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OGH vom 24.10.2017, 2Ob239/16k

OGH vom 24.10.2017, 2Ob239/16k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fonds Soziales Wien, Guglgasse 7–9, 1030 Wien, vertreten durch die shmp schwartz huber-medek pallitsch rechtsanwälte og in Wien, gegen die beklagte Partei Univ.-Prof. Dr. M***** B*****, vertreten durch Dr. Josef Lachmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 86.962 EUR sA, über die außerordentliche Revision (Revisionsinteresse 44.552 EUR sA) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 116/16f-87, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Beklagte verpflichtete sich – auf das Wesentliche reduziert – am zwecks Ermöglichung der Einreise seiner damaligen Stiefmutter, einer Iranerin, nach Österreich gegenüber der öffentlichen Hand zur Tragung der Kosten, welcher dieser durch den Aufenthalt der Stiefmutter in Österreich entstehen. Für Einzelheiten kann auf die in diesem Verfahren ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , 2 Ob 12/14z, verwiesen werden, mit der bestätigt wurde, dass das (damals) auf Ersatz von (Aufwendungen in Höhe von) 42.469,19 EUR samt Zinsen lautende Klagebegehren des (damaligen Erst-)Klägers dem Grunde nach zu Recht besteht (§ 393 Abs 1 ZPO).

Im nunmehrigen Verfahren über die Höhe des Anspruchs wurde der Beklagte vom Erstgericht dazu verurteilt, dem Kläger den (ausgedehnten) Betrag von 86.962 EUR samt Zinsen zu zahlen. Dem liegt zu Grunde, dass der Stiefmutter aufgrund ihres nach der Einreise nach Österreich am gestellten Asylantrags letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom ,

L506 1417600-1/50E, gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sie bis zum Leistungen nach dem Wiener Grundversorgungsgesetz erhielt und der Kläger für ihre Betreuung – vom Beklagten mit Schriftsatz vom außer Streit gestellt – insgesamt 86.962 EUR zahlte, dies auch für verschiedene, der Stiefmutter gewährte Sonderbetreuungsleistungen, zumal sie an psychischen Problemen litt und einer psychiatrischen Behandlung bedurfte.

Die Entscheidung des Erstgerichts blieb in Hinsicht auf den Zuspruch von 42.410 EUR samt Zinsen unangefochten; es handelt sich dabei um den sich aus einem Tagessatz von 17 EUR bzw später 19 EUR ergebenden Betrag, welcher auch ohne Sonderbetreuungsleistungen zu entrichten gewesen wäre.

Der vom Beklagten erhobenen Berufung, mit der er die Abweisung des Klagebegehrens auf Zahlung weiterer 44.552 EUR anstrebte, wurde nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die hiergegen erhobene außerordentliche Revision des Beklagten ist nicht zulässig, weil darin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO angesprochen wird.

1.1. Der Beklagte vertritt die Ansicht, die den Betreuungseinrichtungen zu ersetzenden Kosten seien in der zwischen dem Bund und den Ländern nach Art 15a B-VG abgeschlossenen Grundversorgungsvereinbarung, BGBl I 2004/80, „gesetzlich exakt und taxativ aufgezählt“. Die Grundversorgungsvereinbarung sähe in Art 9 Z 1 Kostenhöchstsätze von 17 EUR (bzw später 19 EUR) vor. Der Kläger habe der Caritas aber Kostenersatz auf Basis eines Tagessatzes von 40 EUR (bzw später 42 EUR) geleistet. Dem liege allein der vom in Art 5 Grundversorgungsvereinbarung verankerten „Bund-Länder Koordinationsrat“ in dessen (21.) Sitzung vom 14. und gefasste Beschluss (Nr 74) zugrunde, wonach für eine – hier erbrachte – „erhöhte Sonderbetreuung“ der Tagessatz maximal 40 EUR (später 42 EUR) betrage. Es stellten sich die erheblichen Rechtsfragen, ob die Verrechnung eines Tagessatzes für psychisch behandlungsbedürftige Asylwerber von 40 EUR bzw 42 EUR mit Art 9 Z 1 Grundversorgungsvereinbarung vereinbar sei und ob die darin vorgesehenen Höchstsätze durch Beschlüsse des Bund-Länder Koordinationsrats abgeändert werden können.

1.2. Dabei wird vom Revisionswerber übersehen, dass Vereinbarungen nach Art 15a B-VG – wie bereits in Punkt 3.1. und 3.2. der Vorentscheidung 2 Ob 12/14z ausgeführt – nur die Vertragspartner (Bund und Länder) verpflichten und ohne Transformation keine Rechtswirkung gegenüber den Normunterworfenen entfalten (RIS-Justiz RS0112551). Der Transformation der Grundver-sorgungsvereinbarung dienen – wie bereits in Punkt 2.3. der Vorentscheidung 2 Ob 12/14z ausgeführt – grundsätzlich das Grundversorgungsgesetz-Bund 2005 und auf Länderebene hier interessierend das Wiener Grundversorgungsgesetz. Weder das eine noch das andere Gesetz übernimmt aber die Kostenhöchstsätze des Art 9 Grundversorgungsvereinbarung, weshalb diese mangels spezieller Transformation auf den vorliegenden Rechtsfall nicht anzuwenden sind. Den als erheblich relevierten Rechtsfragen kommt damit keine Entscheidungsrelevanz zu.

2. Es wäre am Beklagten gelegen gewesen, die Angemessenheit der nachgewiesenen Kosten mit einem konkreten Tatsachenvorbringen zu bestreiten, aus dem sich ableiten lässt, aus welchen Gründen und in welchem Umfang ein den Behörden konkret anzulastendes Verhalten zur Verzögerung des Asylverfahrens führte. Mangels eines solchen Vorbringens erübrigt sich ein Eingehen auf sämtliche damit im Zusammenhang stehende Rechtsfragen. Die vom Beklagten allein ins Treffen geführte Dauer des Asylverfahrens lässt nicht ohne weiteres auf den Behörden zurechenbare Verzögerungen schließen, zumal die Verfahrensdauer auf andere Faktoren, nämlich die Komplexität des Falls und Parteiverhalten, zurückzuführen sein könnte (vgl RIS-Justiz

RS0120794).

3. Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00239.16K.1024.000
Schlagworte:
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Fundstelle(n):
VAAAD-38963