OGH 25.06.1996, 4Ob2108/96w
Rechtssätze
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RS0104596 | |
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RS0104597 | Da es seit Aufhebung des Rabattgesetzes durch das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz 1992 nicht mehr unzulässig ist, zu Zwecken des Wettbewerbs Preisnachlässe, insbesondere auch Sonderpreise, die wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden (§ 1 Abs 2RabG), anzukündigen, anzubieten oder zu gewähren, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er die Ausgabe von Berechtigungsscheinen verbieten wollte, die zum wiederholten Bezug von Waren zu herabgesetzten Preisen berechtigen. Wenn es gestattet ist, einer bestimmten Personengruppe einen Sonderpreis einzuräumen, dann es kann nicht verboten sein, Scheine auszustellen, deren Besitzer den Sonderpreis in Anspruch nehmen können. |
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RS0104598 | Verbrieft ein Gutschein, daß jeder Inhaber bei Einkäufen in den auf dem Gutschein bezeichneten Geschäften einen Nachlaß von (beispielsweise) 10 % bekommt, und kann man in diesen Geschäften auch ohne Vorlage des Gutscheins - wenn auch zu den Normalpreisen - einkaufen, so liegt kein Verstoß gegen § 9 c UWG vor. |
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RS0104600 | Anbieten im Sinn des § 9a Abs 1 UWG ist das Inaussichtstellen der Zugabe gegenüber individuell bestimmten Personen (so schon 4 Ob 93/90 = RSNr 78841 zu § 1 ZugG). Daher kein "Anbieten" einer Zugabe, wenn ein Gutschein in der Tageszeitung der Beklagten abgedruckt ist. |
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RS0104601 | Jede in einer Tageszeitung enthaltene Erklärung ist typischerweise "eine öffentliche Bekanntmachung oder Mitteilung, die für einen größeren Personenkreis bestimmt ist" (also eine Ankündigung im Sinn des § 9 a Abs 1 Z 1 UWG), nicht aber an eine konkrete Einzelperson gerichtet. Bei anderer Auffassung wäre ein Unterschied zwischen Ankündigen und Anbieten nicht mehr denkbar, wird doch jede, an einen noch so großen Personenkreis gerichtete Erklärung letztlich immer nur von einzelnen Personen (in mehr oder weniger großer Anzahl) wahrgenommen. Ist die Mitteilung aber - wie die in einer Tageszeitung enthaltene - an einen unbestimmten, großen Personenkreis gerichtet, dann ist die darin allenfalls enthaltene Ankündigung eines Vorteils eben gerade nicht an eine individuell bestimmte Person gerichtet. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Oscar B***** GmbH & Co KG, 2. Oscar B***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. M***** GmbH & Co KG, 2. M***** GmbH, ***** beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Giger, Dr. Ruggenthaler & Dr.Simon Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 2 R 33/95-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 38 Cg 177/94d-4a, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Erstklägerin, deren Komplementärin die Zweitklägerin ist, ist die Verlegerin der Tageszeitung "D*****". Die Erstbeklagte ist Verlegerin des "Kuriers"; die Zweitbeklagte ist ihre Komplementärin.
Auf Seite 9 der Tageszeitung "Kurier" vom war folgender, zum Ausschneiden bestimmter "Gutschein" abgedruckt:
Im "Kurier" vom befand sich auf Seite 21 folgender Gutschein:
Die Klägerinnen begehren zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr mit Tageszeitungen, insbesondere dem "Kurier" zu Zwecken des Wettbewerbes
1. an Verbraucher Berechtigungsscheine udgl. (insbesondere "Gutscheine") auszugeben, die zum wiederholten (insbesondere ermäßigten) Bezug von Waren berechtigen, und/oder
2. Verbrauchern unentgeltliche Zugaben, insbesondere in Form von "Gutscheinen", die zum ermäßigten Bezug von Waren oder Dienstleistungen unbestimmten Wertes bei Dritten berechtigen, anzubieten und zu gewähren.
Der Gutschein vom berechtige zufolge mehrfacher Mehrzahlverwendung ("Einkäufen", "Kaufleute(n)") zu mehreren (ermäßigten) Einkäufen und verstoße daher gegen § 9 c Abs 1 UWG, weil Tageszeitungen überwiegend von Verbrauchern gekauft würden. Der zweite Gutschein könne mangels Mehrzahlverwendung von einem zumindest nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher als Berechtigung zum nur einmaligen ermäßigten Warenbezug verstanden werden und verstoße daher gegen § 9 a Abs 1 Z 1 UWG, weil darin eine Zugabe zu erblicken sei, die Verbrauchern neben periodischen Druckwerken weder angeboten noch gewährt werden dürfe.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. In Ansehung des geltend gemachten Verstoßes gegen § 9 c UWG fehle es an einem Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen, da die Klägerinnen mit dem Warenvertrieb der Kaufleute der Alserstraße oder der SCS nichts zu tun hätten und daher auch nicht aktiv legitimiert seien. Die Gutscheine berechtigten auch nicht zum Bezug von Waren, sondern setzten einen solchen voraus, verbrieften sie doch nur einen Preisnachlaß für den Fall des Bezugs. Da die Beklagten die Gutscheine nicht ausgegeben hätten, seien sie nicht passiv legitimiert. Im übrigen sei § 9 c UWG verfassungsrechtlich bedenklich.
Auch der geltend gemachte Zugabenverstoß liege nicht vor, weil mit dem Gutschein vom kein Kaufzwang ausgeübt werde. Nach der Textierung könne kein Zweifel bestehen, daß die Gutscheine mehrfach bei sämtlichen Einkäufen in der gesamten Aktionszeit hätten verwendet werden können. Es liege auch keine unentgeltliche Zugabe vor, weil der Vorteil erst gegen Zahlung eines Kaufpreises von mindestens 85 % des normalen Preises hätte realisiert werden können; in Wahrheit sei ein Rabatt eingeräumt worden. Den Beklagten käme die Ausnahmebestimmung des § 9 a Abs 2 Z 5 UWG zugute. Das Anbieten unentgeltlicher Zugaben werde zu Unrecht beanstandet, weil sich der Gutschein an einen unbestimmten Adressatenkreis gerichtet habe.
Das Erstgericht verbot den Beklagten, im geschäftlichen Verkehr mit Tageszeitungen, insbesondere dem "Kurier", zu Zwecken des Wettbewerbes Verbrauchern unentgeltliche Zugaben, insbesondere in Form von "Gutscheinen", die zum ermäßigten Bezug von Waren oder Dienstleistungen unbestimmten Wertes bei Dritten berechtigen, zu gewähren, und wies das Mehrbegehren (Punkt 1 des Sicherungsantrages und Verbot auch des Anbietens in Punkt 2) ab. Die Beklagten hätten mit den Gutscheinen eine unzulässige Zugabe gewährt, sei doch der Gutschein ein Anreiz, ein weiteres Exemplar der Zeitung zu erwerben, um in den Genuß der Preisermäßigung beim Kauf von Waren in den genannten Geschäften zu kommen. Zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise werde es vorziehen, die Zeitung selbst zu kaufen, um einen Kurier-Gutschein zu erhalten. Da hiefür kein Entgelt verlangt werde, liege ein unentgeltliches Gewähren vor. Da die in Zeitungen abgedruckten Gutscheine jedoch nicht "angeboten" worden seien, sei der Sicherungsantrag insoweit abzuweisen. Das gleiche gelte für das auf § 9 c UWG gestützte Gewähren. Die Kurier-Gutscheine berechtigten nämlich nicht zum Bezug der Waren, sondern stellten lediglich einen Rabatt in Aussicht.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Im vorliegenden Fall sei die Berechtigung zum Bezug der Waren unabhängig von der Vorlage des Gutscheins; jeder könne in den angeführten Geschäften Waren kaufen. Der Gutschein ermögliche demnach nicht erst den Warenbezug, sondern bewirke bloß eine Ermäßigung des Kaufpreises um den angegebenen Prozentsatz. Ausweise im Sinne des § 9 c UWG ermöglichten jedoch den Letztverbrauchern erst den Warenbezug, der beanstandete Gutschein gewähre hingegen einen Rabatt. Seit 1992 sei aber das Gewähren von Rabatten an bestimmte Personengruppen erlaubt. Daß § 9 c UWG nicht nur den Zugang überhaupt, sondern auch den bloß vergünstigten Zugang zu einer bestimmten Kaufgelegenheit im Auge habe, könne weder dem Gesetz noch den Materialien entnommen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung bedeute "Anbieten" einer Zugabe das In-aussichtstellen der Zugabe gegenüber individuell bestimmten Personen. Ein solches liege hier nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den abweisenden Teil erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerinnen ist zwar mangels Rechtsprechung zu einigen hier maßgeblichen Fragen zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerinnen vertreten die Auffassung, daß der Gutschein vom alle Tatbestandsmerkmale des § 9 c UWG erfülle; darunter fielen nämlich auch Ausweise zum wiederholten begünstigten Bezug von Waren. Hiezu hat der erkennende Senat erwogen:
§ 9 c UWG geht auf § 13 RabattG zurück, welcher als einzige Bestimmung des aufgehobenen Rabattgesetzes mit dem Wettbewerbs- und Deregulierungsgesetz 1992 BGBl 147 ins UWG übernommen wurde (Prunbauer, Das Wettbewerbsderegulierungsgesetz 1992, RdW 1992, 198 ff [202]).
Der durch die RabGNov 1988 BGBl 423 eingeführte § 13 RabG hatte folgenden Wortlaut:
"Wer Waren gegen Vorlage von Einkaufsausweisen, Berechtigungsscheinen und dergleichen, die zu einem wiederholten Bezug von Waren berechtigen, an Personen verkauft, die diese Waren weder in ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwerten noch als Großverbraucher im Sinn des § 9 Z 2 anzusehen sind, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 12 Abs 1)."
Im Bericht des Handelsausschusses (AB) wurde zu dieser Bestimmung folgendes ausgeführt (695 BlgNR 17. GP, 2):
"Einkaufsausweise, Berechtigungsscheine und dergleichen, die an Letztverbraucher ausgegeben werden und diese zum wiederholten Bezug von Waren berechtigen, erwecken bei Letztverbrauchern erfahrungsgemäß den Anschein, eine Vorzugsstellung eingeräumt zu erhalten, was nicht zutreffen muß. Da es im Einzelfall schwierig ist, nachzuweisen, ob der Einkaufsausweis tatsächlich eine Begünstigung vermittelt oder eine solche nur in irreführender Weise vortäuscht, sollen derartige Ausweise, soweit sie zum wiederholten Warenbezug berechtigen, generell verboten werden.
In der Vergangenheit wurde immer wieder Klage geführt, daß manche Unternehmen durch Ausgabe von Einkaufskarten, Berechtigungsscheinen usw. den Anschein erweckten, nur an Wiederverkäufer (gewerbliche Verwerter) zu Großhandelspreisen zu verkaufen, obwohl in Wahrheit auch Personen, die keine Wiederverkäufer sind, derartige Berechtigungen in erheblichem Umfang erhielten bzw. die Berechtigung weit über den gewerblichen Tätigkeitsbereich der Wiederverkäufer hinaus zum Einkauf berechtigte.
Der gleiche Effekt konnte auch durch unzulängliche Kontrolle der Einkaufskarten durch den Inhaber eines solchen Marktes für Wiederverkäufer erreicht werden.
Diese Vorgangsweisen sollen durch die Bestimmungen des neuen § 13 hintangehalten werden.
Der systematische Zusammenhang mit dem Rabattgesetz besteht bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise darin, daß die Gruppe der unberechtigt Einkaufenden durch das Ankündigen, Anbieten und Gewähren von - tatsächlichen oder scheinbaren - 'Sonderpreisen' angelockt wurden."
Gunter Nitsche ("Der Einkaufsausweis als Rabattproblem", ecolex 1990, 489 ff [490]) vertrat hiezu die Auffassung, daß der "Berechtigungsschein" im Sinne einer Legitimation des Käufers als Zugehörigen zu einer bestimmten Käufergruppe in zwei Untergruppen aufgespaltet werden könne, und zwar a) in solche Fälle, bei denen nichtlegitimierte Käufer einen höheren Preis zahlen als legitimierte, die bloß den Großhandelspreis zu zahlen haben, und b) in solche Fälle, bei denen der Einkauf im Geschäft ausschließlich den legitimierten Käufern vorbehalten ist. Die Fallgestaltung a), bei der ein Unternehmer unter seinen Kunden differenziert und an Wiederverkäufer (gewerbliche Verwerter) zu Großhandelspreisen, an andere Kunden jedoch zu höheren Detailhandelspreisen verkauft, bedeute erstmalig ein wirkliches Rabattproblem. Insoweit hätte es allerdings des § 13 RabG gar nicht bedurft, sei doch schon auf der Grundlage des bisherigen Gesetzes nicht zu bezweifeln gewesen, daß Personen, die keine Verwerter sind, nicht in die Begünstigung eines Verwerterrabatts kommen dürften. Das gleiche gelte auch für angebliche Wiederverkäufer, die in Wahrheit keine sind, oder für Einkäufe echter Wiederverkäufer, die dabei Waren für ihren höchstpersönlichen Bedarf erstehen. Stets liege (Anm: nach der damaligen Rechtslage!) ein eindeutiger Rabattverstoß vor. Da die Interpretation einer Norm, die dieser keinen Anwendungsbereich läßt, dann unzulässig sei, wenn auch ein anderes Verständnis nach dem Wortlaut möglich ist, bleibe als Anwendungsfall des § 13 RabG (nur) jener Unternehmer, der Waren ausschließlich an die Inhaber von Einkaufsscheinen verkaufe. Damit stehe aber fest, daß § 13 RabG keinen Rabattatbestand im Sinn des § 1 RabG zum Inhalt habe (aaO 491).
Michael Bydlinski (" 'Einkaufsvorteilspässe' und 'Sparkaufkarten' in wettbewerbs- und zivilrechtlicher Sicht", JBl 1991, 24 ff) kam hingegen zur Auffassung, daß § 13 RabG auch auf sogenannnte "Sparkaufkarten" Anwendung finde, also auf Fälle, in denen eine Rabattabrede vorliege (aaO 27). Unter Heranziehung grammatikalischer Auslegungsmethoden erscheine der gesetzliche Tatbestand des § 13 RabG durch den (verbilligten) Verkauf von Waren gegen Vorweis der Sparkaufkarten erfüllt. Dieser weitreichende Wortlaut sei vom Gesetzgeber - wie sich aus dem AB ergebe - bewußt gewählt, so daß eine teleologische Reduktion der Vorschrift nicht in Frage komme. Damit würden sogar solche Aktionen verboten, die - wie etwa die Zusage des Unternehmers an den Verbraucher, mit dieser Karte um 3 % billiger einkaufen zu können als die übrigen - untersagt. Nur solche Ausweise könnten allenfalls vom Verbot des § 13 RabG ausgenommen werden, bei denen eine Irreführung des Verbrauchers (auch ohne eingehendere Überprüfung) völlig ausgeschlossen erscheine (aaO 29).
Nach § 9 c UWG kann, wer an Personen, die hinsichtlich der betreffenden Waren Verbraucher sind,
1. Einkaufsausweise, Berechtigungsscheine und dergleichen, die zu einem wiederholten Bezug von Waren berechtigen, ausgibt oder
2. Waren gegen Vorlage derartiger Ausweise verkauft, auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
In der Regierungsvorlage (RV) zum Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz 1992 wurde hiezu ausgeführt (338 BlgNR 18. GP, 8):
"Der neue § 9 c UWG geht auf § 13 des Rabattgesetzes zurück, berücksichtigt aber besser als dieser den tatsächlichen Regelungsbedarf im Zusammenhang mit Einkaufsausweisen. Dieser Regelungsbedarf besteht darin, die Ausgabe derartiger Ausweise an Personen zu unterbinden, die die Ausweise zum Kauf von Waren zur Deckung ihres privaten Bedarfs verwenden. Zu Verbrauchern im Sinne dieser Bestimmung gehören auch Unternehmer, sofern der Kauf der betreffenden Waren nicht zum Betrieb ihres Unternehmens gehört. Die Klagslegitimation nach dieser Bestimmung ergibt sich nunmehr aus § 14
UWG".
Diese Bestimmung wurde - wie schon vorher § 13 RabG - im Schrifttum mehrfach kritisiert (Prunbauer aaO 202; Wiltschek, "Neues von der Deregulierungs-Front", ecolex 1992, 32 ff [34] ua).
Nitsche ("Wettbewerbsderegulierung und Einkaufsausweise", ecolex 1992, 638 ff [639]) hielt den Anwendungsbereich des § 9 c UWG für zweifelhaft. Der Wortlaut des Gesetzes decke auch Stammkundenkarten und überhaupt alle Fälle, bei denen die Ausweisbesitzer - zwar nicht ausschließlich, aber doch zu günstigeren Konditionen - Waren einkaufen können. Die Auswirkungen wären allerdings katastrophal, weil Unternehmen, die ihren Stammkunden Einkaufsausweise ausstellen, wieder, kaum vom Zwang des Rabattgesetzes befreit, zu Rechtsbrechern würden, die nur hoffen können, daß ihnen nichts passieren werde, "weil's eh alle tun". Es sei zu hoffen, daß die Gerichte ihrer Aufgabe, den Sinn und Zweck der Norm gegen deren Wortlaut durchzusetzen, gerecht werden.
Hanreich ("Das neue österreichische Wettbewerbs- und Preisrecht, 1. Teil - Das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz", ÖZW 1992, 33 ff [35]) wies darauf hin, daß die im AB zu § 13 RabG enthaltene Äußerung, auf welche M.Bydlinski seine Auslegung gegründet hatte, in den Beratungen zum Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz nicht wiederholt wurde. Schon aus dem Wortlaut des § 9 c UWG gehe nunmehr der Zweck des Schutzes des Verbrauchers vor einer Irreführung durch die Ausgabe von Einkaufsausweisen hervor; ferner sei im Rahmen eines Deregulierungsgesetzes anzunehmen, daß nur wirklich erforderliche, wettbewerbsregelnde Vorschriften erlassen werden. Die Umwandlung des § 13 RabG in den § 9 c UWG gebe daher nunmehr eine neue Gelegenheit zu einer teleologischen Reduktion, wie sie schon M.Bydlinski angeregt habe. Die Ausgabe von Einkaufsscheinen oder ähnlichem, die nur zum Erhalt von Rabatten berechtigten, aber nicht den Eindruck erweckten, aus anderen Gründen, nämlich besonders aus Gründen einer Großhandelsbegünstigung, einen günstigen Einkauf zu ermöglichen, würden demnach vom Geltungsbereich des § 9 c UWG nach dieser teleologischen Reduktion nicht mehr erfaßt.
Nach Nitsche (ecolex 1992, 639 FN 17) sei dieser Auslegung zu folgen; jede mißglückte Norm sollte so eng wie möglich interpretiert werden.
Der erkennende Senat schließt sich der Argumentation Hanreichs an. Der Wortlaut des § 9 c UWG ließe freilich die Auslegung zu, daß auch solche Einkaufsausweise oder Berechtigungsscheine, die - wie der Gutschein der Beklagten vom - zu einem wiederholten ermäßigten Bezug von Waren berechtigen, darunter fallen; zwingend ergibt sich dies jedoch aus der Erforschung des Wortsinnes - mit der jede Gesetzesauslegung zu beginnen hat (Koziol/Welser10 I 20; SZ 54/135; SZ 60/254 = ÖBl 1988, 99 - Blumen-Sonntagsverkauf ua) - nicht. Die historische Interpretation des § 9 c UWG - als die Erforschung der Absicht des Gesetzgebers (Bydlinski in Rummel, ABGB Rz 19 zu § 6; Koziol/Welser aaO 21) - rechtfertigt nicht mehr die von M.Bydlinski (aaO 28) zu § 13 RabG vertretene Auffassung, daß der Gesetzgeber bewußt auf eine Unterscheidung danach, ob der Einkaufsausweis tatsächlich eine Begünstigung vermittelt oder eine solche nur in irreführender Weise vortäuscht, verzichtet habe und ein generelles Verbot anordnen wollte. Derartiges läßt sich nämlich den Materialien zu § 9 c UWG - der verschiedene Abweichungen von § 13 RabG aufweist - nicht entnehmen.
Die danach gebotene objektiv-teleologische Interpretation, welche sich um ein Verständnis bemüht, das am Zweck der Regelung selbst und an den von dieser angestrebten Lösungen orientiert ist (Bydlinski aaO Rz 20 zu § 6; Koziol/Welser aaO 22), führt aber zu dem schon von den Vorinstanzen gewonnenen Ergebnis. Da es seit Aufhebung des Rabttgesetzes durch das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz 1992 nicht mehr unzulässig ist, zu Zwecken des Wettbewerbs Preisnachlässe, insbesondere auch Sonderpreise, die wegen der Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen, Berufen, Vereinen oder Gesellschaften eingeräumt werden (§ 1 Abs 2RabG), anzukündigen, anzubieten oder zu gewähren, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, daß er die Ausgabe von Berechtigungsscheinen verbieten wollte, die zum wiederholten Bezug von Waren zu herabgesetzten Preisen berechtigten. Wenn es gestattet ist, einer bestimmten Personengruppe einen Sonderpreis einzuräumen, dann es kann nicht verboten sein, Scheine auszustellen, deren Besitzer den Sonderpreis in Anspruch nehmen können.
Nichts anderes verbrieft aber der beanstandete Gutschein vom . Jeder Inhaber bekam demnach bei Einkäufen in den dort näher bezeichneten Geschäften einen Nachlaß von 10 %. In diesen Geschäften kann man auch ohne Vorlage des Gutscheins - wenn auch zu den Normalpreisen - einkaufen. Ein Verstoß gegen § 9 c UWG liegt demnach nicht vor.
Da schon aus diesem Grund der auf § 9 c UWG gegründete Antrag abzuweisen ist, wäre eine Entscheidung des VfGH zur Verfassungswidrigkeit des § 9 c UWG nicht mehr präjudiziell im Sinne des Art 89 Abs 2 B-VG. Auf die von den Beklagten (unter Hinweis auf Schrifttum) geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken braucht demnach nicht eingegangen zu werden.
Den Klägerinnen kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die Beklagten mit dem Abdruck des Gutscheines vom eine Zugabe "angeboten" hätten. Mit Recht haben die Vorinstanzen darauf hingewiesen, daß das Anbieten nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes das Inaussichtstellen der Zugabe gegenüber individuell bestimmten Personen ist (SZ 48/49 = ÖBl 1975, 118 - Gratismontage von Ski-Bindungen; ÖBl 1991, 120 - Gratis-Schwimmkurs; SZ 63/109 = ÖBl 1991, 113 - Goldfassl ua). Ein "Anbieten" wurde daher verneint, wenn die Zugabe in einen an einen unbeschränkten Personenkreis in Form einer Haushalts-Postwurfsendung verteilten Prospekt (ÖBl 1975, 118 - Gratismontage von Ski-Bindungen) oder in einer Zeitschrift oder Zeitung (ÖBl 1991, 120 - Gratis-Schwimmkurs; SZ 63/109 = ÖBl 1991, 113 - Goldfassl) enthalten war. Das gleiche gilt für den diesmal beanstandeten Gutschein, der in der Tageszeitung der Beklagten abgedruckt war.
Die Klägerinnen vertreten die Ansicht, daß der Rechtsverstoß gegenüber dem Käufer des jeweiligen Zeitungsexemplars schon durch das Verbot des Gewährens vollständig erfaßt sei; darüberhinaus aber haben die Beklagten den Mitlesern - deren Existenz gerichtsbekannt sei - den Gutschein zwar nicht gewährt, ihn aber für den Fall eigenen Erwerbs eines Zeitungsexemplars in Aussicht gestellt, also "angeboten". Durchschnittlich zwei Personen pro Exemplar seien aber weder ein größerer Personenkreis noch ein unbestimmter, weil sie durch ihr Naheverhältnis zum Erstkäufer individuell bestimmt seien.
Dem kann nicht gefolgt werden:
Jede in einer - noch dazu weit verbreiteten - Tageszeitung enthaltene Erklärung ist typischerweise "eine öffentliche Bekanntmachung oder Mitteilung, die für einen größeren Personenkreis bestimmt ist" (also eine Ankündigung im Sinn des § 9 a Abs 1 Z 1 UWG), nicht aber an eine konkrete Einzelperson gerichtet. Bei anderer Auffassung wäre ein Unterschied zwischen Ankündigen und Anbieten nicht mehr denkbar, wird doch jede, an einen noch so großen Personenkreis gerichtete Erklärung letztlich immer nur von einzelnen Personen (in mehr oder weniger großer Anzahl) wahrgenommen. Ist die Mitteilung aber - wie die in einer Tageszeitung enthaltene - an einen unbestimmten, großen Personenkreis gerichtet, dann ist die darin allenfalls enthaltene Ankündigung eines Vorteils eben gerade nicht an eine individuell bestimmte Person gerichtet.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Ein Kostenausspruch entfällt, weil die Klägerinnen Kosten nicht verzeichnet haben; die Beklagten hatten sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Oscar B***** GmbH & Co KG, 2. Oscar B***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr.Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. M***** GmbH & Co KG, 2. M*****GmbH, ***** beide vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Giger, Dr. Ruggenthaler & Dr.Simon Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000), im Verfahren über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 2 R 33/95-10, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Aufgrund des Beschlusses des erkennenden Senates vom wurde den Beklagten am mitgeteilt, daß ihnen die Beantwortung des außerordentlichen Revisionsrekurses der Klägerinnen freistehe (§ 508 a Abs 2 Satz 1; § 521 a Abs 2 ZPO).
Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist entschied der erkennende Senat mit Beschluß vom über den außerordentlichen Revisionsrekurs.
Die am beim Obersten Gerichtshof eingelangte Revisionrekursbeantwortung der Beklagten ist verspätet:
Da die Revisionsrekursbeantwortung beim Revisionsgericht einzubringen ist, welches für die Behandlung des Schriftsatzes an die Stelle des Prozeßgerichtes erster Instanz tritt (§ 508 a Abs 2 Satz 2; § 521 a Abs 2 ZPO), kommt es auf den Tag des Einlangens beim Obersten Gerichtshof an. Im übrigen haben die Beklagten ihren unrichtigerweise an das Erstgericht adressierten Schriftsatz auch dorthin erst verspätet, nämlich am abgesandt.
Die Revisionsrekursbeantwortung war daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1996:0040OB02108.96W.0625.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAD-37342