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OGH vom 20.02.1990, 5Ob520/90

OGH vom 20.02.1990, 5Ob520/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Pflegschaftssache des mj.Christoph K***, geboren , infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Franz K***, Ministerialrat, Klosterneuburg, Reißgasse 3, vertreten durch Peter Geldner, Klosterneuburg, Wiener Straße 104, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom , GZ 47 R 720/89-131, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom , GZ P 74/73-127, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsleistungspflicht des Vaters antragsgemäß ab von 1.060 S auf 4.000 S. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist unzulässig.

Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG sind Revisionsrekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz - und zwar auch außerordentliche Revisionsrekurse im Sinne des § 16 AußStrG gegen bestätigende Entscheidungen der zweiten Instanz - über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche ausgeschlossen. Diese Rechtsmittelbeschränkung gilt für jede Art von Fehlern, die der zweiten Instanz im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterhaltsbemessung vorgeworfen werden, auch für den Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens vom Gewicht einer Nichtigkeit (EFSlg 49.864 ff, 52.710 ff, 55.579 ff, zuletzt etwa 7 Ob 501/89). Zur Unterhaltsbemessung gehört ua die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (Judikat 60 neu = SZ 27/177 uva). Auf die Revisionsrekursausführungen des Vaters zur Bemessung seiner Unterhaltsleistungspflicht nach der Prozentkomponente, zu seinen Leistungen an seine (inzwischen verstorbene) Mutter, zu deren Unterhalt seine Schwester nichts beigetragen habe, sowie zur Frage der Berücksichtigung seines Vermögens und seiner werterhöhenden Aufwendungen auf dieses Vermögen ist daher, weil sie den Bemessungskomplex betreffen, nicht einzugehen (vgl dazu etwa EFSlg 44.593, 55.549, 55.554, 55.559, 55.567 ua).

Nicht zum Bemessungskomplex gehören die Fragen der (auf einen Zeitpunkt vor der Antragstellung) rückwirkenden Erhöhung der Unterhaltsleistungspflicht bei Bestehen eines rechtskräftigen Unterhaltstitels und der Unterhaltsverwirkung (vgl EFSlg 44.061, 52.727, 5 Ob 610/89 ua). Die Beantwortung dieser Fragen durch die Vorinstanzen kann aber gemäß § 16 AußStrG nur daraufhin überprüft werden, ob sie offenbar gesetzwidrig ist, also im Widerspruch zu einer ausdrücklichen, klaren, unzweifelhaften gesetzlichen Regelung erfolgte (vgl MGA AußStrG2 E 19 zu § 16). Dies ist nicht der Fall. Ein verstärkter Senat des Obersten Gerichtshofes hat entschieden (EvBl 1988/123), daß (gesetzliche) Unterhaltsansprüche grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden können und nur der Verjährung des § 1480 ABGB unterliegen. Der erkennende Senat hat bereits zu 5 Ob 610/89 ausgesprochen, daß eine Änderung der Unterhaltsbemessung für die Vergangenheit auch dann erfolgen kann, wenn für diese Zeit eine gerichtliche Unterhaltsfestsetzung oder eine vergleichsweise Regelung vorlag, die aber wegen Änderung der Verhältnisse, etwa wegen einer nicht bloß unbedeutenden Verbesserung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen oder - wie zu ergänzen ist - wegen einer nicht bloß unbedeutenden Steigerung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, zufolge der ihr innewohnenden Umstandsklausel nicht mehr bindend blieb. Die Ansicht der Vorinstanzen, daß dem gegenständlichen Erhöhungsantrag auch für die Vergangenheit stattzugeben war - wobei die Beurteilung der Frage, ob und bejahendenfalls ab wann eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit der letzten gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung eingetreten ist, in den Bemessungsbereich fällt (EFSlg 55.562 ua) -, ist daher nicht offenbar gesetzwidrig. Das Gesetz kennt eine Verwirkung des Unterhaltsanspruches eines Kindes nicht. Aus den erbrechtlichen Bestimmungen der §§ 768, 770 und 795 ABGB wird allerdings geschlossen, daß eine Beschränkung des gesetzlichen Unterhaltsanspruches auf das Maß des notdürftigen Unterhaltes eintrete, wenn das Kind eine Handlung begeht, welche die Entziehung des Pflichtteils rechtfertigt oder wenigstens ähnliches Gewicht hat (vgl JBl 1977, 594; EFSlg 32.978 f, 42.737 f ua, zuletzt etwa 7 Ob 526/88; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 140). Eine derartige Handlung des Minderjährigen wurde vom Vater nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den Akten. Die Ansicht der Vorinstanzen, daß der Unterhalt des Minderjährigen nach dessen Bedürfnissen und nach der Leistungsfähigkeit des Vaters zu bemessen und nicht auf den notdürftigen Unterhalt oder auf den Regelbedarf zu beschränken war, ist daher gleichfalls nicht offenbar gesetzwidrig. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.