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OGH vom 15.10.1996, 4Ob2159/96w

OGH vom 15.10.1996, 4Ob2159/96w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. "C***** KG, ***** 2. Ing. Josef H*****, 3. Anna W*****, beide *****, alle vertreten durch Hügel & Partner, Rechtsanwälte in Mödling, wegen Zahlung und Rechnungslegung (Streitwert im Revisionsverfahren S 471.759,75 sA), infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 12/96y-16, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 15 Cg 246/93f-11, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit S 77.948,53 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 10.776,42 Umsatzsteuer und S 13.290,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist als urheberrechtliche Verwertungsgesellschaft aufgrund eines Bescheides des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst aus dem Jahre 1982 berechtigt, alle den Urhebern und Leistungsschutzberechtigten zustehenden Vergütungsansprüche ("Leerkassettenvergütungen") geltend zu machen. Die Erstbeklagte vertreibt (ua) Audio- und Videoleerkassetten; der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte sind ihre persönlich haftenden Gesellschafter.

Die Erstbeklagte importierte vom Dezember 1986 bis Oktober 1989 Leerkassetten der Marke "L*****"; sie verkaufte die Kassetten in ihrem Geschäft in W***** 6, M***** Straße 77-79. Im Jänner 1990 stellte die Klägerin durch Testkäufe und Markterhebungen fest, daß die Erstbeklagte vergütungspflichtiges Trägermaterial vertreibt, für welches noch keine Leerkassettenvergütung entrichtet wurde. Am wies die Klägerin in einem Schreiben an die Erstbeklagte auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Leerkassettenvergütung hin und ersuchte um Angabe des Einkaufsvolumens für jedes Quartal des Jahres 1989 und um Auflistung aller Lieferanten, von denen die Erstbeklagte 1989 unbespielte Audio- und Videokassetten gekauft hatte. Die Erstbeklagte beantwortete das Schreiben zumindest zunächst nicht.

Im März 1990 brachte die Klägerin eine Klage auf Rechnungslegung ein. Mit Schreiben vom gaben die Beklagten der Klägerin die Importe der Jahre 1986 bis 1989 unter Anschluß der Importfakturen bekannt; das Schreiben langte beim Klagevertreter am ein. Im Hinblick auf diese Mitteilung wurde das Verfahren durch Vergleich beendet.

Mit Schreiben vom wies die Klägerin auf den Vergleich hin und teilte der Erstbeklagten mit, daß sie die vorgelegten Rechnungen prüfen und vereinbarungsgemäß auch die Zukäufe im Inland feststellen wolle. Am kam es zu einem Gespräch, das Dr.Helmut St***** für die Klägerin und Dr.Christian K***** für die Erstbeklagte führte. Dr.Christian K***** ließ durchblicken, daß er die Vergangenheit vergessen und nur über die Zukunft reden wolle. Das ihm übergebene Vertragsformular schickte der Zweitbeklagte firmenmäßig gezeichnet am der Klägerin. In einem Beisatz hielt er fest:

"Die Streichung des Punktes 6 in diesem Vertrag soll nur die Zukunftsorientiertheit unserer Geschäftsbeziehung betonen und keine wie immer gearteten Rechte der A***** aus dem Gesamtvertrag/Leerkassettenvergütung schmälern.

Der guten Ordnung halber erklären wir hiermit nochmals, daß von C***** seit dem letzten Import im Oktober 89 (Ende des Osttouristen-Booms) keine Leerkassetten mehr importiert wurden und die Zukäufe ausschließlich von renommierten Markenkassetten-Repräsentanzen im Inland erfolgten."

Der gestrichene Vertragspunkt 6 lautet:

"Die Bestimmungen des Gesamtvertrages in Punkt 10. über Kontrolle umfassen auch alle einschlägigen Zeiträume vor dem Inkrafttreten dieses Einzelvertrages."

Mit Schreiben vom lehnte die Klägerin die Streichung von Punkt 6 ab und erklärte, sie werde die Einzelverträge in dieser Form nicht gegenzeichnen. Bei Vergleichsabschluß habe Übereinstimmung bestanden, daß ihr die Überprüfung der Rechnungslegung vom ermöglicht und die ergänzende Rechnungslegung über den Lagerstand per sowie über die Inlandseinkäufe vorgenommen werde. Der Vergleich sei nur unter diesen Voraussetzungen zustande gekommen.

Danach heißt es:

"Somit halten wir nochmals fest, daß mit Schreiben des Dr. H***** vom von Ihrer Gesellschaft über Leerkassettenimporte Rechnung gelegt worden ist. Die letzte Importrechnung stammt vom . Dieser Rechnungslegung zufolge wurden von Ihrer Gesellschaft in den Jahren 1986, 1987, 1988 und 1989 jedenfalls 33.350 Stück Videokassetten E 180 importiert.

Mit Schreiben vom haben Sie uns die ergänzende Auskunft geliefert, daß 'seit dem letzten Import im Oktober 89 keine Leerkassetten mehr importiert wurden'. Dies werten wir als ergänzende Rechnungslegung über mögliche Importe für den Zeitraum ab dem bis .

Aufgrund der Bestimmungen der UrhG Novelle 1989 wiederholen wir nunmehr unsere Bitte um Auskunft über Ihren Lagerstand per unter Angabe der Art der Leerkassetten, der Stückzahl, Spieldauer und Marken sowie der jeweiligen Bezugsquelle.

Weiters geben Sie uns bitte für den Zeitraum bis bekannt, welche Quantitäten an Leerkassetten Ihre Gesellschaft je Quartal im Inland von wem eingekauft hat, jeweils unter Angabe der Art der Kassetten, der Spieldauer und der Marken und übermitteln Sie uns bitte Kopien Ihrer Einkaufsbelege.

Wir bitten Sie, diese Auskunft bzw. Rechnungslegung vollständig bis längstens an uns zu übermitteln.

Die vereinbarte Prüfung Ihrer Rechnungslegung durch Mitarbeiter unseres Unternehmens erfolgt durch Frau Mag.Brigitte Z***** und/oder Herrn Peter D*****. Wir bitten Sie um zeitgerechten Terminvorschlag für die Woche zwischen dem 16. und .

Nach den uns bis jetzt vorliegenden Dokumenten haben wir Ihnen die Leerkassettenvergütung für 33.350 Videokassetten E 180 in Rechnung zu stellen."

Mit Schreiben vom kündigte die Erstbeklagte an, auf das Schreiben der Klägerin erst im September zurückzukommen. In ihrem Antwortschreiben vom wies die Klägerin darauf hin, daß sie wegen drohender Verjährung die Klage einbringen müsse, sollten nicht bis sämtliche Punkte ihres Schreibens vom erledigt und die sich aus der Rechnungslegung ergebende Leerkassettenvergütung gezahlt sein. Die Erstbeklagte gab der Klägerin bis keinen Prüftermin bekannt; am langte die Klage bei Gericht ein.

Mit Schreiben vom teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter mit, daß die Erstbeklagte Rechnung ab lege; die Rechnungslegung für den Zeitraum 1.1. bis erfolge ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Am sandte die Erstbeklagte der Klägerin "wie vereinbart die Fotokopien der Lieferantenrechnungen betreffend Leerkassettenbezüge ab (136 Seiten)".

Die Prüfung der von der Erstbeklagten vorgelegten Unterlagen ergab für den Zeitraum bis 100.050 Spielstunden Video und damit eine Leerkassettenvergütung von insgesamt S 471.759,75. Die Prüfkosten betragen, abzüglich des Anteiles der Klägerin, S 7.140,-. Auf die Lieferung von 200 Videokassetten durch A***** entfällt eine Leerkassettenvergütung von S 2.752,75; A***** hat der Klägerin keine Leerkassettenvergütung gezahlt.

Die Klägerin begehrt S 481.101,51 sA. In der Klage begehrte sie weiters, die Prüfung der gelegten Rechnung zuzulassen, sie begehrte Rechnungslegung über das von den Beklagten seit im Inland in den Verkehr gebrachte Trägermaterial und die Zahlung der sich daraus ergebenden Leerkassettenvergütung. Nachdem die Prüfung ermöglicht und Rechnung gelegt worden war, schränkte die Klägerin das Klagebegehren um die ursprünglich begehrte Rechnungslegung und Zulassung der Prüfung auf Kosten ein und dehnte das Leistungsbegehren um (nach Einschränkung) S 2.201,76 an Leerkassettenvergütung und S 7.140,- an Prüfkosten aus.

Die Erstbeklagte habe in der Zeit vom bis 22.400 Stück Videokassetten mit einer Spieldauer von 67.200 Stunden sowie in der Zeit vom bis 10.950 Stück Videokassetten mit einer Spieldauer von 32.850 Stunden im Inland in Verkehr gesetzt.

67.200 Spielstunden seien mit S 4,50, 32.850 Spielstunden mit S 3,85 je Stunde zu vergüten, jeweils zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Das Trägermaterial sei nicht von Händlern reexportiert worden. Die Erstbeklagte habe im Zuge außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen zugesagt, die Prüfung der gelegten Rechnungen auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu gestatten. Sie habe auch zugesagt, ab die Bezugsmengen je Kalendervierteljahr bekanntzugeben. Erst während des Verfahrens sei die Prüfung ermöglicht und Rechnung gelegt worden. Die Prüfkosten stünden der Klägerin zu, weil die Prüfung der seinerzeit gelegten Rechnungen ergeben habe, daß die Rechnungslegung nicht vollständig gewesen sei.

Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen.

Die Erstbeklagte habe die Videokassetten der Marke "L*****" ausschließlich zu dem Zweck eingekauft, um sie an Touristen aus dem ehemaligen Ostblock zu veräußern. Die Touristen hätten die Kassetten in ihr Heimatland mitgenommen. Der Zahlungsanspruch sei auch verjährt, weil der Klägerin spätestens seit Jänner 1990 bekannt sei, daß die Erstbeklagte Leerkassetten in Verkehr gebracht habe, für die keine Vergütung entrichtet worden sei. Im vorangegangenen Verfahren habe sich die Erstbeklagte nicht verpflichtet, Rechnung zu legen und auch keine Vergütungsansprüche anerkannt. Darüber seien auch keine Vergleichsgespräche geführt worden.

Die Vergütungssätze seien überhöht. Die Klägerin biete in ihren vertraglichen Vereinbarungen niedrigere Sätze an. Der Klägerin stünden keine Prüfkosten zu, weil sich der Vergütungsbetrag durch die Überprüfung nicht erhöht habe.

Das Erstgericht sprach der Klägerin S 471.759,75 sA, S 2.541,- sA und S 7.140,- sA zu.

Es komme nicht darauf an, ob die Kassetten an Ausländer verkauft worden seien. Absicht des Gesetzgebers sei es gewesen, Leerkassetten nur dann vergütungsfrei zu stellen, wenn das Trägermaterial direkt in das Ausland reexportiert werde. Nur im Fall kommerzieller Weitergabe sei auch im Ausland mit dem Anfall einer solchen Vergütung zu rechnen. Wäre der Inlandsverkauf an Ausländer vergütungsfrei, müßte für diese Kassetten weder im Inland noch im Ausland eine Vergütung entrichtet werden.

Die Ansprüche seien nicht verjährt. Die Verjährungsfrist könne erst mit dem Vorliegen überprüfbarer Rechnungen beginnen. Die Überprüfungs- und Rechnungslegungspflicht sei selbst dann gegeben, wenn daraus kein Vergütungsanspruch abgeleitet werden könne. Für die Rechnungslegung und die Gewährung der Überprüfung hafte nur die Erstbeklagte, weil dies unvertretbare Handlungen seien.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, der Klägerin S 2.541,- sA und S 7.140,- an Prüfkosten zu zahlen. Das Mehrbegehren wies es ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

§ 42 f UrhG sei nicht anzuwenden, weil der anspruchsbegründende Sachverhalt vor Inkrafttreten der neuen Regelung verwirklicht gewesen sei. § 42 Abs 5 UrhG aF schließe eine Leerkassettenvergütung (ua) für den Fall aus, daß das Trägermaterial nicht im Inland benutzt werde. Glaubhaftmachung genüge. Der Bestimmung könne nicht entnommen werden, daß der Ausnahmetatbestand nur beim kommerziellen Export verwirklicht sei. Der Gesetzgeber habe jene Fälle ausnehmen wollen, in denen das Trägermaterial zwar im Inland in Verkehr gebracht, aber im Ausland benutzt werde. Maßgebend sei, daß bereits im Zeitpunkt des Inverkehrbringens feststehe, wie die Benutzung erfolgen werde. Beim Verkauf an ausländische Touristen sei evident, daß diese das Trägermaterial in das Ausland mitnehmen und daher auch dort benutzen werden. In diesem Fall wäre eine Abgabe auch nicht zu rechtfertigen, weil das österreichische Urheberrechtsgesetz als innerstaatliches Urheberrecht keinen internationalen Schutz in Anspruch nehmen könne und wolle.

Die Leerkassettenvergütung von S 2.145,- für fremdimportiertes Trägermaterial hätten die Beklagten für den Fall des Nachweises anerkannt, daß für diese Importe keine Leerkassettenvergütung gezahlt worden sei. Dies habe das Erstgericht festgestellt; die Beklagten hafteten als Bürgen und Zahler. Daß das Erstgericht trotz Einschränkung des Betrages von S 2.541,- auf S 2.201,76 sA S 2.541,-

sA zugesprochen habe, sei ohne Bedeutung, weil die Beklagten den Verstoß gegen § 405 ZPO nicht gerügt hätten.

Ein Rechnungslegungs- und Überprüfungsanspruch bestehe unabhängig davon, ob tatsächlich eine Vergütung zustehe. Das Begehren auf Ersatz der Prüfkosten sei durch § 87a Abs 1 UrhG gedeckt, weil die Prüfung der Anfang September 1990 gelegten Rechnungen Unvollständigkeiten ergeben habe.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, daß die Leerkassettenvergütung nach § 42 Abs 5 UrhG aF nur dann nicht anfalle, wenn der Erzeuger oder Importeur das Trägermaterial unmittelbar an Abnehmer liefere, die es zum nichteigenen Gebrauch verwendeten oder unmittelbar ins Ausland reexportierten. Das zeige die Klarstellung in der Urheberrechtsgesetz-Novelle 1996. Die vom Erstgericht festgestellte Wiederausfuhr der Kassetten durch Osttouristen sei nicht relevant. Nur bei der direkten Lieferung an professionelle Abnehmer oder bei der unmittelbaren Wiederausfuhr auf Händlerebene stehe schon im Zeitpunkt des Inverkehrbringens fest, daß die Leerkassetten zum nichteigenen Gebrauch und nicht im Inland verwendet werden. § 42 Abs 5 UrhG aF regle das Entstehen der Vergütungspflicht und könne nicht auf mehr oder weniger vage künftige Abläufe abstellen. Träfe die Ansicht des Berufungsgerichtes zu, so wären an Touristen verkaufte Leerkassetten in beiden Ländern von der Vergütungspflicht frei, auch wenn die Rechtsordnungen beider Länder (wie die Österreichs und Ungarns) zur Vergütung verpflichteten. Inländische Käufer würden dadurch diskriminiert. Werde auf Händlerebene exportiert, so müsse die Leerkassettenvergütung im Importland entrichtet werden. Im Hinblick auf § 42 Abs 7 UrhG aF bestehe eine gewollte Regelungslücke; im Fall des Reexports durch den Letztverbraucher bestehe kein Rückzahlungsanspruch. Die Leerkassettenvergütung knüpfe an das erste Inverkehrbringen und nicht an die erste Benutzung an. Eine spätere "Widmungsänderung" löse keinen Rückzahlungsanspruch aus.

Dazu ist zu erwägen:

Ist von einem Werk, das durch Rundfunk gesendet oder auf einem zu Handelszwecken hergestellten Bild- oder Schallträger festgehalten worden ist, seiner Art nach zu erwarten, daß es durch Festhalten auf einem Bild- oder Schallträger zum eigenen Gebrauch vervielfältigt wird, so hat der Urheber, wenn unbespielte Bild- oder Schallträger, die für solche Vervielfältigungen geeignet sind, oder andere Bild- oder Schallträger, die hiefür bestimmt sind (Trägermaterial), im Inland gewerbsmäßig entgeltlich in den Verkehr kommen, Anspruch auf eine angemessene Vergütung, es sei denn, daß das Trägermaterial nicht im Inland oder nicht für solche Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt wird; Glaubhaftmachung genügt (§ 42 Abs 5 UrhG aF). Gemäß § 42 Abs 7 UrhG aF kann derjenige, der Trägermaterial zu einem Preis gekauft hat, der die angemessene Vergütung einschließt, es jedoch für eine Vervielfältigung zum nichteigenen Gebrauch benutzt, von der Verwertungsgesellschaft die Zurückzahlung der angemessenen Vergütung fordern, es sei denn, daß der nichteigene Gebrauch eine freie Werknutzung ist; Glaubhaftmachung genügt.

Nach den EB zur UrhGNov 1980 (Dillenz, Materialien zum österreichischen Urheberrecht 360 f) richtet sich der Anspruch gegen denjenigen, der unbespielte Bild- oder Schallträger, dies für solche Vervielfältigungen geeignet sind (Trägermaterial), im Inland erstmals gewerbsmäßig entgeltlich in Verkehr bringt; die private Einfuhr und die unentgeltliche Abgabe sowie der Zwischen- und Detailhandel blieben daher außer Betracht. Bild- oder Schallträger, die nicht für Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch geeignet sind, wie Bandkassetten für Diktiergeräte, oder nicht hiefür benützt werden, wie solche, die der Importeur oder Erzeuger im Inland unmittelbar bestimmten Großverbrauchern, etwa der Schallplattenindustrie, Tonstudios oder dem Österreichischen Rundfunk verkauft hat, erfasse die vorgeschlagene Regelung nicht.

Die Erläuternden Bemerkungen gehen nicht darauf ein, warum nur bei einer der beiden Ausnahmen von der Vergütungspflicht eine Rückzahlungspflicht für den Fall vorgesehen ist, daß die Ausnahme erst nachträglich verwirklicht wird. Nur wenn das Trägermaterial entgegen der ursprünglichen Absicht für nichteigene Zwecke verwendet wird, kann die Vergütung zurückgefordert werden.

Aus der unterschiedlichen Behandlung der beiden Ausnahmetatbestände beim Rückzahlungsanspruch folgt, daß sich eine nachträgliche Widmungsänderung bei der Benutzung (Ausland statt Inland) auf den Vergütungsanspruch nicht auswirkt. Werden Abs 5 und Abs 7 des § 42 UrhG aF zueinander in Beziehung gesetzt, so kann daraus nur geschlossen werden, daß es bei der Frage, ob das Trägermaterial im Inland oder im Ausland benutzt wird, allein auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankommt (s Steinmetz, Die Neuregelung der Leerkassettenvergütung, MR 1990, 42). Dem steht der Wortlaut des § 42 Abs 5 UrhG aF nicht entgegen.

Eine Benutzung im Ausland steht fest, wenn das Trägermaterial von einem Händler für den Export gekauft wird. Wird das Trägermaterial hingegen von Touristen gekauft, so ist dies ein Erwerb für den eigenen Gebrauch, von dem im Regelfall nicht feststeht, ob er im Inland oder im Ausland erfolgen wird. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er die Vergütungspflicht von Umständen abhängig machen wollte, die im Regelfall ungewiß sind.

Dies zeigt die Änderung der Bestimmungen über die Leerkassettenvergütung durch die Urheberrechtsgesetz-Novelle 1996. Nunmehr ist die Leerkassettenvergütung zu entrichten, wenn Trägermaterial im Inland gewerbsmäßig entgeltlich in den Verkehr kommt; daß es nicht im Inland benutzt wird, begründet keine Ausnahme mehr (§ 42b Abs 1 UrhG nF).

In den EB zur RV wird nur auf die Notwendigkeit der Klarstelllung verwiesen; daß sich der Wille des Gesetzgebers geändert hätte, geht daraus nicht hervor (1563 BlgNR 18. GP 19):

"Auf der Grundlage der geltenden Regelung besteht in der Praxis Unsicherheit, welche Auswirkung der Export von im Inland gekauftem Trägermaterial hat (einerseits sieht § 42 Abs 5 eine Ausnahme vom Vergütungsanspruch vor, wenn Trägermaterial nicht im Inland oder nicht für die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch benützt wird; andererseits sieht § 42 Abs 7 eine Rückzahlungsverpflichtung der Verwertungsgesellschaft nur für den Fall der Benutzung des Trägermaterials für eine Vervielfältigung zum nichteigenen Gebrauch vor). Im § 42b Abs 6 Z 1 wird nunmehr klargestellt, daß die Verwertungsgesellschaft die Vergütung nur dann zurückzuzahlen hat, wenn das Trägermaterial vor der Veräußerung an den Letztverbraucher ausgeführt wird."

Die Absicht des Gesetzgebers, den Touristenexport nicht von der Vergütungspflicht auszunehmen, geht aus § 42 Abs 5 UrhG aF im Zusammenhalt mit § 42 Abs 7 UrhG aF hervor. Es ist daher nicht richtig, daß mit der Auslegung, der Touristenexport sei von der Vergütungspflicht nicht ausgenommen, der äußerste Wortsinn der anzuwendenden Bestimmung überschritten würde.

Träfe die Auffassung der Beklagten zu, so wären von Touristen gekaufte und mitgenommene Leerkassetten in beiden Staaten von der Vergütungspflicht frei, auch wenn in beiden Rechtsordnungen eine Leerkassettenvergütung vorgesehen ist. Dies widerspräche der den internationalen Übereinkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts zugrunde liegenden Absicht, beim Urheberrechtsschutz nationale Grenzen zu überwinden.

Die Erstbeklagte hat demnach die Leerkassettenvergütung auch dann zu zahlen, wenn sie die Kassetten an Osttouristen verkauft hat, die diese in ihr Heimatland mitgenommen haben. Die Feststellung des Erstgerichtes, das Trägermaterial sei ausländischen Kunden verkauft und von diesen regelmäßig in ihr Heimatland mitgenommen worden, ist daher für die Entscheidung unerheblich; auf die von der Klägerin im Zusammenhang damit gerügten Verfahrensmängel und die von ihr behauptete Aktenwidrigkeit braucht nicht weiter eingegangen zu werden.

Die Beklagten haben gegen das Klagebegehren schon in erster Instanz Verjährung eingewandt; in der Revisionsbeantwortung halten sie an ihrer Auffassung fest, daß die Klageforderung verjährt sei. § 90 Abs 1 UrhG verweise auf § 1489 ABGB; demnach sei die Kenntnis von Vergütungsanspruch und Vergütungspflichtigen maßgebend. Die Klägerin habe bereits im Jänner 1990 gewußt, daß die Beklagten mit Trägermaterial handeln, für das noch keine Leerkassettenvergütung entrichtet wurde.

Gemäß § 90 Abs 1 UrhG richtet sich die Verjährung der Ansprüche auf angemessenes Entgelt, angemessene Vergütung, Herausgabe des Gewinnes und Auskunft nach den Vorschriften für Entschädigungsklagen. Nach § 1489 ABGB ist jede Entschädigungsklage in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurden.

Wird dieser Rechtssatz auf Vergütungsansprüche nach dem

Urheberrechtsgesetz übertragen, so muß die Verjährungsfrist in dem

Zeitpunkt zu laufen beginnen, in dem dem Berechtigten bekannt ist,

daß und von wem er eine Vergütung zu fordern hat. Die bloße

Möglichkeit, einen Vergütungsanspruch zu besitzen, reicht nicht aus

(zum Erfordernis des Schadenseintrittes für den Beginn der Verjährung

s verstSenat ARD 4715/41/96 = EvBl 1996/11 = ecolex 1996, 91

[Wilhelm] = RdW 1996, 111 = JBl 1996, 311 [Apathy] = ZVR 1996/77).

Die Klägerin hat im Jänner 1990 durch Testkäufe und Markterhebungen erfahren, daß die Erstbeklagte mit vergütungspflichtigem Trägermaterial handelt, für welches noch keine Leerkassettenvergütung entrichtet wurde. Im März 1990 brachte sie eine Klage auf Rechnungslegung und Auskunft ein. Erst am erhielt die Klägerin von der Erstbeklagten die Importfakturen, so daß der Klägerin der Vergütungsanspruch frühestens in diesem Zeitpunkt bekannt war. In der Zeit bis zur Einbringung der vorliegenden Klage bemühte sich die Klägerin vergeblich, mit der Erstbeklagten einen Prüftermin zu vereinbaren; die Erstbeklagte gab der Klägerin bis keinen Prüftermin bekannt.

Aufgrund dieser Sachlage hat das Erstgericht den Verjährungseinwand der Beklagten zu Recht verneint. Die Beklagten können ihre gegenteilige Auffassung auch nur vertreten, weil sie einen möglichen Vergütungsanspruch mit einem schon eingetretenen Schaden gleichsetzen.

Der Revision war Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.