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OGH vom 27.11.2002, 3Ob131/02i

OGH vom 27.11.2002, 3Ob131/02i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei E***** GmbH, ***** vertreten durch Rechtsanwälte Prettenhofer & Jandl Partnerschaft in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1. Haimo H***** und 2. Helga H*****, beide vertreten durch Dr. Franz Hofbauer, Rechtsanwalt in Ybbs, wegen Räumung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 7 R 57/02s-10, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom , GZ 7 R 57/02s-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Scheibbs vom , GZ 1 E 423/02w-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei kaufte von den beiden Verpflichteten mit Kaufvertrag vom - der in seinem Punkt V. ein Wiederkaufsrecht zugunsten der Verkäufer enthält - eine Liegenschaft mit einem darauf errichteten Gebäude und betreibt auf der Liegenschaft eine Tankstelle. Die betreibende Partei verpachtete die Tankstelle an den Erstverpflichteten und führt nun nach Auflösung des Pachtvertrags (zufolge Abweisung eines Konkursantrags gegen den Erstverpflichteten mangels kostendeckenden Vermögens) wegen titelloser Benützung gegen die Verpflichteten Exekution auf zwangsweise Räumung der Liegenschaft. Die Verpflichteten nahmen nach ihren Behauptungen mit Schreiben vom das ihnen eingeräumte Wiederkaufsrecht in Anspruch.

Die Verpflichteten beantragten die Aufschiebung der Exekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zwischen den Parteien anhängigen Verfahrens AZ 22 Cg 149/01i des Landesgerichts Wiener Neustadt (im Folgenden Parallelverfahren) über das von den Verpflichteten geltend gemachte Wiederkaufsrecht ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung. Durch den nunmehrigen Vollzug der Räumungsexekution bestehe für die Verpflichteten die dringende Gefahr, dass sie das Objekt ihres Wiederkaufsrechts zur Gänze oder größtenteils, zumindest im wirtschaftlich relevanten Ausmaß, verlieren. Sie hätten das Wiederkaufsrecht deshalb ausgeübt, weil sie die bestehende Tankstelle weiter betreiben und die Liegenschaft mit den derzeitig bestehenden Gebäuden gemeinsam mit den Eltern der Zweitverpflichteten bewohnen wollten.

Das Erstgericht wies den Aufschiebungsantrag ab, weil die klageweise Geltendmachung von Ansprüchen aus der Vereinbarung des Wiederkaufsrechts ebensowenig einem Aufschiebungsgrund nach § 42 EO zuzuordnen sei wie der Umstand, dass das Landesgericht Wiener Neustadt der betreibenden Partei mit einstweiliger Verfügung verboten habe, die Gegenstand des Räumungsexekutionsverfahrens bildende Liegenschaft zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden. Das Rekursgericht bewilligte die beantragte Aufschiebung, machte deren Wirksamkeit vom Erlag einer - am erlegten - Sicherheitsleistung von 14.500 EUR abhängig und sprach in seinem Ergänzungsbeschluss aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rsp zur Frage fehle, ob einer auf Einverleibung des Eigentumsrechts gerichteten Klage wider die betreibende Partei die Gleichbehandlung des Aufschiebungstatbestands nach § 42 Abs 1 Z 5 EO zur Aufschiebung eines Räumungsexekutionsverfahrens zukomme. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, aus der taxativen Aufzählung der Aufschiebungsgründe folge nicht, dass eine analoge Anwendung einzelner Aufschiebungstatbestände von vornherein ausscheide. Ein Sachverhalt, der nicht genau einen der beschriebenen Aufschiebungsgründe erfülle, müsse aber nach seiner Art und seinem Gewicht so beschaffen sein, dass alles für eine Gleichbehandlung spreche. Diese Voraussetzung treffe hier im Verhältnis zum Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 1 Z 5 EO zu. Der dort erwähnte § 35 EO umfasse im Besonderen die Sachverhalte, die geeignet seien, den betriebenen Anspruch aufzuheben oder seine Fälligkeit hinauszuschieben, wobei der Oppositionsgrund im Allgemeinen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstanden sein müsse. Wenn nunmehr die Verpflichteten behaupteten, ein Wiederkaufsrecht mit Schreiben vom ausgeübt zu haben, so würde der mit Abgabe der Wiederkaufserklärung unmittelbar entstehende obligatorische Anspruch auf Eigentums- und Besitzrückübertragung dem Räumungsanspruch der betreibenden Partei entgegenstehen. Da sich diese Tatumstände auf einen vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Titelverfahren liegenden Zeitpunkt gründeten, liege ein Aufschiebungsgrund vor, der eine Gleichbehandlung im Verhältnis zum Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 1 Z 5 EO rechtfertige. Die Gefährdung der Verpflichteten iSd § 44 Abs 1 EO sei gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Beizutreten ist vorerst der mit der herrschenden Meinung übereinstimmenden Rechtsansicht des Rekursgerichts, die Exekutionsordnung zähle die Aufschiebungsgründe zwar erschöpfend auf, gleichwohl sei die analoge Anwendung von Aufschiebungsgründen auf ähnliche Sachverhalte zulässig, wenn diese ihrer Art und ihrem Gewicht nach so beschaffen seien, dass alles für eine Gleichbehandlung spreche (stRsp, MietSlg 37.818; RZ 1990/59 u.a., zuletzt 3 Ob 269/01g; RIS-Justiz RS0001466; Jakusch in Angst, EO, § 42 Rz 33; Deixler-Hübner in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 42 Rz 3). In Frage kommt hier nur der Aufschiebungsgrund nach § 42 Abs 1 Z 5 EO, wonach die Aufschiebung der Exekution angeordnet werden kann, wenn u.a. eine der in den §§ 35, 36 und 37 EO erwähnten Klagen erhoben wird. Weil diese Norm den in der Praxis am häufigsten geltend gemachten Aufschiebungsgrund darstellt und von den Verpflichteten oft zur Prozessverschleppung missbraucht wird, sind die Voraussetzungen hier besonders streng zu prüfen (Deixler-Hübner aaO § 42 Rz 11).

b) Im vorliegenden Fall sind die Verpflichteten aufgrund eines vollstreckbaren Urteils wegen rechtsgrundloser Benützung zur Räumung der Liegenschaft verpflichtet. Nun beantragten sie die Aufschiebung der Räumungsexekution bis zur rechtskräftigen Erledigung des Parallelverfahrens, in dem sie die Einwilligung der betreibenden Partei in die Ausübung ihres Wiederkaufsrechts und die bücherliche Einverleibung ihres Eigentums sowie die Räumung und Übergabe der Liegenschaft an sie begehrten.

Gemäß § 1068 erster Satz ABGB heißt das Recht, eine verkaufte Sache wieder einzulösen, das Recht des Wiederkaufes. Es ist das dem Verkäufer vorbehaltene Recht, die verkaufte Sache zu einem bestimmten oder bestimmbaren Preis wieder zurückzukaufen (JBl 1988, 35). Das Wiederkaufsrecht wird durch einseitige, unwiderrufliche Erklärung ausgeübt. Die Ausübung des Wiederkaufsrechts als Gestaltungsrecht (vgl. dazu SZ 60/37 = JBl 1987, 718; Aicher in Rummel3, § 1068 ABGB Rz 2) durch diese Erklärung führt dazu, dass mit der Abgabe der Erklärung unmittelbar der obligatorische Anspruch auf Eigentums- und Besitzrückübertragung entsteht (Aicher aaO Rz 12) und der Wiederkaufsverpflichtete unmittelbar auf Übertragung des Eigentumsrechts und Besitzübergabe belangt werden kann (Binder in Schwimann2, § 1068 ABGB Rz 22 unter Hinweis auf SZ 5/228), löst doch bereits die Wiederkaufserklärung die Verpflichtung des Wiederverkaufsverpflichteten aus, den Kaufgegenstand zurückzustellen und die grundbuchsrechtlichen Mitwirkungshandlungen zu setzen; der Wiederkaufsberechtigte hat dagegen Zug um Zug (§ 1062 ABGB) den vereinbarten Wiederkaufspreis oder mangels einer Vereinbarung eines solchen den ehedem erhaltenen Kaufpreis zu entrichten (Aicher aaO Rz 11 mwN). Der Wiederkaufsberechtigte erwirbt mit der Abgabe seiner Erklärung einen obligatorischen Anspruch, nicht jedoch bereits (wiederum) das Eigentum an der Liegenschaft. Durch die Ausübung des Wiederkaufsrechts ändert sich somit nicht die sachenrechtliche Lage (Aicher aaO Rz 14 mwN).

Daraus ergibt sich hier, dass die Prüfung, ob zufolge § 42 Abs 1 Z 5 EO ein dem § 35 EO nahekommender Grund vorliegt, zu Gunsten der Verpflichteten ausfallen muss.

In der Entscheidung 3 Ob 20/97f (JBl 1997, 791 = ecolex 1997, 919) wurde ausgesprochen, bei der Oppositionsklage müsse der Umstand, auf den der Kläger seine Einwendungen stütze, wie bei jeder Klage bis spätestens Schluss der Verhandlung erster Instanz eingetreten sein. Das sei nicht der Fall, wenn erst im Oppositionsprozess Anfechtung wegen List oder Irrtums oder Preisminderung geltend gemacht werde, weil die Gestaltungswirkung erst mit Rechtskraft des Urteils eintrete und die Rechtsgestaltung daher zu spät käme. Solche Gestaltungsrechte stellten somit, weil sie gerichtlich geltend gemacht werden müssten, in keinem Fall taugliche Oppositionsklagegründe dar. In der Entscheidung 3 Ob 205/98p (RdW 1999, 211) wurde diese Auffassung auch für den Wegfall der Geschäftsgrundlage vertreten, in der Entscheidung 3 Ob 266/98h (NZ 1999, 401 = ecolex 1999, 166 [Wilhelm] = RdW 1999,

211) auch für Gewährleistungsansprüche und laesio enormis-Ansprüche. Auf die Auffassung der Lehre (vgl dazu Jakusch aaO § 35 Rz 26 und Deixler-Hübner aaO § 35 Rz 37 ff) dazu und die von der Rsp abgelehnten Einwände von Wilhelm (in ecolex 1997, 920) muss hier nicht eingegangen werden. Denn zuletzt wurde in 3 Ob 96/02t (mwN) erkannt, es könne zwar der Rücktritt vom Vertrag nach § 918 Abs 1 ABGB grundsätzlich einen tauglichen Oppositionsgrund abgeben; nur gerichtlich erst durchzusetzende Gestaltungsrechte, wenn also die Rechtsgestaltung - anders als beim Rücktritt vom Vertrag - erst mit Rechtskraft des vom Anfechtenden bzw. Gewährleistungsberechtigten angestrebten Urteils eintrete, stellten keinen Oppositionsgrund dar (RIS-Justiz RS0108542).

Die Stellung des Wiederkaufsberechtigten (§ 1068 ABGB), dessen Rechtsgestaltungserklärung wie beim Rücktritt vom Vertrag sofort die Rechtsfolgen - unabhängig von der Rechtskraft des angestrebten Urteils - auslöst, ist damit derart, dass eine analoge Anwendung des § 42 Abs 1 Z 5 EO geboten ist.

Das Rekursgericht kann sich zwar bei seinen Ausführungen zur Gefährdung der Aufschiebungswerber, dass die Verpflichteten auf der zu räumenden Liegenschaft eine Tankstelle betreiben und die Schleifung der Gebäude und Neuerrichtung der Anlage beabsichtigt sei, nicht auf unstrittige Tatsachen oder ausreichende Entscheidungsgrundlagen (vgl EvBl 1994/150) stützen. Die betreibende Partei bestreitet jedoch nicht, dass die Liegenschaft dem dringenden Wohnbedürfnissen der Verpflichteten dient. In einem solchen Fall ist bei einer Räumungsexekution die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils im Verlust dieser Wohnung offenkundig (RIS-Justiz RS0001698). Die bereits erlegte Sicherheitsleistung dient zur Sicherung der betreibenden Partei etwa bei Nichtzahlung eines entsprechenden Benützungsentgelts durch die Verpflichteten.

Aus dem Umstand, dass im Titelverfahren der Antrag auf Unterbrechung bis zu rechtskräftigen Erledigung des Parallelverfahrens, bis zu dessen Beendigung nunmehr die Aufschiebung der Räumungsexekution bewilligt wird, abgewiesen wurde, kann die betreibende Partei schon deshalb nichts ableiten, weil die Rechtswirkung dieses den Nutzerbrechungsauftrag abweisenden Beschlusses nicht die Entscheidung über die Aufschiebung der Räumungsexekution erfasst. Der zweitinstanzliche Beschlusses ist aus diesen Erwägungen zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.