OGH vom 18.10.2012, 7Ob144/12w

OGH vom 18.10.2012, 7Ob144/12w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** W*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Achammer Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, wegen 119.704,35 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 96/12t 20, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Beklagte hat der Klägerin, nachdem deren mit einem Neubauwert von 388.920 EUR feuerversicherte Haus am abgebrannt war, den Verkehrswert von 123.234,45 EUR und weitere Zahlungen geleistet. Insgesamt hat sie der Klägerin 249.999,54 EUR bezahlt.

Die Klägerin begehrt die Zahlung weiterer 119.704,35 EUR sA als Differenz zum „Neuwertschaden“ von 369.703,35 EUR.

Rechtliche Beurteilung

1. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Die Wiederherstellungsklausel in der Neuwertversicherung begründet weder eine Wiederherstellungspflicht noch eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers, sondern es werden im Sinn einer Risikoabgrenzung an das Vorliegen eines objektiven Tatbestandsmerkmals insofern Rechtsfolgen geknüpft, als die Leistung einer den Zeitwert übersteigenden Entschädigung davon abhängig gemacht wird, dass gesichert ist, dass die Entschädigung zur Wiederherstellung verwendet wird (RIS Justiz RS0081840). Soweit der Versicherungsnehmer die Wiederherstellung (gleichgültig ob verschuldet oder nicht) gänzlich unterlässt oder verzögert, verliert er seinen Anspruch gegen den Versicherer. Der Versicherer will dadurch die bestimmungsgemäße Verwendung des Geldes sichern und gleichzeitig eine (generell verpönte) Bereicherung des Versicherungsnehmers hintanhalten. Durch die Wiederherstellungsklausel wird mittelbarer Zwang auf den Versicherungsnehmer ausgeübt, der erst bei Sicherung des Wiederaufbaus an die Versicherungssumme gelangt. Die Fälligkeit der Entschädigungsforderung ist bis dahin aufgeschoben (RIS Justiz RS0111471).

Wann die Verwendung der Entschädigungszahlung zur Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung „gesichert“ ist, entscheidet sich nach Treu und Glauben. Die Frage hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich kann lediglich gesagt werden, dass eine 100%ige Sicherheit nicht verlangt werden kann, sondern es ausreichen muss, wenn angesichts der getroffenen Vorkehrungen keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung bestehen (RIS Justiz RS0112327).

Die Klägerin hat zwar einen Vertrag über die Errichtung eines ELK-Hauses abgeschlossen, der Ausführung steht aber entgegen, dass es ihr aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse nicht möglich ist, die für die Lieferung geforderte Bankgarantie zu erlegen, was insbesondere auch darauf zurückzuführen ist, dass sie einen beträchtlichen Teil der bereits erhaltenen Entschädigung gerade nicht für die Wiederherstellung sondern für andere Zwecke verwendete. Damit ist die Verwendung der Entschädigung für eine (einigermaßen gleichwertige) Wiederherstellung nicht gesichert. Schon deshalb steht der Klägerin kein weiterer Anspruch zu. Die Frage, wonach sich die Neuwertentschädigung nach der hier vereinbarten Wiederherstellungsklausel bemisst und ob die Klägerin dazu ausreichendes Vorbringen erstattet hat, stellt sich daher nicht.