OGH vom 14.10.1997, 1Ob144/97a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Siegfried T*****, vertreten durch Dr.Hans-Peter Benischke und Dr.Edwin Anton Payr, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Elisabeth R*****, 2. Leopold R*****, beide ***** vertreten durch Dr.Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Unterlassung (Streitwert S 50.000,--) infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 428/96i-30, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom , GZ 3 C 40/95m-22, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien als Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** schuldig, im Bereich der Grundgrenze zu der im Eigentum der klagenden Partei stehenden Liegenschaft EZ ***** die Ablagerung von Abfällen, insbesondere von Speiseresten und Stallmist, zu unterlassen, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 43.750,97 (darin S 5.958,31 USt und S 12.060,-- Bausauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren aller drei Instanzen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer einer Liegenschaft mit einem darauf errichteten Wohnhaus, in dem sich vier Bestandobjekte befinden. Die Beklagten sind je zur Hälfte Eigentümer der angrenzenden Liegenschaft mit einem darauf betriebenen Gasthaus.
Unmittelbar an der Grundgrenze, nur 4 m vom Wohngebäude des Klägers entfernt, unterhalten die Beklagten einen Komposthaufen, auf dem sie sowohl Gras und Laub als auch Speisereste, Knochen, Eierschalen, Küchenabfälle sowie den durch die Hasenhaltung angefallenen Stallmist entsorgen. Durch den Komposthaufen kommt es zu einer erheblichen Geruchs- und Fliegenbelästigung, weshalb es den einzelnen Wohnungsmietern im Haus des Klägers oft nicht möglich ist, Fenster oder Balkontüren zu öffnen. Der Komposthaufen der Beklagten ist nicht entsprechend den hygienischen Mindesterfordernissen eingerichtet, weil er einerseits nicht regen- und rattendicht ist und sich zu nahe dem Wohngebäude des Klägers befindet und andererseits für Eigenkompostierung ungeeignetes Ausgangsmaterial wie mit Fäkalien von Hasen verunreinigte Streu verwendet wird. Diese hygienischen Mängel sind geeignet, in der warmen Jahreszeit Beeinträchtigungen in Form von intensiver Geruchsbildung und Massenvermehrung von Fliegen herbeizuführen.
Mit seiner am beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, soweit im Revisionsverfahren noch strittig, die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Ablagerung von Abfällen, insbesondere von Speiseresten und Stallmist im Bereich der Grundgrenze zu der im Eigentum des Klägers stehenden Liegenschaft. Er brachte vor, die von dem zu nahe beim Wohnhaus des Klägers errichteten und unter anderem mit Speiseresten und Stallmist aus der Hasenhaltung befüllten Komposthaufen ausgehenden Einwirkungen überstiegen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß bei weitem und beeinträchtigten die Nutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich. Insbesondere in der warmen Jahreszeit entstehe eine nahezu unerträgliche Geruchsbelästigung. Auch sei der Komposthaufen eine Brutstätte für Ungeziefer aller Art, vor allem aber von Fliegen, die in solchen Massen aufträten, daß die Mieter des Hauses ihre Fenster kaum öffnen könnten. Sämtliche Mieter des Hauses hätten damit gedroht, ihre Bestandverhältnisse aufzulösen, weil sie gesundheitliche Beeinträchtigungen befürchteten.
Die Beklagten wendeten dagegen ein, der Komposthaufen bestehe seit Jahrzehnten und die Kompostierung sei ortsüblich. Es werde lediglich abgemähtes Gras, Laub und kompostierbarer Küchenabfall abgelagert, der teilweise mit Gras überdeckt werde. Die vom Komposthaufen ausgehenden Immissionen überstiegen nicht das ortsübliche Ausmaß.
Das Erstgericht erkannte die Beklagten schuldig, die von ihrem Grundstück durch Ablagerung von Abfällen, insbesondere von Speiseresten und Stallmist, im Bereich der Grundgrenze zur Liegenschaft des Klägers ausgehenden Einwirkungen auf die im Eigentum des Klägers befindliche Liegenschaft zu unterlassen, soweit diese Einwirkungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten. (Die Abweisung des Mehrbegehrens, die Beklagten auch zur Entfernung des Komposthaufens zu verurteilen, erwuchs in Rechtskraft und ist im Revisionsverfahren nicht mehr Streitgegenstand.) Es traf die eingangs zusammengefaßten Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, der Eigentümer eines Grundstücks könne gemäß § 364 Abs 2 ABGB dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauchgase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Nutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Zu den ähnlichen Einwirkungen im Sinne dieser Gesetzesstelle zählten unter anderem solche durch Bienen oder Fliegen. Die aufgrund eines Sachverständigengutachtens festgestellte Geruchsbelästigung und Fliegenplage sei keinesfalls die Regel, sondern vielmehr ein Einzelfall (gemeint offenbar: die Beeinträchtigung überschreite das ortsübliche Maß). Da der Fliegenbefall auf die unsachgemäße Lagerung von tierischen Fäkalien zurückzuführen sei, bestehe durch die mit Kot in Berührung gekommenen Fliegen die Gefahr der Übertragung von Infektionskrankheiten. Damit lägen die vom Komposthaufen ausgehenden Einwirkungen über dem ortsüblichen Ausmaß, zumal damit eine Gesundheitsgefährdung verbunden sei. Da die dem Verpflichteten auferlegte Unterlassung im Titel so genau wie möglich zu umschreiben sei, habe der Anspruch des Klägers im stattgebenden Teil des Urteilsspruchs umformuliert werden müssen. Der Oberste Gerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß der Eigentümer des gefährdeten Besitzes seinem Gegner die zur Unterlassung oder Verhinderung von Immissionen erforderlichen Schutzmaßnahmen überlassen müsse und daher nicht berechtigt sei, von ihm bestimmte Vorkehrungen zu deren Vermeidung zu begehren. Dieser Rechtsprechung zufolge sei der auf Entfernung des Komposthaufens gerichtete Teil des Klagebegehrens abzuweisen.
Das Gericht zweiter Instanz hob das angefochtene Urteil im stattgebenden Teil auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 50.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erachtete die Mängelrüge der Beklagten, das Erstgericht habe durch die Umformulierung des Begehrens gegen § 405 ZPO verstoßen, als berechtigt. Zwar dürfe das Gericht dem Urteilsspruch eine klarere, deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung geben, jedoch nur dann, wenn diese Vorgangsweise im Begehren selbst gedeckt sei. Der Kläger fordere aber von den Beklagten nicht die Unterlassung von Immissionen, sondern bestimmte Maßnahmen, nämlich das Unterlassen der Ablagerung von Abfällen. Der Zuspruch des Erstgerichts stelle gegenüber dem Klagebegehren ein aliud im Sinne des § 405 ZPO dar. Obwohl das ursprüngliche Klagebegehren nach ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut und dem Zweck des § 364 Abs 2 ABGB nicht abgeleitet werden könne, sei noch nicht mit einer Abweisung dieses Begehrens vorzugehen. Das Erstgericht habe nach der Aktenlage, ohne dies mit den Parteien zu erörtern, das Klagebegehren erstmals im Urteil von Amts wegen umformuliert. Dies hätte das Erstgericht im Sinne des § 182 ZPO mit den Parteien erörtern müssen, um sie mit seiner Rechtsansicht nicht zu überraschen. In Anbetracht dieses Aufhebungsgrunds könne derzeit zu den behaupteten Stoffsammlungsmängeln - das Erstgericht habe es unterlassen, Feststellungen über die Ortsüblichkeit von Immissionen zu treffen - noch nicht Stellung genommen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Rekurs der Beklagten ist zulässig, weil die vom Berufungsgericht aufgezeigte Judikaturdivergenz zur Frage der Anleitungspflicht des Erstgerichts in der Tat besteht. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Es ist ständige und gesicherte Rechtsprechung, daß die Klage gemäß § 364 Abs 2 ABGB ein Anwendungsfall der negatorischen Eigentumsklage ist, deren Begehren auf Unterlassung des Eingriffs geht. Das auf diese Gesetzesstelle gestützte Unterlassungsbegehren ist kein Handlungs-, sondern ein „Erfolgsverbot“: Der Verpflichtete hat dafür zu sorgen, daß sein Nachbar nicht durch Immissionen beeinträchtigt wird; die Art, wie dies zu geschehen hat, bleibt dem Verpflichteten überlassen. Der Exekutionstitel richtet sich daher auf eine im materiellen Recht vorgezeichnete Verpflichtung zu dauerndem, künftigem, inhaltlich aber vom Verpflichteten zu bestimmendem Handeln. Soweit das Begehren auf sichernde Vorkehrungen gerichtet ist, darf keine bestimmte Einrichtung verlangt werden; die Auswahl der Schutzmaßnahmen muß vielmehr dem Beklagten überlassen bleiben (SZ 52/55; SZ 61/278; SZ 63/3; SZ 65/145; 6 Ob 1679/95; 6 Ob 40/97v ua). Ein dennoch auf bestimmte Vorkehrungen - und sei es auch in Form eines Unterlassungsbegehrens, das etwa auf die Unterlassung der Betriebsfortführung gerichtet ist - zielendes Begehren stellt dem Begehren auf Unterlassung von Emissionen gegenüber ein aliud dar, dessen Zuspruch die Bestimmung des § 405 ZPO entgegensteht (SZ 50/99; 1 Ob 658/82; SZ 61/278; SZ 65/145).
Das vom Kläger erhobene Begehren richtet sich - wie bereits das Erstgericht im Ergebnis richtig erkannt hat - darauf, den Beklagten bestimmte Maßnahmen zur Verhinderung der störenden Immissionen, nämlich das Unterlassen der Ablagerung von Abfällen, vorzuschreiben. Damit wird aber ein Anspruch geltend gemacht, der aus dem Gesetz nicht ableitbar ist. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß die vom Kläger als störend empfundenen Einwirkungen auch auf andere Weise, etwa durch entsprechende Abdichtung des Komposthaufens, beseitigt werden könnten. Insoweit ist der Sachverhalt mit jenem vergleichbar, der der Entscheidung 4 Ob 2347/96t zugrundelag; mit dieser Entscheidung wurde der Kläger, der die Entfernung von nahe der Grundstücksgrenze aufgestellten Bienenstöcken begehrt hatte, darauf verwiesen, daß er nicht bestimmte Vorkehrungen, sondern nur die Unterlassung des Eingriffs begehren könne.
Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, daß das Erstgericht durch die amtswegige Umformulierung des Klagebegehrens gegen die Bestimmung des § 405 ZPO verstieß, weil es etwas anderes zusprach, als der Kläger begehrt hatte. Allerdings hat der 4.Senat mit der erwähnten Entscheidung das Berufungsurteil mit der Begründung aufgehoben, die Kläger seien von der Rechtsansicht des Gerichts zweiter Instanz, ihr Begehren entspreche nicht § 364 Abs 2 ABGB, überrascht worden. Die Gerichte, insbesondere die Rechtsmittelgerichte, dürften die Parteien nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die diese nicht beachtet hätten und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht worden seien. In Österreich gelte „somit, wenngleich eine ausdrückliche gesetzliche Regelung“ fehle, „dasselbe, was § 278 Abs 3 dZPO“ festlege. Danach dürfe das Gericht seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten habe, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, nur dann stützen, wenn es ihr Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben habe. Darauf, ob die Partei oder ihr Vertreter diesen Gesichtspunkt und seine Erheblichkeit hätte erkennen müssen, komme es nicht an. Diese Rechtsansicht teilt der erkennende Senat für den Bereich der Klageänderung nicht:
Gemäß § 182 Abs 1 ZPO hat der Vorsitzende darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung oder Bekämpfung des Anspruchs geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweise ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur wahrheitsmäßigen Feststellung des Tatbestands der von den Parteien behaupteten Rechte und Ansprüche notwendig erscheinen. Die Manuduktionspflicht des Gerichtes hat sich daher nach dem ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag im Rahmen des behaupteten Anspruchs zu bewegen. Nur in diesem Bereich ist auf die Vervollständigung des Sachvorbringens oder auch darauf zu dringen, daß das Begehren schlüssig gemacht werde. Daß die im § 182 Abs 1 ZPO verankerte Anleitungspflicht nicht als eine solche allgemeiner Natur, die vom konkret geltend gemachten Anspruch losgelöst ist, beurteilt werden darf, ergibt ein Vergleich mit der Anleitungspflicht gemäß § 432 Abs 1 ZPO, die den Richter im bezirksgerichtlichen Verfahren gegenüber rechtsunkundigen und unvertretenen Parteien trifft. Diesen hat er erforderlichenfalls die zur Vornahme ihrer Prozeßhandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Auch diese (weitergehende) Belehrungspflicht muß aber stets so wahrgenommen werden, daß dabei nicht der Eindruck entsteht, der Richter unterstütze die Partei in einer die Besorgnis der Befangenheit begründenden Weise (JBl 1957, 595; 3 Ob 545/93; Fasching, LB2 , Rz 1611). Wenngleich das Prozeßvorbringen der nach § 432 ZPO anzuleitenden Partei nicht zu eng verstanden werden darf (3 Ob 545/93), ergibt sich doch aus § 435 Abs 1 ZPO, dem zufolge der Richter nur auf die Vervollständigung oder Richtigstellung der von der unvertretenen Partei überreichten schriftlichen Klage zu dringen hat, daß selbst im bezirksgerichtlichen Verfahren grundsätzlich der geltend gemachte Anspruch den Bereich der Manuduktionspflicht des Richters absteckt. Gemäß § 39 Abs 2 Z 1 ASGG ist die nicht qualifiziert vertretene Partei nach den Bestimmungen der §§ 432, 435 ZPO zu belehren. Hiebei hat der Vorsitzende die Parteien über die bei derartigen Arbeits- und Sozialrechtssachen in Betracht kommenden besonderen Vorbringen und Beweisanbietungen zu belehren, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (Rechtsverteidigung) dienen können, und sie zur Vornahme der sich anbietenden derartigen Prozeßhandlungen anzuleiten. Erst diese Bestimmung bietet die Grundlage dafür, daß der Richter alle nach dem erstatteten Parteienvorbringen auch in abstracto in Betracht kommenden Anspruchsgründe zu erörtern und die unvertretene Partei über alle möglichen Prozeßhandlungen (Prozeßerklärungen) zu belehren (Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz2 229 f).
Soll diese vom Gesetz getroffene Unterscheidung ihres Sinngehalts nicht völlig entleert werden, darf die Anleitungspflicht im Anwaltsprozeß keinesfalls derart weit gezogen werden, daß einer Partei selbst die Möglichkeit eröffnet werden muß, ein nach den getroffenen Feststellungen abzuweisendes Klagebegehren dahin zu ändern, daß die rechtlichen Voraussetzungen für eine Klagsstattgebung gegeben sein könnten. Den Parteien ist zwar Gelegenheit zu geben, unschlüssiges, unbestimmtes oder widerspruchsvolles Begehren (jedoch ohne Änderung dessen Inhalts) zu verdeutlichen und zu präzisieren, doch kann daraus den dargestellten Erwägungen zufolge nicht die Verpflichtung des zu strikter Unparteilichkeit verhaltenen Richters abgeleitet werden, die rechtliche Unzulässigkeit eines Begehrens mit den Parteien zu erörtern und damit eine entsprechende Klagsänderung anzuregen. Das war bisher stets der Standpunkt der Rechtsprechung (JBl 1978, 545; SZ 52/122; ArbSlg 10.061; ArbSlg 10.111; SZ 56/104; SZ 67/137; 1 Ob 606/95), an der der erkennende Senat festhält. Nur in dem soeben dargestellten Umfang der Anleitungspflicht ist auch die ständige Rechtsprechung zu verstehen, daß das Gericht die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen dürfe, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat (EvBl 1964/161; SZ 42/28; SZ 57/31; SZ 57/85; SZ 63/67; SZ 67/64; SZ 68/135). Vor allem darf nicht übersehen werden, daß der Grundsatz, die Parteien dürften mit der Rechtsauffassung des Gerichtes nicht überrascht werden, für den österreichischen Rechtsbereich aus § 182 ZPO abgeleitet wird (JBl 1988, 730) und daher anders als § 278 Abs 3 dZPO (vgl hiezu Baumbach/Lauterbach/Alberts/Hartmann, ZPO55 § 278 Rz 12) die Anleitungspflicht des Gerichts nicht erweitert. Der Entscheidung 4 Ob 2347/96t, die vereinzelt geblieben und die Vorjudikatur zur Frage des Umfangs der Anleitungspflicht nicht berücksichtigt, kann in diesem Punkt nicht beigetreten werden.
Dem Rekurs ist daher stattzugeben und gemäß § 519 Abs 2 zweiter Satz ZPO in der Sache selbst im klagsabweisenden Sinn zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.