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OGH vom 19.02.1986, 1Ob723/85

OGH vom 19.02.1986, 1Ob723/85

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Verlassenschaftssache Elisabeth K***, gestorben am , infolge Revisionsrekurses der STADT WIEN gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 620/85-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 5 A 614/84-12, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Aktivnachlaß der ohne Errichtung eines letzten Willens am verstorbenen Elisabeth K*** besteht aus Guthaben von S 25.136,99. Die erblasserische Tochter Elisabeth K*** verzeichnete an Begräbniskosten (Aufbahrung zweite Klasse) S 21.859,-- und an ausgelegten Krankheitskosten S 21.564,40. Die STADT WIEN machte ein Pflegeentgelt für die Unterbringung im Pflegeheim der Stadt Wien-Lainz in der Höhe von S 3.421,90 geltend. Die Gerichtskommissionsgebühren wurden mit S 792,-- bestimmt. Das Erstgericht überließ den gesamten Aktivnachlaß der Tochter Elisabeth K*** auf teilweisen Abschlag der von ihr bezahlten Begräbniskosten von S 43.423.40.

Dagegen erhob die STADT WIEN Rekurs. In diesem Rekurs wurden die Verfahrenskosten von S 792,-- und ein Betrag von S 20.000,- an Begräbniskosten "abzüglich Sterbegeld" als bevorrechtet anerkannt. Die darüberhinaus gehenden Begräbniskosten wurden als unangemessen bestritten. Selbst wenn sie zuerkannt würden, stünden sie im gleichen Rang wie die Krankheits- und Pflegekosten. Die Rekurswerberin stellte den Antrag, den nach Abzug der Massekosten und der Kosten für ein einfaches Begräbnis verbleibenden Restbetrag des Nachlasses kridamäßig zu verteilen.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der STADT WIEN teilweise Folge. Aus dem vorhandenen Aktivnachlaß von S 25.136,99 habe der Gerichtskommissär S 792,--, die erblasserische Tochter zur gänzlichen Befriedigung ihrer Begräbniskostenforderung den Betrag von S 21.859,-- und auf teilweisen Abschlag der bezahlten Krankenhauskosten den Betrag von S 2.145,59, die Rekurswerberin aber auf teilweisen Abschlag der Pflegekostenforderung den Betrag von S 340,40 zu erhalten. Der Verweis im § 73 AußStrG auf bevorrechtete Forderungen sei durch die Änderung der Konkursordnung inhaltsleer geworden. Nach § 549 ABGB sei nicht von einem notdürftigen, sondern von einem standesgemäßen Begräbnis auszugehen. Die Begräbniskosten von S 21.859,-- seien sowohl in ihrer Summe als auch in ihren einzelnen Kosten als angemessen zu betrachten. Sie seien daher ebenso wie die Forderungen des Gerichtskommissärs vom aktiven Nachlaß vorweg in Abzug zu bringen. Es verbleibe somit ein Betrag von S 2.485,99, aus dem die von der Tochter bezahlten Krankenhauskosten und die Pflegekostenforderung der Rekurswerberin anteilsmäßig zu befriedigen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der STADT WIEN ist unzulässig.

Nach der Zivilverfahrensnovelle 1983 hat auch für den Bereich der §§ 14 und 16 AußStrG bei teilweise bestätigenden und teilweise abändernden (aufhebenden) Entscheidungen des Rekursgerichtes der Grundsatz zu gelten, daß gegen den in trennbarer Weise bestätigenden Teil der Rekursentscheidung nur ein außerordentlicher Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG erhoben werden kann (ÖAV 1985, 145; RZ 1985/35 uva). In erster Instanz beantragte die Rekurswerberin die Überlassung des Nachlasses an Zahlungsstatt zur Deckung der noch offenen Pflegeentgelte von S 3.421,90 für den Aufenthalt der Verstorbenen im Pflegeheim der Stadt Wien-Lainz. Nachdem in erster Instanz eine Zuweisung von Nachlaßaktiven an die Rekurswerberin nicht erfolgt war, hatte sie mit ihrem gegen den Beschluß des Erstgerichtes gerichteten Rekurs teilweise Erfolg: Sie erhielt auf Abschlag ihrer Pflegekostenforderung von S 3.421,90 den Betrag von S 340,40, nicht aber den weiters von ihr begehrten Betrag von S 3.081,50 zugewiesen. Soweit die STADT WIEN mit ihrem Revisionsrekurs "im Sinne der Gleichrangigkeit von Krankheits- und Leichenkosten unter Berücksichtigung des von ihr teilweise geleisteten Verzichtes für die vorrangige Zuweisung an Begräbniskosten von S 20.000,-- an die erblasserische Tochter (jedoch unter Berücksichtigung eines von ihr erhaltenen Bestattungskostenbeitrages beziehungsweise Sterbegeldes) eine neue kridamäßige Verteilung beziehungsweise Überlassung an Zahlungsstatt vorzunehmen" beantragt, strebt sie, da die Höhe eines der erblasserischen Tochter zuerkannten Bestattungskostenbeitrages oder Sterbegeldes nicht aktenkundig ist, ersichtlich die volle Berücksichtigung ihrer Restforderung von S 3.081,50 an. Damit ist zwar ihr Revisionsrekurs nicht nach § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig, aber, da für den begehrten Betrag von S 3.081,50 eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vorliegt, auf die Rekursgründe des § 16 AußStrG (Nullität, offenbare Gesetz- oder Aktenwidrigkeit) beschränkt. Davon macht die STADT WIEN inhaltlich den Rekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend. Eine solche liegt aber nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (GesRZ 1983, 218; JBl 1982, 606; NZ 1981, 123; SZ 44/180 uva) oder die Entscheidung mit den Grundprinzipien des Rechts im Widerspruch steht (EFSlg 37.389, 35.071, 32.617 uva).

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die iure-crediti-Einantwortung nach § 73 AußStrG tritt in einfach gelagerten Fällen an die Stelle des Konkurses und bewirkt, daß bestimmte Verlassenschaftssachen an bestimmte Gläubiger zur Tilgung bestimmter Forderungen an Zahlungsstatt überlassen werden (JBl1962,389). Auch bei der Überlassung des Nachlasses an Zahlungsstatt sind daher nach der Konkursordnung bestehende Privilegien zu berücksichtigen (SZ 48/118; SZ 34/98; GlUNF 4087; Rintelen, Grundriß des Verfahrens außer Streitsachen 55). Da vor Wirksamwerden des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes nach § 51 Abs 1 Z 1 und 4 KO und § 47 KAG sowohl die Begräbniskosten als auch Forderungen von Ärzten und Krankenwärtern sowie an rückständigen Pflegegebühren öffentlicher Krankenanstalten, soweit sie im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners entstanden waren, in die Unterklasse 1a der Konkursforderungen erster Klasse fielen, entsprach es ständiger Rechtsprechung, daß bei Überlassung eines überschuldeten Nachlasses an die Gläubiger an Zahlungsstatt die Begräbniskosten und die für das letzte Jahr angemeldeten Pflegegebühren von Krankenanstalten im selben Rang befriedigt wurden (SZ 48/118 u.a., zuletzt für Todesfälle vor dem : 7 Ob 592/84, 7 Ob 662/85). Gemäß Art XI § 2 Abs 2 Z 2 lit b IRÄG sind auf Grund des Todestages der Erblasserin ( ) die Bestimmungen der Insolvenzgesetze in der Fassung des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes anzuwenden. Eine der wesentlichen durch dieses Gesetz normierten Neuerungen ist der sogenannte klassenlose Konkurs (Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht 2 24,37; Bartsch-Heil, Grundriß des Insolvenzrechts 4 , Rz 202): Nach § 50 KO bildet das Konkursvermögen, soweit es nicht zur Befriedigung der Masseforderungen und der Ansprüche der Absonderungsberechtigten verwendet wird, eine gemeinschaftliche Konkursmasse, aus der die Konkursforderungen grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu befriedigen sind. Nach § 46 Abs 1 Z 7 KO sind die Kosten einer einfachen Bestattung des Gemeinschuldners Masseforderungen; nach § 23 Abs 1 Z 4 AO genießen die Kosten einer einfachen Bestattung des Schuldners ein Vorrecht im Ausgleichsverfahren. Hingegen bestehen Vorrechte für Forderungen von Ärzten und Krankenwärtern sowie für rückständige Pflegegebühren der Krankenanstalten nicht mehr (Radner-Haslinger-Reinberg, Krankenanstaltenrecht I § 47 KAG Anm 2). Wenn daher § 73 Abs 1 AußStrG von Krankheits- und Leichenkosten und anderen bevorrechteten Forderungen spricht, erfuhr diese Gesetzesstelle durch Art XI § 8 Abs 1 IRÄG eine inhaltliche Änderung dahin, daß bei der Überlassung an Zahlungsstatt nur mehr Masseforderungen gemäß § 46 KO bevorrechtet sind. Der Ansicht Köhlers, NZ 1982, 181 f., daß durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz nur die in § 73 AußStrG enthaltenen Worte "und andere mit besonderem Vorrecht verbundenen Forderungen" inhaltlos geworden seien, den Begriffen Krankheits- und Leichenkosten aber noch normativer Wert zukäme, ist nicht zu folgen. Schon eine grammatikalische Auslegung der Vorschrift des § 73 Abs 1 AußStrG ergibt, daß der Gesetzgeber Krankheits- und Leichenkosten nicht mit besonderem Vorrecht versehen, sondern sie, der seinerzeitigen Rechtslage gemäß wie andere bevorrechtete Forderungen behandeln wollte; sind aber nach der Rechtslage ab grundsätzlich Krankheitskosten in Konkursfall nicht mehr mit einem besonderen Vorrecht versehen, hat dies auch für die einen Verlassenschaftskonkurs ersetzende iure-crediti-Einantwortung des § 73 AußStrG zu gelten.

Es bleibt zu prüfen, ob unter Bestattungskosten im Sinn des § 46 Abs 1 Z 7 KO nur solche zu verstehen sind, die für einen nach Konkurseröffnung erfolgten Tod des Gemeinschuldners entstanden sind. Die Regierungsvorlage zum Insolvenzrechtsänderungsgesetz (3 BlgNR 15.GP) wollte noch das Klassensystem der Konkursforderungen aufrechterhalten. Der Entwurf sah in § 46 Abs 1 Z 6 KO vor, daß Begräbniskosten nur dann Masseforderungen seien, wenn der Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung gestorben war. Starb er vorher, sollten die Bestattungskosten Konkursforderungen erster Klasse sein. § 23 Abs 1 Z 4 AO hatte schon in der Regierungsvorlage den später Gesetz gewordenen Wortlaut, daß die Kosten einer einfachen Bestattung des Schuldners im Ausgleichsverfahren ein Vorrecht genießen. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (Seite 35) wurden unter den Kosten einer einfachen Bestattung des Schuldners nur Auslagen für einen nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens verstorbenen Schuldner verstanden. Erst im Ausschuß kam die Klasseneinteilung der Konkursforderungen zu Fall. Nach dem Ausschußbericht, 1147 BlgNR 15.GP 20, ist die Bestimmung des § 46 Abs 1 Z 7 KO das Gegenstück zu § 23 Abs 1 Z 4 AO; die Bestimmung des § 46 Abs 1 Z 7 KO werde auch bei Anwendung des § 73 AußStrG bedeutsam sein. Bei gleichem Wortlaut von Regierungsvorlage und Gesetzesentwurf des Ausschusses erläutert der Ausschußbericht (Seite 15) § 23 Abs 1 Z 4 AO dahin, daß die Beschränkung auf den Tod des Schuldners nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens (entgegen der Regierungsvorlage) als allzu eng nicht übernommen werde. Der Ausschußbericht wollte also das Gesetz auch dahin verstanden wissen, daß Begräbniskosten ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Todes des Gemeinschuldners immer Masseforderungen und damit gegenübner den Konkursforderungen bevorrechtet sind. Dieser Ansicht schloß sich Holzhammer aaO 34 an.

Wenn bei dieser Gesetzeslage das Rekursgericht bei Überlassung des Nachlasses an Zahlungsstatt ein Vorrecht der Begräbniskosten vor rückständigen Pflegegebühren von Krankenanstalten annahm, liegt jedenfalls der Revisionsrekursgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit nicht vor. In welchem Umfang Begräbniskosten nach § 73 Abs 1 AußStrG,§ 46 Abs 1 Z 7 KO (und nicht, wie das Rekursgericht meint, nach § 549 ABGB) bevorrechtet sind, bestimmt sich nach den Kosten einer einfachen Bestattung. Wurde für die Bestattung einer Pensionistin mit Aufbahrung zweiter Klasse ein Betrag von S 21.859,-

aufgewendet, kann nicht gesagt werden, daß in offenbar gesetzwidriger Auslegung des § 46 Abs 1 Z 7 KO die Kosten eines einfachen Begräbnisses überschritten worden seien, wenn man bedenkt, daß auch die STADT WIEN einen Aufwand von S 20.000 für gerechtfertigt hält. Die Rekurswerberin anerkannte allerdings immer nur ein Vorrecht eines Betrages von S 20.000 abzüglich eines Bestattungskostenbeitrages bzw. Sterbegeldes. Nach § 2 des bgld Landesbeamtengesetzes 1978 in Verbindung mit § 44 Pensionsgesetz wäre aber der erblasserischen Tochter ein Bestattungskostenbeitrag nur zugestanden, wenn die Erblasserin selbst Beamtin gewesen wäre. Dies wurde von der Rekurswerberin aber nicht behauptet und ist auch nicht aktenkundig.

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.