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OGH vom 24.04.1961, 3Ob138/61

OGH vom 24.04.1961, 3Ob138/61

Norm

EO § 150;

Kopf

SZ 34/64

Spruch

Verpflichtungen des Liegenschaftseigentümers aus einem baubehördlichen Bescheid über die Androhung der Ersatzvornahme der Grundwassersanierung treffen als öffentlich-rechtliche Last jeden Eigentümer, solange die Ersatzarbeiten nicht beendet sind. Sie sind daher vom Ersteher der Liegenschaft ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen (§ 150 EO.)

Entscheidung vom , 3 Ob 138/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Wildon; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Zur Versteigerung gelangt die Liegenschaft EZ. 121 KG. S. Die Versteigerung soll u. a. auch in drei Gruppen vorgenommen werden. Zur Gruppe 1 gehören Wiesenflächen mit darauf befindlichen drei Siedlungshäusern, zur Gruppe 2 gehören Wiesen und Ackerflächen und zur Gruppe 3 Fabriksgebäude mit dazugehörigen Anlagen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L. vom wurde der verpflichteten Partei die Vorauszahlung von Kosten für die Ersatzvornahme von Sanierungsarbeiten, die zur Sicherung des Grundwassers vor Verunreinigungen durch den Fabriksbetrieb notwendig sind, im Betrage von 412.281 S aufgetragen.

Das Erstgericht wies den Antrag der verpflichteten Partei, die Bieter auf diese Verpflichtung des Gründeigentümers zur Grundwassersanierung in den Versteigerungsbedingungen hinzuweisen, ab und nahm nur einen Hinweis auf die Verunreinigung des Grundwassers durch Teerreste auf.

Das Rekursgericht gab dem Antrag statt und ergänzte die Versteigerungsbedingungen dahin, daß die Bieter darauf aufmerksam zu machen seien, daß das Grundwasser der zu versteigernden Liegenschaft durch Teerreste verunreinigt sei und die Bezirkshauptmannschaft L. daher der verpflichteten Partei als Grundstückseigentümerin die Ersatzvornahme der Grundwassersanierung angedroht und ihr den Auftrag erteilt habe, hiefür einen Betrag von 412.281 S gegen nachträgliche Verrechnung zu erlegen. § 146 EO. schließe nicht aus, daß sonstige Bestimmungen in die Versteigerungsbedingungen aufgenommen werden, die für die Durchführung des Versteigerungsverfahrens und für die Bieter von Bedeutung seien. Zur Vermeidung einer Benachteiligung eines gutgläubigen Erstehers sei es notwendig, ihn über die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Grundwassersanierung zu informieren.

Der Oberste Gerichtshof hob die Entscheidungen der Untergerichte wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens auf und wies das Erstgericht an, über die Versteigerungsbedingungen neuerlich zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Um die Frage lösen zu können, ob die Verpflichtung zur Sanierung des Grundwassers und zur Bezählung der angedrohten Ersatzvornahme in die Versteigerungsbedingungen aufzunehmen ist, muß das Wesen dieser Verpflichtung geklärt werden. Verpflichtungen des Liegenschaftseigentümers aus der Bauordnung und den auf diese gestützten Verfügungen der Baubehörde haften auf der Liegenschaft als öffentlich-rechtliche "Lasten und treffen jeden Eigentümer. Sie sind daher von einem Ersteher der Liegenschaft ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen. Das trifft nur dann nicht mehr zu, wenn die Verpflichtung nicht mehr unmittelbar auf die Liegenschaft Bezug hat, sondern zu eine Geldschuld gewandelt wurde. Von da an hat der Eigentümerwechsel rechtliche Bedeutung; wer danach Eigentümer wird, ist nicht mehr kostenpflichtig. Es ist aber nicht der Zeitpunkt der rechnungsmäßigen Feststellung des Betrages bei Ersatzvornahme maßgebend, sondern der Zeitpunkt, in dem die Arbeiten abgeschlossen wurden, weil erst in diesem Zeitpunkt die unmittelbar auf die Liegenschaft Bezug habende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Leistung ihr Ende gefunden hat, weil die Leistung zur Gänze durch Ersatzvornahme erbracht wurde. Nur derjenige, der erst nach Beendigung der Ersatzarbeiten Eigentümer der Liegenschaft wurde, kann nicht mehr als persönlicher Schuldner für die Ersatzvornahme herangezogen werden (vgl. VerwGHSlg. NF. 3390 (A.), 3714 (A.), 3983 (A.)j. Da im vorliegenden Fall offenbar die Ersatzarbeiten noch nicht gänzlich durchgeführt wurden, handelt es sich noch immer um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die auf der Liegenschaft haftet und vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen ist. Daher muß diese Verpflichtung gemäß § 146 EO. in die Versteigerungsbedingungen aufgenommen werden; es genügt nicht der vom Rekursgericht angeordnete Hinweis für die Bieter, der offenbar im Sinne des § 178 EO. gedacht ist. Durch diese Belastung der Liegenschaft werden die Versteigerungsbedingungen zur Gänze getroffen. Die Beteiligten könnten eine neue Schätzung der Liegenschaft unter Berücksichtigung dieser Belastung, deren Umfang sowohl der Höhe nach als auch nach der Erstreckung auf die einzelnen Liegenschaftsteile bei der bisherigen Schätzung nicht festgestellt und nicht berücksichtigt wurde, beantragen. Die Frage einer amtswegigen Überprüfung der Schätzung sei überdies dahingestellt.