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OGH vom 15.11.1989, 1Ob676/89

OGH vom 15.11.1989, 1Ob676/89

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Vormundschaftssache der mj. Rosemarie A***, geb. , vertreten durch die Mutter Annemarie A***, Religionslehrerin, Graz-St.Peter, Hauptstraße 35 c, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Wolfgang B***, Vermögensberater, Rum, Wiesenweg 6, vertreten durch Dr. Alfons Adam, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 2 R 319/89-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom , GZ 14 P 256/88-15, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert bzw. aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß, der in Ansehung des Zuspruchs von Unterhalt ab als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, wird im übrigen, sohin insoweit, als der Vater schuldig erkannt wurde, für die Zeit vom bis einschließlich einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 2.000,- zu bezahlen, aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Mit der beim Erstgericht am zu 28 C 78/88 eingebrachten Klage begehrte die am geborene Minderjährige die Feststellung der Vaterschaft des Dr. Wolfgang B*** sowie einen monatlichen Unterhalt von S 2.000,- ab bis zur Klagseinbringung und ab diesem Zeitpunkt einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 3.000,-. Nachdem Dr. Wolfgang B*** vor dem Magistrat Graz als Amtsvormund am die Vaterschaft zur Minderjährigen anerkannt hatte, wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom das Verfahren zur Festsetzung des Unterhaltes an das Pflegschaftsgericht abgetreten.

Der Vater brachte in seiner Stellungnahme vor, es sei ihm weder die Nachzahlung des rückständigen Unterhalts noch die Bezahlung eines Unterhaltsbetrages von S 3.000,-- möglich. Er habe mit seine Stellung als Personalchef der J*** W*** verloren; seither sei er bestrebt, sich als Unternehmensberater selbständig zu machen. Derzeit beziehe er ein Monatseinkommen von S 25.000,-, er besitze kein Vermögen und sei für zwei Söhne und für seine geschiedene Gattin unterhaltspflichtig. Darüber hinaus habe er vor 10 Jahren für die Minderjährige mehr an Unterhalt geleistet, als seiner Verpflichtung entsprochen hätte, insbesondere habe er der Mutter eine Goldmünzensammlung im Wert von S 60.000,-- zur Sicherung des künftigen Unterhalts der Tochter zur Verfügung gestellt. Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Leistung eines Unterhaltsbetrages von S 2.000,- für die Zeit vom bis und eines Unterhaltsbetrages von S 3.000,- monatlich ab .

Der Vater bekämpfte diesen Beschluß mit Rekurs. Wenn der Unterhalt rückwirkend festgesetzt werde, müßten auch jene Leistungen, die von ihm unter Hinweis auf die Unsicherheit seiner Managerposition geleistet wurden (Bürge und teilweiser Zahler für Bankkredit, Zuschuß zu Autokauf, Finanzierung von Einrichtungsgegenständen, Kleiderkauf auch für die anderen Kinder etc), Berücksichtigung finden.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Vaters teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstrichters insoweit, als dem Vater die Leistung eines Unterhaltsbetrages von S 2.000,- für die Zeit vom bis einschließlich auferlegt wurde und setzte die Unterhaltsleistungen für die Zeit vom bis mit S 2.500,- monatlich, vom bis einschließlich mit S 2.200,- monat lich und ab mit S 1.000,- monatlich fest. In Ansehung des den Betrag von S 1.000,- ab übersteigenden Unterhaltsbegehrens hob es den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht führte, soweit für den Revisionsrekurs von Bedeutung, aus, der Vater habe in der Zeit vom bis unter Einbeziehung der anteilsmäßigen Sonderzahlungen, jedoch unter Abzug des Taggeldes für auswärtige Dienstverrichtungen, und unter Einbeziehung der Betriebsratsumlage monatlich netto rund S 47.000,- verdient. Er habe auch eine Abfertigung in der Höhe von 3 1/2 Monatsbezügen erhalten. Demgemäß sei ihm auch unter Bedachtnahme auf seine weiteren Sorgepflichten die Leistung eines Unterhaltsbetrages von S 2.000,- für die Zeit vom bis einschließlich zumutbar. Der Vater habe auch seine Vaterschaft zum Kind erst am anerkannt, habe aber bereits vor zehn Jahren freiwillige Unterhaltsleistungen erbracht. Da er damit rechnen mußte, später einmal als Vater in Anspruch genommen zu werden, hätte er bei besseren Einkommensverhältnissen für die Leistung von Unterhalt vorsorgen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Zuspruch von Unterhalt für die Zeit vom bis einschließlich wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters, dem Berechtigung zukommt.

Gemäß § 14 Abs. 2 AußStrG ist der Rekurs gegen die Entscheidung zweiter Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche unzulässig. Soweit keine Bemessungsfrage vorliegt, ist der Revisionsrekurs gegen einen die Entscheidung des Erstrichters bestätigenden Beschluß nur aus den Gründen des § 16 AußStrG, somit wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nullität zulässig. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, das Rekursgericht habe unbeachtet gelassen, daß in dem von ihm selbst verfaßten Rekurs als zulässige Neuerung vorgebracht worden sei, es müßten die von ihm in der Vergangenheit erbrachten Leistungen wie "Bürge und teilweise Zahler für Bankkredit, Zuschuß für Autokauf, Finanzierung von Einrichtungsgegenständen, Kleiderkauf" Berücksichtigung finden. Schon das Erstgericht habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, weil es nicht erhoben habe, welche Leistungen er in der Vergangenheit erbracht habe. Er habe behauptet, schon vor der Anerkennung der Vaterschaft der Minderjährigen freiwillige Leistungen erbracht zu haben, insbesondere auch durch Übergabe einer Goldmünzensammlung an die Mutter.Es müßten Absprachen zwischen den Eltern bestanden haben, die zu erheben gewesen wären. Nach ständiger Rechtsprechung zählt es zum Grund des Anspruchs, in welchem Ausmaß der Unterhaltsschuldner die ihm auferlegte Leistung bereits erbracht hat und ob bestimmte Zahlungen als Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen sind (SZ 57/84; EFSlg. 28.421 u.a.). Gleiches gilt für das Vorbringen, es bestehe eine Einigung mit der Mutter, daß auch sie zur Alimentation des Kindes beizutragen habe. Feststellungen darüber, welche Leistungen der Vater tatsächlich in der Vergangenheit für den Unterhalt des Kindes erbrachte, fehlen. Das Verfahren außer Streitsachen ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht (§ 2 Abs. 2 Z 5 und 6 AußStrG). Eine Partei trifft nur dann eine Beweislast, wenn das Gericht außerstande ist, auf Grund seiner amtswegigen Beweiserhebungen eine ausreichende Tatsachengrundlage zu schaffen (SZ 57/84). Solche Erhebungen haben die Vorinstanzen nicht einmal versucht, obwohl der Vater hinreichend deutlich geltend machte, daß er für den Unterhalt der Minderjährigen in der Vergangenheit Leistungen erbrachte. Damit liegt aber ein Verfahrensverstoß vor, der für die Sachentscheidung von entscheidender Bedeutung ist, sodaß ihm das Gewicht der Nullität beizumessen ist. Die Vorinstanzen haben zwar ausgesprochen, daß die Unterhaltsleistungen "abzüglich bereits geleisteter Zahlungen" zu erbringen sind, doch kann damit die Klärung, welche Leistungen der Vater für den Unterhalt des Kindes in der Vergangenheit erbracht hat, nicht erübrigt werden. Dieser Beisatz stellt nach der Rechtsprechung nur eine im Gesetz nicht vorgesehene Rechtsmittelbelehrung dar, mit der zum Ausdruck gebracht werden soll, daß allfällige Zahlungen des Unterhaltsschuldners, die bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden konnten, auf den im Exekutionstitel festgestellten Anspruch anzurechnen sein werden, und, falls der Gläubiger die Anrechnung unterläßt, mit Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden können (EFSlg.40.710, 23.221). Wenn Zahlungen vor Schaffung des Titels geleistet wurden, hat der Schuldner Anspruch darauf, daß ihm keine höhere Unterhaltsverpflichtung auferlegt wird, als sie sich unter Berücksichtigung dieser Zahlungen ergibt, zumal im Exekutionsverfahren gemäß § 35 Abs. 1 EO diese in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen nicht mit Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden könnten.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren darauf hinzuwirken haben, daß vom Vater die von ihm geleisteten Zahlungen sowie allfällige Naturalleistungen präzisiert werden. Die erbrachten Leistungen werden bei der Ausmessung der Unterhaltspflicht Berücksichtigung zu finden haben.