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OGH vom 26.02.2008, 1Ob151/07y

OGH vom 26.02.2008, 1Ob151/07y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Dorothea L*****, vertreten durch Mag. Dr. Oskar Wanka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Elisabeth L*****, vertreten durch Dr. Christa Homan, Rechtsanwältin in Wien, wegen Bestellung eines Heiratsguts, infolge außerordentlicher Revisionsrekurse der Antragstellerin und der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 699/06d-159, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom , GZ 37 Nc 1/05y-149, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Spruch

B e s c h l u s s

gefasst:

Text

1) In der Hauptsache wird dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin Folge, jenem der Antragstellerin nicht Folge gegeben; soweit die Revisionsrekurse eine Abänderung der Kostenentscheidung anstreben, werden sie zurückgewiesen.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

„Der Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin sei schuldig, der Antragstellerin ein Heiratsgut in Höhe von 327.027,75 EUR samt 4 % Zinsen seit zu zahlen, wird abgewiesen."

2) Die wechselseitigen Kostenersatzbegehren im Revisionsrekursverfahren werden abgewiesen.

B e g r ü n d u n g:

Die Antragstellerin ist die Tochter der Antragsgegnerin. Sie begehrte aufgrund ihrer Heirat im September 1999, die Antragsgegnerin zur Leistung eines Heiratsguts in Höhe von 327.027,75 EUR zu verpflichten.

Die Antragsgegnerin brachte vor, der Anspruch sei erloschen, weil sie Einwendungen gegen die Eheschließung gehabt habe. Überdies sei der Antragstellerin von ihren Eltern eine komplett sanierte und eingerichtete Mietwohnung zur Verfügung gestellt worden, habe die Antragstellerin hiefür nur einen sehr geringfügigen sowie zeitweise gar keinen Mietzins bezahlt und auch regelmäßig geldwerte Zuwendungen von ihren Eltern erhalten. Schließlich sei die Antragsgegnerin nicht in der Lage, das geforderte Heiratsgut zu leisten.

Das Erstgericht erkannte der Antragstellerin ein Heiratsgut in Höhe von 80.000 EUR zu und wies das Mehrbegehren ab. Es ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin ist eines von vier Kindern der Antragsgegnerin und deren 1994 verstorbenen Ehegatten. Die Antragstellerin machte ihren Pflichtteilsanspruch aus der Verlassenschaft nach ihrem Vater gegenüber der Antragsgegnerin klageweise geltend und erhielt diesen - in Höhe von 110.000 EUR - letztlich im Vergleichsweg. Ebenso wie ihr Bruder erhielt sie noch zu Lebzeiten des Vaters eine in einem Haus ihrer Eltern gelegene Mietwohnung zur Benützung überlassen, nachdem diese Wohnung generalsaniert und möbliert worden war. Bis 1989 übernahm der Vater der Antragstellerin die Zahlung der Mietzinse samt Betriebskosten, danach zahlte die Antragstellerin laut Übereinkunft mit dem Vater monatlich 700 S. Im Zuge der Streitigkeiten nach dem Tod des Vaters verlangte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin offene Mietzinse und Betriebskosten, insbesondere für 1995 und 1996, welche Forderung aber im Pflichtteilsverfahren vergleichsweise bereinigt wurde. Die Antragstellerin erzielte im Jahr 1999 als Beamtin der veterinärmedizinischen Universität ein monatliches Nettoeinkommen von rund 16.000 S; Vermögen oder nennenswerte Ersparnisse hatte sie keine. Die Antragsgegnerin verfügte im Jahr 1999 über eine ASVG-Pension sowie über eine Witwenpension, woraus sie zusammen ein jährliches Nettoeinkommen von 30.522,60 EUR erzielte. Sie war Hälfteeigentümerin eines Grundstücks in Wien 19., auf dem sich die von ihr bewohnte Villa aus der Jahrhundertwende befindet. Das Gebäude weist eine Fläche von rund 453 m2 auf, das Grundstück - in sehr guter Lage - misst über 700 m2, der Wert des Hälfteanteils betrug 459.000 EUR. Weiters stand ein Miethaus in Wien 3. im Alleineigentum der Antragsgegnerin, dessen Wert rund 673.000 EUR betrug; die Mietzinseinnahmen beliefen sich auf 19.000 EUR jährlich, wurden aber für die Abdeckung von Schulden für ein (im Eigentum des Vaters gestandenes) Haus in derselben Straße verwendet. Die Antragsgegnerin besaß außerdem eine Liegenschaft am Neusiedler See im Wert von 101.000 EUR sowie eine Eigentumswohnung in Teneriffa, die sie 1982 um 3.633,64 EUR erworben hatte. Sie war Miteigentümerin einer Eigentumswohnung in Kitzbühel, wobei der Wert ihres Anteils 53.534,44 EUR betrug. Schließlich hatte sie noch einen Miteigentumsanteil an einer Liegenschaft in Wien 13. im Wert von 83.573,76 EUR. Die Villa in Wien 19. war mit Antiquitäten, Bildern, Kunst- und Einrichtungsgegenständen im Verkehrswert von 269.674 EUR ausgestattet. Der Wert dieser Gegenstände „unter Berücksichtigung einer Handelsspanne inklusive USt" betrug 459.402 EUR. Die in der Villa befindlichen Silbergegenstände hatten einen Verkehrswert von 84.003,50 EUR und einen Brutto-Handelswert von 168.007 EUR. Die Antragsgegnerin schenkte im November 2000 in Kenntnis der gegenständlichen Ansprüche der Antragstellerin die Villa in Wien 19. und das Grundstück am Neusiedler See einer Tochter und die beiden Liegenschaften in Wien 3. einer anderen Tochter. Die Antragsgegnerin erbte zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach Emmerich J***** einen Betrag von 49.848,49 EUR. Die Einantwortung der Verlassenschaft nach ihrem Mann erfolgte am . Die Antragstellerin heiratete am standesamtlich. Die Antragsgegnerin wurde erst nach der Eheschließung davon informiert, wurde aber zur kirchlichen Trauung eingeladen. Die Antragsgegnerin hatte insoweit Bedenken gegen die Hochzeit der Antragstellerin, als diese schon mehrere gescheiterte Beziehungen hinter sich gehabt hatte.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, dass grundsätzlich ein Ausstattungsanspruch der Antragstellerin bestehe. Gerechtfertigte Gründe für eine Missbilligung der Ehe lägen nicht vor. In der Zurverfügungstellung einer Mietwohnung im Jahr 1981 könne keine Bestellung von Heiratsgut erblickt werden, da die Wohnung nicht wegen einer bevorstehenden Eheschließung zur Verfügung gestellt worden sei. Auch der niedrige Mietzins könne nicht als Teildotation gewertet werden. Bei der Ausmittlung der Höhe des Anspruchs sei vom Einkommens- und Vermögensstand der Antragsgegnerin im Jahr 1999 auszugehen und das der Antragsgegnerin nach ihrem verstorbenen Ehemann zugefallene Vermögen nicht zu berücksichtigen. Es sei auch die von der Antragsgegnerin bewohnte Liegenschaft in die Bemessung einzubeziehen, da es sich hiebei nicht lediglich um ein „normales", ertragloses Einfamilienhaus handle, das zu Wohnzwecken diene, sondern die Liegenschaft und deren Ausstattung „weit über den Wohnbedarf hinausgingen". Der Dotationspflichtigen sei auch zumutbar, ihr Eigentum zu belasten oder Teile davon zu veräußern bzw der Berechtigten zu überlassen. Insgesamt erscheine unter Berücksichtigung des Einkommens der Antragsgegnerin, vor allem aber ihrer Vermögenswerte, ein Ausstattungsanspruch von 80.000 EUR angemessen. Dieser Betrag entspreche den Bedürfnissen der Antragstellerin und der Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin.

Das - von beiden Parteien angerufene - Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass der Ausstattungsbetrag mit 160.000 EUR bemessen und das Mehrbegehren abgewiesen wurde. Der Antragsgegnerin wurde eine Leistungsfrist von zwei Monaten eingeräumt und der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erklärt. Eine rechtlich relevante Missbilligung der Eheschließung der Antragstellerin seitens der Antragsgegnerin sei nicht gegeben. Durch die Zurverfügungstellung der Mietwohnung im Jahr 1981 sei der Ausstattungsanspruch keineswegs bereits erfüllt worden, sondern dies führe lediglich zu dessen Minderung. Aufgrund der Zurverfügungstellung der voll ausgestatteten Mietwohnung im Jahr 1981 sei ein Abzug von der grundsätzlich mit 170.000 EUR zu bemessenden Dotation vorzunehmen. Bezüglich der Ansprüche aus dem Vermögen ihres verstorbenen Vaters sei die Antragstellerin lediglich auf die Geltendmachung des Pflichtteils beschränkt. Ansprüche, weil die Erbschaft als Vermögenszuwachs der Antragsgegnerin betrachtet werde, seien ausgeschlossen. Die Ferienwohnung in Teneriffa habe - nach den Erhebungen des Rekursgerichts und unter Anwendung des § 273 ZPO - im Jahr 1999 einen Verkehrswert von zumindest 70.000 EUR aufgewiesen. Der Antragstellerin stünden grundsätzlich 25 - 30 % des Jahreseinkommens der Antragsgegnerin (= 30.000 EUR) zu, wobei aber auch auf das erhebliche Vermögen der Antragsgegnerin Bedacht zu nehmen sei. Unter Berücksichtigung der durch das Rekursgericht vorgenommenen Höherbewertung der Ferienwohnung in Teneriffa sei von einem Vermögensstand von etwa 1,8 Mio. EUR auszugehen. Es spiele keine Rolle, dass Teile des Vermögens zwischenzeitig an die beiden anderen Töchter der Antragsgegnerin verschenkt worden seien bzw dass die Villa in Wien 19. von der Antragsgegnerin selbst bewohnt werde. Bei der Bemessung nicht völlig außer Acht bleiben könne auch der Umstand, dass der Antragsgegnerin aus der Verlassenschaft nach ihrem Ehemann erhebliche Vermögenswerte zugewachsen seien. Da oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, inwieweit erbrechtliche Ansprüche in die Bemessungsgrundlage eines Ausstattungsanspruchs einzufließen haben, sofern eine Einantwortung zum Zeitpunkt des Entstehens des Ausstattungsanspruchs noch nicht erfolgt sei, nicht vorliege, sei der Revisionsrekurs zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse beider Parteien sind in der Hauptsache zulässig; jener der Antragsgegnerin ist berechtigt, dem der Antragstellerin kommt keine Berechtigung zu.

1. Für die Bemessung der Höhe des Ausstattungsanspruchs sind nach der Judikatur die auf längere Sicht zu beurteilenden Verhältnisse zur Zeit der Eheschließung maßgebend (M. Bydlinski in Rummel3, § 1221 ABGB Rz 1 mwN; RIS-Justiz RS0022265), wobei auf Einkommen und Vermögen des Dotationspflichtigen Bedacht zu nehmen ist. Die Eheschließung der Antragstellerin erfolgte 1999, die Einantwortung der Verlassenschaft des Ehegatten der Antragsgegnerin an diese erfolgte 2001.

Erst durch die rechtskräftige Einantwortung wird der Erbe Eigentümer der Nachlassgegenstände, bis dahin ist er nur gesetzlicher Vertreter der Verlassenschaft (Eccher in Schwimann3 § 819 ABGB Rz 8 ff). Allerdings stellt das Erbrecht auch vor Einantwortung der Erbschaft einen Wert im Vermögen des Erben dar. Es ist ein gegenüber jedermann durchsetzbares und somit absolutes Erwerbsrecht, das mit dem Tode des Erblassers entsteht und veräußerlich und vererblich (Welser in Rummel3 vor § 531 ABGB Rz 3) sowie pfändbar ist (siehe jüngst 3 Ob 75/07m zur Pfändbarkeit des Anwartschaftsrechts eines Nacherben). Bei der Ausmessung des Heiratsguts sind daher auch vom Antragsgegner erworbene Erbansprüche angemessen zu berücksichtigen (so auch EFSlg 29.378).

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass auch die Erbschaft nach dem Ehegatten der Antragsgegnerin für die Bemessung des Ausstattungsanspruchs der Antragstellerin heranzuziehen ist. Dass die Antragstellerin aus der Verlassenschaft des Vaters einen Pflichtteilsanspruch erhalten hat, ändert nichts daran, dass ein Großteil des Vermögens des Vaters letztlich der Witwe (= Antragsgegnerin) zugefallen ist und sie darauf schon 1999 einen gesicherten Anspruch hatte.

2. Das Rekursgericht ging von einem im Jahr 1999 schon bestandenen Vermögen der Antragsgegnerin von rund 1,8 Mio EUR aus. Hievon ist allerdings der Wert des Liegenschaftsanteils der Antragsgegnerin an der Villa in Wien 19., welche sie selbst bewohnt - somit rund 450.000 EUR - in Abzug zu bringen, zumal ein ertragloses, zu Wohnzwecken des Dotationspflichtigen benütztes Haus bei der Bemessung des Heiratsguts nicht zu berücksichtigen ist (EvBl 1977/98 uva). Mag diese Liegenschaft auch wertvoll und die Ausstattung des Hauses großzügig sein - bedingt durch die gute Vermögenslage -, so befriedigt die Antragsgegnerin in dieser Villa doch nur ihren angemessenen Wohnbedarf in einem sonst ertraglosen Objekt, dessen anderweitige Verwertung ihr nicht zumutbar ist.

Dieses sohin mit etwa 1,35 Mio EUR zu bewertende Vermögen der Antragsgegnerin vermehrt sich um den Nachlass nach Abzug der Erbschaftssteuer - der sich gemäß insoweit unbestrittenem und urkundlich belegtem Vorbringen der Antragstellerin, wonach der Nachlass nach Abzug der Erbschaftssteuer knapp 900.000 EUR betragen habe (Seite 3 in ON 10, Seite 3 des Ersturteils), auf diesen Betrag beläuft -, wovon aber noch jedenfalls der von der Antragsgegnerin später (im Jahr 2004) aus dem Nachlass zu entrichtende Pflichtteil der Antragstellerin (110.000 EUR), abzuziehen ist. Dies ergibt eine Erhöhung um etwa 800.000 EUR. Es ist daher insgesamt von einem Vermögen der Antragsgegnerin von etwa („ohne strenge Erforschung des Vermögensstands"; § 1221 ABGB) 2,15 Mio EUR auszugehen.

Auf die von der Antragstellerin im Rahmen ihrer Rechtsrüge argumentierte Erhöhung der Bemessungsgrundlage für das Heiratsgut wegen der Erbschaft der Antragsgegnerin nach Emmerich J***** ist nicht weiter einzugehen, da der bei gebotener Berechnung aus dem Betrag von rund 50.000 EUR sich allenfalls ergebende Anteil an Heiratsgut hier nicht ins Gewicht fällt und die Durchführung eines - aufwändigen - Beweisverfahrens zur Klärung der Frage, ob die Antragsgegnerin daraus überhaupt ein zusätzliches „Einkommen" bezog (siehe Seite 28 des Beschlusses des Erstgerichts), schon aus verfahrensökonomischen Gründen zu unterbleiben hat. Ähnliches gilt für die - erst nach 1999 - erzielten „Mieteinnahmen aus dem Objekt *****gasse". Auf die „*****-Zeichnungen" braucht aufgrund des Umstands, dass sich das diesbezügliche Vorbringen von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen entfernt, nicht eingegangen werden. Tatsachenfeststellungen können - von Aktenwidrigkeit abgesehen - vor dem Obersten Gerichtshof nicht bekämpft werden (Klicka in Rechberger, AußStrG § 66 Rz 3).

3. Was die Ermittlung der Höhe der Heiratsausstattung betrifft, so gibt es hiefür keine starren Regeln; es sind vielmehr jeweils die Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich (RIS-Justiz RS0022303).

Nach Deixler-Hübner (FamZ 2007, 301 ff) besteht - abgesehen von den Prozentsätzen des Jahresnettoeinkommens - kein „richterrechtliches System", nach dem im konkreten Fall - vor allem bei hohen Vermögenswerten - vorgegangen werde, sodass die Festsetzung der Ausstattungshöhe kaum nachvollziehbar und somit nicht prognostizierbar sei. Mangels eines konkreten Lösungsansatzes in der Judikatur scheine folgende Auffassung sachgerecht: Besitze der Dotationspflichtige beträchtliche Vermögenswerte, so sei es gesellschaftlich üblich, das Kind anlässlich der Eheschließung so auszustatten, dass sich dieses - gemessen an den Lebensverhältnissen der Eltern - eine entsprechende eigene Wohnmöglichkeit schaffen könne, wobei es die eigenen Kräfte einzusetzen und gegebenenfalls auch anzuspannen habe. Empfänge, die das Kind über den laufenden Unterhalt hinaus bereits erhalten habe - etwa wertvolle Geschenke, Zurverfügungstellen einer kostenfreien Wohnung oder anderer Sachmittel - sollten jedenfalls den Ausstattungsanspruch um diesen Betrag vermindern, daher anrechenbar sein. Der Vermögensstamm der Eltern sei dergestalt in Anschlag zu bringen, dass zumindest die durchschnittlichen Wertsteigerungen von Liegenschaften - bezogen auf einen bestimmten Zeitraum - und die jährlichen Kapitalerträgnisse, die aus einem Vermögen bei entsprechender Veranlagung erzielbar wären - derzeit ca 5 bis 6 % -, die Grundlage des Dotationsanspruchs bildeten. Setze man den Dotationsanspruch nämlich mit einem weit geringeren Betrag fest, bedeute dies einen nicht zu rechtfertigenden Wertungswiderspruch zu vermögenslosen Dotationspflichtigen: Verfügten die Eltern nämlich über kein Vermögen, so hätten sie für die Leistung des Dotationsanspruchs nach der Rechtsprechung ca 25 bis 30 % ihres jährlichen Nettoeinkommens aufzuwenden, müssten daher einen gravierenden Eingriff in ihre eigene Lebensführung hinnehmen, während Eltern, die nur über ein sehr geringes Einkommen, aber hohe Vermögenswerte verfügten, kaum beeinträchtigt würden.

Diesen Ausführungen ist grundsätzlich zuzustimmen. Handelt es sich um „freies" Vermögen im Sinne von Ersparnissen im weitesten Sinn und nicht um solche Werte, die der Dotationspflichtige in angemessener Weise selbst für seine Lebensgestaltung nutzt (vgl EFSlg 54.211), so sind tatsächliche oder fiktive Erträgnisse dieses Vermögens auch als Grundlage für die Bemessung des Dotationsanspruchs heranzuziehen. Ausgehend von der derzeitigen Wirtschaftslage ist der Schluss berechtigt, dass aus Kapitalvermögen, aber auch aus Liegenschaftsvermögen - bei letzterem schon unter Berücksichtigung auch einer durchschnittlichen Wertsteigerung - ein jährlicher Vermögenszuwachs von etwa 5 % erzielbar ist. Im Gleichklang mit den Prozentsätzen, die zum Dotationsanspruch beim jährlichen Erwerbseinkommen entwickelt wurden, hat ein Dotationspflichtiger grundsätzlich auch 25 bis 30 % des jährlichen (fiktiven) Vermögenszuwachses als Heiratsgut zur Verfügung zu stellen. Bei außergewöhnlich guten Vermögensverhältnissen des Dotationspflichtigen - insbesondere wenn er nur geringes Einkommen erzielt - kann eine Erhöhung dieses Prozentsatzes durchaus der Billigkeit entsprechen, eine 100 % des jährlichen Vermögenszuwachses übersteigende Dotierung hat aber jedenfalls nicht stattzufinden.

4. Das Heiratsgut soll (bloß) eine - den Lebensverhältnissen des Dotationspflichtigen entsprechende - angemessene Starthilfe für die Begründung eines eigenen Haushalts sein (RIS-Justiz RS0022539). Typischerweise dient das Heiratsgut zur - teilweisen - Abdeckung der Kosten für die Schaffung einer Wohnmöglichkeit, wobei zu berücksichtigen ist, dass auch der andere Ehegatte zu den Kosten der Hausstandsgründung beizutragen hat. Zumal ein Anspruch auf Ausstattung nicht besteht, wenn das Kind selbst ausreichendes eigenes Vermögen hat, ist das Eigenvermögen jedenfalls mindernd bei der Bemessung des Ausstattungsanspruchs zu veranschlagen (vgl RIS-Justiz RS0022226).

Zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung im Jahr 1999 hatte die Antragstellerin einen Pflichtteilsanspruch nach ihrem 1994 verstorbenen Vater. Dieser Pflichtteil im letztlich vergleichsweise festgelegten Betrag von 110.000 EUR kam zwar erst 2004 an sie zur Auszahlung, doch hatte sie darauf bereits 1999 ebenso einen gesicherten und damit als Vermögen zu berücksichtigenden Anspruch wie die Antragsgegnerin in Bezug auf deren Erbschaft vor Einantwortung.

5. Die Anwendung dieser Grundsätze führt im vorliegenden Fall zu folgendem rechnerischen Ergebnis:

Aus dem Jahresnettoeinkommen der Antragsgegnerin im Jahr 1999 gebührte der Antragstellerin an Dotation etwa ein Drittel, sohin ein Betrag von 10.000 EUR. Aus dem mit 2,15 Mio EUR ermittelten Gesamtvermögen der Antragsgegnerin stünde deren Tochter maximal der 5%-ige Vermögenszuwachs in einem Jahr zu, also eine Summe von höchstens 107.500 EUR. Die sich so ergebende Gesamtsumme von 117.500 EUR ist aufgrund der Zurverfügungstellung einer voll ausgestatteten Wohnung im Jahr 1981 - wie schon vom Rekursgericht - angemessen um 10.000 EUR zu mindern. Dem dann verbleibenden Betrag von maximal 107.500 EUR steht ein den Ausstattungsanspruch reduzierendes Eigenvermögen der Dotationsberechtigten von 110.000 EUR gegenüber. Diese verfügte also über ein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen, selbst wenn man von der maximal zu gewährenden Heiratsgutsumme ausgeht, sodass ihr nach Wortlaut und Sinngehalt des § 1220 ABGB kein Heiratsgut zuzuerkennen ist.

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist daher in der Hauptsache berechtigt, jenem der Antragstellerin kommt hingegen keine Berechtigung zu. Ein Eingehen auf die Frage der Verwirkung des Anspruchs erübrigt sich.

6. Revisionsrekurse über den Kostenpunkt sind und waren nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG 2003 bzw § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG aF unzulässig; insoweit ist daher mit Zurückweisung der Rechtsmittel vorzugehen.

Die Anträge auf Kostenzuspruch für das Verfahren dritter Instanz sind schon deshalb abzuweisen, weil ein Kostenersatz im außerstreitigen Verfahren auf Basis der Rechtslage vor Inkrafttreten des AußStrG 2003 (§ 203 Abs 9 AußStrG 2003) - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nicht vorgesehen ist (7 Ob 97/00s).