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OGH 09.08.2006, 4Ob129/06h

OGH 09.08.2006, 4Ob129/06h

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Ludwig Pramer und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 52.563,46 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 42/06w-13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 20 Cg 49/05t-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, dass sie wie folgt zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin 52.563,46 EUR samt 4 % Zinsen seit zu zahlen, wird abgewiesen. Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 4.004,80 EUR (darin 666,80 EUR USt und 4 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 5.889,93 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 716,32 EUR USt und 1.592 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Beide Streitteile sind Banken. Die Klägerin unterhält bei der Beklagten ein Verrechnungskonto, dem die Allgemeinen Bedingungen für Bankgeschäfte (früher Allgemeine Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen) zugrunde liegen. Nach Z 40 Abs 2 dieser Bedingungen (früher Punkt 8 Abs 4) kann das Kreditinstitut Gutschriften, die es aufgrund eines eigenen Irrtums vorgenommen hat, jederzeit stornieren. In anderen Fällen erfolgt eine Stornierung nur dann, wenn dem Kreditinstitut die Unwirksamkeit des Überweisungsauftrags eindeutig nachgewiesen wird.

Die Klägerin führt ein Girokonto für ihren Kunden Otto B*****, die Beklagte für ihren Kunden Roger S*****. Beiden liegen die Allgemeinen Bedingungen für Bankgeschäfte zugrunde. Im Auftrag ihres Kunden B***** überwies die Klägerin am 90.000 EUR auf das Konto S***** bei der Beklagten. Das Konto S***** wies danach ein Guthaben von 90.040,31 EUR auf. Am überwies die Klägerin irrtümlich und ohne Auftrag neuerlich 90.000 EUR vom Konto ihres Kunden auf jenes von S***** bei der Beklagten. Dadurch erhöhte sich das Guthaben auf diesem Konto auf 162.951,26 EUR. Mit Faxmitteilung vom verständigte die Klägerin die Beklagte von ihrem Irrtum und ersuchte um Retournierung der 90.000 EUR. Die Beklagte stornierte daraufhin am die zweite Gutschrift auf dem Konto ihres Kunden und schrieb 90.000 EUR dem Girokonto der Klägerin gut. In der Zwischenzeit hatte der Kunde der Beklagten über sein Guthaben verfügt, sodass sein Konto zum Zeitpunkt der Stornierung nur noch ein Guthaben von 37.520,54 EUR aufwies. Die Beklagte erkannte erst nach Vornahme von Stornierung und Gutschrift, dass sie der Klägerin einen dieses Guthaben übersteigenden Betrag gutgebracht hatte. Nachdem die Klägerin eine Rückzahlung des Differenzbetrags an die Beklagte abgelehnt hatte, belastete die Beklagte das bei ihr geführte Konto der Klägerin mit dem Differenzbetrag. Die Klägerin widersprach der Belastung.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Zahlung von 52.563,46 EUR sA. Die Beklagte habe ihr Konto zu Unrecht mit dem Differenzbetrag zuzüglich Spesen belastet. Z 40 Abs 2 erster Satz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehe eine Stornierungsmöglichkeit nur im Fall auftragsloser Überweisungen (bei Fehlen oder Unwirksamkeit eines Überweisungsauftrags) vor. Eine auftragslose Überweisung liege nicht vor, weil die Beklagte - ohne zunächst dazu verpflichtet zu sein - dem Ersuchen der Klägerin auf „Rücküberweisung" des doppelt überwiesenen Betrags entsprochen habe. Soweit sie nun Zahlung ohne Rechtsgrund oder irrtümliche Leistung behaupte, müsse sie ihren Anspruch gerichtlich geltend machen und dürfe das Konto der Klägerin nicht einseitig belasten. Einer Aufrechnung durch die Beklagte stehe § 1440 Satz 2 ABGB entgegen. Die Beklagte beantragt kostenpflichtige Klageabweisung. Sie sei zur Stornierung der Gutschrift (auch bei eindeutigem Nachweis der Unwirksamkeit des Überweisungsauftrags) nur im Ausmaß eines Guthabens auf dem Empfängerkonto verpflichtet gewesen. Hinsichtlich des über dieses Guthaben hinausgehenden - irrtümlich gutgeschriebenen - Betrags habe sie gegenüber der Klägerin von ihrem Stornorecht Gebrauch gemacht. Der irrtümlichen Gutschrift auf dem Konto der Klägerin fehle jede Rechtsgrundlage; die Klägerin sei insoweit bereichert. Sie wende den Betrag von 52.563,46 EUR wegen irrtümlicher Zahlung einer Nichtschuld kompensando gegen die Klageforderung ein. Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung zu Recht, die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung. Es stellte - über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus - fest, die Beklagte habe anlässlich einer Routinekontrolle am Folgetag nach Stornierung der zweiten Gutschrift bemerkt, dass das Guthaben auf dem Konto ihres Kunden im Zeitpunkt der Stornierung nur mehr 37.520,54 EUR betragen habe. Die Beklagte sei dem Ersuchen der Klägerin, die zweite Gutschrift rückgängig zu machen, nachgekommen. Damit sei das die Verbindlichkeit der Beklagten begründende Grundgeschäft zustande gekommen. Die Klägerin habe durch die Gutschrift auf ihrem Konto eine Forderung gegenüber der Beklagten im Ausmaß des Klagebetrags erlangt. Eine einseitige Rückbelastung sei im Hinblick auf das Zustandekommen eines gültigen Grundgeschäfts nicht mehr möglich. Die Klageforderung bestehe demnach zu Recht. Die Gegenforderung scheitere daran, dass die Beklagte nicht über den Bestand einer Verbindlichkeit geirrt habe. Sie habe die Gutschrift im Hinblick auf die Vereinbarung ganz bewusst auf dem Konto der Klägerin vorgenommen.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es aussprach, die Klageforderung bestehe nicht zu Recht, und das Zahlungsbegehren abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Beklagte sei als Empfängerbank zur Stornierung der aus der zweiten (rechtsgrundlosen) Überweisung resultierenden Gutschrift auf dem Konto ihres Kunden nur insoweit und in dem Ausmaß verpflichtet gewesen, als das Empfängerkonto ein Guthaben aufgewiesen habe. Dessen ungeachtet habe sie irrtümlich das Konto ihres Kunden mit dem gesamten Betrag belastet und zugleich dem Konto der Klägerin 90.000 EUR gutgebucht. Sie habe diese irrtümliche Gutschrift solange rückgängig machen dürfen, als noch kein konstitutives Anerkenntnis vorgelegen sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückgängigmachung der Belastung ihres bei der Beklagten geführten Kontos und Gutbuchung des Differenzbetrags.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zum Umfang des Stornorechts nach den Allgemeinen Bedingungen für Bankgeschäfte fehlt; die Revision ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte sei als kontoführende Bank nicht berechtigt, die ursprünglich gewollte Gutschrift unter Hinweis auf einen Irrtum über ihre Leistungspflicht zu stornieren. Derartiges ergebe sich auch nicht aus den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

1.1 Nach Z 40 Abs 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bankgeschäfte (ABB) ist die Bank berechtigt, Gutschriften, die sie aufgrund eines eigenen Irrtums vorgenommen hat, jederzeit zu stornieren. Nach Koziol (in Koziol/Iro, Allgemeine Bedingungen für Bankgeschäfte Z 40 Rz 5) räume diese Klausel der Bank kein gegenüber der allgemeinen Regelung des § 871 ABGB erweitertes Recht zur außergerichtlichen Geltendmachung eines Irrtums ein. Die Empfängerbank nehme eine Gutschrift im Sinne von Z 40 Abs 2 ABB irrtümlich vor, wenn sie fälschlich das Vorliegen eines wirksamen Überweisungsauftrags annehme. Fehle nun in Wahrheit ein derartiger Überweisungsauftrag, so sei die Gutschrift unwirksam, da diese nach österreichischer Auffassung als Annahme einer Anweisung zu verstehen sei und das Fehlen einer wirksamen Anweisung auch zur Unwirksamkeit der Anweisungsannahme führe. Dem Storno komme daher bloß deklaratorische Bedeutung zu, sodass die Klausel keineswegs eine - allenfalls bedenkliche - Erweiterung irgendwelcher Gestaltungsrechte der Bank vorsehe.

1.2 Für die Auffassung Koziols spricht, dass schon Punkt 8 Abs 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen als Vorgängerbestimmung zu Z 40 Abs 2 ABB ein (einseitiges) Stornorecht der Empfängerbank nur dann vorsah, wenn die (irrtümliche) Gutschrift ohne einen entsprechenden Auftrag vorgenommen wurde. Z 40 Abs 2 ABB erweitert das Stornorecht nicht, sondern schränkt es im Vergleich zu Punkt 8 Abs 4 noch weiter ein (Koziol aaO Rz 6).

2. Die Beklagte hat die Gutschrift auf dem Konto der Klägerin nicht wegen Fehlens eines wirksamen Überweisungsauftrags storniert. Sie hat die Gutschrift vielmehr deshalb rückgängig gemacht (indem sie das Konto der Klägerin mit der Differenz zwischen dem doppelt überwiesenen Betrag und dem Habensaldo auf dem Konto ihres Kunden belastete), weil sie übersehen hatte, dass auf dem Konto ihres Kunden nicht mehr die gesamten 90.000 EUR vorhanden waren.

2.1 Einen solchen Fall regelt Z 40 Abs 2 ABB nicht. Die Bestimmung betrifft das Verhältnis zwischen der Bank und ihrem Kunden, dessen Konto die Bank aufgrund eines (vermeintlichen) Überweisungsauftrags einen Betrag gutgeschrieben hat. Sie ist im Verhältnis zwischen der Bank des Auftraggebers und der des Empfängers nicht anzuwenden und vermag daher das Storno der Gutbuchung auf dem Konto der Bank des Auftraggebers nicht zu rechtfertigen.

3. Auch die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 3 Ob 507/86 betrifft einen anderen Sachverhalt. Nach dem dort zu beurteilenden Sachverhalt hatte die Bank die Wechselsumme vom Betriebsmittelkonto ihres Kunden abgebucht und dessen Wechselkonto gutgebucht, weil sie angenommen hatte, die Wechsel würden eingelöst. Nachdem in der Folge weder der Wechselbetrag eingezahlt noch Prolongate übermittelt wurden, hat sie die Buchung rückgängig gemacht. Der Buchung lag damit weder ein Auftrag des Kontoinhabers noch ein Auftrag eines Dritten zugrunde.

4. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die 90.000 EUR dem Konto der Klägerin gutgeschrieben, weil sie die Klägerin unter Hinweis auf die irrtümliche Doppelüberweisung darum ersucht hatte. Grundlage der Gutbuchung war daher ein Auftrag des Kontoinhabers, dem die Beklagte nachgekommen ist.

4.1 Durch die Gutschrift im zweipersonalen Verhältnis wird keine abstrakte Verbindlichkeit begründet, da keine wie immer geartete Anweisungslage besteht, womit die Möglichkeit der - eine abstrakte Verbindlichkeit begründenden - Annahme einer Anweisung ausscheidet (Koziol, Die Gutschrift, JBl 1984, 120). Maßgebend ist daher das der Gutschrift zugrunde liegende Verhältnis. Dafür kommt im vorliegenden Fall nur ein Anerkenntnis in Frage, da die Klägerin gar nicht behauptet, dass und welche Vereinbarung sie mit der Beklagten geschlossen hätte.

4.2 Das Anerkenntnis kann konstitutiv oder bloß deklarativ wirken. Das konstitutive Anerkenntnis ist ein Feststellungsvertrag, mit dem der Schuldner die aufgrund einer ernstlichen Rechtsbehauptung des Gläubigers entstandene Unsicherheit durch die Erklärung beseitigt, die Verpflichtung auch für den Fall, dass sie bisher nicht bestanden haben sollte, zu begründen. Ein konstitutives Anerkenntnis kann auch schlüssig durch solche Handlungen erklärt werden, die unter Berücksichtigung aller Umstände keinen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen. Es ist nur zur Bereinigung eines ernsthaft entstandenen konkreten Streits oder Zweifels über den Bestand einer Forderung möglich und setzt daher voraus, dass der Anerkennende die anerkannte Forderung zuvor ernsthaft bestritten oder bezweifelt hat (verstSenat 1 Ob 27/01d = SZ 74/80 mwN). Das konstitutive Anerkenntnis schafft einen neuen selbstständigen Verpflichtungsgrund, der nur bei Arglist des anderen Teils beseitigt werden kann; das deklarative Anerkenntnis ist hingegen eine bloße Wissenserklärung, die keinen neuen Verpflichtungsgrund schafft (s Neumayr in KBB, § 1375 Rz 2 mwN).

4.3 Hat die Beklagte den Rückforderungsanspruch der Klägerin nicht konstitutiv anerkannt, so kann sie den gutgebuchten Betrag nach § 1431 ABGB zurückfordern, wenn ihre Leistung nicht durch einen anderen Rechtsgrund gedeckt ist (dh dass sie nicht verpflichtet war, den den Habensaldo auf dem Konto ihres Kunden übersteigenden Betrag dem Konto der Klägerin gutzubuchen) und sie den Betrag dem Konto der Klägerin irrtümlich gutgebucht hat.

4.4 Richtig ist, dass Banken mit dem Einzug strittiger Forderungen durch Belastung eines von ihnen geführten Kontos eine Art Selbsthilfe üben. Nach § 19 ABGB unzulässige Selbsthilfe kann zum Schadenersatz verpflichten; hat aber derjenige, dem die Sache rechtswidrig durch Selbsthilfe entzogen wurde, kein Recht, die Sache zu behalten, so kann er sich nicht darauf berufen, dass ihm durch das Fehlen der Sache ein Schaden entstanden sei. Sein Ersatzverlangen muss am fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang scheitern (s Reischauer in Rummel, ABGB³ § 19 Rz 20 mwN).

5. Werden diese Grundsätze im vorliegenden Fall angewandt, so ist zuerst zu prüfen, ob die Beklagte den Rückforderungsanspruch der Klägerin konstitutiv anerkannt hat. Die Klägerin hat ihren Anspruch darauf gestützt, dass die „beklagte Partei dem Ersuchen der klagenden Partei entsprochen und die Rücküberweisung tatsächlich vorgenommen hat" (AS 25). Der Beklagten sei durchaus bewusst, dass „infolge der vorbehaltlosen Zahlung des von der klagenden Partei geltend gemachten Anspruchs kein Rückforderungsanspruch bestehen kann" (AS 26).

5.1 Durch die vorbehaltlose Zahlung allein wird eine Forderung noch nicht konstitutiv anerkannt; als konstitutives Anerkenntnis wirkt die vorbehaltlose Zahlung nur, wenn - wie oben dargelegt - die Forderung strittig oder zweifelhaft war. Dass die Beklagte den Anspruch der Klägerin, die Doppelüberweisung zu stornieren, vor der Gutbuchung der 90.000 EUR bestritten oder in Zweifel gezogen hätte, hat die Klägerin nicht behauptet. Die Verfahrensergebnisse bieten für eine solche Annahme auch keinen Anhaltspunkt; es steht vielmehr fest, dass die Beklagte dem Ersuchen der Klägerin, die Doppelüberweisung zu stornieren, umgehend nachgekommen ist und den Betrag dem Konto der Klägerin gutgebucht hat.

5.2 Keinen Anhaltspunkt bieten die Verfahrensergebnisse auch für ein Saldoanerkenntnis, dessen Erörterung in erster Instanz die Klägerin vermisst. Ein - regelmäßig ohnehin nur deklarativ wirkendes (verstSenat 1 Ob 27/01d = SZ 74/80) - Saldoanerkenntnis kann in der widerspruchslosen Annahme von Kontomitteilungen, Saldenfeststellungen und Abrechnungen liegen (s 4 Ob 73/03v = SZ 2003/73 mwN); dass der Beklagten solche Mitteilungen, Feststellungen oder Abrechnungen zugegangen und von ihr widerspruchslos entgegengenommen worden wären, hat die Klägerin weder behauptet noch bieten die Verfahrensergebnisse dafür irgendeinen Anhaltspunkt.

6. Fehlt ein konstitutives Anerkenntnis, so ist zu prüfen, ob die Beklagte (ohnedies) verpflichtet war, dem Ersuchen der Klägerin zu entsprechen.

6.1 Die Klägerin hat in erster Instanz weder eine Vereinbarung noch eine andere Rechtsgrundlage behauptet (s ua AS 35). Eine solche besteht auch nicht. Z 40 Abs 2 ABB regelt nur die Stornoberechtigung gegenüber dem Auftraggeber eines Überweisungsauftrags; eine Verpflichtung der Empfängerbank zum Storno einer Gutschrift besteht auch bei eindeutigem Nachweis der Unwirksamkeit des Überweisungsauftrags nur dann, wenn auf dem Empfängerkonto ein Guthaben vorhanden ist, und nur im Ausmaß dieses Guthabens, da nur insoweit eine Mitteilung denkbar ist, dass die Gutschrift unwirksam ist (Koziol aaO Z 40 Rz 7).

6.2 Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, dem Konto der Klägerin auch die Differenz zwischen dem Habensaldo auf dem Konto ihres Kunden und den 90.000 EUR gutzubuchen.

7. Zu prüfen bleibt, ob die Beklagte ihren Rückforderungsanspruch nicht durch Belastung des Kontos der Klägerin durchsetzen durfte. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte sei auch dann, wenn sie irrtümlich gezahlt haben sollte, nicht berechtigt, den behaupteten Rückforderungsanspruch im Wege der Selbsthilfe durchzusetzen. Sie müsse behauptete Kondiktionsansprüche erforderlichenfalls im Rechtsweg durchsetzen.

7.1 Rechtswidrige Selbsthilfe kann - wie oben dargelegt - zum Schadenersatz verpflichten; der davon Betroffene kann aber die ihm eigenmächtig entzogene Sache nicht aus dem Titel des Schadenersatzes zurückverlangen, wenn er nicht berechtigt war, sie zu behalten. Gleiches muss auch gelten, wenn der Gläubiger eine Forderung eigenmächtig befriedigt, die der Schuldner ohnehin hätte zahlen müssen.

7.2 Die Beklagte hat durch die Belastung des Kontos der Klägerin ihre Kondiktionsforderung befriedigt. Auch wenn sie damit eine Art Selbsthilfe geübt hat, kann dies nicht dazu führen, sie zur Rückzahlung zu verpflichten, weil einem solchen Rückzahlungsanspruch jede Rechtsgrundlage fehlt.

Die Revision der Klägerin musste erfolglos bleiben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts war mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Ausspruch zu entfallen hat, die Klagsforderung bestehe nicht zu Recht. Ein solcher Ausspruch ist überflüssig, weil sich die mangelnde Berechtigung der Klagsforderung bereits aus der Abweisung des Klagebegehrens ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Ludwig Pramer und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 52.563,46 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 42/06w-13, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 20 Cg 49/05t-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , GZ 4 Ob 129/06h, wird wie folgt berichtigt:

1. Im Kopf ist der Ausspruch „Beschluss gefasst" durch „zu Recht erkannt" zu ersetzen.

2. Auf Seite 12 der Entscheidung im Punkt 7.2 zweiter Absatz lautet der zweite Satz „Die Entscheidung des Berufungsgerichts war mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Ausspruch zu entfallen hat, die Klagsforderung bestehe nicht zu Recht".

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , 4 Ob 129/06h, weist offenkundige Ausfertigungsfehler auf. Sie waren zu berichtigen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Kennung XPUBL - XBEITR
Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in
ÖBA 2007,222/1401 (Koziol) - ÖBA 2007/1401 (Koziol) = RZ 2007,72
EÜ80, 81 - RZ 2007 EÜ80 - RZ 2007 EÜ81
XPUBLEND
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2006:0040OB00129.06H.0809.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAD-38979