OGH vom 22.09.2015, 4Ob123/15i

OGH vom 22.09.2015, 4Ob123/15i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****, vertreten durch Mag. Robert Stadler, Rechtsanwalt in Gallneukirchen, gegen die beklagte Partei H***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Sandra Cejpek, Rechtsanwältin in Guntramsdorf, wegen 6.608 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom , GZ 18 R 228/14d 27, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom , GZ 14 C 545/14w 20, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 556,99 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 92,83 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger verlegte erstmals im Oktober 2007 von der Beklagten gekaufte Steine bei einem privaten Bauvorhaben. Im Jahr 2008 traten erstmals Schäden an der verlegten Fläche auf. Diese Schäden behob der Kläger im Oktober 2009. Die Kosten dieser ersten Sanierung (das Material bezog der Kläger neuerlich von der Beklagten) waren Gegenstand eines Vorprozesses. Den dort vom Kläger ersiegten Betrag bezahlte die Beklagte zuzüglich Zinsen und anteiliger Verfahrenskosten.

Im Frühjahr 2010 informierten die Auftraggeber den Kläger vom neuerlichen Auftreten desselben Schadensbildes wie schon 2008. Der Kläger sagte zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2010 den Auftraggebern zu, dass er die Fläche in Ordnung bringen werde. Er nannte keinen genauen Termin, verwies aber darauf, dass er den Ausgang des Vorprozesses abwarten wolle. Einen Verjährungsverzicht gab der Kläger nicht ab.

Erst im November 2013 forderte der Kläger von der Beklagten 6.600 EUR zur Deckung des Schadens aufgrund und für die durchzuführende Sanierung unter Hinweis auf die fünfjährige Regressfrist gemäß § 933b ABGB. Im April 2014 nahm der Kläger die Sanierung vor, wobei er das Material aber nicht mehr von der Beklagten bezog. Die nunmehr verfahrensgegenständliche zweite Sanierung verursachte dem Kläger Kosten von 6.608 EUR.

Der Kläger begehrte von der Beklagten 6.608 EUR sA, weil er seiner Gewährleistungsverpflichtung gegenüber seinen Auftraggebern, die Verbraucher seien, nachgekommen sei.

Die Beklagte wendete ein, dass die Gewährleistungsansprüche der Auftraggeber des Klägers bereits verjährt seien. Auch müsse der Unternehmer, um in den Genuss des Regresses zu gelangen, einen tatsächlich bestehenden Gewährleistungsanspruch erfüllt haben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil der Kläger keinen durchsetzbaren Gewährleistungsanspruch des Verbrauchers erfüllt, sondern nach Ablauf der Gewährleistungsfrist Verbesserungsarbeiten vorgenommen habe. Habe der Letztverkäufer dem Verbraucher nur aus Kulanz Gewähr geleistet, ohne dazu verpflichtet zu sein, bestehe kein Rückgriffsrecht.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren (abgesehen von einem Zinsenmehrbegehren) statt. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein Rückgriffsrecht auch dann bestehe, wenn der Letztverkäufer dem Verbraucher nach Ablauf der Verjährungsfrist in Erfüllung einer Naturalobligation Gewähr geleistet habe. Das Rückgriffsrecht des Klägers als Letztverkäufer bestehe aber ungeachtet der Verjährung der Gewährleistungsansprüche seiner Auftraggeber, weil er immerhin noch eine bestehende Naturalobligation erfüllt habe. Diese könne zwar nicht mehr eingeklagt, sehr wohl aber erfüllt werden. Die hier noch eingehaltene absolut wirkende Fünfjahresfrist biete eine ausreichende Sicherheit für die Beklagte. Es verstoße auch nicht gegen die Schadensminderungspflicht, bereits verjährte Ersatzansprüche zu befriedigen.

Die Revision der Beklagten, mit der sie die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Im Oktober 2009 behob der Kläger Schäden an seinem im Oktober 2007 abgelieferten Werk und setzte damit unabhängig von der ersten Werkleistung eine neue Gewährleistungsfrist in Gang (10 Ob 105/05x mwN).

Wenn der Unternehmer nach der Ablieferung des Werks und der Feststellung der Mängel durch den Besteller diesem die Zusage macht, die Mängel zu beheben, dann läuft die Gewährleistungsfrist erst ab Vollendung der Verbesserung (RIS Justiz RS0018921). Mit der Zusage der Verbesserung des Mangels kommt zwischen den Vertragsteilen eine neue Vereinbarung über die behaupteten Mängel und deren Verbesserung zustande, woraus ein neuer Erfüllungsanspruch erwächst (RIS Justiz RS0018739). Die Gewährleistungsfrist des § 933 Abs 1 ABGB wird durch eine solche Zusage bedeutungslos; der Verbesserungsanspruch kann vielmehr innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist durchgesetzt werden (7 Ob 596/82). In gleicher Weise ist der einvernehmliche Versuch einer außergerichtlichen Sachverhaltsklärung zu beurteilen, wenn sich aus dem Einvernehmen der Parteien ergibt, dass sie weitere Maßnahmen zur Behebung des Mangels nicht ausschließen wollen (1 Ob 140/00w).

Der Kläger sagte hier seinen Auftraggebern zu, die Fläche „in Ordnung zu bringen“, er wolle aber zuerst die Sachverhaltsaufklärung im Vorverfahren abwarten. Dies kann nicht anders als eine Verbesserungszusage verstanden werden. Der Gewährleistungsanspruch der Auftraggeber des Klägers war daher zum Zeitpunkt der Erfüllung seiner Verbesserungszusage noch gar nicht verjährt, weshalb sich die Frage gar nicht stellt, ob auch die Erfüllung bereits verjährter Gewährleistungsansprüche zum Regress nach § 933b ABGB berechtigt, sofern nur die absolute Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Übergabe wie hier eingehalten wird.

Die vom Berufungsgericht und der Revisionswerberin als erheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO bezeichnete Rechtsfrage ist daher vorliegend nicht zu beantworten.

Als Verfahrensmangel und Aktenwidrigkeit macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe den Aufwand des Klägers irrig mit 6.608 EUR angenommen, tatsächlich betrage dieser nur 5.239,69 EUR, welchen Betrag der Kläger im Vorverfahren als Aufwandsschätzung genannt habe.

Eine Aktenwidrigkeit liegt nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, dass heißt wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und in Folge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RIS Justiz RS0043347). In der Übernahme der Feststellungen eines Erstgerichts durch das Berufungsgericht kann schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit liegen (RIS Justiz RS0043240).

Die Revisionswerberin macht in Wahrheit daher keine Aktenwidrigkeit geltend, sondern versucht die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen zu bekämpfen, was in dritter Instanz unzulässig ist.

Mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO; der Kläger wies in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hin.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00123.15I.0922.000