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OGH vom 20.02.1990, 5Ob525/90

OGH vom 20.02.1990, 5Ob525/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** Aktiengesellschaft, Wien 1.,

Kärntner Ring 8, vertreten durch Dr. Josef List, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1.) Hermine L***, Hausfrau, Graz, Trondheimgasse 1, 2.) Siegfried L***, Verputzer, c/o Firma H*** & J***, Feldkirch, Hirschgraben 20, wegen 70.288,-- S samt Anhang infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 193/89-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , GZ 25 Cg 351/89-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekus wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin nahm die Beklagten zur ungeteilten Hand auf Rückzahlung des gemäß § 13 KSchG vorzeitig fälliggestellten Restbetrages von 70.288 S samt Anhang aus einem am gewährten Kredit in Anspruch.

Das Erstgericht wies die Klage hinsichtlich des Zweitbeklagten wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin mit dem Ausspruch nicht Folge, daß der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig sei. Die gemäß § 41 Abs 1 JN vorzunehmende Zuständigkeitsprüfung habe aufgrund der Klagsangaben zu erfolgen. Aus dem Begehren der Verurteilung der beiden Beklagten zur ungeteilten Hand gehe hervor, daß die Klägerin hinsichtlich des Zweitbeklagten den Gerichtsstand der Streitgenossenschaft nach § 93 Abs 1 JN in Anspruch nehme. Dieser Gerichtsstand setze unter anderem voraus, daß das Erstgericht hinsichtlich des Zweitbeklagten auch durch Vereinbarung der Parteien hätte zuständig gemacht werden können. Die genannte Voraussetzung sei nicht gegeben. Daß der Zweitbeklagte Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes sei, sei nach den Klagsangaben nicht strittig. Daß der Zweitbeklagte im Sprengel des Erstgerichtes seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder den Ort seiner Beschäftigung habe, werde in der Klage nicht behauptet. Gemäß § 14 Abs 1 KSchG könne aber dann, wenn der Verbraucher - wie hier der Zweitbeklagte - im Inland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe oder im Inland beschäftigt sei, für eine Klage gegen ihn nach den §§ 88, 89, 93 Abs 2 und 104 Abs 1 JN nur die Zuständigkeit eines Gerichtes begründet werden, in dessen Sprengel der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Ort der Beschäftigung des Verbrauchers liege. Das Argument, das Prorogationsverbot des § 14 Abs 1 KSchG sei nicht anzuwenden, weil § 93 Abs 1 JN im § 14 Abs 1 KSchG nicht genannt sei, vermöge nicht zu überzeugen. Der Anführung des § 93 Abs 1 JN im § 14 Abs 1 KSchG habe es deshalb nicht bedurft, weil § 93 Abs 1 JN ohnehin den ausdrücklichen Vorbehalt enthalte, daß das angerufene Gericht durch Vereinbarung zuständig gemacht werden könne, und diese Vereinbarungsmöglichkeit durch § 14 Abs 1 KSchG eindeutig im erwähnten Sinne beschränkt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt. Das Vorhandensein der Voraussetzungen des von der Klägerin hinsichtlich des Zweitbeklagten in Anspruch genommenen Gerichtsstandes der Streitgenossenschaft nach § 93 Abs 1 JN ist bei der nach § 41 Abs 1 JN von Amts wgen vorzunehmenden Zuständigkeitsprüfung, wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, nach den Klagsangaben zu beurteilen, sofern diese dem Gericht nicht bereits als unrichtig bekannt sind (§ 41 Abs 2 JN; SZ 56/162). Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt der Klagseinbringung (§ 29 JN; Fasching, Lehrbuch2, Rz 228). Auf diesen Zeitpunkt ist auch bei der Prüfung der Frage abzustellen, ob das nach § 93 Abs 1 JN angerufene Gericht auch durch Vereinbarung der Parteien zuständig gemacht werden könnte; darauf, wo der Zweitbeklagte bei Abschluß des Kreditvertrages vom seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder den Ort seiner Beschäftigung hatte, kommt es daher nicht an (vgl dazu sowie zum Unterschied gegenüber der Beurteilung der Voraussetzungen des Gerichtsstandes nach § 104 Abs 1 JN Jelinek in Krejci, Handbuch zum KSchG 879, 884, 886, 890 f). Nach den Klagsangaben ist nun - wie dem Rekursgericht gleichfalls beizupflichten ist - davon auszugehen, daß der Zweitbeklagte Verbraucher ist und seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder den Ort seiner Beschäftigung im Inland, aber nicht im Sprengel des Erstgerichtes hat.

Der Gerichtsstand nach § 93 Abs 1 JN setzt unter anderem voraus, daß das angerufene Gericht für die übrigen Streitgenossen auch durch Vereinbarung zuständig gemacht werden könnte (Fasching, Kommentar I 459). Diese Voraussetzung ist nach den Klagsangaben nicht gegeben. Hat der Verbraucher im Inland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder ist er im Inland beschäftigt, so kann nämlich für eine Klage gegen ihn unter anderem nach § 104 Abs 1 JN nur die Zuständigkeit eines Gerichtes begründet werden, in dessen Sprengel der Wohnsitz, der gewöhnliche Aufenthalt oder der Ort der Beschäftigung des Verbrauchers liegt. Der Oberste Gerichtshof vertritt ebenso wie das Rekursgericht die Auffassung, daß der Gerichtsstand nach § 93 Abs 1 JN, obgleich er im § 14 Abs 1 KSchG nicht ausdrücklich genannt ist, dennoch mittelbar durch die Beschränkungen des § 14 Abs 1 KSchG getroffen wird, weil er nicht gegeben ist, soweit Prorogationsverbote bestehen (Krejci in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 14 KSchG; Fasching, Lehrbuch2, Rz 304; ebenso Jelinek aaO bei buchstabengetreuer Auslegung 876, 884, 891, allerdings eine teleologische Reduktion befürwortend 885 f; ebenso Fasching, Kommentar I 459 zu § 6 Ratengesetz 1896). Der Ministerialentwurf des Konsumentenschutzgesetzes enthielt noch im § 12 (ebenso wie § 12 Ratengesetz 1961) eine Gerichtsstandsbestimmung für mehrere Verbraucher, die aber im Gesetzestext des § 14 Abs 1 KSchG (wie im Wortlaut des § 6 Ratengesetz 1896) fehlt. Die Argumente Jelineks erscheinen dem Obersten Gerichtshof nicht derart schwerwiegend zu sein, daß sie die befürwortete teleologische Reduktion rechtfertigen könnten. Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.