OGH vom 20.12.2000, 7Ob142/00h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopold G*****, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Philipp Georg G*****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 1,000.000), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 134/99b-104, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom , GZ 27 Cg 1036/96a-99, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der am verstorbene Philipp Heinrich G***** errichtete am und ergänzt am sowie am ein Testament, in dem er Holger G*****, einen seiner Söhne, zum Alleinerben einsetzte und hinsichtlich der übrigen Kinder, darunter auch den Kläger und den Beklagten bestimmte, dass er ihnen "je sieben Prozent" seines Realbesitzes zur Abgeltung ihres Pflichtteiles" vermache. Weiters sollten der Beklagte sowie ein weiterer Sohn sich alle Schenkungen und Vorempfänge an Realbesitz mit dem zum Todestag gültigen Wert anrechnen lassen. Er legte noch allgemein fest, dass jedes seiner Kinder sich dann, wenn es das ihm zugedachte Legat ausschlagen und den Pflichtteil verlangen sollte, alle Vorempfänge gleich welcher Art anrechnen lassen müsste.
Der Wille des Erblassers war darauf gerichtet, den Grundbesitz im Wesentlichen in einer Hand zu erhalten, um den forstwirtschaftlichen Betrieb aufrecht erhalten zu können. Mit dem Prozentsatz von sieben Prozent sollte aber nicht gemeinsames Miteigentum der damit bedachten Personen und des Alleinerben begründet, sondern sollten die Pflichtteilsberechtigten mit konkreten Liegenschaften abgefunden werden. Nach dem Tod des Erblassers am wurde dem zum Alleinerben berufenen Holger G*****, nachdem er am eine bedingte Erbserklärung abgegeben hatte, am die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 810 ABGB und § 145 AußStrG eingeräumt.
Der Alleinerbe verkaufte jedoch mit Notariatsakt vom und Ergänzung vom diese Erbschaft an den Kläger, wobei in dem Notariatsakt die bereits getroffenen vertraglichen Regelungen mit den Noterben genau angeführt wurden, sich hinsichtlich des Beklagten aber nur der Hinweis findet, dass die "Berichtigung seiner Ansprüche" teilweise erfolgt, der Rest aber noch offen sei.
Der Kläger begehrte zuletzt nur noch die Feststellung, dass das dem Beklagten im Testament ausgesetzte Legat dahin zu verstehen sei, dass der Beklagte nicht einen Anspruch auf Einräumung von ideellem Miteigentum, sondern einen Anspruch auf Verschaffung des Alleineigentums an Liegenschaften aus dem Nachlass habe, die unter Hinzurechnung der bei Lebzeiten vom Erblasser erhaltenen Vorempfänge an Realvermögen insgesamt sieben Prozent des gesamten Realbesitzes des Erblassers nach den Wertverhältnissen am Todestag ausmachten. Die Auswahl stehe dem Kläger zu. Er stütze sich im Wesentlichen darauf, dass es stets der erklärte Wille des Erblassers gewesen sei, es zwischen dem Alleinerben und den mit den Vermächtnissen bedachten anderen Kindern zu keiner Miteigentumsgemeinschaft kommen zu lassen. Der frühere Alleinerbe habe diesbezüglich keine abweichende Vereinbarung mit dem Beklagten getroffen. Auch hätte dieser eine derartige Vereinbarung nur unter der aufschiebenden Bedingung treffen können, dass er tatsächlich Eigentümer der Liegenschaften werde, was im Hinblick auf den eingetretenen Erbrechtskauf aber nicht der Fall sei. Ferner hätte es einer Genehmigung durch das Gericht bedurft. Der Erbrechtskäufer sei jedenfalls selbst dann, wenn eine Vereinbarung zustande gekommen wäre, nicht daran gebunden.
Der Beklagte bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete vorweg die mangelnde Aktivlegitimation des Klägers ein, da dieser noch nicht eingeantwortet wäre und daher nur der Nachlass klagslegitimiert sei. Auch fehle es dem Kläger an einem Feststellungsinteresse. Der frühere Alleinerbe habe dem Beklagten das Wahlrecht, Miteigentum an den gesamten Liegenschaften zu begehren, ausdrücklich und auch schriftlich in mehreren Schreiben - unter anderem vom - eingeräumt (vgl auch Band II AS 179).
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es folgerte rechtlich aus dem einleitend dargestellten Sachverhalt und dem Vorbringen der Parteien, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des Verlassenschaftsgerichtes sei, sich mit Fragen der Streitigkeiten zwischen Erben und eigenberechtigten Legataren auseinanderzusetzen. Der Erbe könne genauso wie der Legatar strittige Rechtsfragen im streitigen Rechtsweg klären lassen. Insoweit sei auch der Erbe aktiv klagslegitimiert, wenngleich die unmittelbare Klage des Legatars vor der Einantwortung gegen den Nachlass zu richten wäre.
Die inhaltliche Berechtigung des Klagebegehrens ergebe sich aus dem eindeutigen Willen des Erblassers. Eine abweichende Vereinbarung des "früheren" Alleinerben sei dahin zu verstehen, dass er sie für sich selbst und nur den Fall abgegeben habe, dass ihm der Nachlass auch eingeantwortet werde, stelle jedoch keine Verwaltungshandlung für den Nachlass dar. Eine Überbindung im Erbschaftskaufvertrag sei nicht erfolgt.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es bejahte ebenfalls die Aktivlegitimation und das Feststellungsinteresse des Klägers. Der erbserklärte Alleinerbe sei auch berechtigt, die Ungültigkeit oder Unwirksamkeit eines Legates geltend zu machen, um damit auch die Klärung des strittigen Umfanges des Legates herbeizuführen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei jedoch davon auszugehen, dass der Erbschaftskäufer an die Stelle des Veräußerers trete und auch in alle Verfahrens- und Rechtshandlungen, insbesondere aber auch an ein bereits abgeschlossenes Erbteilungsübereinkommen gebunden sei. Er sei Gesamtrechtsnachfolger des Veräußerers. Auf eine Überbindung im Erbschaftskaufvertrag komme es nicht an. Daher habe das Erstgericht noch ergänzende Feststellungen zur behaupteten Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem - "früheren" - Alleinerben zu treffen. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da zur Frage des Umfanges der Haftung des Erbschaftskäufers keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.
Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs des Klägers ist zulässig, da zur Frage der Bindung des Erbschaftskäufers an Zusagen des Erbschaftsverkäufers gegenüber Legataren keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Vorweg ist festzuhalten, dass das Berufungsgericht zutreffend die aktive Klagslegitimation bejaht hat. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass dann, wenn vom Erben die Gültigkeit eines Vermächtnisses bestritten wird, diesem - nur - die Möglichkeit offen steht, die Ungültigkeit oder Unwirksamkeit des Legats im Rechtsweg feststellen zu lassen, nicht aber dies im Verlassenschaftsverfahren selbst zu relevieren (vgl RIS-Justiz RS008212; grundlegend schon SZ 47/125), woraus sich auch ergibt, dass dies schon vor Einantwortung erfolgen kann.
Wesentlich ist es dabei festzuhalten, dass allgemein ein
Feststellungsbegehren nicht nur das Rechtsverhältnis unmittelbar
zwischen den Parteien sondern auch zwischen Dritten erfassen kann,
wenn der Kläger daran ein rechtliches Interesse gerade gegenüber dem
Beklagten hat, weil sich das Rechtsverhältnis auf die rechtliche
Position des Klägers auswirkt (vgl RIS-Justiz RS0038819 =
insbesondere SZ 66/175, 7 Ob 378/98h; RIS-Justiz RS0038958 =
insbesondere JBl 1976, 370 ua). Dementsprechend wurde zwar das rechtliche Interesse einer Person, die nur hofft, Erbe zu werden, hinsichtlich der Feststellung der Ungültigkeit eines vom präsumtiven Erblasser mit einem Dritten geschlossenen Vertrages verneint (vgl RIS-Justiz RS0039061 = RZ 1977/60, 124 ua). Hier wurde aber bereits eine Erbserklärung angenommen und die Verwaltung übertragen. Wenngleich nun die Universalsukzession auf den Erben erst mit der formellen Rechtskraft der Einantwortungsurkunde eintritt (vgl RIS-Justiz RS0013001, = SZ 60/142, 4 Ob 2316/96h, ebenso MGA ABGB35 § 819 E 12 = EvBl 1998/120 uva) ist dies doch nur die letzte Stufe des Rechtserwerbs. Jedenfalls mit der unwidersprochenen und angenommenen Erbserklärung des Universalerben und auch der Übertragung der Verwaltung ist der stufenweise Rechtserwerb (vgl RIS-Justiz RS0012208 = 3 Ob 85/78) aber so weit gediehen, dass es auch gerechtfertigt ist diesem Erben bereits ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Umfanges des Nachlasses zuzubilligen (vgl im Zusammenhang auch schon ).
Zur eigentlich entscheidenden Frage, inwieweit nun ein Erbschaftskäufer an die vom Erbschaftsverkäufer und Universalerben nach seiner angenommenen Erbserklärung und Übertragung der von dem Verwalter des Nachlasses gemachten Zusagen gebunden ist, ist vorweg auf die Stellung des Erbschaftskäufers einzugehen. Beim Erbschaftskauf im Sinne der §§ 1278 ff ABGB wird entgegen der möglicherweise durch den Wortlaut vermittelten Vorstellung nicht die Verlassenschaft oder ein Teil davon gekauft, sondern das subjektive Erbrecht des Verkäufers, also sein Recht zum Erwerb der Erbschaft zwischen Erbanfall und Einantwortung (vgl dazu Kralik in Ehrenzweig [Herausgeber] Erbrecht3, 53 f; Welser in Rummel ABGB2 §§ 1278 bis 1281 Rz 1; Jud Der Erbschaftskauf, 7). Der Erbschaftskäufer - Erbrechtskäufer - erwirbt dabei das Erbrecht des Erbschafts-Erbrechtsverkäufers so wie es dieser besessen hat. Er übernimmt damit die Erbschaft in dem Stande, in dem sie sich befindet (vgl RIS-Justiz RS0025410 = insbesondere SZ 13/230 und EvBl 1958/3, 18 ua) und tritt in dieses Erbrecht des Veräußerers zur Gänze ein (vgl zum Begriff des "Universalsukzessors", Binder in Schwimann ABGB2 § 1278 Rz 9; vgl auch § 1279 ABGB Satz 2 und § 1280 ABGB; allgemein auch Kralik aaO, 54; Welser aaO Rz 4; wobei hier unerörtert bleiben kann, ob dies auch hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen also etwa der Erbfähigkeit zu gelten hat; vgl in diesem Sinn Jud aaO, 22 ff, Welser in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht11 II, 521; aA Kralik aaO, 54). In weiterer Folge wird dann auch der Erbschaftskäufer, der eben insgesamt in die Rechtposition des Veräußerers eintritt, als Erbe auch Universalsukzessor des Erblassers (MGA ABGB35 § 1278 E 6 = zuletzt EvBl 1964/361).
Da also der Erbschafts-Erbrechtskäufer zur Gänze in die Rechtsposition des Veräußerers eintritt, muss er auch dessen Dispositionen über das Erbrecht - soweit diese für den Veräußerer selbst wirksam waren - im Allgemeinen gegen sich gelten lassen. Dies gilt nicht nur für die im Verlassenschaftsverfahren gesetzten Erklärungen oder bereits geschlossene Erbteilungsübereinkommen (vgl Kralik aaO, 55; Jud aaO, 22), sondern auch sonstige Verfügungen des Erben. Zu den Verfügungsbefugnissen des Erben gehört es aber entsprechend § 817 ABGB auch die Beziehungen zu den Legataren abzuklären. Er kann daher auch Zusagen über die Art der Begleichung der Vermächtnisse machen. Dies ist nun kein Erbteilungsübereinkommen im Sinne der §§ 165 ff AußStrG, da die Legatare eben keine Erben sind, wohl aber die Zusage, dem Antrag des Legatars nach § 178 AußStrG auf Ausstellung einer Amtsbestätigung zur Ermöglichung der Einverleibung des Eigentumsrechts an an ihn vermachten Liegenschaften nicht entgegenzutreten (vgl dazu, dass gegen den Willen des Erben diese Amtsbestätigung nicht ausgestellt werden darf, RIS-Justiz RS008377 = SZ 60/241 ua). Weiters ist darin auch die Zusage zu sehen, für den Fall, dass der Legatar die Möglichkeit des Antrages nach § 180 AußStrG nicht in Anspruch nimmt, nach Einantwortung dessen Ansprüche im vereinbarten Sinne zu befriedigen.
Das Rekursgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass noch ergänzende Feststellungen zur Frage der zwischen dem Beklagten und dem Veräußerer getroffenen Vereinbarungen zu treffen sein werden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.