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OGH vom 26.07.2012, 5Ob124/12i

OGH vom 26.07.2012, 5Ob124/12i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen R*****, vertreten durch Gradischnig Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in Villach, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 3 R 68/12b 37, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Ob die Betroffene zum Zeitpunkt der Erteilung der Vorsorgevollmacht noch geschäftsfähig war, ist für die Entscheidung nicht maßgeblich:

Nach der klaren Regelung in § 284g Satz 1 ABGB bedarf eine behinderte Person, die eine Vorsorgevollmacht erteilt hat, insoweit keines Sachwalters, es sei denn, dass der Bevollmächtigte nicht oder nicht in dem Sinn des Bevollmächtigungsvertrags tätig wird, durch seine Tätigkeit sonst ihr Wohl gefährdet oder die behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie vom Bevollmächtigten nicht mehr vertreten sein will.

Ein Vorrang der wirksam erteilten Vorsorgevollmacht kommt demnach ua dann nicht zum Tragen, wenn nach entsprechenden Erhebungen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass für den Betroffenen Nachteile durch die Besorgung seiner Angelegenheiten durch den Bevollmächtigten zu besorgen sind (3 Ob 154/08f mwN; 3 Ob 68/10m).

Das Rekursgericht hat eingehend begründet, warum im Anlassfall Nachteile für die 1924 geborene Betroffene zu befürchten sind. Dabei hat es hervorgehoben, dass die Betroffene nach Erteilung der Vorsorgevollmacht einen Schenkungsvertrag auf den Todesfall mit der Bevollmächtigten schloss und die Betroffene während des anhängigen Sachwalterschaftsverfahrens ein mit datiertes Testament zugunsten der Bevollmächtigten verfasste, wobei der im Verfahren beigezogene Sachverständige (vgl AS 202 in ON 31) aus fachärztlicher Sicht bezweifelte, dass die Betroffene zu diesem Zeitpunkt noch in der Lage gewesen sei, ein Testament derart strukturiert abzufassen. Dazu kommt, dass die Bevollmächtigte, vertreten durch den Rechtsvertreter der Betroffenen (!) was auch bereits zum Gegenstand einer Anzeige an die zuständige Rechtsanwaltskammer gemacht worden ist (ON 5) , gegen die Betroffene 3 Tage nach Anregung der Sachwalterbestellung durch deren Neffen eine Klage über 339.000 EUR sA ua wegen behaupteter Darlehensforderungen eingebracht hatte (auch wenn diese später zurückgezogen wurde: ON 7 und 10).

Die Beurteilung des Rekursgerichts, wegen der offenkundig massiven finanziellen Eigeninteressen der Bevollmächtigten seien vermögensrechtliche Nachteile für die Betroffene zu befürchten, ist bei dieser Sachlage nicht zu beanstanden.

Die im Revisionsrekurs thematisierte Rechtfertigung für die Klageeinbringung, die darin gelegen sein soll, dass durch Erlangung eines Titels der Wunsch der Betroffenen, ihr Vermögen auf die Bevollmächtigte zu übertragen, „abgesichert“ werden sollte, ist schon im Hinblick darauf unbeachtlich, dass die Betroffene selbst zu dieser Klageeinbringung keinerlei Angaben machen konnte.

Eine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG wird damit insgesamt nicht aufgezeigt; der Revisionsrekurs ist daher unzulässig und zurückzuweisen.