OGH vom 21.10.2008, 1Ob150/08b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und durch die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Dominik K*****, geboren am *****, infolge ordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Klaus K*****, vertreten durch Dr. Karl Haas und Mag. Andreas Friedl, Rechtsanwälte in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 82/08v-14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Lilienfeld vom , GZ 1 P 171/03z-U-8, abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts zur Gänze wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Nach der Scheidung der Eltern verblieben der am ***** geborene Dominik und seine am ***** geborene Schwester Anna im Haushalt der Mutter. Der Vater ist aufgrund einer am geschlossenen Unterhaltsvereinbarung seit zur Leistung laufender monatlicher Unterhaltsbeiträge von 430 EUR für Dominik und von 330 EUR für Anna verpflichtet. Dieser Unterhaltsvereinbarung liegt sein monatliches Nettoeinkommen als Kundendienstberater von 2.280 EUR (inklusive Sonderzahlungen) zugrunde. Seit September 2007 besucht Dominik eine Höhere Bundeslehranstalt. Es handelt sich dabei um eine so genannte „Unikatschule". Infolge der räumlichen Entfernung zu seinem Wohnort ist die Unterbringung im dortigen Internat notwendig. Die Internatskosten betragen monatlich 339,24 EUR. Die Mutter ist ganztags im Landesdienst berufstätig.
Der Minderjährige beantragte, seinem Vater zusätzlich zum monatlichen Unterhaltsbeitrag von 430 EUR den Ersatz von monatlich 170 EUR - das sind (etwa) die Hälfte der monatlichen Internatskosten - aufzutragen. Er brachte vor, die Ausbildung an dieser Schule genieße hohes Ansehen, Absolventen dieser Schule seien in der Wirtschaft sehr gefragt. Eine tägliche Anreise vom Wohnort zur Schule sei nicht möglich. Der Besuch des Internats verursache erhebliche Mehrkosten. Obwohl (geringe) Einsparungen bei den Lebensmittelausgaben entstünden, sei der Bedarf an Kleidung „eher" gestiegen; die „Schulausgaben" seien wesentlich höher als an vergleichbaren Schulen. Zusätzlich zu den Internatskosten fielen 88 EUR monatlich an Fahrkosten an, 15 EUR an Telefonkosten, 80 EUR für Taschengeld, 40 EUR für Jausengeld, 30 EUR für Schulbedarf und 39,90 EUR für Internetgebühr, somit insgesamt 632,14 EUR. Zwischen September und November 2007 seien zusätzliche Ausgaben für ein Notebook samt Zubehör in Höhe von 1.500 EUR entstanden, weiters 149 EUR für die Anschaffung eines Handys, 120 EUR für spezielle Kleidung und 181 EUR für Schulbücher, Elternvereinsbeitrag und Schülerversicherung. Dem Antragsgegner sei die Leistung eines Sonderbedarfs in der begehrten Höhe zumutbar.
Der Vater erklärte sich bereit, zur Mitfinanzierung der Internatskosten zusätzlich zu dem von ihm bisher geleisteten Unterhaltsbeitrag 100 EUR monatlich zu zahlen. Er verwies darauf, dass der von ihm bisher geleistete Unterhaltsbeitrag von 430 EUR bereits den aktuellen Regelbedarf von 378 EUR übersteige, sodass - neben den 100 EUR - auch der Differenzbetrag von 52 EUR zur teilweisen Deckung des Sonderbedarfs heranzuziehen sei. Zu einer Mehrleistung sei er nicht in der Lage, da er mit der weiteren Sorgepflicht für die Schwester des Minderjährigen sowie mit monatlichen Wohnungskosten in Höhe von 600 EUR belastet sei. Die Internatskosten fielen unter Berücksichtigung der Ferien wohl nur zehnmal jährlich an.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater ab zur Leistung eines Kostenbeitrags von monatlich 100 EUR zuzüglich zum laufenden Unterhalt und wies das Mehrbegehren von monatlich 70 EUR ab. Aufgrund des Umstands, dass eine tägliche Anreise zur Schule nicht möglich sei, sei ein Sonderbedarf des Minderjährigen gegeben, dessen Talente und Interessen durch den gewählten Schultyp - eine sogenannte „Unikatschule" - besonders gefördert würden. Der entsprechend der „Prozentsatzkomponente" vergleichsweise festgesetzte, vom Vater zu leistende Unterhaltsbeitrag von 430 EUR monatlich entspreche dessen Belastbarkeitsgrenze. Sei der Vater zur vollen Abdeckung eines Sonderbedarfs des Kindes nicht imstande, oder müsste er mehr leisten, als es seinen tatsächlichen Lebensverhältnissen entspreche, sei auch die Mutter verpflichtet, anteilig zum Sonderbedarf beizutragen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass durch die Internatsunterbringung eine gewisse finanzielle Entlastung der Mutter eintrete, indem sich diese an Schulunterrichtstagen eine Verköstigung im Familienverband erspare. Überdies seien während der beiden Sommerferienmonate wohl keine Internatskosten zu entrichten, sodass der monatliche Kostenaufwand lediglich 282,70 EUR betrage. Eine Überschreitung der „Prozentsatzkomponente" sei außerdem nur bei existenznotwendigem Sonderbedarf oder bei besonders förderungswürdigen Kindern zulässig. Als „existenznotwendig" könne der Besuch der Höheren Bundeslehranstalt nicht angesehen werden, wenngleich die Chancen für den beruflichen Werdegang des Minderjährigen dadurch erhöht würden. Ob dieser besondere Begabungen habe, welche gerade durch den gewählten Schultyp besonders gefördert würden, könne derzeit nicht beurteilt werden. Dieser Sachlage werde der vom Vater angebotene Unterhaltsbeitrag für Sonderbedarf von monatlich 100 EUR gerecht. Hiedurch werde bereits dessen Belastbarkeitsgrenze überschritten. Das Mehrbegehren von monatlich 70 EUR sei daher abzuweisen.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass der Vater mit Wirksamkeit ab zuzüglich zum laufenden Unterhalt einen Beitrag von monatlich 170 EUR zu den Internatskosten zu leisten habe. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil das Rekursgericht - was die Rechtsprechung zu den den Regelbedarfssatz übersteigenden laufenden monatlichen Unterhaltsbeiträgen betrifft - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei. Aus amtlicher Wahrnehmung des Rekursgerichts sei bekannt, dass die Internatskosten in der vom Minderjährigen besuchten Schule auch in den Ferienzeiten anfallen, sodass die Internatskosten tatsächlich 339,24 EUR pro Monat betrügen. Wenn die Differenz zwischen dem Regelbedarf und dem bisher festgesetzten Unterhaltsbeitrag zur Gänze durch Sonderbedarf (die Internatskosten) aufgebraucht werde, sei der Minderjährige trotz gehobener Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen zur Befriedigung seiner sonstigen Bedürfnisse ausschließlich auf den Regelbedarf verwiesen. Ein „Teilhaben an den gehobenen Lebensverhältnissen" finde so nicht statt, wenngleich der Vater diesem Umstand durch seine Bereitschaft zur Leistung von 100 EUR monatlich für Sonderbedarf teilweise Rechnung getragen habe. Dies stünde der Zuerkennung zusätzlichen Sonderbedarfs dennoch nicht entgegen. Ziehe man die Internatskosten von 339,24 EUR monatlich sowie die monatlich auflaufenden Fahrtkosten (vom und zum Internat) von 88 EUR von jenen 530 EUR ab, zu deren Leistung sich der Vater (insgesamt) bereit erklärt hatte, verblieben nur 100 EUR monatlich, um die unabhängig von der Internatsunterbringung auflaufenden Kosten für Kleidung, Freizeitgestaltung, Verpflegung und Unterbringung am Wochenende abzudecken. Dieser Betrag sei zur Abdeckung des Unterhaltsbedarfs eines 15- bzw 16- jährigen Schülers nicht ausreichend. Dem gegenüber verblieben dem Vater 1.420 EUR aus seinem Einkommen zu seiner freien Verfügung. Selbst bei einer monatlichen Sonderbedarfsleistung von 170 EUR müsse die Mutter aus ihrem Eigeneinkommen zusätzliche finanzielle Beiträge aufbringen, um die Unterhaltsbedürfnisse des Minderjährigen befriedigen zu können. Im Hinblick auf diese Erwägungen sei das Sonderbedarfsbegehren zur Gänze berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und berechtigt.
1. Erwächst einem unterhaltsberechtigten Kind ein Mehrbedarf, der über den allgemeinen Durchschnittsbedarf („Regelbedarf") eines gleichaltrigen Kindes in Österreich ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse der Eltern hinausgeht, bilden diese Kosten einen Sonderbedarf (SZ 63/81). Unter Sonderbedarf ist ganz allgemein der den Regelbedarf übersteigende, individuelle und außergewöhnliche Bedarf zu verstehen, der dem Unterhaltsberechtigten infolge Berücksichtigung von bei Ermittlung des Regelbedarfs bewusst außer Acht gelassenen Umständen erwächst (SZ 63/81 mwN; 1 Ob 2383/96i uva). Auch die Kosten einer Internatsunterbringung sind als Sonderbedarf anzuerkennen, wenn eine gleichwertige Ausbildung am Wohnort nicht möglich und eine tägliche Zureise vom Wohnort zum Ausbildungsort wegen der Verkehrsverhältnisse nicht möglich oder nicht zumutbar ist (SZ 63/121; 4 Ob 77/99y). Ob ein deckungspflichtiger Sonderbedarf besteht, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Im Einklang mit dieser Rechtsprechung hat das Rekursgericht die durch den Besuch der Höheren Bundeslehranstalt auflaufenden Internatskosten als Sonderbedarf beurteilt, weil es sich bei der betreffenden Schule um eine sogenannte „Unikatschule", zu der eine tägliche Zu- und Abreise vom Wohnort nicht möglich ist, handelt. Dies differiert im Übrigen auch nicht mit der Ansicht des Vaters, der seine Zustimmung zum Besuch dieser Schule erteilt und außerdem seine Bereitschaft erklärt hat, die Internatskosten teilweise zu tragen. Strittig ist im Revisionsrekursverfahren lediglich die Höhe des vom Vater zu leistenden Sonderbedarfsanteil.
2. Insoweit der Revisionsrekurswerber die Feststellungen zur Höhe der Internatskosten als unrichtig bekämpft, ist er darauf zu verweisen, dass allenfalls unrichtige Tatsachenfeststellungen vor dem Obersten Gerichtshof nicht erfolgreich bekämpft werden können. Die Richtigkeit der Feststellung zur Höhe der monatlichen Internatskosten ist vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht zu überprüfen (9 Ob 299/97d; 6 Ob 360/97b; RIS-Justiz RS0007236; Klicka in Rechberger, AußStrG, § 66 Rz 3).
3. Sonderbedarf ist immer nur bei „Deckungsmangel" zuzusprechen, was vom Gericht besonders streng zu prüfen ist. Ein Deckungsmangel ist gegeben, wenn der Sonderbedarf nicht aus der Differenz zwischen dem konkret bemessenen Unterhalt und dem Regelbedarf bestritten werden kann (10 Ob 61/05a; 9 Ob 47/06m uva). Erhält der Unterhaltsberechtigte über den Regelbedarf hinausgehende Unterhaltsbeiträge, ist im Rahmen der Unterhaltsbemessung ein Sonderbedarf nur insoweit zu ersetzen, als diese Aufwendungen höher sind als die Differenz zwischen dem Regelbedarf und dem zuerkannten laufenden Unterhalt (1 Ob 635/92mwN). Ein Unterhaltspflichtiger darf nur dann zur Deckung eines Sonderbedarfs verhalten werden, wenn es für den Unterhaltsberechtigten unmöglich wäre, diese Kosten zu tragen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Überhang der regelmäßigen Unterhaltsleistung (über dem Regelbedarf) durch die Bestreitung anderen anerkennenswerten Sonderbedarfs aufgezehrt wird (SZ 63/81).
Zu berücksichtigen ist auch eine allfällige Pflicht der Mutter, zu den Internatskosten anteilig beizutragen.
Nach herrschender Rechtsprechung und Lehre ist bei Beurteilung der Frage, ob zur Deckung des Sonderbedarfs beide Elternteile anteilig beizutragen haben, von der Bestimmung des § 140 Abs 2 ABGB auszugehen. Danach leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht im Stande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Durch § 140 Abs 2 erster Satz ABGB hat der Gesetzgeber die Betreuung des Kindes durch einen Elternteil im Rahmen der Haushaltsführung als vollwertigen Unterhaltsbeitrag anerkannt. Darüber hinaus hat dieser Elternteil, soweit nicht die Voraussetzungen des § 140 Abs 2 zweiter Satz ABGB vorliegen, nichts zu leisten. Die übrigen Bedürfnisse des Kindes hat grundsätzlich der andere Elternteil zu befriedigen. Aus der Anerkennung der Betreuung als vollwertigen Unterhaltsbeitrag durch den Gesetzgeber und aus dem Wortlaut des Gesetzes folgt, dass der Geldunterhaltspflichtige (andere) Elternteil im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit grundsätzlich auch für einen Sonderbedarf des Kindes aufkommen muss. Ein Ausgleich der Sonderbedarfskosten zwischen dem das Kind im eigenen Haushalt betreuenden Elternteil und dem allein geldunterhaltspflichtigen Elternteil ist aber dann gerechtfertigt, wenn es sich - wie im vorliegenden Fall - um einen zumindest zum Teil zum Betreuungsbereich gehörenden Sonderbedarf handelt (6 Ob 643/95; 4 Ob 77/99y; RIS-Justiz RS0047553; Neuhauser in Schwimann ABGB3 § 140 Rz 19). Da die Mutter im vorliegenden Fall durch die schulbedingte Abwesenheit des Minderjährigen entlastet wird, hat auch sie - wenn auch mit einem geringeren Anteil als der geldunterhaltspflichtige Vater - zu den Kosten des Sonderbedarfs beizutragen. Infolge Entlastung von ihrer Betreuungs- und Verpflegungstätigkeit steht ihr Geld für „Sonderausgaben" zur Verfügung, das bei einer „normalen" Betreuung nicht vorhanden wäre (1 Ob 143/02i).
4. Der Regelunterhalt betrug für den Minderjährigen im Zeitraum 2007/2008 378 EUR (Gitschthaler, Unterhaltsrecht2 Rz 262). Der von ihm begehrte Sonderbedarf in Höhe der halben Internatskosten (170 EUR) findet in der 52 EUR betragenden Differenz zwischen Regelbedarf und laufender Unterhaltsleistung keine gänzliche Deckung. Das Rekursgericht gelangte zur Ansicht, es sei für den Minderjährigen - auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Mutter, zu den Internatskosten anteilig beizutragen - unmöglich, die (verbleibenden) Kosten zu tragen. Nun muss sich der festzusetzende Unterhalt insgesamt, also unter Einschluss des Sonderbedarfs, im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen halten. Dem Unterhaltspflichtigen muss stets ein zur Deckung der seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse entsprechender Betrag verbleiben (SZ 63/121; SZ 68/38; 10 Ob 61/05a). Im vorliegenden Fall wird die „Prozentsatzkomponente" bereits durch den vom Vater (freiwillig) geleisteten Beitrag zu den Internatskosten von 100 EUR beträchtlich überstiegen. Das Rekursgericht ließ unberücksichtigt, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Überschreitung der „Prozentsatzkomponente", der das Hauptgewicht bei der Unterhaltsbemessung zukommt (EFSlg 67.737) nur bei existenznotwendigem Sonderbedarf oder bei besonders förderungswürdigen Kindern zulässig ist (2 Ob 89/03g; 1 Ob 143/02i; 7 Ob 101/99z ua). Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben wären, könnte es zum Zuspruch auch der darüber hinaus begehrten 70 EUR monatlich kommen. Von einer Existenznotwendigkeit des Besuchs der Höheren Bundeslehranstalt kann aber nicht die Rede sein; dass der Minderjährige über besonders förderungswürdige Begabungen verfügte, denen allein durch den Besuch dieses Schultyps Rechnung getragen werden könnte, hat das Verfahren nicht ergeben. Allein sein Wunsch, gerade diese Schule zu besuchen, weil die dort vermittelten Lerninhalte seinen Interessen und Neigungen entgegenkommen, vermag dieses Kriterium nicht zu ersetzen. Gegen eine weitere Erhöhung des vom Vater ohnehin zu leistenden Sonderbedarfs spricht außerdem, dass die gesonderte Abgeltung von Sonderbedarf immer nur Ausnahmecharakter haben soll (Neuhauser aaO Rz 35 mwN).
Durch den vom Vater mit 100 EUR anerkannten und vom Erstgericht in dieser Höhe festgesetzten „besonderen Unterhaltsbeitrag" wird dessen Leistungsfähigkeit nicht über Gebühr in Anspruch genommen; er entspricht dem Erfordernis, dass dem Vater ein zur Deckung der seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnissen entsprechender Betrag zu verbleiben hat (RIS-Justiz RS109907).
5. Durch die dem Minderjährigen monatlich zukommende (den Regelbedarf übersteigende) Unterhaltsleistung des Vaters von 430 EUR zuzüglich weiterer 100 EUR monatlich zur Abdeckung des Sonderbedarfs ist auch in ausreichender Weise gewährleistet, dass der Minderjährige an den gehobenen Lebensverhältnissen des Vaters teilnimmt.
In der Entscheidung 4 Ob 96/08h blieb die vom Rekursgericht aufgeworfene Frage nach der Berechtigung der „Differenzjudikatur" im Hinblick auf das Postulat, der Unterhaltsberechtigte habe in Ansehung seiner vom Sonderbedarf unabhängigen „sonstigen" Unterhaltsbedürfnisse an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen teilzuhaben, unter Hinweis darauf dahingestellt, dass der dort zuerkannte Sonderbedarf die Differenz zwischen Regelbedarf und (höherer) Geldunterhaltspflicht überstieg und nur die Hälfte des tatsächlich entstandenen Sonderbedarfs als solcher geltend gemacht worden war. Beide Voraussetzungen treffen auch im vorliegenden Fall zu. Klarzustellen ist, dass bei Beurteilung der Frage, ob ein Teilnehmen an den gehobenen Lebensverhältnissen eines Unterhaltspflichtigen gewährleistet ist, der gesamte vom Unterhaltsverpflichteten geleistete Unterhaltsbeitrag zu berücksichtigen ist, auch wenn dieser (zweckgebundene) Leistungen für Sonderbedarf umfasst, die dem Unterhaltsberechtigten nicht zur freien Verfügung stehen. Ein „Aufsplitten" des Unterhaltsbeitrags in Leistungen zur Befriedigung des „sonstigen" Unterhaltsbedarfs und des (zweckgebundenen) Sonderbedarfs ist in diesem Zusammenhang nicht angezeigt, dient doch die Gesamtleistung an Unterhalt der Abdeckung aller (unterschiedlichen) Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten. Damit nimmt der Minderjährige auch in diesem Fall - weil der Unterhaltspflichtige zur Leistung eines „Sonderbedarfs" (zum Teil) in der Lage ist - an den gehobenen Lebensverhältnissen seines Vaters angemessen teil.
Dies führt zur Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichts im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.