OGH vom 23.09.1999, 2Ob240/99d

OGH vom 23.09.1999, 2Ob240/99d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Gerstenecker und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter P*****, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Johannes K*****, vertreten durch Dr. Christian Hopp, Rechtsanwalt in Feldkirch, und der auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenientin ***** T***** S.p.a. *****, Italien, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Zahlung von S 91.306 sA und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 90/99s-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ 5 Cg 241/97i-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil aufgehoben; zugleich wird auch das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Am bestellte die T*****-Sport Handelsgesellschaft mbH mit dem Sitz in Österreich, deren Geschäftsführer der Beklagte war, bei der Herstellerfirma (Nebenintervenientin) in Italien Schischuhe, die in weiterer Folge geliefert und mit Rechnung vom fakturiert wurden.

Im Jahre 1990 änderte die T*****-Sport Handelsgesellschaft mbH ihre Firma auf "Ö***** Baugesellschaft mbH". Weiters wurde der Unternehmensgegenstand von Groß- und Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Sportwaren, auf die Ausübung des Baugewerbes, die Planung und Ausführung von Hoch- und Tiefbauten, insbesondere mit ökologischen Baustoffen, und die Ausübung des Baumeistergewerbes geändert. Geschäftsführender Gesellschafter blieb der Beklagte. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt verkaufte die T*****-Sport Handelsgesellschaft mbH dem Beklagten einige Paare der im Jahre 1988 angeschafften Schischuhe. Von diesen Schischuhen verkaufte der Beklagte wiederum einige Paare an Walter H*****, der ein Sportgeschäft betreibt. Walter H***** bezog die Schischuhe vom Beklagten in Kommission in einem Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 1996, wobei feststeht, daß die Schischuhe nicht vor Herbst 1996 übergeben wurden. Die Schischuhe, die H***** am bezahlte, wurden ihm vom Beklagten mit Rechnung vom verrechnet. Ende 1996 kaufte der Kläger in diesem Sportgeschäft ein Paar dieser Schischuhe.

Am kam der Kläger, der die bei H***** gekauften Schischuhe der Marke "T*****" trug, beim Skifahren zu Sturz und verletzte sich dabei.

Nachdem die Klagevertreter H***** wegen allfälliger Produkthaftungsansprüche angeschrieben hatten, übermittelte dieser am ein Schreiben an die Klagevertreter, in dem er folgendes ausführte:

"Die "T*****"-Schischuhe, welche Herr P***** bei mir gekauft hat, habe ich von der Firma Johannes K***** bezogen.

Adresse Firma T*****: T***** S.p.a.

*****

*****

Gewährleistung: Weil Herr P***** wegen seiner Verletzung momentan keine Schischuhe haben wollte, habe ich ihm am eine Gutschrift über den ganzen Kaufpreis der Schuhe übergeben".

Mit Schreiben vom begehrten die Klagevertreter vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes, insbesondere nach dem Produkthaftungsgesetz, die Zahlung von S 96.000 für die Schäden, die der Kläger erlitt. Der Beklagte wies den Schadenersatzanspruch mit Schreiben vom zurück, weil er lediglich Zwischenhändler gewesen sei.

Die Klagevertreter ersuchten daraufhin mit Schreiben vom , der Beklagte solle gemäß § 1 PHG den inländischen Unternehmer, der den gegenständlichen Schuh zum Vertrieb in Österreich eingeführt und hier in den Verkehr gebracht habe, sowie den Hersteller benennen. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom , den Schuh aus der Liqudierung der Firma T*****-Sport erworben zu haben. Laut Auskunft seiner Agentur habe die Firma T*****-Sport die Schuhe bei der Firma "T*****" erworben.

Die Klagevertreter teilten daraufhin mit, diese Erklärung sei nicht ausreichend. Sie ersuchten um Beibringung

1. des Nachweises über die Lieferung der Schuhe und

2. der Adresse, des Namens des Inhabers und allfälliger weiterer Daten bezüglich der Firma T*****-Sport.

Mit Schreiben vom teilte der Beklagte mit, daß die Firma T*****-Sport seit 1990 nicht mehr bestehe. Der Lieferant der Firma T*****-Sport sei die Firma T***** gewesen, wie sich aus beiliegenden Rechnungskopie ergebe. Diesem Schreiben war eine Kopie einer großteils in italienischer Sprache gehaltenen Rechnung der Nebenintervenientin vom angeschlossen, welche an eine Firma "Sport K***** T*****-SPORT" gerichtet ist. Die Rechnung enthält Firma, Anschrift, Telefon- und Fax-Nummer des Lieferanten.

Der Beklagte war der Ansicht, die Firma T*****-Sport Handels GmbH sei durch die Änderung des Firmenwortlautes und des Gegenstandes des Unternehmens untergegangen. Die in dem Schreiben vom angegebene Anschrift der ***** T***** S.p.a. ist richtig, desgleichen auch die im Schreiben des Walter H***** vom angegebene Adresse dieser Gesellschaft. Die genannte Gesellschaft hat die vom Kläger beim Unfall getragenen Schischuhe der Marke "T*****" produziert.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Produkthaftungsansprüche geltend und brachte vor, die bei Walter H***** gekauften Schischuhe seien ohne Fremdeinwirkung infolge eines Produktfehlers zerbrochen. Er sei dadurch zu Sturz gekommen und habe sich schwer verletzt. Walter H***** habe ihm mitgeteilt, die Schischuhe beim Beklagten gekauft zu haben. Der Aufforderung, eine Erklärung gemäß § 1 PHG abzugeben, sei der Beklagte nur ungenügend und unrichtig nachgekommen, weshalb er selbst für den aufgrund der Fehlerhaftigkeit der Schischuhe entstandenen Schaden hafte. Sowohl die seinerzeitigen als auch die heutigen Auskünfte seien nicht rechtzeitig im Sinne des PHG erteilt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es in rechtlicher Hinischt ausführte, es sei, ausgehend vom Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom , 2 Ob 137/98f, das PHG idF nach der Novelle 1993 anzuwenden, weil der Beklagte die Schischuhe durch die Übergabe an Walter H***** in der Zeit zwischen Oktober und Dezember 1996 gemäß § 6 PHG in Verkehr gebracht habe.

Hersteller der Schischuhe sei die ***** T***** S.p.a. in Italien gewesen. Sie habe die Schischuhe im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht. Sie habe daher grundsätzlich für allfällige Produkthaftungsansprüche einzustehen.

Eine subsidiäre Haftung des Beklagten als Zwischenhändler könne nur gemäß § 1 Abs 2 PHG bestehen. Um sich von der Haftung zu befreien, müsse der Beklagte in angemessener Frist den Hersteller, bei eingeführten Produkten den Importeur oder denjenigen nennen, der ihm das Produkt geliefert habe. Dieser Pflicht sei der Beklagte mit dem Schreiben vom und der diesem Schreiben angeschlossenen Rechnungskopie nachgekommen. Eine Frist von 3 1/2 Wochen zwischen der ersten Aufforderung des Klägers vom an den Beklagten zur Nennung des Herstellers und seiner konkreten Nennung durch den Beklagten am sei angemessen im Sinne des § 1 Abs 2 PHG. Zudem habe der Beklagte den Hersteller schon am und somit zu einem Zeitpunkt, als der Kläger die richtige Adresse des Herstellers schon von Walter H***** erhalten hatte, erwähnt. Damit habe der Beklagte seine Verpflichtungen als Zwischenhändler ausreichend erfüllt und sich somit von seiner Haftpflicht befreit.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit insgesamt S 260.000 nicht übersteigend und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

Es führte aus, es sei das PHG in der Fassung nach der Novelle 1993 anzuwenden, weil der in Anspruch genommene Beklagte die Schischuhe zwischen Oktober und Dezember 1996 durch Übergabe an Walter H***** gemäß § 6 PHG in Verkehr gebracht habe.

Herstellerin der vom Kläger zum Unfallszeitpunkt getragenen Schischuhe sei die ***** T***** S.p.a. gewesen, deren Adresse den Klagevertretern bereits mit Schreiben des Walter H***** vom und mit Schreiben des Beklagten vom bekanntgegeben worden sei. Damit sei der Beklagte seiner Verpflichtung nach § 1 Abs 2 PHG in ausreichendem Maße nachgekommen. Nach den Entscheidungen 4 Ob 503/95 und 1 Ob 595/95 könne der Standpunkt vertreten werden, im gegenständlichen Fall habe die Frist des § 1 Abs 1 PHG schon mit dem Zugang des Schreibens der Klagevertreter vom begonnen, in welchem Schadenersatz insbesonders nach dem Produkthaftgesetz begehrt worden sei. Allerdings sei in der Entscheidung 2 Ob 345/97t, der sich auch das Berufungsgericht anschließe, ausgeführt worden, die angemessene Frist beginne erst ab Aufforderung zur Nennung des Herstellers zu laufen. Dies sei erstmals mit Schreiben vom geschehen. die Nennung des Herstellers im Schreiben vom sei rechtzeitig. Die Schreiben der Klagevertreter vom 14. 5. und dürften auch nicht isoliert betrachtet werden, sie seien vielmehr als einheitliche Vorgangsweise anzusehen.

Überdies sei dem Kläger die Herstellerfirma schon seit (Eingang des Schreibens des Walter H***** bei den Klagevertretern) bekannt gewesen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Eventualantrags auf Aufhebung auch berechtigt.

Der Kläger vertritt in seinem Rechtsmittel die Ansicht, der Beklagte habe ihm den Hersteller nicht rechtzeitig genannt. Die Frist des § 1 Abs 2 PHG habe mit dem Schreiben vom zu laufen begonnen, der Beklagte habe darauf ca erst 5 1/2 Wochen später mit Schreiben vom reagiert. Dem Schreiben des Walter H***** komme keine weitergehende Bedeutung zu, dieser habe wohl die Adresse der Firma T***** mitgeteilt, aber nicht einmal behauptet, daß es sich dabei um den Hersteller gehandelt habe. Auch im Falle einer verspäteten Herstellerbenennung werde die Haftung des Händlers durch eine nachträglich richtige Bezeichnung nicht mehr aufgehoben.

Hiezu wurde erwogen:

Da die gegenständlichen Schischuhe vom Beklagten zwischen Oktober und Dezember 1996 durch die Übergabe an Walter H***** gemäß § 6 PHG in Verkehr gebracht wurden, ist das PHG idF nach der Novelle 1993 anzuwenden (2 Ob 137/98f = JBl 1999, 471 [Riedler] = RdW 1999, 72).

Demgemäß haftet, wenn durch den Fehler eines Produkts ein Mensch getötet, am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt oder eine von dem Produkt verschiedene Sache beschädigt wird, für den Ersatz des Schadens

1. der Unternehmer, der es hergestellt und in den Verkehr gebracht hat,

2. der Unternehmer, der es zum Vertrieb in den Europäischen Wirtschaftsraum und hier in den Verkehr gebracht hat (Importeur).

Kann der Hersteller oder - bei eingeführten Produkten - der Importeur nicht festgestellt werden, so haftet jeder Unternehmer, der das Produkt in den Verkehr gebracht hat, nach Abs 1, wenn er nicht dem Geschädigten in angemessener Frist den Hersteller bzw - bei eingeführten Produkten - den Importeur oder denjenigen nennt, der ihm das Produkt geliefert hat. Das EWR-Anpassungs-Gesetz BGBl 1993/95 hat mit Wirksamkeit vom den Importeursbegriff des § 1 Abs 1 Z 2 PHG dahin geändert, daß nunmehr der Unternehmer, der das Produkt zum Vertrieb in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt und hier in den Verkehr gebracht hat, Importeur ist. Der Händler kann sich daher nunmehr von seiner Haftung auch dadurch befreien, daß er einen Hersteller aus dem EWR namhaft macht. Dieser Obliegenheit ist der Beklagte grundsätzlich nachgekommen, weil er zwar keinen inländischen, wohl aber einen Hersteller mit dem Sitz im EWR-Raum namhaft gemacht hat.

Zu prüfen ist sohin, ob er dies innerhalb angemessener Frist im Sinne des § 1 Abs 2 PHG getan hat. Die Frage, wodurch die Frist zur Nennung des Herstellers oder Importeurs oder desjenigen, der das Produkt geliefert hat, ausgelöst wird, enthält das Gesetz keine Regelung. Im Gegensatz zu § 4 Abs 3 dProdHaftG sieht § 1 Abs 2 PHG eine Aufforderung des Geschädigten an den Lieferanten zur Namhaftmachung von Hersteller oder Importeur nicht vor. Vielmehr wird die "Auffanghaftung" des Lieferanten schon an die mangelnde Feststellbarkeit von Hersteller oder Importeur geknüpft und dem Lieferanten nur die Möglichkeit eingeräumt, sich durch rechtzeitige Bekanntgabe des Herstellers oder Importeurs von dieser Haftung zu befreien. Dies rechtfertigt zwar nicht die Auslegung, daß der Lieferant von sich aus zur Bekanntgabe verpflichtet wäre, weil dem Händler ja in der Regel vorher der Schadensfall überhaupt nicht bekannt ist. Es ist jedoch nicht notwendig, daß der Geschädigte den Händler zur Bekanntgabe des Herstellers (Importeurs, Vorlieferanten) besonders auffordert; die Frist beginnt vielmehr auch mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Lieferanten, dies jedoch nur dann, wenn der Händler aus der Aufforderung erkennen kann, daß der Geschädigte Ersatzansprüche (auch) nach dem Produkthaftungsgesetz stellt, weil sich der Händler ja nur gegenüber solchen Ansprüchen durch die Dokumentation der Herkunft der Ware vor seiner Inanspruchnahme schützen kann (SZ 68/33; SZ 69/17). Die vom erkennenden Senat in der Entscheidung 2 Ob 345/97t vertretene Auffassung, die angemessene Frist beginne erst ab einer zu fordernden Aufforderung zur Bekanntgabe des Herstellers ist ohne Begründung geblieben, sie wurde von der Lehre abgelehnt (Rabl, Der Beginn der Frist für die Bekanntgabe des Herstellers nach § 1 Abs 2 PHG, ecolex 1998, 758; Filzmoser, Wann beginnt die Frist zur Benennung des Herstellers, Importeurs oder Vorlieferanten im Sinne des § 1 Abs 2 PHG? RdW 1998, 118), sie wird nicht weiter aufrecht erhalten.

Die Dauer der Frist des § 1 Abs 2 PHG ist im PHG nicht genau festgelegt. Die von den Erläuterungen (zu § 1 RV) angeführten zwei Wochen sind nur ein Anhaltspunkt für "Durchschnittsfälle" (Welser, Produkthaftungsgesetz, Rz 25 zu § 1). Es ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen und die Angemessenheit der Benennungsfrist vor allem an der Art des Produkts, dem Sitz der primär Haftpflichtigen oder Vorlieferanten und der Anzahl der notwendigen Erhebungen und Rückfragen durch den benennungspflichtigen Händler zu bemessen (Preslmayr, Handbuch des Produkthaftungsgesetzes, 36 mwN).

Wendet man nun diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist davon auszugehen, daß die Frist des § 1 Abs 2 PHG mit Zugang des Schreibens vom zu laufen begonnen hat, der italienische Hersteller wurde erst mit Schreiben vom bekanntgegeben. Dies geschah nach Ansicht des erkennenden Senates nicht innerhalb angemessener Frist, der Beklagte hätte vielmehr bereits in seinem Schreiben vom Namen und Anschrift des italienischen Herstellers mitteilen können. Es ist auch nicht richtig, daß dem Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits Name und Anschrift des Herstellers bekannt gewesen wäre, weil Walter H***** nicht darauf hingewiesen hatte, daß die ***** T***** S.p.a. Hersteller der Schuhe war.

Nachträglich (wenngleich verspätet) hat allerdings der Beklagte dem Kläger Namen und Anschrift des italienischen Herstellers mitgeteilt. Hinsichtlich der Rechtsfolgen einer verspäteten Mitteilung vertreten Fitz/Purtscheller (in Fitz/Purtscheller/Reindl, Produkthaftung, Rz 49 zu § 1) die Ansicht, bei nicht rechtzeitiger Benennung des Vormannes sei eine definitive Haftung des Händlers anzunehmen. Welser (aaO, Rz 26 zu § 1) geht von einer nachträglichen Sanierungsmöglichkeit durch Nennung für den Fall aus, daß der Geschädigte noch keinen Nachteil erlitten habe. Barchetti/Formanek (Das österreichische Produkthaftungsgesetz, 45) sind der Meinung, es komme darauf an, ob der Geschädigte bereits Dispositionen gesetzt habe. Von Zankl (Produkthaftung nach Ablauf der Benennungsfrist [§ 1 Abs 2 PHG], WBl 1988, 416) wird die Meinung vertreten, daß eine "Redintegration" zuzulassen sei, d.h. daß der verspätet benennende Händler von seiner subsidiären Haftpflicht befreit werde, wenn er dem Geschädigten die Aufwendungen, die dieser nach Ablauf der Benennungsfrist in der Verfolgung seiner Ersatzansprüche gemacht habe, ersetze. Ähnlich vertritt Harrer (Die Haftung des Händlers bei nachträglicher Feststellung des Herstellers [§ 1 Abs 2 PHG], RdW 1990, 104) die Auffassung, daß der Händler dann nicht endgültig hafte, wenn der Geschädigte nachträglich Kenntnis vom Hersteller erlange; der Händler müsse dem Geschädigten jedoch jene Nachteile ersetzen, die durch die nicht rechtzeitige Bekanntgabe entstanden seien. Rabl (Die Haftung des Händlers nach dem Produkthaftungsgesetz, JBl 1999, 490 [513 f]) vertritt hingegen die Ansicht, eine nachträgliche Befreiung durch verspätete Benennung sei ausgeschlossen.

Der erkennende Senat schließt sich aber den Ausführungen von P. Bydlinski (in Produkthaftungsgesetz und Haftpflichtversicherung, 26 ff) an, wonach eine Haftungsbefreiung des Händlers bei verspäteter Benennung jedenfalls nur dann in Betracht kommt, wenn die Verspätung nachweislich keinen Nachteil für den Geschädigten mit sich gebracht hat. Führt die nicht rechtzeitige Benennung des Vormanns zur Haftung, so ist diese nach allgemeinen Prinzipien definitiv und kann nicht mehr nachträglich dadurch ausgeräumt werden, daß der Händler zu einem späteren Zeitpunkt die erforderliche Auskunft gibt (Fitz/Purtscheller, aaO, Rz 49 zu § 1). § 12 PHG gewährt dem Händler auch Regreßansprüche, weshalb er die Nachteile in aller Regel nicht endgültig tragen muß. Die ratio des § 1 PHG gebietet allerdings diese rigerose Behandlung des Händlers nicht ausnahmslos. Seine (subsidiäre) Haftung wurde ja nur deshalb vorgesehen, damit der Geschädigte mangels Kenntnis von einer nach § 1 Abs 1 PHG (primär) haftpflichtigen Person nicht "rechtlos" ist. Auch sollte für den Geschädigten die Rechtsdurchsetzung möglichst einfach sein. Kennt er hingegen - wenn erst auch aufgrund verspäteter Benennung - den primär Haftenden, steht er in manchen Fällen nicht anders als bei rechtzeitiger Benennung. Würde man den Händler in jedem Fall weiter haften lassen, hieße dies wohl, die Rechte des Geschädigten unnötig weit auszudehnen. Eine endgültige Befreiung des Händlers durch verspätete Benennung darf aber nur dann erfolgen, wenn gerade die Verspätung keine Nachteile für den Geschädigten hervorgerufen hat. Der von Zankl und Harrer (jeweils aaO) befürworteten generellen Berücksichtigung des Redintegrationsgedankens steht entgegen, daß es hier nicht um Störungen der (vertraglichen) Äquivalenz geht, sondern darum, wer (Geschädigter oder Händler) mit seinen Ansprüchen an die "Vormänner" verwiesen wird. Dem Redintegrationsgedanken steht auch entgegen, daß die Feststellung des Verspätungsschadens nicht so ohne weiteres erfolgen kann, das PHG jedoch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen für den Geschädigten anerkanntermaßen generell vereinfachen und erleichtern will. Verlangte man vom Geschädigten, sich der Mühe zu unterziehen, den ihm wegen der Nichtbenennung entstandenen Schaden zu erheben und nachzuweisen, würde man den mit der Händlerhaftung verfolgten Zweck vereinfachter Schadensliquidation ingnorieren. Die Haftungsbefreiung des Händlers bei verspäteter Benennung kommt daher jedenfalls nur dann in Betracht, wenn die Verspätung nachweislich keinen Nachteil für den Geschädigten mit sich gebracht hat (P. Bydlinski, aaO). Daß im vorliegenden Fall die verspätete Benennung des Herstellers für den Kläger nachweislich keinen Nachteil gebracht hätte, kann nicht gesagt werden, weil mit den (weiteren) Anspruchsschreiben der Klagevertreter vom und wohl auch Kosten für den Kläger verbunden waren.

Daraus folgt, daß die Ersatzpflicht des beklagten Händlers für allfällige Schäden des Klägers aufgrund einer Mangelhaftigkeit der Schischuhe zu bejahen ist. Da das Erstgericht keine Feststellungen getroffen hat, die die Berechtigung und die Höhe des geltend gemachten Leistungs- und Feststellungsbegehrens ermöglichten, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und war dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.