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OGH 29.05.2001, 4Ob129/01a

OGH 29.05.2001, 4Ob129/01a

Rechtssatz


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Norm
RS0115865
Konkurrierende Sorgepflichten sind auch dann zu berücksichtigen, wenn eine Unterhaltspflicht pauschal abgegolten wird. In diesem Fall ist der Abfindungsbetrag auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen; für diesen Zeitraum sind die anderen Unterhaltsansprüche entsprechend zu mindern.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Jennifer P***** und Carina P*****, beide geboren am *****, infolge "außerordentlichen" Revisionsrekurses der Kinder, vertreten durch die Mutter Sabine P*****, diese vertreten durch Dr. Hermann Tschiderer, Rechtsanwalt in Reutte, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 52 R 29/01y-31, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Reutte vom , GZ 1 P 816/96a-27, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die beiden Minderjährigen sind die ehelichen Kinder des Walter K***** und der Sabine P*****. Seit der Scheidung der Ehe ihrer Eltern kommt die Obsorge für beide Kinder der Mutter allein zu. Die Kinder beantragen, die Unterhaltsbeiträge des Vaters ab auf 3.750 S und ab auf 4.500 S je Kind zu erhöhen; seit August 1997 hatte der Vater 3.100 S monatlich je Kind gezahlt.

Das Erstgericht gab dem Erhöhungsbegehren statt; das Rekursgericht änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es die Unterhaltsbeiträge ab auf 4.125 S monatlich erhöhte und das Mehrbegehren abwies. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das gegen diesen Beschluss erhobene Rechtsmittel der Kinder legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage.

Nach § 14 Abs 1 AußStrG idF WGN 1997 BGBl I 140 ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 14a Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn - wie hier - der Entscheidungsgegenstand in Geld oder Geldeswert insgesamt 260.00 S nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.

Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 14a Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung beim Erstgericht einzubringenden (§ 14a Abs 2 AußStrG) - Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit dem ordentlichen Revisionsrekurs zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall haben die Rechtsmittelwerber das Rechtsmittel rechtzeitig zur Post gegeben. Dem Revisionsrekurs fehlt allerdings die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Rekursgericht (§ 14a Abs 1 AußStrG) gestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage war das Rechtsmittel jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 14a AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 16 Abs 2 Z 2 AußStrG idF WGN 1997). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags entgegen, das Rekursgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, dann wird es einen - mit Fristsetzung verbundenen - Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist - auch im Verfahren außer Streitsachen (vgl Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren Rz 45) - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten; das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollten die Rechtsmittelwerber die Verbesserung ihres Schriftsatzes im Sinn des § 14a AußStrG verweigern, dann wäre der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (§ 14 Abs 3 AußStrG).

Aus diesen Erwägungen war der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Jennifer P***** und Carina *****, beide geboren am *****, infolge Revisionsrekurses der Kinder, vertreten durch die Mutter Sabine P*****, diese vertreten durch Dr. Hermann Tschiderer, Rechtsanwalt in Reutte, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 52 R 29/01y-31, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom , GZ 1 P 816/96a-27, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die beiden Minderjährigen sind die ehelichen Kinder des Walter K***** und der Sabine P*****. Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom , GZ 1 C 172/94w, rechtskräftig geschieden. Seit der Scheidung kommt die Obsorge für beide Kinder der Mutter allein zu. Der Vater verpflichtete sich, nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Mutter Unterhalt zu zahlen. Der Unterhaltsbeitrag für die Mutter wurde mit 6.500 S monatlich vereinbart. Für die Kinder hatte der Vater ab August 1997 je 3.100 S zu zahlen.

Die Kinder beantragen, die Unterhaltsbeiträge des Vaters ab auf 3.750 S und ab auf 4.500 S je Kind zu erhöhen. Die Kinder seien im Juli 2000 10 Jahre alt geworden; ab Februar 2001 habe der Vater der Mutter keinen Unterhalt mehr zu zahlen. Die verminderte Belastung und der erhöhte Bedarf der Kinder rechtfertigten bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen des Vaters von 25.000 S die Unterhaltserhöhung.

Der Vater stellte die Bemessungsgrundlage von 25.000 S außer Streit und anerkannte seine Unterhaltsverpflichtung ab mit 3.750 S je Kind. Er bestritt jedoch, dass ab eine Unterhaltserhöhung gerechtfertigt sei. Seine Unterhaltszahlungen an die Mutter fielen nur deshalb weg, weil er ihr vereinbarungsgemäß 100.000 S als Abgeltung für künftige Unterhaltsansprüche gezahlt habe. Diese Zahlung sei bei der Bemessung der Unterhaltsbeiträge für die Kinder zu berücksichtigen.

Das Erstgericht gab dem Erhöhungsbegehren zur Gänze statt. Die Zahlung von 100.000 S sei keine Unterhaltsvorauszahlung, sondern eine Gegenleistung für einen Unterhaltsverzicht. Sie könne daher bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs der Kinder nicht berücksichtigt werden.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss teilweise, und zwar dahin ab, dass es die Unterhaltsbeiträge ab auf 4.125 S monatlich erhöhte, das Mehrbegehren für die Zeit ab abwies und - aufgrund eines Antrags nach § 14a AußStrG - aussprach, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Zahlung an die Mutter sei im Zusammenhang mit dem an sie zu leistenden Unterhalt zu sehen. Es erscheine daher gerechtfertigt, die Rechtsprechung zur Aufteilung einmaliger Zahlungen anzuwenden. Einmalige Zahlungen seien stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen im konkreten Einzelfall angemessen aufzuteilen und zu berücksichtigen. Der Vater habe seiner geschiedenen Ehegattin bisher 6.500 S an Unterhalt gezahlt; dieser Betrag würde sich aufgrund des Einkommens der Mutter auf monatlich 3.500 S verringern. Durch die Zahlung von 100.000 S sei der Unterhalt etwa für die nächsten 30 Monate gedeckt. Dies sei beginnend mit Februar 2001 durch einen Abschlag von 1,5 % zu berücksichtigen. Die beiden Kindern hätten demnach jeweils Anspruch auf 16,5 % des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens ihres Vaters. Ihr Unterhaltsbeitrag belaufe sich daher ab auf je 4.125 S.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Kinder verweisen auf die ständige Rechtsprechung, wonach konkurrierende Sorgepflichten durch entsprechende Abzüge bei der Festsetzung des Prozentsatzes für das unterhaltsfordernde Kind zu berücksichtigen sind. Wenn daher keine Sorgepflichten mehr bestünden, sei auch ein Abzug ausgeschlossen. Die vom Rekursgericht gewählte Berechnungsart führte dazu, dass die Mutter mit der Zustimmung zur Pauschalabgeltung ihren - vorher unbefristeten - Unterhaltsanspruch zeitlich befristet hätte. Sie hätte damit ihre Rechtsstellung freiwillig und ohne Gegenleistung verschlechtert. Wäre es zu dieser Vereinbarung nicht gekommen, so hätte der Vater unter Umständen wesentlich länger Unterhalt zahlen müssen. Auch er habe den Pauschalbetrag freiwillig gezahlt; die zwischen den Eltern getroffene Vereinbarung dürfe sich nicht zum Nachteil der Kinder auswirken.

Diese Ausführungen sind nicht stichhaltig:

Nachteilige Auswirkungen der Pauschalvereinbarung können nur behauptet werden, wenn außer Acht gelassen wird, dass der Vater weiterhin verpflichtet gewesen wäre, Ehegattenunterhalt zu zahlen. Hätte sich die Mutter ihren Unterhaltsanspruch nicht durch einen Pauschalbetrag abgelten lassen, so hätte sie, wie die Kinder selbst ausführen, einen unbefristeten Anspruch auf Unterhalt gehabt, der den Unterhaltsanspruch der Kinder in jedem Fall gemindert hätte. Die Pauschalvereinbarung wirkt sich demnach in Wahrheit zu Gunsten der Kinder aus, weil die mit ihren Ansprüchen konkurrierenden Unterhaltsleistungen an die Mutter damit begrenzt wurden.

Es erscheint daher sachgerecht, den Pauschalbetrag bei der Bemessung des Kindesunterhalts angemessen zu berücksichtigen. Das Rekursgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht auf die bei der Berücksichtigung von Einmalzahlungen an den Unterhaltsschuldner entwickelten Grundsätze hingewiesen. Danach sind einmalige Zahlungen, wie eine Abfertigung oder Pensionsabfindung, stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen im konkreten Einzelfall angemessen aufzuteilen (1 Ob 683/90 = RZ 1991/35 ua).

Im vorliegenden Fall bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Pauschalabfindung auf einen entsprechenden Zeitraum aufzuteilen. Der Aufteilung kann der bisher vom Vater geleistete monatliche Unterhaltsbeitrag von 6.500 S oder der vom Vater für die Zukunft behauptete Betrag von 3.000 S bis 3.500 S zugrundegelegt werden, auf den sich der Unterhaltsanspruch der Mutter durch eigene Einkünfte vermindert haben soll. Die Mutter hat der Behauptung des Vaters, sie verfüge über eigene Einkünfte, entgegengehalten, dass sich ihre finanziellen Verhältnisse noch nicht geändert hätten und eine Änderung wegen einer Knieoperation auch in den nächsten drei Monaten nicht möglich sei; sie war aber trotzdem bereit, die angebotene Pauschalabfindung anzunehmen.

Das Rekursgericht hat den geringeren Betrag als Richtschnur genommen und den Pauschalbetrag auf einen Zeitraum von 30 Monaten aufgeteilt. Diese Aufteilung erscheint angemessen, weil es jedenfalls nicht unwahrscheinlich ist, dass die Mutter angesichts des Alters der Kinder in Zukunft in der Lage sein werde, berufstätig zu sein und eigene Einkünfte zu erzielen, so dass sich ihr Unterhaltsanspruch möglicherweise verringert hätte. Den Kindern erwächst daraus kein unverhältnismäßiger Nachteil; würde der Pauschalbetrag auf einen kürzeren Zeitraum aufgeteilt, so konkurrierten ihre Unterhaltsansprüche mit höheren Unterhaltsleistungen für die Mutter und wären daher in einem stärkeren Maß zu mindern als dies bei einer Aufteilung auf einen längeren Zeitraum der Fall ist.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2001:0040OB00129.01A.0529.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAD-38962