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OGH vom 28.05.1991, 5Ob530/91

OGH vom 28.05.1991, 5Ob530/91

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Decia K*****, Private, ***** 1010 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Mosing, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Peter K*****, Administrateur, Anschrift unbekannt, vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe, Ehenichtigkeit oder Eheaufhebung, infolge

ao. Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 43 R 3029/90-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 5 C 8/90-17, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit S 4.077,-- (einschließlich S 679,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile schlossen am vor dem Standesamt Wien-Margareten (eingetragen unter Nr. 111/1986) die Ehe.

Die Klägerin begehrt die Feststellung dieser Ehe als Nichtehe, hilfsweise deren Nichtigerklärung oder Aufhebung. Der Beklagte, der ungarischer Staatsbürger, Staatsbürger der USA und zuletzt auch belgischer Staatsbürger sei, habe sich vor der Eheschließung als geschieden (vor dem Standesbeamten als ledig) ausgegeben, obwohl seine frühere Ehe noch aufrecht gewesen sei.

Die Klägerin sei belgische Staatsbürgerin (ON 1).

Der Beklagte wendete den Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit ein; keiner der Streitteile sei österreichischer Staatsbürger. Es habe nie einen gemeinsamen Wohnsitz der Streitteile in Österreich gegeben (ON 3 und 9).

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Frage der Zuständigkeit und der inländischen Gerichtsbarkeit ein (ON 3). Nach Aufnahme der Urkundenbeweise und Einvernahme der Klägerin als Partei (ON 9) wurde die Tagsatzung zur Einvernahme des Beklagten im Rechtshilfeweg auf unbestimmte Zeit erstreckt. Dieses Rechtshilfeersuchen blieb erfolglos, weil sich nach Mitteilung des belgischen Gerichtes der Beklagte nicht in Belgien aufhalte (AS 61).

Daraufhin hat das Erstgericht mit Beschluß ON 17 seine Unzuständigkeit ausgesprochen (Punkt 1.) und die Klage unter gleichzeitiger Nichtigerklärung des bisherigen Verfahrens kostenpflichtig "abgewiesen" (Punkt 2.).

Das Erstgericht stellte fest, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung und auch jetzt belgische Staatsangehörige sei. Sie habe Wohnsitz bzw. ständigen gewöhnlichen Aufenthalt in Belgien. Lediglich im Jänner 1989 habe sie sich in Wien 1., ***** als Zweitwohnsitz gemeldet. Auch der Beklagte habe zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besessen. Er sei im Jahre 1986 amerikanischer Staatsangehöriger gewesen und habe in der Zwischenzeit die belgische Staatsangehörigkeit erworben. Die Streitteile hätten weder zum Zeitpunkt der Eheschließung noch danach einen gemeinsamen ehelichen Wohnsitz im Inland gehabt. Der Beklagte sei im Jahre 1987 nach Belgien übersiedelt. Derzeit habe er im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt.

Die Voraussetzungen für eine Entscheidung in Ehesachen durch ein österreichisches Gericht seien daher gemäß § 76 Abs. 2 JN nicht gegeben. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin ab Jänner 1989 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Wien habe, weil dies nur für den Fall einer Nichtigkeitsklage gegen beide Ehegatten relevant wäre.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß mit der Maßgabe, daß dessen Punkte 1. und 2. insgesamt zu lauten hätten: "Die Klage wird zurückgewiesen." Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht verneinte das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrundes, der nach dem Standpunkt der Klägerin darin gelegen sein soll, daß das Erstgericht nach sichtlich überraschender Ergebnislosigkeit des Rechtshilfeersuchens die Entscheidung ohne neuerliche Anberaumung einer Tagsatzung traf.

Die inländische Gerichtsbarkeit für Ehesachen sei im § 76 Abs. 2 JN umfassend geregelt. Nicht überzeugend sei die Argumentation der Klägerin, wonach unabhängig von den in dieser Gesetzesstelle genannten zuständigkeitsbegründenden Momenten die österreichische Gerichtsbarkeit jedenfalls dann gegeben sei, wenn die inländische Eheschließung erschlichen worden sei, weil in einem solchen Fall das Bedürfnis bestehe, die erschlichene österreichische Eintragung und Heiratsurkunde durch eine österreichische Entscheidung zu beseitigen, die alleine eine weltweite Anerkennung sicherstelle. Hiezu komme nach Meinung der Klägerin noch, daß die Ablehnung der österreichischen Gerichtsbarkeit einer Rechtsverweigerung gleichkäme, da es angesichts der wechselnden Staatsbürgerschaften, Namen und Aufenthaltsorte des Beklagten unabsehbar sei, ob und in welchem ausländischen Staat eine Entscheidung erwirkt werden könnte, deren Anerkennung weltweit und insbesondere in Österreich zu erwarten wäre.

Entgegen der Meinung der Klägerin könne nicht gesagt werden, daß allein eine österreichische Entscheidung eine weltweite(!) Anerkennung sichere, weil dies von den jeweiligen zwischenstaatlichen Regelungen abhänge. Ginge man davon aus, daß die Klägerin belgische Staatsangehörige ist, und folgte man ihren Ausführungen und den Ausführungen der belgischen Behörden anläßlich der Erledigung des Rechtshilfeersuchens, wonach dem Beklagten am die belgische Staatsangehörigkeit zuerkannt wurde, wäre zweifelhaft, ob eine solche österreichische Entscheidung in Belgien anerkannt werden könnte: Nach dem Artikel 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechtes vom , BGBl.1961/287, sei Anerkennungsvoraussetzung, daß das Titelgericht im Sinne des Artikels 3 des Abkommens zuständig gewesen sein muß. Zuständig wäre das österreichische Gericht, wenn im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens einer der Streitteile Österreicher war (was nicht der Fall sei) oder jeder von ihnen belgischer Staatsangehöriger oder staatenlos gewesen wäre (erstens wäre der Fall, zweitens nicht) und Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gehabt hätte (was nach den gegenwärtigen Verfahrensergebnissen nicht hervorgekommen sei). Umgekehrt bedürfte eine belgische Entscheidung als Heimatsstaatentscheidung in Österreich nicht einmal einer bescheidmäßigen Feststellung gemäß § 24 Abs 1 der 4.DVEheG (§ 24 Abs 4).

Das Rekursgericht sehe sich daher zu einer Erweiterung der im § 76 Abs 2 JN angeführten Anknüpfungspunkte ("Gerichtsstand der Erschleichung der Eheschließung durch bewußt unrichtige Angaben", wie ihn die Rekursbeantwortung nennt) nicht veranlaßt.

Da keiner der Eheleute Österreicher oder staatenlos sei, ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt des Beklagten (auf den Wohnsitz komme es nicht an) im Inland weder behauptet werde noch sich ergeben habe, und schließlich die Klage (soweit sie Ehenichtigkeit geltend macht) nicht gegen beide Eheleute gerichtet sei, wäre die inländische Gerichtsbarkeit nur gegeben, wenn die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hätte und beide Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hätten (§ 76 Abs 2 Z 3 JN).

Der Aufenthalt einer Person bestimme sich ausschließlich nach tatsächlichen Umtänden; er hänge weder von der Erlaubtheit noch von der Freiwilligkeit des Aufenthaltes ab. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen sei, müßten seine Dauer und Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher und beruflicher Art berücksichtigt werden, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Der gewöhnliche Aufenthalt werde daher nur durch die körperliche Anwesenheit, nicht aber durch ein Willenselement bestimmt. Er setze aber dauerhafte, nicht nur vorübergehende Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt voraus, die sich in einer bestimmten längeren Dauer und Beständigkeit des Aufenthaltes äußern und sich auf objektiv überprüfbare Umstände persönlicher oder beruflicher Art gründen.

Eine vorübergehende Haushaltsführung begründe keine Zuständigkeit des gemeinsamen ehelichen Aufenthaltes gemäß § 76 JN. Es komme darauf an, ob der Ehegatte den Aufenthaltsort zum Mittelpunkt seines Lebens, seiner wirtschaftlichen Existenz und seiner sozialen Beziehungen machte (EFSlg.54.938 mwN). Der hier in Frage stehende Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne des § 76 Abs 2 JN komme dem des Wohnsitzes sehr nahe, er unterscheide sich von ihm im wesentlichen nur durch das Fehlen des Erfordernisses der Absicht, sich dauernd an diesem Ort aufzuhalten (EFSlg.29.894 zur diesbezüglich gleichen früheren Rechtslage).

Die Klägerin habe in der Klage vorgebracht, sie sei seit Jahren belgische Meisterin im Dressurreiten und habe "nunmehr" (so wörtlich) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in 1010 Wien, ***** (neben der Spanischen Hofreitschule), um hier mit ihren Pferden für die Europameisterschaften Ende des Jahres 1989 sowie auf die Weltmeisterschaften 1990 und auf die Olympischen Spiele 1992 zu trainieren; der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute sei Wien gewesen.

In ihrer Parteienvernehmung habe die Klägerin ausgesagt, sie sei etwa 1979 erstmalig nach Österreich gekommen und habe hier auch den Beklagten kennengelernt. Sie habe sich in den 80iger Jahren häufig in Österreich aufgehalten, Grund hiefür seien immer die Pferde und das Training mit den Pferden und die Reiterambitionen gewesen. Ihre Pferde seien von Jänner bis März oder April in Österreich untergebracht und sie sei in dieser Zeit auch in Wien gewesen, obwohl sie zwischendurch immer wieder nach Belgien gefahren sei. Im Sommer 1986/87 sei sie jeweils zu Trainingszwecken mehrere Wochen in Salzburg gewesen, 1988 "mehrere Monate" in Wien. Bezogen auf das Jahr 1989 sei sie seit 6. Jänner in Wien (die Aussage stammt vom ), nicht nur zu Trainingszwecken, sondern habe auch andere Angelegenheiten zu erledigen, wobei sie jedes Wochenende nach Belgien fahre.

Der Beklagte, der an den Folgen einer schweren Verletzung litt, habe das Krankenhaus am Tag der Eheschließung verlassen, sei allerdings wiederholt zu weiteren Behandlungen und auch Operationen dorthin zurückgekehrt. Ein gemeinsamer "Wohnsitz" habe nach der Eheschließung nur im Spital (wo sie ein Bett bei ihm gehabt habe, dies zwischen März und Juni 1986) und in Hotels bestanden. Sie seien nach der Eheschließung "auch sehr oft in Österreich" gewesen. Der Beklagte habe in Wien sehr viel zu tun gehabt, dies auch im Zusammenhang mit dem Tod seiner Eltern (die laut dem Verlassenschaftsakt 9 A 246/86 des Erstgerichtes am 24.4. bzw. verstarben); auch habe er dann in Ungarn zu arbeiten begonnen. Bereits im Juni 1986 sei es zu vielen Problemen in der Ehe gekommen, was dazu geführt habe, daß sie sich trennen wollten, um nachzudenken. "Vollständig getrennt" lebten sie "praktisch" seit Oktober 1987. Der Beklagte sei im Juni 1987 nach Belgien übersiedelt, allerdings habe er auch nachher "viel mehr" in Süddeutschland, Österreich und Belgien gelebt.

Im Verlassenschaftsverfahren betreffend den verstorbenen Vater des Beklagten habe der Beklagte stets eine Anschrift in München angegeben.

Aus all dem sei weder ein inländischer gewöhnlicher Aufenthalt der Klägerin noch ein inländischer gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Streitteile ableitbar. Demgemäß habe das Erstgericht zutreffend die inländische Gerichtsbarkeit verneint. Dies führe zur Zurückweisung der Klage. Das Vergreifen des Erstgerichtes im Ausdruck (Abweisung statt Zurückweisung) sei durch die Maßgabebestätigung behoben worden.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil Rechtsfragen der im § 528 Abs 1 ZPO umschriebenen Qualifikation nicht zu lösen gewesen wären; das Schwergewicht der Entscheidung liege auf der irrevisiblen Tatsachenebene.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Begehren, ihn dahin abzuändern, daß die Einreden der Unzuständigkeit und des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit verworfen werden.

In der dem Beklagten vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsrekursbeantwortung begehrt der Beklagte die Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin, in eventu die Bestätigung der rekursgerichtlichen Entscheidung.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Zulässigkeit:

Zwar ist nach § 528 Abs. 2 Z 1 ZPO der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert 50.000 S nicht übersteigt; auch fehlt für das Revisionsrekursverfahren eine dem § 502 Abs. 3 ZPO (betreffend das Revisionsverfahren) entsprechende Ausnahmebestimmung, wonach für gewisse Streitsachen der sonst vorgesehene unbedingte Ausschluß eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof bei einem 50.000 S nicht übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstandes nicht gilt. Da der Entscheidungsgegenstand in Personenstandssachen (nicht in allen familienrechtlichen Streitigkeiten) keinen Geldeswert hat, ist die auf einen solchen abstellende Bestimmung des § 528 Abs. 2 Z 1 ZPO in Personenstandsstreitigkeiten - im Unterschied zu familienrechtlichen Streitigkeiten vermögensrechtlichen Charakters - nicht anwendbar, sodaß die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nur vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs. 1 ZPO abhängt (s Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1989, ÖJZ 1989, 751), soweit nicht der in dieser Rechtssache zweifellos nicht gegebene Rechtsmittelausschluß nach § 528 Abs. 2 Z 2 ZPO vorläge. Noch weiter geht Fasching in Lehrbuch2 Rz 2004, der aus rechtspolitischen und rechtssystematischen Erwägungen für Revision und Revisionsrekurs die Zulässigkeitsbestimmungen des § 502 Abs. 3 ZPO gleichermaßen angewendet wissen will. Zu dieser Auffassungsdifferenz ist nicht weiter Stellung zu nehmen, weil nach beiden Meinungen in einer Personenstandssache die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht vom Streitwert abhängt.

Entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes ist der ordentliche Revisionsrekurs zulässig, weil zur Auslegung des § 76 Abs 2 JN - abschließende Regelung oder erweiterungsfähige beispielsweise Aufzählung der Fälle der inländischen Gerichtsbarkeit - eine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Es sind daher die Voraussetzungen des § 528 Abs. 1 ZPO für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses gegeben.

Da sohin die Zulässigkeit des Revisionsrekurses der Klägerin auch nach den von ihr unter verfassungsrechtlichen Bedenken bekämpften Bestimmungen des § 528 ZPO gegeben ist, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Bedenken, etwa im Hinblick auf die anders geartete Regelung in § 47 ASGG. Aus den oben dargestellten Gründen bedarf es auch keiner weiteren Erörterung, ob die Bestimmungen des § 502 Abs. 3 Z 1 ZPO analog auf das Revisionsrekursverfahren anzuwenden sind.

2. Zur geltend gemachten Nichtigkeit:

Aus § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ergibt sich für das Berufungsverfahren, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes, womit die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, nicht angefochten werden kann (die ständige diesbezügliche Rechtsprechung s MGA JN-ZPO14 § 503 ZPO/E 4), und zwar auch dann, wenn das Vorliegen einer Nichtigkeit nur in den Entscheidungsgründen verneint wurde (RZ 1976/110). Dies gilt auch in solchen Verfahren, die vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht sind

(EFSlg 25.357 - Eheverfahren/nach damaligem Gesetzesstand/; EFSlg 55.099 - Vaterschaftssache). Es besteht kein Grund, in den durch die ZPO geregelten Verfahren eine Nichtigkeit im Rekursverfahren anders als im Berufungsverfahren zu behandeln. Der gebotene Analogieschluß (vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 1969) führt daher dazu, daß der Oberste Gerichtshof im Revisionsrekursverfahren eine schon von der zweiten Instanz nicht als solche anerkannte, geltend gemachte Nichtigkeit nicht mehr wahrnehmen könnte (JBl 1989,389).

3. Zur Sachentscheidung:

Zu der vom Obersten Gerichtshof als erheblich erkannten Rechtsfrage betreffend die Auslegung des § 76 Abs. 2 JN ist folgendes zu sagen:

Regelt der Gesetzgeber das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit in einer so differenzierenden Fallgestaltung, wie es in den Z 1 bis 3 (letztere wieder mehrfach differenziert) des § 76 Abs. 2 JN der Fall ist, mit der einleitend vorangestellten Wendung, die inländische Gerichtsbarkeit sei "gegeben, wenn", so folgt daraus kraft des in solchen Fällen angezeigten Umkehrschlusses, daß die inländische Gerichtsbarkeit bei Nichtverwirklichung der in einer solchen Gesetzesstelle geregelten Tatbestände nicht gegeben ist. Eine solche Gesetzesstelle ist so zu verstehen, wie wenn der Gesetzgeber die Wendung gebraucht hätte, die inländische Gerichtsbarkeit sei "nur dann gegeben, wenn" die im folgenden genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Dies entspricht auch durchaus der sonst üblichen Gesetzestechnik. Wollte nämlich der Gesetzgeber nur eine beispielsweise Aufzählung, so hätte er dies zB durch Beifügung des Wortes "insbesondere" zum Ausdruck gebracht.

Schließlich ist noch darauf zu verweisen, daß der Gesetzgeber selbst eine umfassende Regelung der inländischen Gerichtsbarkeit treffen wollte (669 BlgNR 15. GP 35). In den Erläuternden Bemerkungen wird nämlich ausdrücklich auf die beabsichtigte umfassende (im Gegensatz zu der bis dahin bloß lückenhaften) Regelung der inländischen Gerichtsbarkeit hingewiesen. Bei Darstellung der Motive, warum in den im § 76 Abs 2 Z 1 bis 3 JN aufgezählten Fällen die inländische Gerichtsbarkeit gegeben sein soll, wurde das Erfordernis eines genügend starken Naheverhältnisses der Ehegatten zu Österreich als wesentlich angesehen und ein solches Naheverhältnis eben nur in den dort geregelten Fällen als genügend stark erachtet. Die ausdrückliche Regelung durch § 76 Abs 2 JN schließt wegen ihres umfassenden Charakters eine Gesetzeslücke aus, die nach den gesetzesimmanenten Wertungen geschlossen werden müßte (vgl Schwimann, Internationales Zivilverfahrensrecht 21 f). Die bloße Tatsache der Eheschließung in Österreich begründet daher nicht die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen wegen Feststellung einer Nicht-Ehe, Ehenichtigkeit, Eheaufhebung oder Ehescheidung.

Zutreffend verneinten die Vorinstanzen die Erfüllung der Voraussetzungen eines der in § 76 Abs 2 Z 1 bis 3 JN genannten Fälle, in denen die inländische Gerichtsbarkeit in Ehesachen gegeben wäre:

Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß einer der Ehegatten österreichischer Staatsbürger wäre (Z 1).

Da die Nichtigkeitsklage nicht gegen beide Ehegatten gerichtet ist, müßte jedenfalls der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Dies ist schon seit geraumer Zeit vor Einbringung der Klage nach der Aktenlage nicht mehr der Fall, sodaß auch die Voraussetzungen der Z 2 nicht gegeben sind.

Selbst wenn man einen gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin - die nicht staatenlos ist und zur Zeit der Eheschließung nicht österreichische Staatsbürgerin war - im Inland annähme, könnte die inländische Gerichtsbarkeit nach § 76 Abs 2 Z 3 ZPO nur gegeben sein, wenn beide Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hätten. Einen solchen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt verneinten die Vorinstanzen nach den oben wiedergegebenen Feststellungen über die Lebensweise der Streitteile zutreffend. Ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt liegt nämlich dann nicht vor, wenn die jeweils mit eigener Wohnung versehenen Ehegatten sich bewußt gemeinsam nur tageweise im Spital oder in einem Hotel aufhalten.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.