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OGH vom 24.09.1998, 2Ob237/98m

OGH vom 24.09.1998, 2Ob237/98m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl R*****, vertreten durch Dr. Theo Feitzinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Österreichische Lotterien Gesellschaft mbH, 1030 Wien, Rennweg 44, vertreten durch Dr. Barbara Hoffmann-Schöll, Rechtsanwältin in Wien, wegen Abschluß eines Vertrages, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 15 R 188/97w-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 23 Cg 189/96z-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

8.370 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.395, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am verstorbene Schwester des Klägers betrieb mit einem Standort in Wien eine Tabak-Trafik, welche seit an das Online-System der beklagten Partei angeschlossen und somit neben dem Vertrieb von Brieflosen mit dem Zahlenlottospiel ausgestattet war. Nach ihrem Tod wurde die Trafik geschlossen, die Online-Anlage nicht mehr betrieben.

Aufgrund der Bewerbung des Klägers um die Verleihung der früher von seiner Schwester geführten Trafik wurde ihm durch die Austria Tabakwerke AG mit Schreiben vom mitgeteilt, daß die Entscheidung über die Nachbesetzung des Standortes von der Weiterbesetzung als Lotto-Annahmestelle abhänge.

Mit Schreiben vom ersuchte der Kläger die beklagte Partei um Neueröffnung bzw Weiterführung der Lotto-Toto-Annahmestelle, was von der beklagten Partei aber unter Hinweis auf betriebswirtschaftliche Überlegungen abgelehnt wurde.

Die Online-Anlage wurde im März 1996 durch die beklagte Partei demontiert. Eine derartige Anlage kostet 100.000 S, die Kosten für postamtliche Bewilligungen betragen zwischen 8.000 S und 9.000 S; weiters entstehen jährliche Kosten von rund 7.000 S, die nicht auf den Betreiber der Anlage überwälzt werden können.

Im Falle der Übernahme oder Neueröffnung einer Online-Anlage wird zwischen dem jeweiligen Betreiber und der beklagten Partei üblicherweise ein auf sechs Monate befristeter Vertrag geschlossen, dessen Verlängerung davon abhängig gemacht wird, daß ein Umsatzzuwachs und nicht bloß eine Umsatzverteilung zu Lasten bereits bestehender Anlagen eintritt.

In einer Entfernung von rund 200 m bis 500 m vom Standort der Trafik, die von der Schwester des Klägers betrieben wurde, befinden sich zumindest fünf weitere Annahmestellen. Im Zeitraum nach Auflösung der gegenständlichen Annahmestelle bis März 1997 ergab sich ein prozentueller Rückgang des Gesamtumsatzes der Trafiken in Wien, insbesondere in dem Bezirk, in dem die von der Schwester des Klägers betriebene Trafik den Standort hatte. Die Annahmestellen im Umfeld dieses Standorts verzeichneten jedoch Zuwächse bei den Gesamtumsätzen. Eine neuerliche Inbetriebnahme des Standortes würde zu einer Umverteilung bereits vorhandener Umsätze, nicht jedoch zu einer Umsatzsteigerung führen.

Der Kläger begehrt, die beklagte Partei für schuldig zu erkennen, mit ihm die unter den Beilagen A und B als integrierende Bestandteile der Klage angeschlossenen Verträge abzuschließen. Er brachte dazu vor, die Trafik sei während der Führung durch seine Schwester an das Online-System der beklagten Partei angeschlossen und eine Annahmestelle für Brieflose und Zahlenlotto gewesen. Nach dem Tod seiner Schwester habe er sich um die Verleihung der Tabak-Trafik beworben, doch habe die Austria Tabak-Werke AG die Nachbesetzung von der "Weiterbesetzung" der Trafik als Lotto-Annahmestelle abhängig gemacht. Ein von seiner Schwester für das angekaufte Trafikunternehmen aufgenommenes Darlehen hafte mit rund 850.000 S unberichtigt aus, wofür neben anderen Angehörigen auch er hafte. Die beklagte Partei habe die Eröffnung einer Annahmestelle und den Abschluß entsprechender Verträge abgelehnt und die Online-Anlage demontiert. Es sei ihm daher nicht möglich, die Voraussetzungen für die Verleihung der Verschleißbefugnis für die Tabak-Trafik zu erfüllen. Das Verhalten der beklagten Partei, die eine marktbeherrschende Monopolstellung innehabe, sei sittenwidrig und stelle eine unzulässige Zwangsausübung dar.

Die beklagte Partei wendete ein, die Verweigerung des Vertragsabschlusses beruhe auf betriebswirtschaftlichen Erwägungen. Der Kläger habe sich erst 13 Monate nach dem Tod seiner Schwester um die Neueröffnung einer Lotto-Toto-Annahmestelle beworben. Zwischenzeitig seien die Kunden auf die umliegenden Annahmestellen ausgewichen. Eine Neueröffnung am alten Standort würde nur zu Lasten der bestehenden Annahmestellen zu einer Umsatzverschiebung, nicht jedoch zu einer für die Eröffnung einer Annahmestelle notwendigen Umsatzerhöhung führen. Ein rechtliches Junktim zwischen der Berechtigung zur Führung einer Tabak-Trafik und dem Abschluß von Annahmestelleverträgen bestehe nicht. Es bestehe für die beklagte Partei auch kein Kontrahierungszwang. Der Kläger sei bisher nicht als Trafikant tätig gewesen, sondern es stehe ihm als Inhaber eines Gasthauses eine Einnahmenquelle zur Verfügung.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die beklagte Partei unterliege keinem Kontrahierungszwang. Die Verweigerung des vom Kläger angestrebten Vertragsabschlusses sei nicht sittenwidrig, weil sie auf betriebswirtschaftlichen Erwägungen beruhe.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

Auch das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen eines Kontrahierungszwanges für die beklagte Partei. Gemäß § 16 Abs 12 GSpG habe die beklagte Partei als Konzessionär den Vertrieb der Klassenlotterie und das Zahlenlotto über Geschäftsstellen der Klassenlotterie und über Lottokollekturen durchzuführen. Gemäß § 16 Abs 14 leg cit seien bei Abschluß von Verträgen für Spiele Tabakverschleißgeschäfte bevorzugt zu berücksichtigen, wenn sie von den im einzelnen näher bezeichneten Personen betrieben werden. Bei der Vergabe sei insbesondere auf die für einen befriedigenden Vertrieb erforderliche Geschäftstüchtigkeit, die Verfügung über voll entsprechender Geschäftsräumlichkeiten sowie die günstige örtliche Lage Bedacht zu nehmen. Die Bestimmung des § 16 Abs 12 GSpG (richtig wohl: Abs 14) begründe keinen Kontrahierungszwang des Konzessionärs mit Betreibern von Tabakverschleißgeschäften, die dem begünstigten Personenkreis angehören. Der Konzessionär könne weder gezwungen werden, wirtschaftlich unrentable Annahmestellen zu eröffnen bzw aufrechtzuerhalten, noch treffe ihn eine Verpflichtung, bei der Vergabe von Annahmestellen Betreiber von Tabakverschleißgeschäften, die dem begünstigten Personenkreis angehören, zu bevorzugen, wenn wirtschaftlich bessere Annahmestellen im Bereich des jeweiligen Standortes zur Verfügung stehen, oder wenn die Betreiber dieser Standorte besser geeignet sind. Die Beurteilung der wirtschaftlichen Gegebenheiten sowie der persönlichen Eignung der Annahmestellenwerber falle ausschließlich in die Privatautonomie des Konzessionärs. Lediglich dann, wenn dieser in seiner Beurteilung zu dem Ergebnis komme, daß er an einem bestimmten Standort eine Annahmestelle eröffnen wolle, und weiters, daß der Standort und die persönliche Eignung des dem begünstigten Personenkreis angehörenden Annahmestellenwerbers dem Standort und der pesönlichen Eignung eines anderen Bewerbers gleichartig sei, habe der Konzessionär die Annahmestelle an den Begünstigten zu vergeben.

Gemäß § 14 GSpG komme der beklagten Partei als Konzessionär zur Ausübung von Glücksspielen eine Monopolstellung zu. Da sie aber kein Versorgungsunternehmen betreibe, das zur Befriedigung lebenswichtiger Bedürfnisse einem allgemeinen Kontrahierungszwang unterliege, bestehe grundsätzlich kein solcher. Nach Lehre und Rechtsprechung bestehe aber - von den gesetzlich geregelten Fällen abgesehen - ein allgemeiner Kontrahierungszwang dann, wenn die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität diesem die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gebe. Die Pflicht zum Vertragsabschluß werde auch dort bejaht, wo ein Unternehmen eine Monopolstellung innehabe und diese durch Verweigerung des Vertragsabschlusses sittenwidrig ausnütze. Der Monopolist könne aber aus sachlich gerechtfertigten Gründen einen Vertragsabschluß ablehnen. Eine tatsächliche Monopolstellung begründe unter anderem dann einen Kontrahierungszwang, wenn eine Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Anbieters drohe.

Die beklagte Partei habe den Vertragsabschluß mit dem Kläger mit der Begründung verweigert, daß die Neueröffnung einer Annahmestelle nur zu einer Umsatzverschiebung zu Lasten der umliegenden Annahmestellen führen würde, sie habe daher sachliche Gründe gehabt.

Anders sei die Regelung bei der Vergabe einer Tabakverschleißbefugnis. Gemäß § 26 Abs 1 TabMG bestehe für einen Angehörigen des bisherigen Inhabers einer Tabak-Trafik ein Rechtsanspruch auf Vergabe des frei gewordenen Tabakverschleißgeschäftes, wenn die Voraussetzungen der Abs 3 bis 5 vorlägen und beim Bewerber kein Ausschließungsgrund nach § 24 leg cit vorliege.

Der Einwand des Klägers, er werde bei Nichtabschluß der Verträge mit der beklagten Partei seiner Existenzgrundlage beraubt, verstoße gegen das Neuerungsverbot.

Auch seine Hinweise auf das europäische Recht sowie die Rechtstellung des Monopolisten und den Kontrahierungszwang seien nicht stichhältig, weil es hier um die Ausübung des innerstaatlichen Glückspielmonopoles gehe. Auf rein innerstaatliche Sachverhalte seien aber nach ständiger EuGH-Judikatur die EG-Grundfreiheiten nicht anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des EuGH dürften das Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens bzw die dieses ermöglichenden gesetzlichen Bestimmungen den zwischenstaatlichen Handel und den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes potentiell nicht beeinträchtigen. Das Lotteriewesen habe jedoch keine Bedeutung für die übrige Wirtschaft, weil es keine für andere Bereiche wesentlichen Leistungen zur Verfügung stelle, sondern allein der Befriedigung des Spieltriebes der Konsumenten und dessen Lenkung in ordnungsgemäße Bahnen diene. Die Regelung des § 3 iVm §§ 14 ff GSpG beschränkte den Wettbewerb im Lotteriewesen innerhalb von Österreich, darüber hinaus gebe es jedoch keinerlei Auswirkungen, die potentiell das Lotteriewesen der übrigen EG-Mitgliedstaaten oder den Wettbewerb im Binnemarkt in einer anderen Branche beeinträchtigen könnten.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zur relevanten Rechtsfrage, inwieweit eine Weigerung der beklagten Partei zum Vertragsabschluß sachlich gerechtfertigt sei, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Kläger macht in seinem Rechtsmittel geltend, er habe bereits in der Klage vorgebracht, daß die Eröffnung der Tabak-Trafik, also seine wirtschaftliche Existenz, von der Zustimmung der Beklagten zum Fortbetrieb des auch bisher bestandenen Online-Systems abhängig sei. Das gesamte Verfahren habe nichts anderes zum Gegenstand gehabt, als die Begründung der wirtschaftlichen Existenz und die Ermöglichung der Aufnahme einer Verschleißtätigkeit. Die von der beklagten Partei eingewendeten betriebswirtschaftlichen Erwägungen stellten keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für die Zurückweisung des Vertragspartners dar. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen zeige sich, daß sein Interesse an der Herstellung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage ungleich größer sei, als ein offenbar nur in der Umverteilung des Umsatzes erblickter Nachteil der beklagten Partei. Den Bestimmungen über die Vergabe von Verschleißbefugnissen für Tabakwaren wohne eine wesentliche soziale Komponente inne und diene die Verleihung solcher Befugnisse der wirtschaftlichen Sicherung bestimmter, vom Gesetz begünstigter Personen. Die Verknüpfung der Übertragung von Berechtigungen zum Verschleiß und somit zur Führung von Tabak-Trafiken mit der Glückspielbeteiligung weise für sich allein schon auf die Problematik der Monopolstellung des Glückspielbetriebes hin. Die beklagte Partei entscheide geradezu über die Teilnahme oder Nichtteilnahme an den besonderen Begünstigungen der Sozialgesetzgebung und die darin begründete Existenzfrage des Berechtigten. Die vom Erstgericht festgestellten wirtschaftlichen Gegebenheiten reichten als Begründung für eine Zurückweisung des Vertragsanspruches nicht aus. Durch das Verhalten der beklagten Partei werde er einer gesetzlich gewährleisteten Versorgungseinrichtung und damit seiner Existenzgrundlage beraubt, weil die einzige im Inland bestehende Unternehmung in Ausübung ihrer Monopolstellung den Anschluß an das öffentliche Lotteriespielsystem verwehre. Wollte man bei der Beurteilung des Bedarfes von Annahmestellen nur auf ein kaufmännisch errechnetes Umsatzverhältnis abstellen, müßte mit der geringsten Anzahl von Glückspielplätzen das Auslangen gefunden werden, weil für die Beteiligung am Glückspiel durch die interessierten Verkehrskreise auch wesentlich weitere Anlaufwege als zu den derzeit bestehenden Einrichtungen in Kauf genommen würden. Betrachte man die wechselseitigen Interessen der Vertragspartner und deren Möglichkeit der Fremdbestimmung, ergebe sich, daß die beklagte Partei mit ihrer Weigerung zum Vertragsabschluß zugleich den Vertrag für die Sicherung der klägerischen Existenz zu Fall bringe, ohne daß er darauf Einfluß nehmen könne. Gerade darin dokumentiere sich die Sittenwidrigkeit des Alleinanbieters unter Ausübung seiner Monopolstellung. Zu der bisherigen Lehre und Rechtsprechung über die sittenwidrige Ausübung einer wirtschaftlichen Vormachtstellung aufgrund von Monopolen im Inland komme die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Dieser habe ausgesprochen, daß Art 86 EGV nicht den Nachweis verlange, daß das mißbräuchliche Verhalten den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten tatsächlich spürbar beeinträchtigt habe, es genüge der Nachweis, daß das Verhalten geeignet sei, eine derartige Wirkung zu entfalten. Wenngleich das Lotteriewesen den zwischenstaatlichen Handel und den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes derzeit nicht beeinträchtige, sei keineswegs ausgeschlossen, daß potentiell künftig sowohl die beklagte Partei als auch andere Mitbieter in den Binnenmarkt eintreten. Soweit das Berufungsgericht daher vermeine, daß die beklagte Partei den Markt potentiell nicht beeinflusse, gelte dies für den gegenwärtigen Zustand, nicht aber für eine mögliche spätere Ausweitung der Unternehmung in den Binnenmarkt.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Zur Frage des Kontrahierungszwanges hat der Oberste Gerichtshof erst

vor kurzem in der Entscheidung 4 Ob 214/97t (= EvBl 1998/22 = MR

1997, 328 = RdW 1998, 187 = WBl 1998, 96) ausgeführt, daß im Schuldrecht grundsätzlich das Prinzip der Vertragsfreiheit gilt; es stehe also im Belieben der Parteien, ob und wem sie kontrahieren wollen. Diese Freiheit werde nur in den Fällen des "Kontrahierungszwangs" ausnahmsweise durchbrochen. Neben den gesetzlich geregelten Fällen eines Kontrahierungszwanges bestehe nach Lehre und Rechtsprechung darüber hinaus ein "allgemeiner" Kontrahierungszwang. So habe der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf die grundlegenden Lehren Nipperdeys (Kontrahierungszwang und diktierter Vertrag 61) und auf F Bydlinski (Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes 170) ausgesprochen, daß ein solcher Kontrahierungszwang überall dort anzunehmen ist, wo die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität diesem die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gibt. Die Pflicht zum Vertragsabschluß werde aber auch dort bejaht, wo ein Unternehmen eine Monopolstellung innehat und diese Stellung durch Verweigerung des Vertragsabschlusses sittenwidrig ausnützt. Allerdings könne auch der Monopolist nicht gezwungen werden, jeden von einem Dritten gewünschten Vertrag abzuschließen; er könne vielmehr aus sachlich gerechtfertigten Gründen einen Vertragsabschluß ablehnen (SZ 44/138; SZ 59/130; MR 1991, 121; F Bydlinski, Zu den dogmatischen Grundlagen des Kontrahierungszwangs, AcP 1980, 1 [41]).

Diesen Ausführungen schließt sich auch der erkennende Senat an. Daraus folgt, daß die beklagte Monopolistin zwar nicht unbegründet den Vertragsabschluß mit dem Kläger ablehnen darf, sie kann aber aus sachlich gerechtfertigten Gründen einen solchen verweigern (RIS-Justiz RS0106571). Derartige Gründe liegen hier auch vor. Die beklagte Partei hat den Vertragsabschluß mit dem Kläger keinesfalls abgelehnt, um dessen wirtschaftliche Existenz zu vernichten (siehe hiezu ÖBl 1974, 105), sondern vielmehr, um die Interessen ihrer Vertragspartner zu schützen. Nach den Feststellungen würde ja der Vertragsabschluß mit dem Kläger eine Umsatzeinbuße der anderen Vertragspartner zur Folge haben. Nun kann es aber nicht als unsachlich angesehen werden, wenn der Monopolist den Abschluß eines Vertrages aus der Erwägung ablehnt, daß dadurch in die Intertessen bereits vorhandener Vertragspartner eingegriffen wird, und zwar unabhängig davon, ob eine Verpflichtung zur Wahrung dieser Interessen besteht. Etwas anderes wird nur gelten, wenn der Abschluß des Vertrages notwendig ist, um die Versorgung mit bestimmten Waren oder Leistungen sicherzustellen. Dies trifft hier aber nicht zu. Durch die räumliche Nähe von zumindest fünf weiteren Annahmestellen ist eine ausreichende Versorgung der Spieler gewährleistet.

Schließlich darf auch nicht übersehen werden, daß nicht etwa (zB durch eine Liefersperre) ein bereits bestehendes Unternehmen vernichtet wird, sondern daß dem Kläger aus sachlichen Gründen die Gründung eines solchen verwehrt wird. Der Kläger kann den Vertragsabschluß mit der beklagten Partei auch nicht allein mit der Begründung erzwingen, daß andernfalls das Tabakverschleißgeschäft seiner verstorbenen Schwester nicht an ihn vergeben wird, wenn sachliche Gründe dem entgegenstehen. Es ist auch nicht richtig, daß die Übertragung der Berechtigung zum Betrieb eines Tabakverschleißgeschäftes nach dem Gesetz mit der Glückspielberechtigung verknüpft ist.

Daraus folgt, daß die Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach die beklagte Partei zum Vertragsabschluß mit dem Kläger nicht gezwungen werden kann, zutreffend ist. Auch die Berufung des Klägers auf Art 86 EGV versagt. Nach dieser Bestimmung ist die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Es genügt die Möglichkeit einer Behinderung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten, "indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird" (Geiger, EG-Vertrag2 Rz 12 zu Art 86 mN). Zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten sind aber nur solche Praktiken geeignet, deren tatsächliche oder voraussichtliche Wirkungen sich nicht auf das Gebiet eines einzelnen Mitgliedstaates beschränken. Betrifft der Mißbrauch einen lokalen oder regionalen Markt, so greift das Verbot des Art 86 EGV nicht ein (Schröter in von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag4 Rz 236 zu Art 86 mwN). Selbst wenn der beklagten Partei eine beherrschende Stellung auf einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes unterstellt, so läßt die hier inkriminierte Maßnahme keinerlei Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat erkennen. Der Kläger kann daher auch aus Art 86 EGV keine für ihn günstigen Rechtsfolgen ableiten, weshalb seiner Revision keine Folge zu geben war.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.