OGH vom 29.08.2019, 3Ob135/19b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei 1. d*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels wegen § 355 EO, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 53 R 99/19v-12, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 8 E 1103/19m-5, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird hinsichtlich des behaupteten Titelverstoßes am zurückgewiesen.
Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit einstweiliger Verfügung des Landesgerichts Salzburg zu 2 Cg 9/19a vom wurde der Verpflichteten ua verboten, die Ausübung des Stimmrechts der Betreibenden in Generalversammlungen der d***** GmbH bei der Beschlussfassung über Budget, Investitionsplan und/oder Budget incl Investitionsplan zu beeinträchtigen.
Dieser am abgefertigte Beschluss wurde dem anwaltlichen Vertreter der verpflichteten Partei im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) zugestellt, wobei der (Montag) Zustellzeitpunkt nach § 89d Abs 2 GOG ist. Es ist unstrittig, dass die Entscheidung am (Freitag) in den elektronischen Verfügungsbereich des Anwalts gelangt ist. Zusätzlich faxte das Gericht die einstweilige Verfügung dem Rechtsvertreter des Verpflichteten am .
In ihrem gemäß § 355 EO gestellten Exekutionsantrag brachte die vor, dass sich die durch ihren Anwalt vertretene verpflichtete Partei noch am um 18:35 Uhr mit E-Mail an die d***** GmbH gewandt und ihr Einberufungsverlangen für die am angesetzte Generalversammlung zurückgezogen habe. Damit habe die Verpflichtete gegen den Titel verstoßen. Darüber hinaus wurde auch ein Titelverstoß am behauptet. Dieser gründet sich auf den Umstand, dass der von der Verpflichteten bestellte Versammlungsleiter eine Abstimmung über einen bestimmten Tagesordnungspunkt nicht zugelassen habe. Aufgrund dieser Zuwiderhandlungen beantragte die betreibende Partei die Bewilligung der Unterlassungsexekution nach § 355 EO sowie wegen der Zuwiderhandlungen am 1. und die Verhängung zweier Geldstrafen in Höhe von jeweils 100.000 EUR.
In ihrer nach § 358 EO (zur Strafbemessung) eingeräumten Stellungnahme brachte die ua vor, dass sie ihr Einberufungsverlangen im Hinblick auf die am erlassene einstweilige Verfügung noch am gleichen Tag zurückgezogen habe.
Das bewilligte der Betreibenden wegen Verstoßes der Verpflichteten gegen die einstweilige Verfügung am die Exekution nach § 355 EO und verhängte über die Verpflichtete eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 EUR. Das Mehrbegehren, eine Geldstrafe auch wegen des behaupteten Verstoßes vom zu verhängen, wies es ab.
Das bestätigte den abweisenden Teil der Entscheidung und gab dem diesbezüglichen Rekurs der Betreibenden nicht Folge. Das Verhalten des Versammlungsleiters am bilde keinen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung. Über Rekurs der Verpflichteten wies das Rekursgericht den Exekutionsantrag jedoch zur Gänze ab. Zum behaupteten Verstoß am führte es aus, dass die Vollstreckbarkeit einer einstweiligen Verfügung frühestens eintrete, wenn sie gegenüber dem Verpflichteten wirksam werde, weil erst ab diesem Zeitpunkt die darin festgelegte Verpflichtung beginne. Bei der Wirksamkeit sei an die Zustellung der Ausfertigung anzuknüpfen. Der bloße Zugang einer Kopie (Telefax) reiche für eine wirksame Zustellung nicht aus. Vielmehr sei auf die Zustellung der einstweiligen Verfügung im Wege des ERV abzustellen. Nach § 89d Abs 2 GOG sei die Zustellung erst am eingetreten. Schon aus diesem Grund könne die Exekution aufgrund eines behaupteten Verstoßes am nicht bewilligt werden. Im Übrigen stelle das Zurückziehen eines Einberufungsverlangens kein unzulässiges Verhalten dar, zumal die Generalversammlung am ohnedies abgehalten worden sei.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands bei beiden geltend gemachten Zuwiderhandlungen 30.000 EUR übersteige. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Rechtsprechung zum (genauen) Zeitpunkt des Eintritts der materiellen Vollstreckbarkeit einer einstweiligen Verfügung bei einer Zustellung im ERV zulässig.
Dagegen richtet sich der der betreibenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Exekution wegen beider behaupteten Verstöße bewilligt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist hinsichtlich des behaupteten Verstoßes am aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Bezüglich des behaupteten Verstoßes am ist das Rechtsmittel absolut unzulässig.
1. Da eine einstweilige Verfügung mit der Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung an den Gegner der gefährdeten Partei wirksam wird (§ 416 Abs 1 ZPO,§ 426 Abs 1 ZPO;§ 64 Abs 2 EO;3 Ob 22/87 MR 1988, 26 [Rechberger]; 3 Ob 8/07h; Neumayr/Nunner-Krautgasser,Exekutionsrecht4 68), ist sie jedenfalls ab diesem Zeitpunkt zu befolgen (4 Ob 1001/96) und vollstreckbar (SZ 8/243; 2 Ob 567/53 SZ 26/197; 3 Ob 100/92; RISJustiz RS0007403; König, Einstweilige Verfügung5 Rz 7/1).
2.1 Als Zustellzeitpunkt elektronisch übermittelter gerichtlicher Erledigungen gilt der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werktag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten (§ 89d Abs 2 GOG).
2.2 Der Vorwurf der Betreibenden, die Verpflichtete habe in ihrem Rekurs mit dem auf § 89d Abs 2 GOG gestützten Hinweis zum Eintritt der Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung per gegen das Neuerungsverbot verstoßen, ist nicht berechtigt. Bei der Frage, ob das unstrittig am erfolgte Einlangen der einstweiligen Verfügung in den Verfügungsbereich des Rechtsvertreters der Verpflichteten die Vollstreckbarkeit an diesem Tag oder am zur Folge hatte, handelt es sich um eine Rechtsfrage, auf die sich das Neuerungsverbot nicht bezieht (RS0041965 [T7]; RS0016473 [T6]).
2.3 Der Gesetzgeber ist für die Bestimmung des Zustellungszeitpunkts gemäß § 89d Abs 2 GOG idgF vom Einlangen der Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers abgegangen und hat den Zustellungszeitpunkt auf den nächstfolgenden Werktag verschoben (vgl auch ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 4).
2.4 Bis zur Neufassung des § 89d Abs 2 GOG durch BGBl I Nr 26/2012 erfolgten die Zustellungen im elektronischen Rechtsverkehr nur einmal täglich gebündelt, und zwar erst kurz nach Mitternacht. Die Konsequenzen des Zugehens in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers wurden daher erst nach Mitternacht ausgelöst, gleichsam so, als ob das Geschäftsstück erst nach Mitternacht in Papierform zugestellt worden wäre. Seit der Novelle 2012 erfolgen jedoch die Zustellungen im ERV (wie im EMailVerkehr üblich) regelmäßig. § 89d Abs 2 GOG idgF soll deshalb nur eine mögliche Benachteiligung von ERVTeilnehmern durch allfällige elektronische Zustellungen zu einer Zeit, in der die Kanzlei des Empfängers nicht mehr besetzt ist (wie etwa in den späten Abendstunden), verhindern (ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 3 f), also eine Verkürzung der Rechtsmittelfrist für Parteien bei elektronischen Übermittlungen in den Nachtstunden vermeiden (8 Ob 155/17b; 3 Ob 128/18x).
2.5 Im Anlassfall gilt der als Zeitpunkt der Zustellung im Sinne des § 89d Abs 2 GOG.
3. Weiter zu prüfen ist jedoch, ob ungeachtet dessen die Vollstreckbarkeit schon am eintrat, weil die Entscheidung bereits zu diesem Zeitpunkt im elektronischen Verfügungsbereich des anwaltlichen Vertreters der Verpflichteten stand die Verpflichtete von der Entscheidung auch Kenntnis erlangte (und in Kenntnis der einstweiligen Verfügung am handelte).
3.1 Die Regelung des § 89d Abs 2 GOG ändert nichts daran, dass das zuzustellende Dokument dem Empfänger bereits am Tag seines Einlangens im elektronischen Verfügungsbereich zur Verfügung steht. Gemäß § 89d Abs 2 GOG aF galten elektronisch übermittelte gerichtliche Erledigungen und Eingaben (§ 89a Abs 2 GOG) als zugestellt, sobald ihre Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt waren. Damit entspricht das Einlangen des Dokuments im elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers also keinesfalls nur dem Zurücklassen einer Hinterlegungsanzeige bei einer postalischen Zustellung (3 Ob 128/18x mwN): Waren doch nach dem Abrufen der Sendung am weder vom Gericht noch vom Parteienvertreter weitere Handlungen (zB übermitteln, ausfolgen ...) erforderlich.
3.2 An die faktische Verfügbarkeit und die Kenntnis knüpfte auch der 7. Senat des Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung 7 Ob 133/17k bei der Prüfung der Wirksamkeit bzw des Eintritts der materiellen Rechtskraft eines Scheidungsurteils an. Demnach kommt es auf den (fiktiven) Zustellzeitpunkt des § 89d Abs 2 GOG idgF dann nicht mehr an, wenn die Entscheidung in den elektronischen Verfügungsbereich des anwaltlichen Vertreters gelangt ist die Partei davon Kenntnis erlangt hat. § 125 ZPO ist in einem solchen Fall nicht anwendbar, weil die Zustellung des unanfechtbaren Scheidungsurteils keine Frist auslöste (krit Stumvoll, Gelöste und ungelöste Fragen im inländischen Zustellrecht [Teil II], RZ 2018, 193 ff [198] und Mair, Zur Verfügungsfrist einer einstweiligen Verfügung und der Fristberechnung im Elektronischen Rechtsverkehr, EFZ 2018/6).
3.3 Entsprechendes gilt für die hier zu prüfende Frage, ob die Verpflichtete den Titel bereits vor seiner formellen Zustellung am zu befolgen hatte. Mit der Bestimmung des § 89d Abs 2 GOG soll (nur) sichergestellt werden, dass Parteien, denen im Wege des ERV zuzustellen ist, jedenfalls die volle Frist für befristete Prozesshandlungen zur Verfügung steht, wobei eine damit (oft) verbundene Fristverlängerung gegenüber Zustellungen außerhalb des ERV nicht als verfassungswidrig qualifiziert wurde (VfGH G 325/2015).
3.4 Ebenso wie in der Entscheidung 7 Ob 133/17k kommt es auch im Anlassfall allerdings nicht auf die Wahrung einer Frist an. § 125 Abs 1 ZPO ist im Zusammenhang mit der Zustellung einer einstweiligen Verfügung ebenfalls nicht anwendbar, weil für die Frage der Vollstreckbarkeit durch die Zustellung gar keine Frist ausgelöst wird.
3.5 Dass die Verpflichtete die einstweilige Verfügung (nach Einlangen in den Verfügungsbereich Kenntnis) somit bereits am zu befolgen hatte, ist auch nicht geeignet, den oben referierten Normzweck des § 89d Abs 2 GOG zu verletzen: Mit der Normierung eines fiktiven Zustellzeitpunkts sollte es dem Gegner nämlich nicht ermöglicht werden, mehrere Tage das bereits gegen ihn erlassene Verbot sanktionslos zu konterkarieren. Vielmehr wäre es bedenklich, wenn das Zustellrecht den Zweck einer einstweiligen Verfügung vereiteln und Schutzlücken öffnen könnte.
3.6 Eine solche Möglichkeit für den Gegner der Gefährdeten würde auch dem Grundkonzept des Sicherungsverfahrens widersprechen, weil eine einstweilige Verfügung dem Gegner gerade keinen Spielraum zur Vornahme der befürchteten bzw sogar schon begonnenen gefährdenden Handlung lassen darf. Immerhin kann sie grundsätzlich einseitig und ohne Anhörung des Gegners erlassen und vollzogen werden. Schließlich wurde bereits in der Entscheidung SZ 8/243 die Zustellung im Verfügungsverfahren nicht als Selbstzweck, sondern im Zusammenhang mit der damit verbundenen Kenntnis gesehen („Entscheidend ist somit hier nur, ob der Beschluss dem Beklagten bekannt, also zugestellt worden war ...“).
3.7 Dass eine Entscheidung vor ihrer Zustellung an die Parteien im Verhältnis zu ihnen bereits Wirkungen auslösen kann, zeigt im Übrigen auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel bereits vor dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidungsausfertigung eingebracht werden kann (RS0041679).
4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Verpflichtete die einstweilige Verfügung (bereits) zu befolgen hatte, als diese in den elektronischen Verfügungsbereich ihres anwaltlichen Vertreters gelangt war und sie selbst vom Inhalt der Entscheidung Kenntnis erlangt hatte.
5. Damit ist zu prüfen, ob der für den behauptete Titelverstoß eine Exekutionsbewilligung nach § 355 EO trägt.
5.1 Das Rekursgericht hat dies verneint und ist gleichzeitig auch davon ausgegangen, dass das Unterlassungsgebot zu unbestimmt sei, um eine Unterlassungsexekution nach § 355 EO zur Durchsetzung von Gesellschafterrechten im Zusammenhang mit der Willensbildung durch Gesellschafterbeschlüsse zu ermöglichen.
5.2 Eine Exekution nach § 355 EO darf nur dann bewilligt werden, wenn das behauptete konkrete Verhalten des Verpflichteten titelwidrig ist (RS0004808; Klicka in Angst/Oberhammer3§ 355 EO Rz 9). Ein Verstoß gegen eine Unterlassungsverpflichtung wird am Inhalt des Exekutionstitels gemessen. Im Rahmen der Bewilligung zur Erwirkung von Unterlassungen ist daher nur zu prüfen, ob das im Exekutionsantrag behauptete Verhalten titelwidrig ist, nicht hingegen, ob das Vorbringen auch den Tatsachen entspricht (3 Ob 198/10d mwN). Nur ein Verhalten des Verpflichteten, welches eindeutig gegen das im Exekutionstitel ausgesprochene Unterlassungsgebot verstößt, rechtfertigt Exekutionsschritte gemäß § 355 EO (RS0000595).
5.3 Dabei darf die Exekution nur aufgrund eines Exekutionstitels bewilligt werden, dem nebst der Person des Berechtigten und des Verpflichteten auch Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Unterlassung eindeutig und bestimmt zu entnehmen sind (RS0000771 [T5]). Eine generelle Verpflichtung zur Unterlassung bildet keinen ausreichend bestimmten Exekutionstitel (RS0000771).
5.3.1 Der Begriff der Bestimmtheit eines Unterlassungsbegehrens darf allerdings nicht allzu eng ausgelegt werden, weil es praktisch unmöglich ist, alle nur denkbaren Eingriffshandlungen zu beschreiben (RS0000845). Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebots ist – allerdings im Verein mit konkreten Einzelverboten – meist schon deshalb notwendig, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen (RS0000845 [T12]).
5.3.2 Bei einer Unterlassungsklage muss die Unterlassungspflicht so deutlich gekennzeichnet sein, dass ihre Verletzung gemäß § 355 EO exekutiv getroffen werden kann; eine Anführung aller Möglichkeiten des Zuwiderhandelns ist aber nicht nur unmöglich, sondern auch überflüssig, weil es allenfalls dem Exekutionsbewilligungsrichter obliegen wird, zu beurteilen, ob bei einer Exekutionsführung die von der betreibenden Partei behauptete Zuwiderhandlung als Verstoß gegen den Exekutionstitel gewertet werden kann (RS0000878). Das Unterlassungsbegehren ist jedoch zu konkretisieren; allgemeine Umschreibungen genügen nicht; die Abgrenzungskriterien müssen derart bestimmt angegeben sein, dass es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits in das Exekutionsverfahren kommt (RS0000878 [T7]).
5.3.3 Allgemein gilt, dass ein Unterlassungsgebot das verbotene Verhalten so deutlich umschreiben muss, dass es dem Beklagten als Richtschnur für sein künftiges Verhalten dienen kann; diesem Erfordernis genügen näher konkretisierte, allgemeine Begriffe nicht, sondern es muss in einer für das Gericht und die Parteien unverwechselbaren Weise feststehen, was geschuldet wird (RS0119807). Daher ist es etwa auch nicht möglich, pauschal „Handlungen zu Zwecken des Wettbewerbs, die gegen die guten Sitten verstoßen“, zu verbieten (RS0119807 [T2]). Auch ein Begehren, der Beklagte habe alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Beeinträchtigung näher bezeichneter Wasserbenützungsrechte der klagenden Partei herbeiführen, ist nach der Rechtsprechung zu unbestimmt (1 Ob 27/91), weil sich daraus nicht ableiten lässt, was dem Beklagten verboten werden soll. Auch das Begehren, der Beklagte habe „alle Handlungen zu unterlassen, mit welchen Geschäftspartner der gefährdeten Partei zur Kündigung von Lieferverträgen mit dieser bewogen werden sollen“ (4 Ob 303/64 = RS0037653) oder das Gebot, ungehindert die Ausübung der Gesellschaftsrechte nach einem mündlichen Vertrag zu gestatten (RS0000543), wurden von der Judikatur ebenfalls als ungenügend konkretisiert beurteilt.
5.4 Im Titel, der dem gegenständlichen Antrag zugrunde liegt, bleiben die zu unterlassenden Handlungen völlig offen; das Unterlassungsbegehren nimmt auch nicht einmal beispielhaft oder durch eine „insbesondere“-Formulierung mit konkreten Einzelverboten auf einzelne Handlungen Bezug (vgl RS0000845 [T12]). Daher ist der Titel zu unbestimmt und kann keine Grundlage für eine Exekutionsbewilligung nach § 355 EO bilden.
5.5 Die Abweisung des Exekutionsantrags betreffend den behaupteten Verstoß am erweist sich somit als zutreffend, weshalb dem Revisionsrekurs insoweit nicht Folge zu geben ist.
6. Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO ist (auch) im Exekutionsverfahren – abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmen – ein weiterer Rechtszug gegen die zur Gänze bestätigende Rekursentscheidung unzulässig (jüngst 3 Ob 51/19z mwN).
6.1 Ein die Entscheidung des Erstgerichts teilweise bestätigender Beschluss des Rekursgerichts ist nur dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde (oder aufhebende) Teil in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass die Zulässigkeit der Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann. Stehen die Anträge, über die das Rekursgericht entschieden hat, hingegen nicht in einem solchen Zusammenhang, weil jeder für sich ein eigenes rechtliches Schicksal haben kann, dann ist die Anfechtbarkeit der rekursgerichtlichen Entscheidung für jeden Antrag gesondert zu beurteilen (3 Ob 51/19z mwN). Das Rekursgericht hatte über mehrere Titelverstöße zu entscheiden, die unabhängig voneinander beurteilt werden können, sodass kein untrennbarer Zusammenhang vorliegt.
6.2 Da die Vorinstanzen den Strafantrag betreffend den behaupteten Verstoß am übereinstimmend abwiesen, ist der Revisionsrekurs insoweit absolut unzulässig.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00135.19B.0829.000 |
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