OGH vom 29.06.1999, 1Ob153/99b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft m. b. H. & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Götschhofer, Rechtsanwalt in Vorchdorf, wider die beklagten Parteien 1) Ing. Manfred P*****, und 2) Ingrid P*****, beide *****, beide vertreten durch Kollmann - Hofbauer - Zahradnik, Rechtsanwälte in Lambach, wegen 84.680,18 S sA infolge ordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 424/98d und 22 R 425/98a-46, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Gmunden vom , GZ 3 C 318/96t-38, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 6.695,04 S (darin 1.115,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten deren Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach der klagenden Partei als Entgelt für die Verlegung von "Solnhofenerplatten" im Haus der Beklagten 84.690,18 S sA zu. Es hatte im Verhandlungstermin vom ein neues Prozeßvorbringen der Beklagten "als verspätet zurückgewiesen" und den Beschluß auf Schluß der Verhandlung gefaßt und verkündet. Die Beklagten beantragten die Ausfertigung jenes Zurückweisungsbeschlusses und erklärten, "sich ein Rechtsmittel" vorzubehalten. Daraufhin fertigte das Erstgericht den Beschluß gesondert aus. In der Folge wurden die Beschluß- und die Urteilsausfertigung dem Beklagtenvertreter gleichzeitig zugestellt. Die Beklagten bekämpften zuerst den Zurückweisungsbeschluß mit Rekurs (ON 39) und erhoben später auch Berufung gegen die Klagestattgebung. Darin wurde die Zurückweisung des im Verhandlungstermin vom erstatteten Prozeßvorbringens als Mangel des Verfahrens erster Instanz gerügt.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Ersturteil und sprach ferner aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei und die Beklagten "mit ihrem Rekurs ON 39, dessen Kosten sie selbst zu tragen haben, auf diese Entscheidung verwiesen" werden. In den Gründen legte es u. a. dar, daß das Erstgericht das im Verhandlungstermin vom erstattete Prozeßvorbringen zu Recht als verspätet zurückgewiesen habe. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die richtige "verfahrensrechtliche Erledigung" eines Rekurses gegen einen nach § 79 Abs 4 GOG gesondert ausgefertigten Zurückweisungsbeschluß nach § 179 ZPO, die Unwiderruflichkeit einer Festlegung des Werkbestellers auf Preisminderung sowie die Unverhältnismäßigkeit eines Sanierungsaufwands - hier: Beurteilung nur nach der Höhe des Werklohns oder unter Hinzurechnung des Werts von Eigenleistungen des Bestellers - als erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu klären seien.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
1. Gemäß § 186 Abs 2 ZPO ist u. a. gegen einen Beschluß nach § 179 Abs 1 ZPO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. Ein solcher Beschluß ist zufolge § 515 ZPO nur mit dem Rechtsmittel gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung "bis und spätestens gleichzeitig mit der Berufung" bekämpfbar (SZ 55/37). Daher war der im Anlaßfall maßgebliche Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichts zwar nach § 79 Abs 4 GOG, mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen aber nicht nach § 426 Abs 1 ZPO auszufertigen. Wie vom Obersten Gerichtshof bereits ausgesprochen wurde, ist die Zustellung einer solchen Ausfertigung für die Frage der Anfechtbarkeit "ohne jede Bedeutung", weil die Wirksamkeit des Beschlusses gemäß § 426 Abs 3 ZPO bereits durch dessen mündliche Verkündung eintritt (JBl 1987, 459).
1. 1. Nach der unter 1. dargelegten Rechtslage und den hier bedeutsamen Umständen des Verfahrens war daher der erstgerichtliche Zurückweisungsbeschluß nur mit der Berufung gegen das klagestattgebende Urteil im Rahmen deren Mängelrüge anfechtbar (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 5 zu § 462). Eine solche wurde von den Beklagten auch ausgeführt. Bleibt eine derartige Mängelrüge nach sachlicher Prüfung - wie hier - erfolglos, so ist damit über die Zurückweisung eines Prozeßvorbringens als verspätet endgültig abgesprochen. Es ist also die Anfechtung des Berufungsurteils unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ausgeschlossen (4 Ob 310/97k; 4 Ob 1573/95; 4 Ob 1573/94; SZ 55/37).
Soweit das Gericht zweiter Instanz die Beklagten "mit ihrem Rekurs ON 39" auf seine Entscheidung in der Hauptsache verwies, wies es dieses abgesondert erhobene, als solches jedoch unzulässige Rechtsmittel der Sache nach zurück und erließ damit einen Beschluß im Berufungsverfahren, der gemäß § 519 Abs 1 ZPO unanfechtbar ist, konnte doch das vom Erstgericht im Anlaßfall zurückgewiesene Prozeßvorbringen nur mehr im Berufungsverfahren Bedeutung erlangen. Diese Ansicht kollidiert daher nicht mit den Grundsätzen der Entscheidung 5 Ob 21/97t (= EvBl 1998/49), weil dort - soweit hier bedeutsam - über das Rechtsmittel eines Streithelfers gegen die Zurückweisung seiner Nebenintervention durch das Gericht zweiter Instanz entschieden und nur vor diesem sachlichen Hintergrund ausgesprochen wurde, das Gericht zweiter Instanz habe insofern nicht als Berufungs-, sondern als Rekursgericht erkannt. Das folgt im Kern daraus, daß sich die verfahrensrechtlichen Implikationen der Zulassung eines Dritten als Streithelfer nicht nur auf das Berufungsverfahren beziehen.
2. Die materiellrechtlichen Rechtsfragen, die dem Gericht zweiter Instanz Anlaß gaben, die ordentliche Revision zuzulassen, würden erst dann aufgeworfen, wenn das umfangreiche Prozeßvorbringen der Beklagten im Verhandlungstermin vom (ON 36 S. 1 ff) als deren Grundlage nicht zurückgewiesen worden wäre. Sie wären allerdings auch in einem solchen Fall nicht zu lösen, weil das Erstgericht feststellte, daß die maßgeblichen Plattenverlegungsmängel nach fachlichen Gesichtspunkten unbehebbar seien (ON 38 S. 7 letzter Satz). Diese von den Beklagten bekämpfte Feststellung wurde vom Berufungsgericht nach Erledigung deren Beweisrüge übernommen (ON 46 S. 15 f). Demgemäß hätte der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, die Frage der Berechtigung des für eine Verbesserung des mangelhaften Werks geltend gemachten Deckungskapitals anstelle des von den Beklagten ursprünglich erhobenen Anspruchs auf Preisminderung nur auf dem Boden jener Tatsache prüfen können. Danach könnte aber die Berechtigung eines Verbesserungsverlangens nur verneint werden.
3. Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Nach den unter 1. bis 2. erörterten Gründen ist im Anlaßfall keine entscheidungswesentliche erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen, sodaß die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist. Bei einer solchen Entscheidung kann sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
4. Der klagenden Partei sind die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung gemäß § 41 und § 50 Abs 1 ZPO als solche einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zuzuerkennen, weil sie darin - wenigstens ganz allgemein - auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten hinwies.