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OGH 19.10.2004, 4Ob218/04v

OGH 19.10.2004, 4Ob218/04v

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schutzverband *****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Ulrich Sinnißbichler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs und die außerordentliche Revision der Beklagten gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Rekurs- und Berufungsgericht vom , GZ 6 R 137/04s-14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO); die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine wettbewerbswidrige Handlung vorliegt, wenn der Auftragnehmer eines durch Irreführung zustande gekommenen Vertrags über eine Einschaltung in einem Branchenverzeichnis den Auftraggeber zur Zahlung auffordert, dann aber von der Durchsetzung des Vertrags Abstand nimmt. In einem solchen Fall verblieben dem Auftragnehmer keine Früchte seines wettbewerbswidrigen Verhaltens.

Die Beklagte bezieht sich damit auf die Begründung des im Zusammenhang mit unzulässiger Erlagscheinwerbung ausgesprochenen Durchsetzungsverbots. Ausgehend davon, dass dem wettbewerbswidrig Handelnden keine Früchte seines unlauteren Verhaltens verbleiben dürfen, hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG handelt, wer Leistungsansprüche aus "irrtümlichen Vertragsabschlüssen", die auf einer planmäßigen Vorgangsweise bei der Kundenwerbung beruhen, durchzusetzen versucht (4 Ob 1/02d = ÖBl 2003/8- Internet-Branchenverzeichnis mwN; s auch 4 Ob 198/02z = MR 2003, 52 - Öffentliches Handels- und Gewerberegister).

Für die Beurteilung als sittenwidrig genügt es damit, dass der Auftragnehmer versucht, seine Leistungsansprüche durchzusetzen; ob und aus welchen Gründen er letztlich erfolglos bleibt, spielt keine Rolle. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Beklagte durch ihren Rechtsvertreter unter Klagedrohung und ohne Hinweis auf die fehlende Verbindlichkeit bei irrtümlicher Unterfertigung Zahlung von Unternehmen verlangt, mit denen durch Rücksendung des "Korrekturabzugsformulars" ein Vertrag zustande gekommen ist. Bereits damit hat sie versucht, Leistungsansprüche durchzusetzen und damit im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung wettbewerbswidrig gehandelt.

Als weitere erhebliche Rechtsfrage macht die Beklagte geltend, dass Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn in jenen Fällen fehle, in denen die Klage von einem im Sinne des § 14 UWG aktiv legitimierten Verband erhoben wird. Es bestünden erhebliche Rechtssicherheitsbedenken, dass ein Verband klagen könne, obwohl der Anspruch des ursprünglich Berechtigten bereits verjährt sei.

Die Beklagte verkennt damit, dass die Klagebefugnis nach § 14 UWG unabhängig davon besteht, auf wen sich die wettbewerbswidrige Handlung unmittelbar ausgewirkt hat. Der durch eine wettbewerbswidrige Handlung Geschädigte ist daher auch nicht der "ursprünglich Berechtigte". Klagefugt sind in erster Linie die Mitbewerber, und zwar unabhängig davon, ob sie durch die wettbewerbswidrige Handlung tatsächlich einen Nachteil erlitten haben. Für sie (das Gesetz spricht vom "Anspruchsberechtigten") beginnt die Verjährungsfrist, ebenso wie für einen zur Klage legitimierten Verband, gemäß § 20 Abs 1 UWG in dem Zeitpunkt, in dem sie von der Gesetzesverletzung und von der Person des Verpflichteten erfahren haben. Die Frage ist damit im Gesetz so klar gelöst, dass es keiner Rechtsprechung bedarf.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2004:0040OB00218.04V.1019.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAD-38738