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OGH vom 27.08.2015, 1Ob148/15v

OGH vom 27.08.2015, 1Ob148/15v

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** P*****, vertreten durch Mag. Paolo Caneppele, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei P***** W*****, vertreten durch Dr. Christof Herzog, Rechtsanwalt in Feldkirchen, wegen Feststellung des Bestands einer Dienstbarkeit und Einverleibung (Streitwert 6.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 89/15p 20, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts St. Veit an der Glan vom , GZ 3 C 292/14m 16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, zumal auch nicht ersichtlich ist, inwieweit es für den Rechtsstandpunkt des Klägers günstig gewesen wäre, wenn sich das Berufungsgericht mit dem Vorhandensein zweier unterschiedlicher Rohrleitungen explizit auseinandergesetzt hätte.

Die Frage nach einer allfälligen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen unterlassener Zustellung des Protokolls über die Berufungsverhandlung, ist schon deshalb unbeachtlich, weil der Revisionswerber die mögliche Relevanz dieses Umstands für das Verfahrensergebnis nicht einmal abstrakt darlegt. Dazu wäre er nicht nur wegen der im Berufungsurteil enthaltenen Hinweise auf die Geschehnisse in der Berufungsverhandlung (Beweiswiederholung durch Verlesung des Verwaltungsakts), sondern insbesondere deshalb gehalten, weil er durch seinen Prozessvertreter an dieser Verhandlung teilgenommen hat.

2. Der Revisionswerber betont die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen der im Zusammenhang mit der 1983 erteilten Genehmigung von technischen Änderungen an der Wasserkraftanlage neu verlegten Druckrohrleitung und der früheren etwa einen Meter entfernt davon verlaufenden Verrohrung, die keinen eigentlichen Leitungszwecken mehr dient. Inhaltlich setzt er sich allein mit der Frage der Ersitzung einer Wasserleitungsdienstbarkeit in Bezug auf die neue Rohrleitung auseinander, womit sich ein Eingehen auf die alte Rohrleitung erübrigt.

3. Jede Ersitzung setzt gemäß § 1463 Satz 1 ABGB die Redlichkeit des Besitzes voraus. Geht es um die Eigentumsersitzung, ist nach § 326 ABGB redlich, wer die Sache aus wahrscheinlichen Gründen für die seinige hält, also einen gültigen Titel für den Eigentumserwerbs annimmt. Für die Ersitzung sonstiger Rechte muss sich der gute Glaube des Ersitzenden auf das Bestehen der betreffenden Berechtigung beziehen. Stets muss der gute Glaube während der gesamten Ersitzungszeit vorliegen. Ist jemand zwar ursprünglich redlich, erlangt er aber noch vor Ablauf der Ersitzungsfrist Kenntnis von der Unrechtmäßigkeit oder zumindest Kenntnis von Umständen, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit hervorrufen müssen, kommt eine Ersitzung nicht in Betracht (vgl nur die Judikaturnachweise bei Meissel in KBB 4 § 1463 ABGB Rz 1).

4. Voraussetzung für die vom Kläger behauptete Ersitzung einer (zeitlich unbeschränkten) Dienstbarkeit des Wasserleitungsrechts über Grundstücke des Beklagten in Bezug auf die zuletzt verlegte Druckrohrleitung wäre also die (ausreichend begründete) Annahme des Klägers, ihm sei eine entsprechende Servitut eingeräumt worden. Worin dieser gute Glaube begründet sein sollte, wird in der Revision allerdings nicht nachvollziehbar ausgeführt. Der bloße Hinweis darauf, dass die Rohrleitungsführung durch mehr als 30 Jahre erfolgt sei, ohne dass dafür Geld bezahlt oder verlangt worden wäre, vermag insbesondere nicht zu erklären, aus welchem Grund der Kläger meint, von einer zeitlich unbefristeten Gestattung ausgehen zu dürfen.

Im vorliegenden Fall wurde im wasserrechtlichen Bescheid vom unter anderem ausgesprochen, dass mit Rechtskraft dieses Bescheids zugunsten des Wasserberechtigten die erforderlichen Dienstbarkeiten iSd § 63 lit b WRG, soweit durch die Anlage fremde Grundstücke berührt werden, als gemäß § 111 Abs 4 WRG eingeräumt anzusehen sind. Wollte man in diesem Vorgang die Begründung einer Wasserleitungsservitut sehen (vgl dazu nur Oberleitner/Berger , WRG ON 1.02 § 111 Rz 19 f), konnte dies vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass diese Servitut mit der wasserrechtlichen Bewilligung eng zusammenhängt und dem Kläger keineswegs Rechte zustehen sollen, die über das notwendige Ausmaß hinausgehen. Spätestens mit dem Ergänzungsbescheid aus dem Jänner 1993, mit dem nachträglich klargestellt wurde, dass das Wasserrecht nur befristet, nämlich bis zum , eingeräumt wird, bestand für den Kläger keinerlei Grund (mehr) zur Annahme, zugunsten seiner Liegenschaft bestünde eine nicht nur unentgeltliche, sondern auch zeitlich unbefristete Berechtigung die Druckrohrleitung über Grundstücke des Beklagten zu führen.

Insgesamt sind die Revisionsausführungen daher in keiner Weise geeignet, die Auffassung des Berufungsgerichts, er habe eine (dauerhafte) Dienstbarkeit der Wasserleitung nicht ersessen, zu erschüttern. Wenn der Revisionswerber die Frage aufwirft, ob eine „zwar kraft Gesetzes gemäß § 111 Abs 4 WRG bescheidmäßig festgestellte Dienstbarkeit der Wasserleitung eine vorherige rechtsgeschäftliche eingeräumte Dienstbarkeitsvereinbarung derogiert oder noviert“, führte er in diesem Zusammenhang den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig aus. Insbesondere ist seinen Erörterungen nicht nachvollziehbar zu entnehmen, inwieweit die angesprochene Frage in einer für seinen Rechtsstandpunkt günstigen Weise zu lösen wäre und aus welchen Sachverhaltselementen sich eine solche Lösung ergeben könnte. Schon gar nicht vermag er damit eine unvertretbare Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00148.15V.0827.000