OGH vom 26.11.2009, 2Ob230/09a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny in der Pflegschaftssache der Antragstellerin mj Denise I*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft A*****, gegen den Antragsgegner, den Vater der Antragstellerin, Gerhard P*****, vertreten durch HASLINGER / NAGELE & PARTNER RECHTSANWÄLTE GMBH in Linz, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen, gegen den Beschluss des Landesgerichts Sankt Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 202/08s-U11, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Haag vom , GZ 1 P 108/05m-U6, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht setzte die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters (Antragsgegner) für seine Tochter (Antragstellerin) ab mit 293 EUR fest und wies das Mehrbegehren von weiteren 31 EUR monatlich ab. Der Vater sei unter anderem für seine Ehegattin sorgepflichtig; diese beziehe zwar Kinderbetreuungsgeld für ein 2007 geborenes Kind, gemäß § 42 KBGG sei Kinderbetreuungsgeld jedoch seit nicht mehr als anrechenbares Einkommen anzusehen, weshalb dem Vater nunmehr in Anwendung der Prozentwertmethode ein Abzug von 3 % für seine Ehegattin zustehe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Tochter nicht Folge und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Es ließ den Revisionsrekurs zu, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 42 KBGG in der Fassung BGBl I 2007/76 fehle, die Auslegung dieser Bestimmung (im Hinblick auf allfällige verfassungsrechtliche Bedenken) eine besonders bedeutsame Rechtsfrage gemäß § 62 Abs 1 AußStrG darstelle.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Tochter mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass „das Kinderbetreuungsgeld als Einkommen deklariert" und die monatliche Unterhaltspflicht des Vaters mit 315 EUR festgesetzt werde. Der Vater begehrt in der Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Zur hier vom Rekursgericht aufgezeigten Frage liegen in gleichgelagerten Fällen bereits mehrere Entscheidungen des 6. Senats vor (6 Ob 200/08t; 6 Ob 219/08m; 6 Ob 72/09w).
Der 6. Senat vertrat darin die Auffassung, gegen §§ 42 f KBGG idF BGBl I 2007/76 bestünden - jedenfalls in der gegenständlichen Konstellation - auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl RIS-Justiz RS0124356 [T1]).
Der 7. Senat hat mit Beschluss vom , 7 Ob 223/08g, beim Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, in § 42 KBGG idF BGBl I 2007/76 die Wortfolge „noch des beziehenden Elternteils" und § 43 Abs 1 KBGG idF BGBl I 2007/76 als verfassungswidrig aufzuheben, hilfsweise in § 42 KBGG idF BGBl I 2007/76 die Wortfolge „noch des beziehenden Elternteils" als verfassungswidrig aufzuheben. Der erkennende Senat hat daraufhin das vorliegende Verfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs unterbrochen (2 Ob 240/08w). Nach der danach ergangenen Rechtsprechung des 10. Senats wird in § 42 KBGG neben der klaren Bezugnahme auf Unterhaltsansprüche (nicht auch auf Unterhaltspflichten) das „eigene Einkommen" des Kindes und des beziehenden Elternteils angesprochen. „Eigeneinkommen" stehe in Zusammenhang mit einer Unterhaltsberechtigung, nicht einer Unterhaltspflicht (RIS-Justiz RS0124356 [T3]; RS0124595). Bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 42 KBGG ergebe sich die Möglichkeit einer verfassungskonformen Differenzierung zwischen unterhaltsberechtigten und unterhaltspflichtigen Kinderbetreuungsgeldbeziehern (RIS-Justiz RS0124356 [T4]).
Mit Erkenntnis vom , G 9/09-12, G 42/09-8, hat der Verfassungsgerichtshof den erwähnten Hauptantrag des 7. Senats zurückgewiesen und dessen Eventualantrag abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof führte zusammengefasst Folgendes aus: Selbst dann, wenn § 42 KBGG so zu interpretieren wäre, dass das Kinderbetreuungsgeld beim beziehenden Elternteil auch für Unterhaltsverpflichtungen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden wäre, wäre dagegen aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Es bestehe auch keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit, § 42 KBGG in dem Sinn zu interpretieren, dass die Vorschrift auf Unterhaltsverpflichtungen gar nicht anwendbar sei. Sei keine dieser beiden Interpretationen mit Verfassungswidrigkeit behaftet, dann sei es Sache der Zivilgerichte zu entscheiden, welcher Inhalt der Vorschrift beizulegen sei.
Zu der vom Rekursgericht aufgezeigten Rechtsfrage gibt es daher bereits einschlägige oberstgerichtliche, verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsprechung, mit der die Entscheidungen der Vorinstanzen im Einklang stehen.