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OGH vom 19.09.2012, 3Ob132/12a

OGH vom 19.09.2012, 3Ob132/12a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. I*****, vertreten durch Mag. Sandra Cejpek, Rechtsanwältin in Guntramsdorf, gegen die beklagte Partei Dr. R*****, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen 268.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 11 R 78/12i 26, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 20 Cg 68/10g 20, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Streitteile eröffneten im Jahr 2002 bei einer Schweizer Bank ein Gemeinschaftskonto. Die Klägerin veranlagte darauf 250.000 EUR. Sie unterfertigte eine „Allgemeine Faustpfandverschreibung und Abtretungserklärung“, mit welcher sie der Bank zur Deckung auch der gegen den Beklagten aus der Geschäftsbeziehung zustehenden Ansprüche ihre im Besitz der Bank befindlichen Wertpapiere und sonstigen Wertgegenstände verpfändete und sonstige, gegen die Bank bestehende Forderungen abtrat. Die der Klägerin gehörenden Gelder wurden über Ersuchen der Streitteile im Jahr 2007 auf ein auf die Klägerin lautendes Subkonto transferiert. Am forderte die Bank den Beklagten zur Abdeckung des aktuellen Kreditsaldos von 955.303,50 EUR auf, widrigenfalls sie die gewährten Sicherheiten verwerten würde. Da der Beklagte keine Zahlungen leistete, buchte die Bank am und am vom Subkonto der Klägerin insgesamt 268.000 EUR auf das Kreditkonto des Beklagten um.

Das Berufungsgericht das ein Zinsenmehrbegehren rechtskräftig abwies gründete die Klagestattgebung darauf, dass nach dem auf die „Allgemeine Faustpfandverschreibung und Abtretungserklärung“ anwendbaren Schweizer Recht die Klägerin in Ansehung der aufgrund der Verwertungsabrede zu Recht vorgenommenen Umbuchung Legalzessionarin geworden sei. Der Beklagte könne der Klägerin zwar gegen die Bank bestehende Einwendungen, die bis zur Verständigung von der Abtretung entstanden seien, entgegenhalten; er habe sich jedoch nicht darauf berufen, dass er vor der Umbuchung Verrechnungserklärungen gegenüber der Bank abgegeben habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

1. Der gerügte Verstoß gegen das „Überraschungsverbot“ (§ 182a ZPO) liegt nicht vor:

1.1 Bereits in erster Instanz hat die Klägerin das Klagebegehren ua auf einen ihr zustehenden „Bürgenregress“ (zB S 3 in ON 9) gestützt und darauf verwiesen (S 3 in ON 4), dass die Kreditverbindlichkeit des Beklagten gegenüber der Bank um den Klagebetrag vermindert worden sei; dadurch sei der Beklagte bereichert.

1.2 Auch nach österreichischem Recht wird der persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken Haftende, der eine fremde Schuld begleicht, Legalzessionar (RIS Justiz RS0032259; RS0112742; P. Bydlinski in KBB³ § 1358 Rz 1 mwN).

1.3 Darauf, dass der Schuldner dem Bürgen oder Pfandbesteller, der ohne Einverständnis mit dem Schuldner leistet, alle Einwendungen entgegensetzen kann, die er gegen den Gläubiger hat, hat der Beklagte bereits in erster Instanz unter Hinweis auf § 1361 ABGB verwiesen (S 2 in ON 10).

1.4 Die vom Beklagten als „überraschend“ empfundene Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin Legalzessionarin der Bank ist, war demnach bereits Prozessgegenstand in erster Instanz. Wegen der für den Anlassfall vergleichbaren Rechtslage bedurfte es auch keiner Erörterung darüber, dass von der Revision nicht bezweifelt - insofern Schweizer Recht anzuwenden ist.

1.5 Tatsächlich hat der Beklagte in erster Instanz niemals behauptet, dass er gegenüber der Bank eine Aufrechnungserklärung abgegeben habe, die seine gesamte Kreditschuld zum Erlöschen brachte. Er hat sich lediglich auf eine Aufrechnungserklärung berufen, die er in einem von der Bank gegen ihn angestrengten Prozess erhoben habe, der sich allerdings nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten nur auf die Einklagung eines nach Rechtsauffassung der Bank nach Verwertung des Guthabens der Klägerin noch bestehenden Restsaldos von rund 83.000 EUR bezog. Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen habe der Kläger im Schweizer Prozess vorgebracht, dass sich die klagende Bank „den Schadenersatzanspruch des Beklagten in Höhe von 369.531,52 EUR verrechnungsweise entgegenhalten lassen muss“ (S 18 der KB ON 3). Selbst wenn das als Aufrechnungserklärung gewertet werden könnte, wäre damit für den Rechtsstandpunkt des Beklagten nichts gewonnen, wurde doch die Schweizer Klage am eingebracht, also nach der Verwertung der Guthaben der Klägerin zu Gunsten des Beklagten. Auf frühere Aufrechnungserklärungen hat er sich im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht berufen. Erstmals in der Revision beruft er sich nun auf ein Schreiben vom .

1.6 Im Übrigen gründete bereits das Erstgericht seine Klagestattgebung ausdrücklich auch darauf, dass der Beklagte durch die Verwertung der Vermögenswerte der Klägerin durch die Bank in diesem Umfang von seiner Kreditverbindlichkeit befreit worden sei. Dem hielt der Beklagte in seiner Berufung lediglich unzutreffend - entgegen, dass er in erster Instanz vorgebracht habe, dass seine „Hauptschuld aus dem Lombardkreditvertrag“ durch Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen erloschen sei. Eine Verletzung einer das Erstgericht treffenden Anleitungspflicht in Ansehung der nicht aufgestellten Behauptung einer umfassenden Kompensationserklärung gegenüber der Bank machte die Berufung nicht geltend.

2. Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, in ihrem erstinstanzlichen Sachvorbringen ausdrücklich darauf Bezug genommen, dass ihr durch die Verwertung des Guthabens auf dem Subkonto ein Regressanspruch gegen den Beklagten zustehe; der Beklagte hingegen hat in erster Instanz eine Aufrechnung gegenüber der Bank nur bezüglich eines hier nicht relevanten Restsaldos behauptet. Die beanstandete „ungleiche“ Behandlung des beiderseitigen Parteivorbringens durch das Berufungsgericht liegt daher nicht vor.

3. Die in der Revision behauptete Unwirksamkeit der „Allgemeinen Faustpfandverschreibung und Abtretungserklärung“ (ua wegen § 6 Abs 3 KSchG) verstößt gegen das Neuerungsverbot: In erster Instanz brachte der Beklagte vor, er habe mit der Bank vereinbart, dass sie die Klägerin aus der Haftung entlassen werde; diese Behauptung hat sich nicht erwiesen. Das weitere erstinstanzliche Vorbringen des Beklagten zur Sicherungsabrede beschränkte sich auf den Hinweis, dass die Klägerin nicht von ihm, sondern von der Bank in die Irre geführt worden sei und daher allerdings mittlerweile möglicherweise verfristet eine Irrtumsanfechtung hätte erklären können (S 4 in ON 8).