OGH vom 31.08.2016, 2Ob239/15h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.
Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. L***** Z*****, und 2. M***** Z*****, beide vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei C***** S*****, vertreten durch Summer Schertler Stieger Kaufmann Droop Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, wegen Auskunftserteilung und Zahlung (Gesamtstreitwert: 35.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 2 R 168/15w 10, womit infolge Rekurses der klagenden Parteien der Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom , GZ 56 Cg 69/15z 6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, den angefochtenen Beschluss durch einen für beide klagende Parteien getrennten Bewertungsausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 526 Abs 3 ZPO zu ergänzen.
Text
Begründung:
Die Kläger stützen ihr Manifestationsbegehren gegen den in Deutschland wohnhaften Beklagten auf ihre Rechtsstellung als Pflichtteilsberechtigte, denen der eingeantwortete Erbe zur beeideten Auskunft über pflichtteilsrelevante Schenkungen an ihn und an Dritte verpflichtet sei. Sie bewerteten das Manifestationsbegehren „hinsichtlich Zuwendungen an pflichtteilsberechtigte Personen“ mit 30.000 EUR und „hinsichtlich der übrigen Schenkungen“ mit 5.000 EUR, „gesamt somit 35.000 EUR“. Die (örtliche und internationale) Zuständigkeit des Erstgerichts begründeten sie mit dem Gerichtsstand nach § 99 JN.
Der Beklagte bemängelte den Streitwert mit dem Hinweis darauf, dass die Kläger als Pflichtteilsberechtigte formelle Streitgenossen seien. Er wandte ferner die internationale Unzuständigkeit des angerufenen Erstgerichts ein und bestritt das Klagebegehren auch inhaltlich.
Das Erstgericht erklärte seine internationale Unzuständigkeit und wies die Klage zurück.
Das von den Klägern angerufene Rekursgericht verwarf den Rekurs, soweit er Nichtigkeit geltend machte. Im Übrigen gab es dem Rekurs Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss dahin ab, dass es die erhobene Einrede verwarf. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zur Begründung seines Bewertungsausspruchs führte es aus, es bestehe kein Anlass, von der „unwidersprochen gebliebenen Bewertung“ in der Klage abzugehen.
Rechtliche Beurteilung
Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über den dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten kommt (derzeit) nicht in Betracht, weil die Zulässigkeit des Rechtsmittels noch nicht abschließend beurteilt werden kann:
1. Gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche von mehreren Klägern nur im Falle einer materiellen Streitgenossenschaft (§ 11 Z 1 ZPO) zusammenzurechnen. Mehrere Pflichtteilsberechtigte sind nicht materielle, sondern lediglich formelle Streitgenossen iSd § 11 Z 2 ZPO (2 Ob 186/10g SZ 2011/122; RIS Justiz RS0012879). Ihre Ansprüche sind nicht zusammenzurechnen (RIS Justiz RS0035615) und die Zulässigkeit der Revision ist für jeden einzelnen Streitgenossen gesondert zu beurteilen (RIS-Justiz RS0035588, RS0035710).
2. Die Kläger sind daher in Ansehung ihres Manifestationsbegehrens bloß formelle Streitgenossen (vgl 2 Ob 186/10g), worauf schon der Beklagte zutreffend, vom Rekursgericht jedoch unbeachtet hingewiesen hat. Das Rekursgericht hätte daher einen getrennten Bewertungsausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 iVm § 526 Abs 3 ZPO vorzunehmen gehabt (vgl 10 Ob 26/04b; auch 3 Ob 128/15t; 6 Ob 223/15k). Sein undifferenzierter Bewertungsausspruch kann hier – anders als etwa in 2 Ob 186/10g – auch nicht dahin verstanden werden, dass es die Bewertung ohnehin „je Kläger“ vornehmen wollte. Hat es doch zur Begründung des Ausspruchs ausdrücklich nur auf die ebenso undifferenzierte – und in der Klagebeantwortung deshalb auch bemängelte – Bewertung des Streitgegenstands in der Klage verwiesen.
3. Das Rekursgericht wird somit den zur Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderlichen getrennten Bewertungsausspruch nachzuholen haben. Sollte danach der Wert des Entscheidungsgegenstands für einen oder beide Kläger zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigen, wird – allenfalls nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens – auch über einen Antrag nach § 508 Abs 1 iVm § 528 Abs 2a ZPO zu entscheiden sein (vgl 2 Ob 105/14a mwN).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00239.15H.0831.000
Fundstelle(n):
MAAAD-38953