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OGH 12.09.2006, 1Ob146/06m

OGH 12.09.2006, 1Ob146/06m

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Rudolf Denzel und Dr. Peter Patterer, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei S***** Bauträger Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger und Mag. Jürgen Greilberger, Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 4.072,27 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 46/06a-45, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom , GZ 16 C 2489/03i-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin erhielt von der Beklagten Anfang 2000 den Auftrag, bei einem Bauvorhaben Dachdecker- und Spenglerarbeiten durchzuführen. Im Zuge mehrerer Baubesprechungen wurde darüber gesprochen, dass wegen der außen liegenden Regenwasserableitungen in die Dachrinnenkästen bzw die Abläufe eine Heizung eingebaut werden soll. In einem Besprechungsprotokoll vom wurde festgehalten, dass die Klägerin mit dem auf der Baustelle tätigen Elektriker wegen der Dachrinnenheizung Kontakt aufnehmen werde; die „koordinative sowie technische Lösung ist unter den beiden Gewerken herbeizuführen." In der Folge setzte sich der Geschäftsführer der Klägerin mit dem Elektrounternehmen in Verbindung und ersuchte dieses lediglich, sich wegen der „Auftragsvergabe" mit der Bauleitung in Verbindung zu setzen. Zu weiteren Schritten im Hinblick auf den Heizungseinbau kam es nicht. Die Klägerin überzeugte sich auch nicht davon, ob die von ihr hergestellten Arbeiten durch eine Dachrinnenheizung ergänzt wurden. Bereits Anfang 2001 und auch in den Folgejahren traten Schäden an den Regensammelkästen und den Abfallrohren der Dachrinnen wegen Eisbildung und Eisstau auf. Die Klägerin dichtete die aufgerissenen Nähte der Regensammelbehälter in den Jahren 2001 bis 2003 „in Kulanz" ab und tauschte teilweise auch aufgeplatzte Abfallrohre aus. Ihr Geschäftsführer wies im Jahr 2001 mündlich, im Jahr 2002 auch schriftlich darauf hin, dass nach wie vor keine Heizung eingebaut war. Als die Beklagte im Frühjahr 2004 neuerlich einen Schaden anzeigte, lehnte die Klägerin eine weitere Sanierung ab. Die Beklagte nahm die zur Absicherung des vertraglich vereinbarten Haftrücklasses von der Klägerin bestellte Bankgarantie jedenfalls in Höhe des Klagebetrags in Anspruch.

Die Klägerin begehrte nun die Rückerstattung von EUR 4.072,27 samt Zinsen und brachte im Wesentlichen vor, sie habe keine Mängel zu vertreten. Sie habe insbesondere auf die Notwendigkeit des Beheizens der Regenwassersammelkästen und der Ablaufrohre hingewiesen und sei ihrer Warnpflicht auch schriftlich durch Unterfertigung des Bauprotokolls vom nachgekommen. Sie sei von der Beklagten nicht beauftragt worden, den Heizungseinbau durch das Elektrikerunternehmen zu veranlassen. Zu Schäden an ihrem Gewerk (sowie zu Folgeschäden an der Fassade) sei es deshalb gekommen, weil die Beklagte die notwendige Beheizung nicht habe anbringen lassen. Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, der (restliche) Werklohn sei nicht zur Zahlung fällig, da das Werk von der Klägerin zu vertretende Mängel aufweise. Aus undichten Regensammelbehältern trete Wasser aus und beschädige die Hausfassade. Es sei über die Notwendigkeit der Beheizung der Regenwasserableitungsanlage gesprochen worden, die Klägerin sei jedoch der von ihr übernommenen Verpflichtung, die koordinative und technische Lösung mit dem Elektrikerunternehmen herzustellen, nicht nachgekommen. Sie habe weder die notwendigen Elektroarbeiten in Auftrag gegeben, noch kontrolliert, ob eine solche Heizung eingebaut worden sei. Die Klägerin hätte die Arbeiten nicht in Angriff nehmen dürfen, solange die Herstellung der Heizung nicht gesichert gewesen wäre. Die Beklagte wandte schließlich einen Schadenersatzanspruch in Höhe von EUR 19.240,-- bis zur Höhe der Klageforderung aufrechnungsweise ein. Dieser resultiere daraus, dass für die Sanierung von Mängeln sowie von Mangelfolgeschäden ein derartiger Aufwand anfalle.

Das Erstgericht gab der Klage statt, wobei es aussprach, dass die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Es stellte fest, dass die Leistungen der Klägerin insofern nicht mängelfrei seien, als die Regenwasserableitungen und insbesondere die an der Außenfassade montierten Regensammelbehälter unter anderem wegen ihrer kubischer Form durch Eisstau beschädigt werden könnten und vier Stück auch tatsächlich beschädigt worden seien, wobei durch das austretende Schmelzwasser Folgeschäden an der Deckschichte der Fassade verursacht worden seien. Derartige Außenentwässerungen in sonnenabgewandten Bereichen neigten generell zur Vereisung, wodurch aus physikalischen Gründen (Volumensvergrößerung) die akute Gefahr der Frostsprengung entstehe. Eine Ausführung von Regensammelbehältern in kubischer Form sei für den gegenständlichen Verwendungszweck unfachgerecht und somit mangelhaft; der Einbau einer ausreichenden elektrischen Heizvorrichtung stelle eine zweckmäßige und technisch erprobte Verbesserungsmaßnahme dar, da hiedurch Eisbildungen überhaupt verhindert würden. Die kubische Ausbildung der Regensammelbehälter bewirke „nicht notwendigerweise eine höhere Frost- bzw Vereisungsgefahr, sondern durch die Formgebung bestehe die Möglichkeit einer Schadensbildung zufolge Frost- oder Eisbildung."

Auch wenn die Klägerin nach den Bestimmungen der Ö-Norm eine Prüf- und Warnpflicht getroffen habe, sei sie dieser nachgekommen. Sie habe mündlich, aber auch durch die Fertigung des Bauprotokolls schriftlich auf die Notwendigkeit der Beheizung der Dachrinnen(-kästen) hingewiesen, weshalb sie Mängel, die aus der Nichtbeachtung der ihr erteilten Weisung resultierten, nicht zu verantworten habe. Selbst wenn die Klägerin die Verpflichtung, die koordinative und technische Lösung mit dem Elektrounternehmen herzustellen, übernommen und nicht erfüllt hätte, wäre dies rechtlich ohne Bedeutung, weil die Beklagte niemals ein Verbesserungsbegehren gestellt habe. Ein Gewährleistungsanspruch könne daher nicht ausgelöst worden sein. Mangels Gewährleistungspflicht der Klägerin habe die Beklagte somit den Haftrücklass zu Unrecht in Anspruch genommen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Ein Mangel liege nur insofern vor, als nicht Schutzmaßnahmen in Form der Dachrinnenheizung ergriffen worden seien. Dies sei allerdings nicht von der Klägerin zu verantworten. Sie habe ihrer Warnpflicht entsprochen, zumal auch dem damaligen Bauleiter der Beklagten klar gewesen sei, dass es auf Grund der Anordnung der Dachrinne ohne Heizung „zu Problemen kommen" könnte. Im Beweisverfahren habe sich auch nicht ergeben, dass die Klägerin die Verpflichtung übernommen hätte, Vereinbarungen über die Ausführung der Dachrinnenheizung abzuschließen. Es wäre allein an der Beklagten gelegen gewesen, die entsprechenden - gemeinsam ins Auge gefassten - Sicherheitsmaßnahmen zu veranlassen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil auch die Auffassung vertreten werden könnte, die Klägerin hätte in Erfüllung ihrer Warnpflicht detailliert auf die Folgen „unterlassener Dachrinnenheizung" hinweisen müssen. Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, dass die - hier maßgebliche - Frage nach der Mangelhaftigkeit eines Werks vor allem davon abhängt, ob es den vertraglichen Vereinbarungen entspricht (vgl dazu etwa Rebhahn in Schwimann3, § 1165 ABGB Rz 35; M. Gruber in JBl 1994, 176 [178 f] = Anm zu 1 Ob 550/93). Daneben ist nach überwiegender Rechtsprechung Gewährleistungsrecht grundsätzlich auch anzuwenden, wenn das Werk wegen Verletzung der Warnpflicht nicht geeignet ist, den ersichtlich angestrebten Erfolg herbeizuführen (Judikaturnachweise etwa bei Rebhahn, aaO Rz 39; vgl auch M. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB § 1168a Rz 10); letztlich ordnet § 1168a Satz 3 ABGB auch eine Schadenersatzpflicht an. Feststellungen zum konkreten Vertragsinhalt zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sowie zum Zeitraum der Herstellung des Werks haben die Vorinstanzen jedoch nicht getroffen, sodass auch nicht beurteilt werden kann, ob sich die Klägerin - wie die Revisionswerberin behauptet - zur Herstellung einer funktionstüchtigen „Regenablaufanlage" verpflichtet hat. Sollte dies zutreffen und hätte die Klägerin etwa von sich aus die - ohne Zusatzmaßnahmen - schadenanfällige Ausführungsart der Dachrinnenkästen gewählt, so wäre sie auch verpflichtet gewesen, in ihrem Bereich die erforderlichen Zusatzmaßnahmen, die für eine insgesamt funktionstüchtige Regenwasserablaufanlage nötig sind, zu ergreifen bzw zu veranlassen. Was die von den Vorinstanzen zum Zentrum ihrer rechtlichen Beurteilung erhobene Warnpflicht des Werkunternehmers betrifft, so setzt diese nach § 1168a Satz 3 ABGB „offenbar unrichtige Anweisungen" des Bestellers voraus. Feststellungen dazu, ob die Beklagte die Ausführung der Dachrinnenkästen in der schließlich hergestellten Form verlangt hat, fehlen jedoch. Ebensowenig steht fest, zu welchem Zeitpunkt die Entscheidung über die Ausführungsart getroffen wurde und ob die Klägerin so rechtzeitig auf die Problematik und die Notwendigkeit von Zusatzmaßnahmen hingewiesen hat, dass damit für die Beklagte dem Zweck der gesetzlich vorgesehenen Warnpflicht entsprochen wurde. Eine „Warnung" etwa erst nach Vornahme der Spenglerarbeiten wäre jedenfalls verspätet. Die Warnpflicht dient nicht nur dazu, dem Besteller vor Augen zu führen, welche (konkreten) nachteiligen Folgen das Bestehen auf bestimmten Ausführungswünschen haben kann; vielmehr soll durch ihre Wahrnehmung dem Besteller auch die Möglichkeit geboten werden, sich für eine alternative Lösung zu entscheiden. Die Warnung hat daher regelmäßig vor Vertragsschluss zu erfolgen (SZ 63/20; JBl 1994, 174 ua). Im vorliegenden Fall hat es die Klägerin zudem übernommen, gemeinsam mit dem Elektrounternehmen die „koordinative sowie technische Lösung" für eine Dachrinnenheizung zu erarbeiten, ist dieser Verpflichtung jedoch nicht nachgekommen, sondern hat das Elektrounternehmen lediglich aufgefordert, sich mit der Bauleitung wegen der „Auftragsvergabe" in Verbindung zu setzen. Ob dieses (vereinbarungswidrige) Verhalten der Klägerin den Schluss zuließ, sie halte den Einbau einer Heizung letztlich doch nicht für erforderlich, um die befürchteten - jedoch nicht näher erläuterten - Probleme abzuwenden, kann auf der Basis des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhaltes nicht verlässlich beurteilt werden. Allenfalls wäre der Klägerin auch vorzuwerfen, die Arbeiten durchgeführt zu haben, bevor die Beklagte über die notwendigen Entscheidungsgrundlagen (konkrete technische Ausführung der Beheizung, Kosten ...) verfügte, sofern vernünftigerweise die Möglichkeit bestanden hätte, aus sachlichen Erwägungen allenfalls auch eine andere Ausführungsart (zB Dachrinnenkästen in anderer Form ohne zusätzliche Heizung) zu wählen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht den Sachverhalt im aufgezeigten Sinn mit den Parteien zu erörtern und entsprechende ergänzende Feststellungen zu treffen haben. Erst dann wird beurteilt werden können, ob der Klägerin eine mangelhafte Herstellung des übernommenen Werks bzw eine Verletzung der Warnpflicht anzulasten ist.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Kennung XPUBL
Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in
bbl 2007,29/30 - bbl 2007/30
XPUBLEND
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2006:0010OB00146.06M.0912.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAD-38348