OGH vom 27.09.2005, 1Ob142/05x

OGH vom 27.09.2005, 1Ob142/05x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Werner C*****, vertreten durch Dr. Helmut Kientzl, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Marjeta A*****, vertreten durch Dr. Rainer Schischka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, Beseitigung und Unterlassung (Streitwert EUR 7.270 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 34 R 141/04v-23, womit das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom , GZ 4 C 975/03h-17, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,39 (darin enthalten EUR 83,23 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Mittels Unterschriftenliste sprachen sich - mit Ausnahme des Revisionswerbers - alle Eigentümer und Pächter im Kleingartenverein gegen eine Erweiterung des in der Natur lediglich ca 1,5 m breiten (Geh-)Weges der Kleingartenanlage in eine Zufahrtsstraße aus. Davon ausgehend bietet § 6 Wr. KlGG keine Anspruchsgrundlage dafür, die Beklagte habe nicht nur das Geh-, sondern auch das Durchfahrtsrecht auf dem zu ihrer Gartenparzelle gehörenden Weggrundstück zu dulden, um dem Revisionswerber das Zufahren zu seiner Gartenparzelle zu ermöglichen. Vielmehr ist den Bestimmungen des Wr. Kleingartengesetzes Genüge getan, wenn ein Kleingarten - wie hier - durch einen zumindest 1,20 m breiten, nicht befahrbaren Aufschließungsweg mit dem öffentlichen Wegenetz verbunden ist (4 Ob 214/99w). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, bei der gegebenen Sachlage begründe § 6 Abs 1 Wr. KlGG keine Legalservitut der Durchfahrt, sondern beschränke sich darauf, die Nutzungsberechtigten zu verhalten, auf den ihren Kleingärten vorgelagerten Weggrundstücken „die erforderlichen Maßnahmen" zu dulden, wobei dies nur jene Maßnahmen umfasst, die der Herstellung, Erhaltung, etwaigen Beleuchtung und Reinigung sowie der Herstellung und Erhaltung von Kanälen und sonstigen Einbauten dienen, nicht aber das Gewähren eines Durchfahrtsrechts, steht mit der zitierten Entscheidung im Einklang und ergibt sich klar aus dem Gesetzestext.

Zum weiteren Vorbringen, wenn schon keine Legalservitut bestehe, so ergebe sich aus dem rechtskräftigen Abteilungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien vom die obligatorische Verpflichtung zur Duldung nicht nur des Durchgehens, sondern auch des Durchfahrens, ist auszuführen:

Mittels der im Bescheid enthaltenen Genehmigung der Abteilung sowie Ab- und Zuschreibung laut Teilungsplan wurden zwar bereits die Vorraussetzungen für eine allfällige Umgestaltung des in natura bestehenden Gehwegs in einen 3 m breiten Fahrweg (s § 6 Abs 1 2. Satz Wr. KlGG) geschaffen. Eine Verpflichtung der einzelnen Eigentümer, die in dementsprechender Breite erworbenen Weggrundstücke so auszugestalten, dass der vorhandene und derzeit schmälere Gehweg tatsächlich in dieser Weise verbreitert werde, enthält der Bescheid jedoch nicht. Die im Bescheid den Eigentümern der „provisorischen" Grundstücke vorgeschriebene Verpflichtung, „gemäß § 6 Wiener Kleingartengesetz auf ihren Grundstücken ... die Durchfahrt zu dulden", ist daher lediglich als eine zum Hauptinhalt des Bescheids hinzutretende Nebenbestimmung in Form einer Bedingung anzusehen (s Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 551). Sie entfaltet erst dann Wirksamkeit, wenn der derzeitige Gehweg aufgrund einer Vereinbarung in einen 3 m breiten Fahrweg mit dem Ziel umgestaltet ist, Zufahrtsmöglichkeiten zu schaffen. Dies ist derzeit jedenfalls noch nicht geschehen, und würde das Zustandekommen einer alle Eigentümer bzw Nutzungsberechtigten bindenden zivilrechtlichen Vereinbarung voraussetzen. Bis dahin ist die im Bescheid enthaltene Verpflichtung in Schwebe. Erst wenn sich die Bedingung durch den Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung erfüllte, würde die Rechtswirksamkeit ohne weiteren Verwaltungsakt eintreten (Antoniolli/Koja, aaO, 555). Somit lässt sich auch aus dem Bescheid die vom Revisionswerber behauptete „obligatorische" Verpflichtung der Beklagten, neben dem Gehrecht auch die Durchfahrt zu gestatten, nicht ableiten.

Letztlich gibt auch die Ersichtlichmachung der im Bescheid enthaltenen „Vorschreibung" der Duldung des Durchgangs und der Durchfahrt im Gutsbestandblatt des Grundbuchs keine Anspruchsgrundlage für eine privatrechtliche Verpflichtung der Beklagten ab. Ersichtlichmachungen dienen lediglich dazu, bestimmte Umstände im Grundbuch in Erscheinung treten zu lassen, können aber bücherliche Rechte weder begründen noch ändern oder aufheben (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I12, 319). Im Übrigen steht die vorliegende Ersichtlichmachung nicht im Einklang mit den zum Wr. KlGG subsidiär geltenden Bestimmungen der Wr. Bauordnung (§ 1 Abs 2 Wr. KlGG). In der in § 130 Wr. BO enthaltenen Aufzählung der ersichtlich zu machenden Verpflichtungen ist jene zur Duldung eines Durchgangs oder einer Durchfahrt nicht enthalten; seit der Novelle LGBl 18/1976 ist die Ersichtlichmachung einer derartigen Verpflichtung nicht mehr vorgesehen (Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften4, 789).

Eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO wurde nicht aufgezeigt, sodass die Revision zurückzuweisen ist. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Da die Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat, sind ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen (RIS-Justiz RS0035979).