mit unterdurchschnittlichem Erfolg Pharmazie, obwohl er im Hotelfach gute Berufschancen hätte.
Der Beklagte wendete ein, sein Studienerfolg sei jedenfalls durchschnittlich. Ziel der Hotelfachschule sei insbesondere der Abschluss mit Matura als Voraussetzung für ein anschließendes Studium gewesen.
Das Erstgericht erklärte den Unterhaltsanspruch ab (Beginn des 3. Studienjahres) für erloschen, weil der Beklagte im 2. Studienjahr nicht einmal die für die Gewährung der Familienbeihilfe erforderlichen acht Semesterwochenstunden erreicht habe, weshalb die zur Finanzierung eines Hochschulstudiums erforderliche Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorliege. Ein Mehrbegehren wurde abgewiesen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Die grundsätzliche Berechtigung des Beklagten, ohne Beeinträchtigung seiner Unterhaltsforderung zu studieren, stehe nicht mehr in Frage (vom Kläger in der Berufung nicht mehr bestritten), jedoch sei die für die fortdauernde Unterhaltsverpflichtung bei einer zweiten Berufsausbildung erforderliche besondere Eignung des Beklagten ab dem zu verneinen.
Die nur vom Beklagten erhobene außerordentliche Revision vermag keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend weist er zwar darauf hin, dass der zu einem
Hochschulstudium berechtigende Abschluss an einer berufsbildenden
höheren Schule (BHS) einem Abschluss an einer allgemeinbildenden
höheren Schule (AHS) gleichzustellen und ein daran anschließendes
Hochschulstudium daher keine Zweitausbildung ist (3 Ob 2382/96g = ÖA
1998, 215, 3 Ob 116/02h = ÖA 2003, 114; ua). Die daran anschließende
und als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichnete Frage, ob die mit
Matura abschließende Ausbildung des Beklagten an der Hotelfachschule
einer BHS-Matura gleichzuhalten ist, stellt sich im vorliegenden Fall
nicht. Auch wenn man diese Frage bejahen wollte, wäre für den
Beklagten nichts zu gewinnen, weil ihm nicht nur die für eine
Fortdauer der Unterhaltsverpflichtung für eine Zweitausbildung
erforderliche besondere Eignung (8 Ob 178/97b = ÖA 1998, 173; 2 Ob
213/01i; vgl. auch Neuhauser in Schwimann3 § 140 ABGB Rz 104 f)
fehlt, sondern er auch nicht den generell für eine weiterführende
Erstausbildung - etwa ein Hochschulstudium - geforderten
Ausbildungserfolg und Ernsthaftigkeit sowie Zielstrebigkeit (stRsp, 3
Ob 7/97v = SZ 70/36 = JBl 1997, 650 [Hoyer] = ZfRV 1997, 162
[Pichler]; 1 Ob 268/02x = EvBl 2003/53; Hopf in KBB² § 140 ABGB Rz 6;
Neuhauser aaO Rz 100-103) aufweist.
Bei der Beurteilung der Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit des Studiums ist nur der tatsächliche Studienfortgang ex post zu betrachten. Es kommt nicht darauf an, ob es möglich oder wahrscheinlich ist, dass das Studium oder ein Studienabschnitt in der durchschnittlichen Zeit beendet wird (3 Ob 116/02h mwN); daraus folgt, dass es auf eine Prognose, ob der Beklagte das Studium in bestimmter Zeit, etwa in der Gesamtdurchschnittsdauer vollendet haben werde, nicht ankommen kann. Auch wenn infolge Umstellung des Studienplans derzeit keine Durchschnittsdauer für den 1. Abschnitt des Pharmaziestudiums angegeben werden kann, ergibt sich aus der Tatsache, dass der Beklagte den 1. Abschnitt nach sechs Semestern (Regelzeit zwei Semester) noch nicht abgeschlossen hat, die für den
1. Abschnitt vorgesehene Lateinprüfung nicht ablegte und auch im 2. Studienjahr weniger Wochenstunden absolvierte, als den Regeln für die Gewährung von Familienbeihilfe entspricht, von einem Studieren mit Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit keine Rede sein kann. Mangels zielstrebiger Betreibung des Studiums tritt Selbsterhaltungsfähigkeit ein (6 Ob 122/06v = Zak 2006, 292 = EF-Z 2006, 89 = FamZ 2006, 200 = ÖA 2007, 315 mwN); hier mit Ablauf des 2. Studienjahres, als das Fehlen der für die Fortdauer der Unterhaltspflicht erforderlichen Umstände feststand.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).