OGH vom 16.06.1966, 1Ob141/66
Norm
GesmbH.-Gesetz § 39 (1);
Kopf
SZ 39/111
Spruch
Der Nebensatz des § 39 (1) GesmbHG. räumt den Parteien eine weitgehende Dispositionsbefugnis bei der Regelung der Beschlußfassung der Gesellschaft ein
Verweigerung der Eintragung unter Mißachtung der im Gesetz ausdrücklich verankerten Vertragsfreiheit ist offenbar gesetzwidrig
Entscheidung vom , 1 Ob 141/66
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz
Text
Mit dem Notariatsakt vom grundeten die Antragsteller X und Y eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie beantragten nunmehr beim Erstgericht die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. In Vorerledigung dieses Antrages forderte das Erstgericht die Antragsteller mit dem Schreiben vom u. a. auf, den Punkt "Neuntens" des Gesellschaftsvertrages zu ändern. Dieser Aufforderung kamen die Antragsteller nicht nach. Mit dem Beschluß vom lehnte das Erstgericht daraufhin die Protokollierung der Gesellschaft ab.
Dem Rekurs des Antragstellers X gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß nicht Folge. Die Untergerichte beurteilten den Punkt "Neuntens" des Gesellschaftsvertrages als gesetzwidrig.
Dieser Vertragspunkt lautet:
"Neuntens. Auf die Dauer seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft wird zum Geschäftsführer der Ing. X (Erstantragsteller) bestellt, der nur aus wichtigen Gründen abberufen werden kann und neben dem ohne seine Zustimmung weitere geschäftsführende Gesellschafter oder Prokuristen nicht bestellt werden dürfen."
Der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers X aus dem Grund der offenbaren Gesetzwidrigkeit Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß die Eintragung der "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" in das Handelsregister des KG. W. bewilligt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Durch den beanstandeten Vertragspunkt wird die Bestellung von weiteren geschäftsführenden Gesellschaftern der Beschlußfassung der Gesellschafter gemäß § 15 (1) GesmbHG. nicht entzogen. Die Parteien haben lediglich von der Befugnis Gebrauch gemacht, andere als die im § 39 (1) GesmbHG. vorgesehenen Bestimmungen über die Beschlußfassung der Gesellschafter zu vereinbaren. Der Nebensatz der bezogenen Gesetzesstelle: " ... soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt" ist nicht nur auf die Vereinbarung einer qualifizierten Mehrheit oder der Einstimmigkeit zu beziehen, sondern räumt den Parteien darüber hinaus eine weitgehende Dispositionsbefugnis bei der Regelung der Beschlußfassung der Gesellschafter ein. Diese findet ihre Grenze nur an entgegenstehenden zwingenden Rechtsvorschriften oder an den guten Sitten. Da dem Vertragspunkt "Neuntens" weder das eine noch das andere Hindernis im Wege steht, haben sich die Parteien im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnis gehalten.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht die Parteien daran gehindert, von ihrer ausdrücklich in § 39 (1) GesmbHG. verankerten Vertragsfreiheit Gebrauch zu machen, die bekämpfte Entscheidung ist daher offenbar gesetzwidrig.
Dem gemäß § 16 AußStrG. zulässigen und sachlich begrundeten außerordentlichen Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die Eintragung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu bewilligen. Der Vollzug der Eintragung war dem Registergericht aufzutragen.