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OGH vom 21.02.1978, 3Ob130/77

OGH vom 21.02.1978, 3Ob130/77

Norm

EO § 36 Abs 1 Z 1;

EO § 36 Abs 2;

EO § 36 Abs 3;

EO § 355 Abs 1;

Unlauterer Wettbewerb-Gesetz § 18 Abs 2 Unlauterer Wettbewerb-Gesetz § 18

Abs3;

Kopf

SZ 51/19

Spruch

Der betreibende Gläubiger muß das Zuwiderhandeln, auf das er sein Exekutionsrecht stützt, konkret und schlüssig im Exekutionsantrag behaupten. Der Verpflichtete muß nämlich genau wissen, welches Zuwiderhandeln ihm vorgeworfen wird, und so in der Lage sein, allenfalls seine Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung nach § 36 Abs. 1 Z. 1 EO erheben zu können

Dem Verpflichteten ist ein Zuwiderhandeln Dritter gegen das titelmäßige Unterlassungsgebot in der Regel dann anzurechnen, wenn der Dritte für den Verpflichteten in Ausübung eines Vertretungsverhältnisses gehandelt hat

§ 18 UWG ist auch dann anzuwenden, wenn im Titelverfahren ein Verhalten eines Dritten im Sinne dieser Vorschrift noch nicht releviert worden ist

OGH 21. Feber 1978, 3 Ob 130/77 (OLG Wien 1 R 280/77; HG Wien 19 Cg 181/77)

Text

Zur Sicherung des Anspruches der nunmehrigen betreibenden Parte "auf Unterlassung sittenwidriger Handlungen, worauf das Klagebegehren gerichtet ist", wurde der nunmehrigen verpflichteten Partei Y mit der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes vom ,"ab sofort verboten, 1. vorbereitende Kündigungserklärungen aufzulegen oder zu verteilen, ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß dadurch eine Kündigung der Mitgliedschaft zu ihrer eigenen Organisation erleichtert werden soll; 2. Mitglieder des X bei der Kündigung ihrer Mitgliedschaft zum X dadurch zu unterstützen, daß der Y Kündigungserklärungen ausfüllt oder deren Weiterleitung an den X übernimmt; 3. sich bei der Mitgliederwerbung der Hilfe von Gewerkschaftsfunktionären einer politischen Partei zu bedienen". Diese einstweilige Verfügung wurde der verpflichteten Partei am zugestellt. Mit Beschluß des Rekursgerichtes vom , der verpflichteten Partei zugestellt am , wurde die einstweilige Verfügung bestätigt.

Mit dem am beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die betreibende Partei, ihr auf Grund dieser einstweiligen Verfügung gegen die verpflichtete Partei die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung "a) des Auflegens oder Verteilens von vorbereiteten Kündigungserklärungen, ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß dadurch eine Kündigung der Mitgliedschaft zu ihrer eigenen Organisation erleichtert werden soll; b) der Unterstützung von Mitgliedern des X bei der Kündigung ihrer Mitgliedschaft zum X dadurch, daß der Y Kündigungserklärungen ausfüllt oder deren Weiterleitung an den X übernimmt". Zur Hereinbringung der Verfahrenskosten wurde der betreibenden Partei außerdem die Fahrnisexekution bewilligt (§ 369 EO). Hiezu wurde im wesentlichen vorgebracht, Ende August 1977 habe di "Y Landesorganisation Wien, Betriebsgruppe W St" ein Rundschreiben verteilt, in dem sie sich bereit erklärte, anläßlich einer Werbeaktion kostenlos die Kündigung beim X für die betreffenden Mitglieder durchzuführen. Am habe sich das Mitglied der betreibenden Partei Gerald H bei der genannten Betriebsgruppe des Y um die Mitgliedschaft beim Y beworben; es sei ihm ein vorgedrucktes Kündigungsformular übergeben worden, das nach Ausfüllen vom Y (Landesorganisation Wien, Betriebsgruppe ... W St) eingeschrieben zur Post gegeben worden sei. Die genannte Y-Betriebsgruppe sei ein rechtlich selbständiger Zweigverein des Y. Diese Betriebsgruppe stehe aber in einem engen Zusammenhang mit dem Hauptverein. Letzterem stehe ein maßgeblicher Einfluß auf seine Zweigvereine darunter auch auf die Y Betriebsgruppe W St. zu. Die verpflichtete Partei habe es schuldhaft unterlassen, die von ihm abhängigen Zweigorganisationen auf das Verbot der einstweiligen Verfügung hinzuweisen und darauf hinzuwirken, daß Abwerbeaktionen oder dergleichen zu unterbleiben hätten. Der Verpflichtete sei daher für das Verhalten seiner Teilorganisation verantwortlich.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es den Exekutionsantrag abwies.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs Folge. Der angefochtene Beschluß wurde dahin abgeändert, daß der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Voraussetzung für die Bewilligung einer Exekution nach § 355 EO ist, daß der Verpflichtete gegen das im Exekutionstitel erlassene Unterlassungsgebot zuwidergehandelt hat. Die nähere Erörterung des Zeitpunktes, wann dies geschehen sein muß, kann hier unterbleiben. Im vorliegenden Fall erfolgte nämlich das behauptete Zuwiderhandeln erst nach Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels, in dem dem Verpflichteten im übrigen aufgetragen wurde, das Unterlassungsgebot ab sofort zu befolgen.

Das Zuwiderhandeln gegen einen Exekutionstitel, der ein Unterlassungsgebot beinhaltet, ist eine bejahende Bedingung für den Eintritt der materiellen Vollstreckbarkeit des Titels im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 2 EO. Allerdings handelt es sich hier nicht um eine solche Bedingung, die vom betreibenden Gläubiger nachgewiesen werden muß. In der Rechtsprechung wurde die Ansicht vertreten, der betreibende Gläubiger brauche nicht einmal zu behaupten, daß der Verpflichtete dem Exekutionstitel zuwidergehandelt habe; dies gehe vielmehr schon - wie bei Anträgen auf Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen oder zur Erwirkung von Handlungen - bereits aus der Tatsache der Anbringung des Exekutionsantrages hervor (ÖRZ 1960, 46; MietSlg. 22 710; EvBl. 1964/248 u. a.). Es wurde aber auch die Rechtsansicht vertreten, es genüge wenn der betreibende Gläubiger im Exekutionsantrag nur ganz allgemein behaupte, der Verpflichtete habe dem Exekutionstitel zuwidergehandelt (ZBl. 1930/232, Nr. 106; EvBl. 1954/195 u. a.). Einhelligkeit bestand und besteht noch in der Rechtsprechung aber darüber, daß der betreibende Gläubiger das Zuwiderhandeln des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel nicht nachweisen muß, und dem Verpflichteten das Recht zusteht, dem Nichteintritt der Vollstreckbarkeit - mit der Behauptung und dem Nachweis, nicht zuwidergehandelt zu haben - im Sinne des § 36 Abs. 1 Z. 1 EO zu bekämpfen (EvBl. 1954/195; JBl. 1954, 361; ÖBl. 1960, 76; ÖRZ 1960, 46; EvBl. 1964/248 u. v. a.; Heller - Berger - Stix, 2585). Es muß daher verlangt werden, daß der betreibende Gläubiger das Zuwiderhandeln, auf das er sein Exekutionsrecht stützt, konkret und schlüssig im Exekutionsantrag behauptet. Der Verpflichtete muß nämlich genau wissen, welches Zuwiderhandeln ihm vorgeworfen wird, und so in der Lage sein, allenfalls seine Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung nach § 35 Abs. 1 Z. 1 EO erheben zu können.

Im vorliegenden Fall stützt die betreibende Partei ihren Exekutionsantrag auf ein Zuwiderhandeln eines Dritten, das aber der verpflichteten Partei als titelwidriges Verhalten zuzurechnen sei.

Im allgemeinen ist dem Verpflichteten ein Zuwiderhandeln Dritter gegen das titelmäßige Unterlassungsgebot in der Regel immer dann anzurechnen, wenn der Dritte für den Verpflichteten in Ausübung eines Vertretungsverhältnisses gehandelt hat (Heller - Berger - Stix, 2580). Da es sich bei der im gegenständlichen Verfahren um eine Verpflichtung auf Grund der Bestimmungen des Wettbewerbsrechtes handelt, ist bei der Beurteilung der Frage, wieweit die verpflichtete Partei für ein Zuwiderhandeln eines Dritten haftet, die Bestimmung des § 18 UWG heranzuziehen. Diese Vorschrift ist auch dann anwendbar,wenn im Titelverfahren ein Verhalten eines Dritten im Sinne des § 18 UWG noch nicht releviert worden ist.

Nach § 18 UWG ist dem Unternehmer ein wettbewerbswidriges Verhalten zuzurechnen, wenn diese Handlung im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangen worden ist. Das Vorbild dieser Regelung war § 13 Abs. 3 dUWG, welcher eine Haftung des Unternehmensinhabers für "Angestellte und Beauftragte" vorsieht. Anders als nach dieser deutschen Bestimmung - und auch nach der ursprünglichen Regierungsvorlage (2596 Blg, AH 17, Session 13 = ÖPatBl. 1906, 136) - ist aber im § 18 Satz 1 UWG der Kreis jener Personen, für die der Inhaber eines Unternehmens einzustehen hat, über die "Bediensteten und Beauftragten" hinaus bewußt auf "andere Personen" schlechthin erweitert worden, um auf diese Weise die Haftung des Unternehmers zu verschärfen (SZ 18/45; SZ 38/214 = ÖBl. 1966, 34; ÖBl. 1972, 152 u. a., zuletzt 4 Ob 333/77; Schuster - Bonnott, Haftung für Dritte im Wettbewerbsrecht, ÖBl. 1970, 33 ff.). Wesentlich ist allein, daß der betreffende Wettbewerbsverstoß"im Betrieb des Unternehmens" begangen wurde. Dieser Begriff ist weit auszulegen (SZ 18/45; 4 Ob 394/76; 4 Ob 333/77); er ist primär im organisatorischen Sinn zu verstehen und umfaßt daher auch die Tätigkeit solcher Personen, die zwar nicht Dienstnehmer oder Beauftragte des Unternehmens sind, dennoch aber, wenngleich nur in lockerer Form, in den Betrieb eingegliedert und in welcher Funktion immer - dauernd oder vorübergehend - für diesen tätig sind (ÖBl. 1964, 28; JBl. 1965, 38 = ÖBl, 1964, 115; ÖBl. 1968, 133; ÖBl. 1969, 90; Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 94; Schuster - Bonnott a. a. O., 34).

Nach den Behauptungen der betreibenden Partei im Exekutionsantrag hat die "Y Landesorganisation Wien, Betriebsgruppe W St."

titelwidrige Handlungen für bzw. im Interesse der verpflichteten Partei vorgenommen. Nach diesem Vorbringen sei dies in organisatorischer Verbundenheit der genannten Betriebsgruppe mit der verpflichteten Partei geschehen. Die betreibende Partei hat damit im Exekutionsantrag konkret und schlüssig ein der verpflichteten Partei im Sinne des § 18 UWG anzulastendes Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel behauptet. Es waren daher die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der begehrten Exekution gegeben. Sollte das Vorbringen im Exekutionsantrag in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht unrichtig sein, wie dies die verpflichtete Partei meint, so kann sie den Exekutionsbewilligungsbeschluß im Sinne der vorstehenden Ausführungen nur mittels Impugnationsklage bekämpfen.

Auf Grund des Vorbringens der betreibenden Partei im Exekutionsantrag hat daher das Erstgericht die Exekution mit Recht bewilligt.