OGH vom 08.09.2022, 3Ob136/22d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* K*, Deutschland, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt am Wörthersee, und der Nebenintervenientin E* R*, vertreten durch Neubauer Fähnrich Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, gegen die beklagten Parteien 1) Mag. Dr. D* J*, und 2) D* J*, ebendort, beide vertreten durch Dr. Alexander Klaus Rechtsanwalts GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 70/22i-54, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Das Erstgericht stellte fest, dass das ob der Liegenschaft * intabulierte Vorkaufsrecht der beklagten Parteien sowie das ob der Liegenschaft * für die erstbeklagte Partei intabulierte Vorkaufsrecht erloschen sind.
[2] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die Beklagten zeigen mit ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[4] 1.1 Ist nur ein Teil einer Liegenschaft (zB eines von mehreren Grundstücken) mit einem Vorkaufsrecht belastet und wird die gesamte Liegenschaft zu einem Gesamtkaufpreis veräußert, so kann der Vorkaufsverpflichtete nach ständiger Rechtsprechung dann das Vorkaufsrecht auf die gesamte Liegenschaft erweitern und dem Vorkaufsberechtigten die gesamte Liegenschaft mit der Rechtsfolge anbieten, dass er diese bei sonstigem Verlust des Vorkaufsrechts einlösen muss, wenn der mit dem Vorkaufsrecht belastete Teil in untrennbarem Zusammenhang mit dem Verkauf des unbelasteten Restanteils steht oder die Veräußerung des belasteten Teiles allein für ihn mit einem (nicht absehbaren) Nachteil verbunden wäre (2 Ob 40/09k; 9 Ob 6/19a; 5 Ob 131/19d jeweils mwN; vgl auch 5 Ob 28/19g). Nach der Rechtsprechung kann der mit dem Vorkaufsrecht belastete Teil unter anderem dann nicht ohne Nachteil des Vorkaufsverpflichteten ausgeschieden werden, wenn sonst der Verkauf des Restes scheitern oder dessen Kaufpreis unverhältnismäßig geschmälert würde (5 Ob 39/95; 2 Ob 201/99v).
[5] 1.2 Sind diese Voraussetzungen gegeben, so muss aufgrund vergleichbarer Interessenlage das Erfordernis der Gesamteinlösung auch dann gelten, wenn – wie hier – zwei mit Vorkaufsrechten (hier des Erstbeklagten) belastete Liegenschaften in einem einheitlichen Kaufvertrag zu einem höheren Gesamtkaufpreis veräußert werden.
[6] 1.3 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Voraussetzungen für eine solche Gesamteinlösung hier gegeben seien und der Erstbeklagte keine wirksame isolierte Einlösungserklärung (nur in Bezug auf die Seeliegenschaft) abgegeben habe, weshalb das Vorkaufsrecht hinsichtlich beider Liegenschaften erloschen sei, weicht von den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen nicht ab.
[7] Nach den Feststellungen handelt es sich bei der Seeliegenschaft um den Seezugang für das Villengrundstück. Nach der unbeanstandeten Beurteilung der Vorinstanzen wäre der Kaufvertrag zwischen der Nebenintervenientin und der Klägerin ohne Seeliegenschaft auch nicht abgeschlossen worden. Da der Erstbeklagte zur isolierten Einlösung der Seeliegenschaft nicht berechtigt war, hatte er entgegen seiner Ansicht auch nicht nur den verhältnismäßigen Anteil am Gesamtkaufpreis zu leisten.
[8] 2. Der von den Beklagten in der außerordentlichen Revision geforderten Ausübung des Gestaltungsrechts durch die Vorkaufsverpflichtete („zur Ausdehnung des Vorkaufsrechts auf den unbelasteten Teil der Gesamtliegenschaft“) bedurfte es im Anlassfall nicht, weil beide Liegenschaften mit einem Vorkaufsrecht des Erstbeklagten belastet waren. Die dazu angestellte Beurteilung des Berufungsgerichts, dass dem Erstbeklagten alle Informationen erteilt wurden, die er benötigte, um von seinem Einlösungsrecht Gebrauch zu machen, entspricht ebenfalls der Rechtslage.
[9] 3. Schließlich steht auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Zweitbeklagte sei deshalb passiv legitimiert, weil mit dem Erlöschen des Vorkaufsrechts des Erstbeklagten auch das zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragene subsidiäre (allein durch den Erstbeklagten, aber nach dessen Ableben durch sie ausübbare) Vorkaufsrecht am Villengrundstück untergegangen sei, mit der Rechtslage im Einklang.
[10] 4. Insgesamt gelingt es den Beklagten mit ihren Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00136.22D.0908.000 |
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Fundstelle(n):
VAAAD-39170