OGH vom 01.11.1992, 4Ob124/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter F*****, vertreten durch Dr.Wolfgang R.Gassner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Walter B*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Berger und andere Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 101/92-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 1 Cg 239/90-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:
"Das Klagebegehren des Inhaltes, die beklagte Partei sei schuldig, ab sofort im geschäftlichen Verkehr bei der Erzeugung und dem Vertrieb von Wurstwaren deren Bezeichnung mit "Mexikaner" zu unterlassen, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S
91.641 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 11.673,50 Umsatzsteuer und S 21.600 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger erzeugt und vertreibt Fleisch- und Wurstwaren. Er ist Inhaber der beim Österreichischen Patentamt registrierten, seit geschützten Marke "Mexikaner - Die Würzige zum Heißessen". Mit dieser Marke hat der Kläger eine intensive Werbung und ein aggressives Marketing betrieben. Die Registrierung der Marke wurde in einer offiziellen Aussendung der Fleischerinnung erwähnt.
Auch der Beklagte erzeugt und vertreibt Fleisch- und Wurstwaren. Er ist Innungsmeister-Stellvertreter der Fleischerinnung und Bezirksobmann für den Tennengau. Ihm war bekannt, daß der Kläger über das Markenrecht an der Bezeichnung "Mexikaner" verfügt.
Seit ist Gertraud G***** Pächterin der Schloßmetzgerei in A*****. Vom Vorpächter, K*****, hatte sie erfahren, daß dieser die "Mexikaner"-Würste nicht vom Kläger, sondern vom Beklagten bezogen hatte. Dennoch bestellte sie "Mexikaner"-Würste beim Kläger, weil sie annahm, daß sie der Erzeuger billiger abgeben werde. Bei dieser Gelegenheit kam sie mit dem Sohn des Klägers, Walter F***** jun., in Verbindung. Als sie diesem gegenüber die Meinung vertrat, der Beklagte beziehe die "Mexikaner"-Würste vom Kläger, ersuchte sie Walter F***** jun., ihm solche Würste vom Beklagten zu besorgen. Darauf begab sich Gertraud G***** in die Fleischhauerei des Beklagten und verlangte jene Würste, welche K***** in seinem Geschäft in A***** verkauft hatte. Die Würste wurden ihr ausgehändigt und dafür S 90 fakturiert. Gertraud G*****übergab die Würste samt dem Rechnungsbeleg Walter F***** jun., dessen Frage, ob sie tatsächlich "Mexikaner"-Würste bestellt habe, sie bejahte.
Auf Veranlassung des Klägers suchte dessen Buchhalter Helmut Z***** am die Fleischhauerei des Beklagten auf, wobei er wußte, daß der Kläger dem Beklagten keine Ware liefert. Er bestellte bei der Gattin des Beklagten neben einem Kilogramm Grillkotelett und fünf Knackwürsten einige Paar "Mexikaner". Daraufhin erhielt er die zwei erstgenannten Waren sowie längliche, dünne Würste, die länger und heller als die "Mexikaner"-Würste des Klägers waren. Anschließend verlangte Helmut Z***** eine detaillierte Rechnung. Die Gattin des Beklagten, Mathilde B*****, gab ihrer Tochter Gabriele den Kassabon und wies sie an, eine Faktura auszustellen. Die Tochter wog die Ware und erstellte eine Rechnung. Für die scharfen Würste schrieb sie "Husaren"-Würste auf die Rechnung. Auf die Frage Helmut Z*****s, warum die "Mexikaner" nicht auf der Rechnung stünden, antwortete Mathilde B*****, daß bei ihnen die "Mexikaner"-Würste "Husaren"-Würste hießen und sie die Bezeichnung "Mexikaner" nicht auf die Rechnung schreiben dürfe.
Mit der Behauptung, daß der Beklagte in Verletzung des dem Kläger zukommenden Markenrechtes Würste unter der Bezeichnung "Mexikaner" erzeuge und vertreibe, begehrt der Kläger, den Beklagten schuldig zu erkennen, ab sofort im geschäftlichen Verkehr bei der Erzeugung und dem Vertrieb von Wurstwaren deren Bezeichnung mit "Mexikaner" zu unterlassen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei zwar richtig, daß der Kläger seit Jahren "Mexikaner" erzeuge; solche scharfe Würste seien aber nicht vom Kläger auf dem Markt eingeführt worden. Auch der Beklagte habe sie schon immer - unter dem Namen "Husaren"- oder "Kosaken"-Würste - vertrieben. Der Kläger habe für seine Würste den Begriff "Mexikaner" markenrechtlich schützen lassen. Ihm sei es durch intensive Werbung und aggressives Marketing in der Folge gelungen, den Begriff "Mexikaner" gewissermaßen zu einer Gattungsbezeichnung für scharfe Würste zu machen. Der Beklagte habe die von ihm vertriebenen scharfen Würste niemals als "Mexikaner" bezeichnet, also nicht in das Markenrecht des Klägers eingegriffen.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Er stellte ergänzend zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt noch fest, daß die Registrierung der Marke des Klägers nicht rechtzeitig erneuert wurde. Rechtlich schloß er daraus, daß die Schutzdauer der Marke des Klägers im Hinblick auf den Ablauf von zehn Jahren nach dem Ende des Monats, in dem die Marke registriert worden war, also mit , geendet habe (§ 19 Abs 1 MSchG). Der Kläger genieße aber für das Zeichen "Mexikaner" dennoch Schutz, weil er mit diesem Geschäftsabzeichen Verkehrsgeltung erlangt habe (§ 9 Abs 3 UWG). Die Verkehrsgeltung sei deshalb anzunehmen, weil der Mißbrauch des Geschäftsabzeichens des Klägers nur wenige Monate nach Beendigung der Schutzdauer der Marke erfolgt sei, der Beklagte, Gertraud G***** und Mathilde B***** die Marke des Klägers gekannt hätten und es dem Kläger durch intensive Werbung und aggressives Marketing gelungen sei, dieses Zeichen zur Gattungsbezeichnung zu machen. Die Handlungsweise der Leute des Beklagten gegenüber dem Käufer Helmut Z***** bedeute eine Benützung des Zeichens im Sinne des § 9 UWG, die geeignet sei, Verwechslungen mit der Marke des Klägers hervorzurufen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Den Ausführungen des Klägers in seiner Berufungsbeantwortung sei darin beizustimmen, daß der Beklagte die Existenz der Marke des Klägers außer Streit gestellt habe, so daß die Feststellung des Erstrichters, daß die Registrierung der Marke nicht rechtzeitig erneuert wurde, nicht berücksichtigt werden dürfe. Demnach sei vom aufrechten Bestehen dieser Marke auszugehen. Das Hinnehmen einer Bestellung, die eine bestimmte geschützte Marke bezeichnet, und das Ausliefern von Waren, denen dieser Markenschutz nicht zukommt, bedeute ein Gebrauchen der Marke im Sinne des § 13 MSchG, dem Irreführungseignung innewohne, so daß darin ein Verstoß gegen § 9 UWG liege. Es sei also davon auszugehen, daß die Beklagte beim Verkauf von Würsten an Helmut Z***** die Marke des Klägers "Mexikaner" in einer zur Verwechslung geeigneten Weise gebraucht habe.
Gegen dieses Urteil wendet sich die außerordentliche Revision des Beklagten aus den Gründen der Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit, Nichtigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung - wie zu zeigen sein wird - nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes steht; sie ist auch berechtigt.
Dem Beklagten ist zuzustimmen, soweit er sich gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanzen wendet, seine Leute hätten gegenüber Helmut Z***** die Marke "Mexikaner" im Sinne des § 9 Abs 1 UWG benützt. Zu Unrecht haben sich die Vorinstanzen dabei auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes berufen:
In dem der Entscheidung JBl 1930, 105 (nur teilweise veröffentlicht in SZ 11/226) zugrunde liegenden Fall hatte die Klägerin Kindertrikothosen unter der für sie registrierten Marke "Haserl-Hoserl" vertrieben. Obwohl die Beklagte solche Ware besaß, verkaufte sie dem Kunden, der solche Kinderhosen verlangte, andere Kinderhosen als "Haserl-Hoserl" und versuchte dies damit zu rechtfertigen, daß man unter diesem Namen im allgemein Höschen mit schiefem Schnitt verstehe. In der bloß mündlichen Verwendung des Wortes "Haserl-Hoserl" - welche sofort oder später auch auf den Verkaufszettel gesetzt wurde - erblickte der Oberste Gerichtshof ein Benützen im Sinne des § 9 UWG, liege doch ein Verkauf der Ware unter einer falschen Bezeichnung vor (zustimmend Zimbler aaO 106). Daß das bloße Ausfolgen einer Ware an einen Kunden, der bei seiner Bestellung eine Markenbezeichnung verwendet hat, schon das Benützen der Marke durch den Verkäufer bedeutete, läßt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen.
In SZ 50/47 war es darum gegangen, daß der dortige Beklagte, welcher erwartet hatte, daß er in einen bestimmten Pool aufgenommen werde, seinen Kunden erklärt hatte, daß er bestimmte Handschuhe nach seiner Aufnahme in den Pool auch mit der Verbandsmarke werde liefern können. Bestellungen von Kunden, die sich für Muster mit der bestimmten Marke entschieden, nahm er in ein eigenes Bestellbuch mit dem Vermerk auf, daß er den Auftrag unter Vorbehalt entgegennnehme, nämlich unter dem Vorbehalt, daß die Ware bei seiner Aufnahme in den Pool mit der Verbandsmarke versehen geliefert wurde. Der Oberste Gerichtshof trat in diesem Fall der Auffassung des Berufungsgerichtes bei, daß bereits die - wenn auch bedingte - Entgegennahme von Bestellungen von Waren, die mit dieser Marke versehen sein sollten, eine Benützung der Marke bedeutete. Auch dieser Sachverhalt unterscheidet sich wesentlich von dem hier zu beurteilenden, hat doch dort der Kläger selbst - bedingt - die Lieferung der entsprechenden Markenware zugesagt.
Im vorliegenden Fall haben die Leute des Beklagten den - kennzeichenmäßigen - Gebrauch des Begriffes "Mexikaner" für ihre Waren tunlichst vermieden. Mathilde B***** übergab Helmut Z*****, als er "Mexikaner"-Würste verlangte, scharfe Würste, ohne diese irgendwie zu bezeichnen. Auf der Rechnung versah ihre Tochter diese Ware dann mit dem Markenzeichen des Beklagten und lehnte den Gebrauch des Wortes "Mexikaner" für die eigene Ware ausdrücklich ab. Davon, daß die Leute des Beklagten (§ 18 UWG) in diesem Zusammenhang die Marke des Klägers benützt hätten (§ 9 Abs 1 und 3 UWG,§ 13 MSchG), kann somit keine Rede sein. Ob ein Unternehmer, der dem Kunden, welcher eine Markenware verlangt, ohne Aufklärung eine andere, nur gattungsgleiche, Ware aushändigt, damit irreführende Angaben über geschäftliche Verhältnisse, nämlich die Beschaffenheit seiner Waren, macht, bedarf hier keiner Prüfung, weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nur den Kennzeichenmißbrauch (§ 9 UWG), nicht aber irreführende Angaben zum Gegenstand hat.
Da schon aus diesem Grund der Unterlassungsanspruch des Klägers zu verneinen ist, braucht auf die Frage, ob im Hinblick auf das vom Beklagten in erster Instanz erstattete Vorbringen von einem aufrechten Bestehen der Marke des Klägers oder - auf Grund der überschießenden Feststellung des Erstrichters - von dem Ende der Schutzdauer dieser Marke auszugehen ist, nicht eingegangen zu werden.
Aus diesen Erwägungen waren die Urteile der Vorinstanzen in Stattgebung der Revision dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird.
Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle in Verbindung mit § 50 ZPO.