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OGH vom 08.11.2011, 3Ob131/11b

OGH vom 08.11.2011, 3Ob131/11b

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Heidi D*****, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Romana T 2. Christian T*****, und 3. B***** GmbH, *****, alle vertreten durch Mag. Hannes Arneitz, Rechtsanwalt in Villach, wegen 5.875,12 EUR sA (führendes Verfahren 9 C 1818/10x) und 3.000 EUR (9 C 1819/10v), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 71/11k 16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom , GZ 9 C 1818/10x (9 C 1819/10v) 12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den zweit und der drittbeklagten Parteien die mit 641,86 EUR (darin enthalten 102,48 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat die Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung nicht zur Folge, dass die Streitwerte zusammenzurechnen wären (RIS Justiz RS0037271; RS0037252). Daher ist die Zulässigkeit von Rechtsmitteln für jedes Verfahren gesondert zu prüfen (RIS Justiz RS0036717). Die Revision erweist sich daher im Verfahren 9 C 1819/10v des Erstgerichts mit einem Streitwert von 3.000 EUR als nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig .

2. Entgegen dem nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts erweist sich die Revision der Klägerin im Verfahren 9 C 1818/10x des Erstgerichts als nicht zulässig , was wie folgt kurz zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO):

2.1. Die Verpflichtung der Erstbeklagten zum Ersatz der Hälfte der von der Klägerin zur Gänze geleisteten Mietzinse als Regress zwischen den solidarisch haftenden Mitmieterinnen ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist für die Erstbeklagte nur mehr die Verpflichtung auch zur restlichen Hälfte aus dem Titel des Schadenersatzes.

Auf einen Bereicherungsanspruch gegenüber der Erstbeklagten kommt die Revision nicht mehr zurück, sodass darauf nicht mehr eingegangen werden braucht.

Einen Schadenersatzanspruch der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten hat das Berufungsgericht mit dem Argument verneint, das Vorbringen zum schadensverursachenden Verhalten der Erstbeklagten sei nicht ausreichend substanziiert behauptet worden. Gegen diese Rechtsansicht wird in der Revision inhaltlich nicht dahin Stellung genommen, welche erstinstanzlichen Behauptungen der Klägerin doch ausreichend sein sollen. Es werden dazu nur Feststellungsmängel zum Thema, die Beklagten (also auch die Erstbeklagte) hätten der Klägerin seit April 2004 den Zutritt zum Geschäftslokal verwehrt und sämtliche Einnahmen kassiert, geltend gemacht. Ein solcher Sachverhalt mag für Ansprüche wegen entgangener Gewinnbeteiligung von Relevanz sein, für die angestrebte Ersatzpflicht der Erstbeklagten in Ansehung des ganzen Mietzinses im Verhältnis der Gesellschafterinnen bürgerlichen Rechts, zueinander reicht es nicht aus. Ein allenfalls gesellschafftswidriges Verhalten der Erstbeklagten hat die mitschuldnerische Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses nicht ausgelöst. Es ist vertretbar, dass eine alleinige Zinstragungspflicht der Erstbeklagten als Pönale für treuwidriges Verhalten einer besonderen Begründung bedurft hätte. Ebenso wenig erhob die Klägerin in der Revision eine Mängelrüge, das Berufungsgericht habe seine materielle Prozessleitungspflicht durch Unterlassung eines Verbesserungsversuchs (vgl RIS Justiz RS0037166 [T13]) verletzt. Ein allfälliger derartiger Mangel des Berufungsverfahrens kann aber vom Obersten Gerichtshof nicht von Amts wegen wahrgenommen werden (RIS Justiz RS0037325). Die nach den besonderen Umständen des Einzelfalls vorgenommene Beurteilung des Prozessvorbringens (RIS Justiz RS0042828) durch das Berufungsgericht in Ansehung des Schadenersatzbegehrens gegenüber der Erstbeklagten ist vertretbar und bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.

2.2. Das Vorbringen der Klägerin ist dahin zu verstehen, dass sie das nach wie vor aufrechte Bestehen eines Mietvertrags behauptet, den sie und die Erstbeklagte als die beiden Gesellschafterinnen einer noch immer existenten GesbR für diese zur Anmietung eines Geschäftslokals zum Betrieb eines Bordells als Mitmieterinnen geschlossen haben.

Einer GesbR kommt keine Rechtspersönlichkeit zu; Zurechnungsobjekte der Rechte und Pflichten sind deren Gesellschafter, die auch die Vertragspartner eines Dritten sind (RIS Justiz RS0022132 [T2]; RS0022184; RS0113444; Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 2/25). Im Sinn der §§ 1182 und 1202 ABGB ist zwischen dem Gesellschaftsvermögen einer GesbR und dem Privatvermögen der jeweiligen Gesellschafter zu trennen ( Grillberger in Rummel ³ §§ 1202, 1203 ABGB Rz 2; Jabornegg/Resch in Schwimann ³ § 1202 ABGB Rz 1; Riedler in KBB³ § 1202 ABGB Rz 1; Duursma/Duursma Kepplinger/Roth , Handbuch zum Gesellschaftsrecht Rz 115 ff). Obwohl der Mietvertrag für die Führung des Bordellbetriebs durch die GesbR eingegangen wurde, entsprach sein Abschluss durch die beiden Gesellschafterinnen der GesbR als Mitmieterinnen der dargestellten Rechtslage; weitere Konsequenz ist, dass die Rechte aus dem Mietvertrag dem Gesellschaftsvermögen der GesbR zuzuordnen sind und die Pflicht zur Zahlung von Mietzins als Gesellschaftsverbindlichkeit zu qualifizieren ist.

Die Klägerin nimmt den Zweit und die Drittbeklagte für die von ihr geleisteten Mietzinse in Anspruch, weil sie in die Mietrechte aus dem für die GesbR abgeschlossenen Mietvertrag eingegriffen und sich die Vorteile daraus zugeeignet hätten. Die von der Klägerin aus der Beeinträchtigung dieser Mietrechte der GesbR abgeleiteten Forderungen aus den Titeln Schadenersatz und Bereicherung (§ 1041 ABGB) stellen deshalb Gesellschaftsforderungen dar.

Bei Forderungen einer GesbR handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig um Gesamthandforderungen, für die als Kläger die Gesellschafter gemeinsam aufzutreten haben. Das bedeutet zwar nicht, dass ein Gesellschafter allein keinesfalls zur Klage legitimiert wäre. Infolge der Rechtsnatur der GesbR besitzt ein Gesellschafter schon nach § 890 zweiter Satz ABGB bei Nachweis der „Übereinkunft aller Mitgläubiger“ die Legitimation zur Einklagung der gesamten Forderung; fehlt eine solche Übereinkunft/deren Nachweis, kann nur auf gerichtliche Hinterlegung für alle Gesellschafter (§ 890 Satz 2 ABGB) geklagt werden (RIS Justiz RS0017326; RS0017330).

Die Klägerin hat weder eine Zustimmung der Erstbeklagten zur Klageführung gegen den Zweit und die Drittbeklagte behauptet (eine solche Behauptung stünde auch im Widerspruch zum Vorbringen der Klägerin, in dem allen drei Beklagten ein gemeinsames Vorgehen gegen die Klägerin unterstellt wird) noch auf gerichtliche Hinterlegung deren Leistung für alle Gesellschafter geklagt. Die gegen den Zweit und die Drittbeklagte erhobene Klage erweist sich daher entweder hinsichtlich des Vorbringens oder des Begehrens als unschlüssig.

Bereits das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen den Zweit und die Drittbeklagten mit der zusammengefassten Begründung ab, es fehle an einer Rechtsgrundlage dafür; es hielt also das Sachbegehren der Klägerin materiellrechtlich nicht aus den vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ableitbar, das heißt unschlüssig (vgl RIS Justiz RS0037516), ohne jedoch einen gebotenen Verbesserungsversuch mit der Klägerin vorzunehmen (RIS Justiz RS0037166 [T5]; RS0037161 [T2]). Eine Rüge dieses Verfahrensmangels unterblieb jedoch in der Berufung der Klägerin. Eine allfällige Verletzung der materiellen Prozessleitungspflicht des Erstgerichts nach §§ 182, 182a ZPO kann aber vom Obersten Gerichtshof nicht wahrgenommen werden, wenn dies in der Berufung nicht gerügt wurde (RIS Justiz RS0037325). Folge der Unschlüssigkeit des Klagebegehrens gegen den Zweit und die Drittbeklagte ist dessen Abweisung (6 Ob 173/08x uva).

3. Eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs in Kostenfragen ist ausgeschlossen (RIS Justiz RS0104146).

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50 und 41 ZPO. In der Revisionsbeantwortung wurde auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.