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OGH vom 02.10.2013, 7Ob147/13p

OGH vom 02.10.2013, 7Ob147/13p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ. Doz. Dr. K***** N*****, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Agrargemeinschaft N*****, vertreten durch Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwalt in Villach, wegen Aufkündigung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 3 R 89/13t 14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hermagor vom , GZ 1 C 335/12x 10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Das Rekursgericht hat die Aufhebung des bisher durchgeführten Verfahrens als nichtig und die Zurückweisung der Aufkündigung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs mit der Begründung bestätigt, die als „Dienstbarkeitsurkunde-Neuregelungsplan“ bezeichnete Urkunde vom , auf die sich der Kläger berufe, sei ungeachtet ihrer Bezeichnung eine agrarbehördliche Regulierungsurkunde im Sinn des § 1 Abs 4 Kärntner Wald- und Weidenutzungsrechte Landesgesetz (K WWLG), LGBl Nr 15/2003 (über die Neuregelung von Nutzungsrechten) und wurzle im öffentlichen Recht, auch wenn sie auf einem Vergleich beruhe. Das Pachtverhältnis falle als agrarbehördliche Anordnung, die in einem genehmigten Übereinkommen getroffen worden sei, gemäß § 43 Abs 1 K WWLG in die Zuständigkeit der Agrarbehörden. Dieses Landesgesetz verweise die vom Kläger begehrte Veränderung (Beendigung) des Pachtverhältnisses ausdrücklich an die Verwaltungsbehörden. Der Rechtsweg (Gerichtsweg) sei daher unzulässig, weil § 43 K-WWLG eine bestimmte Verfahrensart für die Regelung festlege, was gemäß § 1 JN von den Gerichten zu beachten sei.

Der Zulassungsausspruch ist damit begründet, dass Judikatur zu der Frage fehle, „ob für die Klage auf (mit einem Räumungsbegehren verbundene) Kündigung eines Pachtverhältnisses, das in einem (im Zuge eines agrarbehördlichen Verfahrens geschlossenen) Übereinkommen festgehalten und (als Teil einer Regulierungsurkunde) agrarbehördlich genehmigt worden ist, der ordentliche Rechtsweg zulässig ist“. Dabei stelle sich die Frage, ob dem Kläger [nicht doch] eine materielle Entscheidung über die von ihm konkret erhobenen Ansprüche im Rechtsweg zugestanden werden müsse, weil die Kündigung eines Pachtverhältnisses und die Anordnung der Räumung einer Liegenschaft im Agrarverfahren nicht vorgesehen sei.

Der Kläger macht in seinem Revisionsrekurs zusammengefasst geltend, Agrarbehörden seien nicht zur Regulierung von Landpachtverhältnissen zuständig. Es handle sich daher um eine „bloße Protokollierung“ zivilrechtlicher Vereinbarungen, ohne „Kompetenzaneignung“, die zur Folge hätte, dass nicht (gerichtlich) gekündigt werden könnte. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 43 iVm § 1 K WWLG ergebe wegen der sonst grundrechtswidrigen Konsequenzen (Enteignung des Verpächters) , dass für die begehrte Aufkündigung der Rechtsweg zulässig sei.

Dem hält die Revisionsrekursbeantwortung entgegen, dass weder die „Dienstbarkeitsurkunde“ (im Einzelfall) noch die Bestimmung des § 43 K-WWLG unrichtig ausgelegt worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Zunächst ist auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach Streitigkeiten über den Bestand von Nutzungsrechten nach den agrarrechtlichen Bestimmungen durch ausdrückliche gesetzliche Anordnungen vor die Agrarbehörden verwiesen sind. Der Rechtsweg ist daher unabhängig davon unzulässig, ob solche Rechte aus dogmatischer Sicht zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Charakter haben. Dies betrifft nicht nur die Feststellung des Bestands, sondern auch des Nichtbestands einer Dienstbarkeit als begriffliches Gegenteil (RIS-Justiz RS0126194 [insb T 1] = 2 Ob 132/12v).

In der vorliegenden Klage wird ein seinem Wesen nach privatrechtlicher Anspruch geltend gemacht. Als Bestimmung, die eine Ausnahme von der grundsätzlich gegebenen Zuständigkeit der Gerichte anordnet, kommt hier § 43 K-WWLG in Betracht. Dessen Absatz 3 lautet:

„ Die Agrarbehörden haben auch außerhalb eines Verfahrens zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung von Nutzungsrechten unter Ausschluss des Rechtsweges über die Frage des Bestandes von Nutzungsrechten und über die Frage zu entscheiden, welche Liegenschaften berechtigt und verpflichtet sind. “

In der Entscheidung 4 Ob 102/10v hat der Oberste Gerichtshof zu den vergleichbaren Regelungen des Wald- und Weideservituten-Grundsatzgesetzes (WWSGG) und des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes (sbg EFRG) bereits aufgezeigt, dass wann immer sich ein Kläger auf ein Recht stützt, das in der Sache ein „Nutzungsrecht“ im Sinn des sbg EFRG ist die Rechtssache vor die Agrarbehörden gehört. Nutzungsrechte sind auch solche Rechte, die vor Inkrafttreten des Kaiserlichen Patents RGBl 1853/130 (Servitutenpatent) und damit notwendigerweise privatrechtlich begründet wurden.

Wortgleich wie in der zitierten Entscheidung wird auch hier der für die Zulässigkeit des Rechtswegs entscheidende Begriff des „Nutzungsrechts“ (dort in § 1 Abs 1 sbg EFRG [§ 1 Abs 1 WWSGG]) in § 1 Abs 1 K WWLG definiert (vgl auch § 1 Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten [WWSG]):

„ Nutzungsrechte (Einforstungsrechte) im Sinne dieses Gesetzes sind die in § 1 Z 1, Z 2 und Z 3 lit a des kaiserlichen Patentes vom 5. Juli 1853 bezeichneten Rechte, einschließlich der seit Erlassung dieses Patentes entstandenen Rechte gleicher Art, und zwar

a) alle wie immer bezeichneten Holzungs- und Bezugsrechte von Holz und sonstigen Forstprodukten in oder aus einem fremden Wald,

b) die Weiderechte auf fremdem Grund und Boden sowie

c) alle nicht unter lit a und lit b erfassten Feldservituten, bei denen das dienstbare Gut Wald oder der Waldkultur gewidmeter Boden ist, mit Ausnahme der Wegerechte “.

Einforstungsrechte können daher als öffentlich-rechtliche, dingliche, unwiderrufliche Nutzungsrechte an fremden Grundstücken bezeichnet werden, die durch eine sowohl öffentlich-rechtliche als auch privatrechtliche Elemente aufweisende „doppelte Rechtsnatur“ charakterisiert sind. Sie sind von zivilrechtlichen Dienstbarkeiten ebenso zu unterscheiden, wie von Rechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder lediglich auf bestimmte Zeit oder gegen jederzeitigen Widerruf gewährten Rechten ( Bachler/Haunold in Norer , Handbuch des Agrarrechts², 580).

Personalservituten, unregelmäßige Servituten und Scheinservituten können keine Einforstungsrechte sein ( Lang , Tiroler Agrarrecht II [1991], 43). Typische privatrechtliche Dienstbarkeiten unterliegen der Zuständigkeit ordentlicher Gerichte, außer sie sind mit urkundlichen Einforstungsrechten untrennbar verbunden ( Lang , aaO 50). Ders (aaO 55f) führt weiters aus, dass auch dann, wenn man von der Nichtausschließlichkeit des Öffentlichen Rechtes ausgehe, für eine rein privatrechtliche Begründung eines Weiderechts auf fremdem Grund und Boden kein Platz sei. Allerdings sei eine rein obligatorische Begründung, ohne verdinglichte Wirkung, eines Einforstungsrechts nicht bewilligungspflichtig, weshalb in der Praxis oft Einforstungsrechte oder Grundstücke gepachtet würden.

Der Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass auch ein nach den einschlägigen Vorschriften geschlossener Regulierungsvergleich kein privatrechtlicher Vertrag ist. Die Rechtswirksamkeit eines Regulierungsvergleichs hängt vom Vorliegen einer behördlichen Genehmigung ab. Damit wird das den Gegenstand eines solchen Vergleichs bildende Rechtsverhältnis letztlich durch einen Hoheitsakt gestaltet (vgl ; ).

Nach dem festgestellten in dritter Instanz nicht mehr angreifbaren Sachverhalt geht es hier unstrittig um ein Weiderecht auf fremdem Grund und Boden. Aus der Vereinbarung ergibt sich weder eine zeitliche Begrenzung noch ein Widerrufsrecht. Auch die weiteren festgestellten Umstände, dass das fragliche Recht in einem Übereinkommen im Agrarverfahren begründet und das Übereinkommen von der Agrarbehörde genehmigt wurde, sprechen eindeutig dafür, dass es sich um ein Nutzungsrecht im Sinn des § 1 Abs 1 K WWLG handelt und über die Frage des Bestands gemäß § 43 Abs 3 K-WWLG die Agrarbehörden zu entscheiden haben. Demgemäß hat auch der Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung die Zuständigkeit der Agrarbehörden in dieser Angelegenheit grundsätzlich bejaht (Erkenntnis vom , 10 WWLG 42/7 2013).

Das haben bereits die Vorinstanzen im Einklang mit den Grundsätzen der zitierten Rechtsprechung erkannt. Der Revisionsrekurs des Klägers ist mangels Rechtsfrage nach § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Klägers hingewiesen.