OGH 15.07.2010, 5Ob127/10b
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erna R*****, geboren am *****, vertreten durch Mag. Sylvia Weiländer, Rechtsanwältin in Wien als Sachwalterin, gegen die beklagte Partei Ernst R*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Christiane Pirker, Rechtsanwältin in Wien, wegen Ehescheidung und Unterhalt, über die außerordentliche Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 43 R 842/09f-134, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1.) Die außerordentliche Revision wird hinsichtlich des Ausspruchs über die Ehescheidung samt Verschuldensausspruch gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
2.) Hinsichtlich der Entscheidung über den Ehegattenunterhalt werden die Akten dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.) Zum Begehren auf Scheidung der Ehe:
Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO werden im außerordentlichen Rechtsmittel des Beklagten nicht dargetan. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen, was gemäß § 510 Abs 3 vorletzter Satz ZPO keiner weiteren Begründung bedarf.
2.) Zum Unterhaltsbegehren:
Bei Ermittlung des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts in Unterhaltsverfahren kommt es, wenn - wie hier - auch laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbetrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch streitig war (§ 58 Abs 1 JN); bereits fällig gewordene Ansprüche sind daneben nicht zusätzlich zu berücksichtigen (vgl RIS-Justiz RS0042366 [T7, T9, T10]; RIS-Justiz RS0103147; RS0122735; RS0114353).
Der Beklagte beantragte in seiner Berufung (ON 128, Band II), für den Fall der Scheidung den Unterhalt ab mit monatlich 330 EUR und ab mit monatlich 495 EUR (statt 800 EUR) festzusetzen. Der Wert des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz beträgt daher 10.980 EUR (36 x 305 EUR) und übersteigt damit 30.000 EUR nicht (§ 508 Abs 1 ZPO). Eine außerordentliche Revision ist daher nicht zulässig (§ 505 Abs 4 ZPO). Der Oberste Gerichtshof darf über ein solches Rechtsmittel nur dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (vgl RIS-Justiz RS0109623; RS0109505; RS0109516; RS0109503).
Damit erweist sich die Vorlage des Rechtsmittels insofern als verfehlt (§ 508 ZPO). Inwieweit das Rechtsmittel einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen überlassen (RIS-Justiz RS0109503).
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Erna R*****, geboren am , verstorben am (AZ 17 A 74/10p des Bezirksgerichts Donaustadt), zuletzt *****, vertreten durch Mag. Sylvia Weiländer, Rechtsanwältin in Wien als Sachwalterin, gegen die beklagte Partei Ernst R*****, geboren am , *****, vertreten durch Dr. Christiane Pirker, Rechtsanwältin in Wien, wegen Ehescheidung und Unterhalt, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1.) Infolge Ablebens der Scheidungsklägerin am ist das Verfahren über die Ehescheidung beendet.
2.) Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 5 Ob 127/10b, das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 43 R 842/09f-134, und das Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom , GZ 17 C 99/03v-127, sind hinsichtlich der Aussprüche über das Scheidungsbegehren und den Verschuldensausspruch mit Ausnahme der Kostenentscheidungen wirkungslos.
3.) Das Kostenbegehren der beklagten Partei für den „Berichtigungsantrag“ an den Obersten Gerichtshof vom wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Mit den aus dem Spruch ersichtlichen Entscheidungen haben der Oberste Gerichtshof sowie die Vorinstanzen über ein Begehren der Erna R***** als Klägerin auf Scheidung ihrer Ehe mit dem Beklagten abgesprochen und ausgesprochen, dass das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den Beklagten trifft.
Die Genannte ist am , also am Tag vor der Fällung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, verstorben.
Rechtliche Beurteilung
§ 460 Z 8 ZPO ordnet an, dass dann, wenn einer der Ehegatten vor der Rechtskraft des Urteils stirbt, der Rechtsstreit in Ansehung der Hauptsache als erledigt anzusehen ist. Er kann nur noch wegen der Verfahrenskosten fortgesetzt werden. Ein bereits ergangenes Urteil ist wirkungslos.
Die Erhebung einer außerordentlichen Revision hemmt zufolge § 505 Abs 4 letzter Satz ZPO den Eintritt der Rechtskraft. Somit lag im Zeitpunkt des Todes der Klägerin noch keine rechtskräftige Entscheidung über das Scheidungsbegehren vor.
Der erkennende Senat hat am , somit einen Tag nach dem Tod der Scheidungsklägerin, die außerordentliche Revision des Beklagten hinsichtlich des Ausspruchs über die Ehescheidung samt Verschuldensausspruch gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Diese Entscheidung ist daher wirkungslos. Erfolgt der Tod nach Erhebung eines Rechtsmittels, dann hat das in diesem Zeitpunkt funktionell zuständige Gericht, also nach Erhebung einer Revision der Oberste Gerichtshof, mit Beschluss die Beendigung des Verfahrens und die Wirkungslosigkeit aller bereits ergangenen Sachentscheidungen auszusprechen (vgl Simotta in Fasching² Rz 144 zu § 460 ZPO mwN; 6 Ob 52/07a = EF-Z 2007/110 [Gitschthaler]).
Das Verfahren über das Scheidungsbegehren ist also in der Hauptsache als erledigt anzusehen und kann nur noch wegen der Verfahrenskosten fortgesetzt werden.
Zur Klarstellung ist allerdings zu bemerken, dass sich diese Wirkungslosigkeit nicht auch auf die zusammen mit der Scheidungsklage erhobene Unterhaltsklage erstreckt. Diesfalls ist vielmehr § 155 ZPO über den Tod einer Partei im Zivilprozess anzuwenden (vgl Simotta aaO Rz 156 mwN).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Das Kostenbegehren der beklagten Partei war abzuweisen, weil in der als „Berichtigungsantrag“ bezeichneten Eingabe, mit der ein Ausspruch über die Rechtsfolgen des § 460 Z 8 ZPO angestrebt wird, keine Verzeichnung der Kosten iSd §§ 52 Abs 3, 54 Abs 1 ZPO, sondern bloß mit den Worten „Normalkosten: TP 1“ erfolgte. Ein solcher Schriftsatz ist im Normalkostentarif (BGBl II 2009/202) jedoch nicht angeführt, sodass es nicht ausreichte, Kosten laut „Normalkostentarif: TP 1“ geltend zu machen (vgl 8 ObA 2286/96a mwN).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Zivilverfahrensrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2010:0050OB00127.10B.0715.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAD-38040